DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-08-2023 08:01
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 17.08.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNF z

Heute außer im Norden und Nordwesten einzelne schwere Gewitter (Unwetter) vor
allem durch sehr heftigen Starkregen. Keine überregionale Unwetterlage. Am
Freitag von Südwesten abnehmende Gewitterneigung. Am Samstag im Norden Gewitter,
Unwetter nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegt Mitteleuropa unter geringen Druck- und
Geopotentialunterschieden in der Höhe unter einer südwestlichen, dann westlichen
Strömung. Dabei wird ein Höhentief über dem Balkan von einem flachen Trog
eingefangen und nach Nordwesten geführt. Ein Trog über der Nordsee und
Frankreich nähert sich Westdeutschland, während auf dem Atlantik ein großer
Langwellentrog immer wieder regeneriert wird.
Bodennah befinden wir uns an der Südseite eines Hochdruckgebietes über dem
Nordmeer, wobei über Norddeutschland der Ost- bis Nordostwind zeitweise etwas
auflebt. Zur Mitte und nach Süden hin wird der Gradient immer geringer, dort ist
der Wind schwach und es können flache Druckminima und mesoskalige Konvergenzen
entstehen.
Damit wird auch an der Verteilung der Luftmassen nicht gerüttelt und die
Luftmassengrenze diagonal über Deutschland vom Westen in den Nordosten verlagert
sich kaum und trennt eine mäßig warme (T850 ~10°C) und moderat feuchte Luft (PPW
20 bis 30 mm) im Norden und Nordwesten von sehr warmer und extrem feuchter Luft
(T850 15 bis nahe 20°C und PPW ~40 mm) im großen Rest des Landes.

Die Gewitter, die sich gestern und nachts an der Luftmassengrenze gebildet
haben, sind inzwischen im Nordosten angekommen und schwächen sich ab, da die
Schichtung dort stabiler wird, teilweise gehen sie noch in Starkregen über, der
sich tagsüber nach Schleswig-Holstein und Mecklenburg ausbreiten kann, dabei
aber vom Hoch im Norden gebremst wird.

Die Luftmasse nach Süden hin wird instabiler und bei zeitweiliger Einstrahlung
kann wieder CAPE von 1000 bis über 2000
J/kg aufgebaut werden. Die Scherung ist aber schwächer als an den Vortagen,
lediglich im Norden, wo es stabiler ist, gibt es um 10 m/s hochreichender
Scherung. Ansonsten ist bestenfalls etwas Richtungsscherung in Bodennähe
vorhanden.

Wie die Gewitter sich heute tagsüber entwickeln wird, simulieren die Modelle mit
erheblichen Unterschieden. Recht sparsam agieren ICON D2 und teils auch Super
HD, die außer dem Regenkomplex im Norden nur wenige Zellen über dem Süden und
der östlichen Mitte zeigen. Diese Zurückhaltung war aber schon gestern nicht
richtig. Die grobmaschigen Modelle haben oft deutlich mehr Gewitter im Angebot
und bringen diese über größere Bereiche der feuchten Warmluft über der Mitte und
dem Süden, was das wahrscheinliche Szenario aus Sicht des Verfassers darstellt.
Je nach Einstrahlung wird nämlich die Auslösetemperatur erreicht und dann
sollten auch wieder ausgehend vom Bergland einzelne starke Gewitter mit
Unwetterpotential vor allem durch teils heftigen Starkregen und größeren Hagel
auftreten.

Die Höchstwerte dürften dabei zwischen 21°C in Teilen Schleswig-Holsteins und
Niedersachsens liegen, wo auch kaum die Sonne rauskommt und um 30°C im Süden und
Südosten bei großer Schwüle.

In der Nacht zum Freitag schwenkt die Trogachse von Westdeutschland nach Osten,
ein zuvor abgetropftes Höhentief wird zu den Alpen hin simuliert. Damit gerät
die Luftmasse tendenziell unter leichte Hebung, womit eine gewisse
Gewitteraktivität auch nachts erhalten bleiben kann; auch wenn sich kaum
Schwerpunkte herausarbeiten lassen und der Tagesgang sicher auch etwas
gegensteuert. Am ehesten wären an der Luftmassengrenze über der Mitte und dem
Norden weitere Gewitter möglich. Da kein Luftmassenwechsel ansteht, muss mit
Starkregengefahr bis in den Unwetterbereich gerechnet werden.
Ansonsten kann es in allen Aufklarungsgebieten insbesondere vom Süden bis zur
Mitte wieder Nebel geben. Die Tiefstwerte liegen zwischen 18 und 14°C.


Freitag... schiebt sich vor dem Langwellentrog auf dem Atlantik über Frankreich
ein Höhenrücken nach Deutschland vor. Das Bodenhoch etabliert zunehmend einen
zweiten Schwerpunkt über Finnland, so dass die Großwetterlage sich in Richtung
HNFa umstellt. Mit gleichzeitigem Druckfall über Westeuropa sorgt das für eine
Winddrehung bei uns: Auf östliche bis südöstliche Richtungen.

Trotz leichter Umstellung der Wetterlage, an der Luftmasse ändert sich nichts.
Die sehr feuchte Luftmasse weitet sich sogar bis in den Norden aus. Dort ist
aber weiterhin die Schichtung recht stabil und die Luftmasse mit um 12°C in
850 ha etwas kühler. Im Süden bleibt sie labil und in 850 hPa taucht im
Südwesten die 20°C-Isotherme auf. Damit werden durch Sonneneinstrahlung tagsüber
gebietsweise 1000 bis 2000 J/kg CAPE aufgebaut, mit Schwerpunkten vor allem im
Süden und Osten des Landes.

Mit der Auslösung von Gewittern wird es schwieriger. Aus der Nacht heraus sind
eventuell einzelne Gewitter unterwegs, oder im Norden etwas schauerartiger
Regen. Tagsüber können sich dann vor allem über dem Bergland mit orographisch
bedingter Hebung einzelne Gewitterzellen bilden; auch im Nordosten, wo es
inzwischen auch labil genug ist, sind einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen.
Ansonsten sorgt das Absinken von Westen her für eine Austrocknung der höheren
Atmosphärenschichten, was die Gewitterbildung erschwert.
Wo es noch zu Gewittern kommt, ist Starkregen ein Thema, auch bis hin zu
Unwettern. Auch Hagel ist auf der Agenda, Böen sollten bei der feuchten
Luftmasse und sich verschlechternden dynamischen Bedingungen kein großes Thema
sein.

Vor allem im Süden und Südwesten scheint anhaltend die Sonne, im Norden
überwiegen die Wolken. Zusammen mit der sich erwärmenden Luftmasse liegen die
Höchstwerte je nach Sonne meist zwischen 26 bis 34°C mit den höchsten Werten am
Kaiserstuhl. Ganz im Norden werden es 23 bis 25°C.

In der Nacht zum Samstag fällt die Konvektion weitgehend in sich zusammen. Dann
lockern die Wolken verbreitet auf und stellenweise kann sich wieder Nebel
bilden. Über den Britischen Inseln schwenkt ein markanter Kurzwellentrog
nordwärts und sorgt für Druckfall nordwestlich unseres Landes. Dabei weitet sich
der Höhenrücken über uns nach Nordosten aus, wird aber gleichzeitig nach
Südosten gedrückt.
Derweil zieht eine Kaltfront über England und Nordfrankreich hinweg. Präfrontal
frischt der Wind im Nordwesten aus Südost auf, warnwürdige Böen sollten aber
nicht auftreten. Zudem ziehen vor allem ab der zweiten Nachthälfte durch WLA im
Vorfeld der Kaltfront hohe und später auch mittelhohe Wolken auf.

Nach dem heißen Tag und mit dem auffrischenden Wind im Westen liegen dort die
Tiefstwerte teils um 20°C. Ansonsten liegen die Tiefstwerte bei 18 bis 13°C.


Samstag... gerät die Nordwesthälfte Deutschlands wieder in eine südwestliche
Strömung auf der Vorderseite des Langwellentroges auf dem Nordostatlantik. Dabei
läuft ein kurzwelliger Anteil über die Nordsee nach Osten ab.
Die Kaltfront des Tiefs bei Schottland greift auf den Norden und Westen über.
Sie löst nach Norden hin, gestützt durch den Kurzwellentrog Schauer und einzelne
Gewitter aus, weiter nach Südwesten hin sind eher Regenfälle zu erwarten, da der
Wind schon vorher nach Passage eines vorlaufenden Bodentroges mit Konvergenz auf
West bis Nordwest dreht und aufkommende Kaltluftadvektion die Schichtung etwas
stabilisiert.
Ob dadurch die Gewitter komplett gebannt sind, scheint aber fraglich, auch
werden in der Bodenrinne keine Gewitter simuliert, was auch nicht so kommen muss
und die konvektionserlaubenden Modelle, wenn sie den Zeitraum erreichen auch
anders simulieren können. Punktuell sind angesichts der sehr feuchten Luftmasse
und der im Nordwesten aufkommenden Scherung auch Unwetter nicht ausgeschlossen,
aber nach Stand der Dinge nicht übermäßig wahrscheinlich.

Präfrontal dauert der Zustrom der schwülheißen Luft an und in großen
Landesteilen werden 30 bis 35°C erwartet, bei Taupunkten von gebietsweise an die
20°C. Dazu scheint in der Südosthälfte unter dem persistenten Höhenkeil häufig
anhaltend die Sonne und es bleibt niederschlagsfrei.

In der Nacht zum Sonntag ziehen die Schauer und Gewitter über dem Nordosten ab.
Sonst steigt von Südwesten her der Druck wieder und es formiert sich eine
Hochdruckzone über West- und Mitteleuropa unter deren Einfluss es aufklart und
sich teilweise Nebel bildet.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die großräumigen Strukturen ähnlich. Die Regenfälle,
insbesondere die Konvektion wird mit großen Unterschieden simuliert, sodass sich
Vorabinformationen nicht anbieten, auch weil sich wohl nur lokal Unwetter
bilden, und die Warnungen im Nowcasting erfolgen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner