DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-08-2023 20:30
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 14.08.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Luftmassengrenze über Deutschland, dabei außer im Nordwesten schwül warm mit
teils schweren Gewittern.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland in einer südwestlich geprägten Höhenströmung.
Darin eingebettet ist eine im thermischen Feld stark aufgefächerte
Luftmassengrenze, die sich über den Nordwesten Deutschlands liegt. Sie trennt
feuchte und sehr warme Mittelmeerluft im Südosten von kühlerer Atlantikluft im
Nordwesten. Im Bodendruckfeld herrscht ein Isobarensumpf über Mitteleuropa,
während die Höhenströmung relativ glatt verläuft. Etwas Antrieb aus der Höhe
liefert allerdings ein flacher Kurzwellentrog (erkennbar als schwaches
IPV-Maximum) über der Mitte Deutschlands. Die Mittelmeerluftmasse ist
hochreichend labil geschichtet, sodass sich bei sehr hohe Grenzschichtfeuchte
(spez. Feuchte > 14 g/kg) CAPE-Werte von 1500 J/kg aufgebaut haben. Bei
hochreichender Scherung um ~ 15 m/s war dies genug für ein paar Superzellen. Die
Zelle des Tages ist ein Rightmover der über den Süden Sachsen-Anhalts bis nach
Nordostssachsen und weiter nach Brandenburg gezogen ist. Diese Zelle ist
mittlerweile weitestgehend verclustert und allmählich am Absterben. Die
nachlaufende Konvektion soll sich laut Lokalmodellen nicht stärker entwickeln
und kann größtenteils mit Ocker bewarnt werden.

In der ersten Nachthälfte soll an dem angesprochenen Kurzwellentrog über der
Mitte abgehobene Konvektion ausgelöst werden, die wahrscheinlich in Form eines
größeren Multizellenclustern Nordostwärts ziehet. Unwetter sind dabei
insbesondere in Bezug auf Starkregen möglich.

In der zweiten Nachthälfte soll laut SuperHD ein kleines MCS knapp südlich der
Front mit Sturmböen über NRW ziehen. ICON-D2 zeigt dies südlicher, mit nur
schwacher Aktivität und ohne Sturm. Etwas intensiver wird dieses im ICON-RUC
berechnet, wohingegen AROME, das bei solchen Lagen oftmals übertreibt, eine
Squallline im Südwesten rechnet. Die Lage ist also noch unsicher. Der Fokus
sollte demnach in der 2. Nachthälfte auf NRW, Hessel, Saarland, RLP und
eventuell das nördliche BaWü liegen. Unwetter sind hier auch nicht ganz
ausgeschlossen.

Dienstag ... nähert sich von Westen ein Trog, der im Tagesverlauf in die Ostsee
zieht. Trogvorderseitig steilt die Strömung etwas auf, sodass die sehr feuchte
und warme Luft über dem Osten Deutschlands Nordwärts geführt wird. Die
Luftmassengrenze richtet sich somit etwas mehr meridional aus, sodass die
gesamte Südosthälfte in die schwülwarme Luft liegt. Von der Höhe her sind in der
recht glatten Strömung die hebungsantriebe gering. Allerdings bauen sich im
Tagesverlauf in der Warmluft bis zu 2000 J/kg CAPE auf. Bei in Trognähe besser
werdender Scherung (0-6 km bis zu 20 m/s) soll laut den Lokalmodellen die
Hauptaktivität der Gewitter ab dem Nachmittag von der Mitte in den Nordosten
stattfinden. Dort werden von den Lokalmodellen auch Superzellen simuliert
(höhere Werte in Aufwärtshelizität).
Ein weiterer Schwerpunkt liegt vom Alpenrand bis zur Oberpfalz. Dort sind bei
hohen CAPE und PPW-Werten (~ 40 mm) und nur schwacher Höhenströmung heftige
Starkregengewitter das Problem. Dies wird auch von den ICON-D2-EPS so bestätigt.

Innerhalb der Front kommt es in einem Streifen über NRW bis
Mecklenburg-Vorpommern voraussichtlich zu gewittrigem Regen. Auch hier ist
Starkregen, teilweise mehrstündig das Hauptproblem. Einzelne Überentwicklungen
sind zudem nicht auszuschließen.

Zudem werden in der warmen Luftmasse Höchstwerte bis 32 °C bei Taupunkten knapp
unter 20 °C simuliert, wodurch eine hohe Wärmebelastung besteht.

In der Nacht zum Mittwoch kommt die Front weiter Ost-Südostwärts voran, wodurch
sich die Gewitter auf den Osten beschränken und tendenziell verclustern sollten.
Es muss dort weiterhin mit Unwettern gerechnet werden.


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Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Mittwoch ... ändert sich an der Situation relativ wenig. Im Süden und in der
Mitte liegt immer noch die sehr labile und überaus feuchte Luft, in der sich bei
bis zu 2000 J/kg CAPE wieder unwetterartige Gewitter bilden. Bei mangelnder
Scherung und nur schwacher Höhenströmung liegt der Fokus auf heftigem
Starkregen.


Modellvergleich und -einschätzung
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ICON-D2 lieferte heute eine relativ gute Performance. Daher wird empfohlen
weiterhin auf ICON-D2 zu setzten, jedoch stärkere Entwicklungen für die Nacht im
Hinterkopf zu haben, da ICON-D2 schwächere Konvektion oftmals unterschätzt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold