DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-11-2016 09:00
SXEU31 DWAV 030800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 03.11.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu TrM (Trog Mitteleuropa)

Heute Zwischenhocheinfluss, ab Freitag vor allem zum Samstag hin wieder deutlich
zyklonaler mit einer wahrscheinlichen (markanten) Dauerregenlage im Schwarzwald.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... zeigt sich auf der hiesigen Bodenwetterkarte leichter
Hochdruckeinfluss, der durch einen flachen, von Westen her auf Deutschland
übergreifenden Höhenrücken gestützt wird. Tief GISI ist mittlerweile dabei, das
Baltikum in Richtung Russland zu verlassen, wodurch auch der letzte periphere
Einfluss auf unseren Raum erlischt. Somit kommt die gestern bis zu den Alpen
eingeflossene polare Meeresluft heute zur Ruhe, was zumindest tagsüber für eine
grüne Warnkarte sorgt.
Dabei setzt sich besonders im Osten und Nordosten - dort greift die durch die
norwegischen Gebirge abgetrocknete Polarluft - sowie in den südlichen
Landesteilen zeitweise die Sonne durch. Dagegen bleibt von der Nordsee bis etwa
ins Fränkische bzw. nach Niederbayern reichend ein Korridor mit feuchterer Luft
übrig, in dem starke Bewölkung überwiegt und in dem es hier und da auch noch zu
leichten Niederschlägen in Form von Regen oder Nieselregen, im höheren Bergland
zu etwas Schnee oder Schneeregen kommt. Für Glätte sollte es tagsüber aufgrund
der ansteigenden Temperatur aber nicht reichen. Die Tageshöchsttemperatur liegt
meist zwischen 5 und 11°C mit den höheren Werten im Westen und Südwesten; im
höheren Bergland wird die 5°C-Marke z.T. nicht überschritten.
Im Zuge einer sich im Raum UK/Irland anbahnenden Austrogung wird vorderseitig
WLA generiert, die sich im Tagesverlauf intensiviert und relativ weit nach Osten
ausgreift. Davon betroffen ist im Wesentlichen die Nordhälfte, wo hohe und
mittelhohe Wolken aufziehen, die später im Nordseeumfeld Regen bringen.
Korrespondierend zur Austrogung intensiviert sich zwischen Island und Schottland
ein Bodentief, das bereits jetzt in den Analysen zu finden ist (00 UTC bei
Island). Dabei konnte bisher noch keine Warmfront analysiert werden, was sich im
Laufe des Tages aber ändern könnte. Zumindest deuten die numerischen Feuchte-
und Temperaturfelder die Möglichkeit einer zur jetzt detektierten Okklusion
vorlaufenden Warmfront an.

In der Nacht zum Freitag zieht das Bodentief via Schottland langsam zur Nordsee
(morgen früh erreicht es etwa die Doggerbank) bei gleichzeitig markanter
Verschärfung des korrespondierenden Höhentroges. Die WLA über dem Vorhersageraum
dauert an und breitet sich dabei auf nahezu das ganze Bundesgebiet aus,
allerdings mit unterschiedlichen Folgen. Während es in der Mitte und im Süden im
Wesentlichen nur für hohe und mittelhohe Wolkenfelder reicht (am wenigsten davon
im Süden), kommt es im Norden (nördliches Nds., SH, MV, vielleicht noch
nördliche Teile von BB und Sachsen-Anhalt) zu zeitweiligen Regenfällen, die aber
unterhalb jedweder Warnschwellen bleiben. Am meisten Regen fällt wohl im Bereich
der schleswig-holsteinischen Nordseeküste (über 10 mm innert 12 h), wo
offensichtlich Küstenkonvergenzeffekte hebungsfördernd wirken.
Im Süden und bedingt auch in der Mitte sowie allgemein im höheren Bergland
werden es die o.e. Wolkenfelder nicht verhindern können, dass die Temperatur
vielerorts in den leichten Frostbereich (bis -3°C, in einigen Kältelöchern auch
noch darunter) absinkt und sich darüber hinaus auch gebietsweise auch noch Nebel
bildet - eine Mischung, die an der einen oder anderen Stelle durchaus zu
unerfreulicher Glätte führen kann. Aber auch dort, wo sich kein Nebel bildet,
besteht lokal Glättegefahr durch Reif.

Freitag... schwenkt der mittlerweile sehr scharf konturierte Höhentrog langsam
über UK/Irland süd-südostwärts über UK und Irland hinweg. Seine Achse ist dabei
lange Zeit zonal ausgerichtet, was bei uns eine relativ glatte westliche
Höhenströmung zur Folge hat. Erst zum Abend und zur Nacht hin kippt die Achse in
eine SW-NO-orientierte Stellung, so dass die Höhenströmung über dem
Vorhersageraum beginnt auf Südwest rückzudrehen.
Wie auch immer, das Bodentief (das übrigens den Allerweltsnamen HUSCH trägt)
zieht langsam über die mittlere Nordsee hinweg nach Osten, was aufgrund der
schwachen und zudem mehr und mehr auf SW kippenden Höhenströmung ein mühsames
Geschäft ist. Immerhin reicht es, dass die Warmfront mit den zugehörigen
Regenfällen über den N und NO gen Ostsee und Nordpolen abzieht. Dadurch gelangt
Deutschland in den breiten, nach Süden hin leicht antizyklonal angehauchten
Warmsektor, in dem die 850-hPa-Temperatur bis zur Nacht auf Samstag verbreitet
auf etwas über 0°C steigt.
Die nachfolgende Kaltfront hat es übrigens schwer, Zugriff auf unseren Raum zu
bekommen, was u.a. daran liegt, dass sie von einem weiteren Tief westlich der
Iberischen Halbinsel ausgebremst wird und zu wellen beginnt. Dieses und das Tief
über der Nordsee bilden die Eckpfeiler einer Tiefdruckrinne, die sich noch
intensiviert und in der sich wahrscheinlich in der Nacht zum Samstag irgendwo
über Nordfrankreich/Belgien ein weiteres eigenständiges Tief entwickelt. Doch
nicht nur das, die gesamte Strömungskonfiguration zeigt frontogenetische Züge,
so dass sich über der Biscaya und Frankreich eine weitere Luftmassengrenze
etabliert, die nach Osten hin bis in den o.e. Warmsektor reicht (siehe
Bodenvorhersagekarte T+48h).
Zugegeben, nicht ganz trivial die Geschichte, aber was bedeutet das Ganze nun
fürs Wettergeschehen. Nun, tagsüber fällt wie gesagt im NO zunächst noch etwas
Regen (Warmfront), und auch das Nordseeumfeld sowie das nördliche SH könnten
etwas Regen von der langsam nahenden Kaltfront abbekommen (ist aber noch nicht
sicher). Ansonsten bleibt es aber in weiten Teilen des Landes bei wechselnder,
häufig starker Bewölkung und im Süden teils nur schleppender Nebelauflösung
weitgehend trocken. Die Chancen auf etwas länger andauernden Sonnenschein stehen
an den Alpen und im Alpenvorland am besten. Zum Abend hin beginnt es dann im SW
leicht zu regnen, was der o.e. Neuentwicklung geschuldet ist. Temperaturmäßig
bleiben wir trotz niedertroposphärischer Erwärmung im Großen und Ganzen im
Bereich 5 bis 11°C, an den Alpen lokal bis 13°C. Dazu frischt der SW-Wind auf
und an der Nordsee sowie in höheren Lagen auf mit Böen bis Stärke 7 Bft, in
Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge (z.B. Schwarzwald, Brocken) und der
Alpen sowie exponiert an der Nordseeküste SHs auch 8-9 Bft.

In der Nacht zum Samstag greift besagte Tiefdruckrinne mehr und mehr auf den
Vorhersageraum über. Dabei setzt im NW Regen ein, der von der langsam
übergreifenden wellenden Kaltfront generiert wird. Wichtiger für das
Warnprozedere allerdings könnte das zweite Niederschlagsgebiet werden, das sich
von Frankreich her intensiviert und sich auf große Teile S- und SW-Deutschlands
ausweitet (Richtung Alpen sowie in Ober- und Niederbayern bleibt es sehr
wahrscheinlich aber noch trocken). Vor dem Hintergrund weiterer Regenfälle am
Samstag rückt insbesondere der Schwarzwald in den Blickpunkt des Geschehens, wo
sich staubedingt ein Maximum einstellt, das seinen Höhepunkt wohl aber erst am
Samstag tagsüber erreicht. Wie viel dabei letztlich an Regen fällt, ist derzeit
noch, was an der mäßigen Konsistenz und der Heterogenität der diversen
numerischen Produkte liegt. Fakt ist, dass in den Hochlagen der betroffenen
Mittelgebirge anfangs Schnee oder Schneeregen fällt, wobei es hier und da glatt
werden kann. Außerdem bleibt es in einigen Hochlagen sehr windig bis stürmisch,
in den Alpen wird es föhnig.

Samstag... schwenkt der sich intensivierende Höhentrog weiter südostwärts, wobei
sich das Hauptdrehzentrum bis Mitternacht nach Jütland verlagert. Die Hauptachse
des Troges reicht dann (500 hPa, ICON) von Jütland über NRW und
Zentralfrankreich bis zur Iberischen Halbinsel. Bis dahin hat die
korrespondierende Tiefdruckrinne quasi das gesamte Bundesgebiet erfasst, wobei
Haupttief HUSCH über der Nordsee verbleibt, während das o.e. Tief von Frankreich
her als Wellentief über den Süden unseres Landes ostwärts zieht. Dabei wird die
zugehörige Kaltfront durch eine weitere Randtiefbildung vor der französischen
Mittelmeerküste zurückgehalten, so dass es zwischen Alpen und Bayerischem Wald
noch längere Zeit trocken bleibt (mit einigen Auflockerungen und etwas Sonne)
und sich vor allem nach Osten hin noch längere Zeit der Föhn halten kann.
Der meiste Regen fällt in einem von BW sich nordostwärts erstreckenden Streifen,
wobei sich die Modelle hinsichtlich der genauen räumlichen Verteilung und der
Intensität noch nicht zu 100% einig sind. Wie bereits erwähnt, zeichnet sich
aber für den Schwarzwald ein markantes Dauerregenereignis ab (Freitagabend bis
Samstagabend 30-50 mm innert 24 h). Auch in den übrigen Landesteilen (Norden,
Westen) bleibt der Himmel meist stark bewölkt bis bedeckt (mit aufliegenden
Wolken und Nebel in den Hochlagen einiger Mittelgebirge) mit zeitweiligen
Regenfällen, vor allem nach NW hin. Während der Wind an und auf der Nordsee
wieder nachlässt, bleibt es in den Höhenlagen noch recht windig mit Sturmböen 8
bis 9 Bft auf einigen Gipfeln. Bei Föhndurchbruch sind in anfälligen Tälern
7er-Böen möglich. Die Temperatur verharrt meist zwischen 5 und 10°C, einzig im
Süden wird es gebietsweise zweistellig mit den Topps am föhnbeeinflussten
Alpenrand (örtlich rund 14°C).

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Basisfelder und somit die grundlegende Entwicklung werden von den
Schwergewichten unter den externen Modellen ähnlich denen der deutschen
Modellkette simuliert. Dass es dabei hinsichtlich der Niederschläge zu
Diskrepanzen kommt, liegt in der Natur der Sache und wurde im Text bereits
angedeutet. Warnwürdig scheint nach heutigem Stand - auch unter Berücksichtigung
probabilistischer Verfahren wie ECMF-EPS und COSMO-LEPS - der Schwarzwald zu
sein, wobei morgen noch genau zu klären ist, welchen Zeitraum die markante
Warnung genau abdecken wird.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann