DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-08-2023 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 12.08.2023 um 10.30 UTC



Mitte/Osten bis zu den Alpen täglich erhöhtes Gewitterrisiko mit
Unwetterpotential. Ab Donnerstag von Westen allmählich Beruhigung. Durchweg
sommerlich warm bis heiß.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 19.08.2023


GWL: SWz allmählicher Übergang zu NEa/HNFz.

Zum Beginn der Mittelfrist am Dienstag befindet sich Deutschland an der
Vorderseite eines Langwellentroges mit Hauptachse Iberische Halbinsel-Nordmeer
in einer südwestlichen und relativ schwachen Höhenströmung. Eingebettet in der
südwestlichen Höhenströmung liegt eine Luftmassengrenze, die diagonal (von
Südwesten nach Nordosten) über Deutschland verläuft. Die Luftmassengrenze trennt
die eingeflossene warme bis sehr warme und sehr feuchte Luft im Südosten von der
weniger warmen und feuchten Luft im Nordwesten. Die Luftmassengrenze liegt mehr
oder weniger parallel zur Höhenströmung, sodass sie nur hin und her wabert und
kaum eine Progression nach Osten aufweist.
Entlang der Luftmassengrenze und südlich davon bilden sich teils heftige
Gewitter. Dabei sind alle Zutaten für unwetterartige Entwicklungen vorhanden:
hohe CAPE-Werte bis 2500 J/kg, PPWs zwischen 30 und 50 mm und zumindest nach
Norden hin auch hochreichender Scherung. Dazu schwenkt ein Kurzwellentrog durch,
der zusammen mit der Orographie für die dynamische Hebung und Auslöse sorgt.
Multi- bis Superzellen sind dann wahrscheinlich. Bowechos-Strukturen bis zum
Squallline sind ebenfalls möglich. Großhagel >3cm, heftiger Starkregen bis
extrem heftiger Starkregen und schwere Sturmböen bis Orkanböen sind dann die
Begleiterscheinungen der Gewitter. Eine Vorabinfo ist durchaus denkbar. Die
Gewitter halten sich bis in die Nachtstunden und kommen nur langsam zu erliegen.


Am Mittwoch besteht erneut erhöhtes Unwetterpotential: Deutschland verbleibt in
der südwestlichen Höhenströmung, die leicht zyklonal konturiert ist, wobei es
eine weitere Abschwächung des Höhenwindes gibt. Am Boden herrschen auch schwache
Windverhältnisse und die Luftmassegrenze liegt immer noch quer über Deutschland.
Also im Vergleich zum Vortag hat sich nicht viel geändert, nur jetzt ziehen die
Gewitter kaum, also Wasserbomben (Mengen auch über 50 mm in kurzer Zeit) sind
vorprogrammiert und weniger der Großhagel oder die Orkanböen. Auch mehrstündiger
heftiger Starkregen mit Mengen über 60 l/qm ist wahrscheinlich. Nur der
Nordwesten merkt, wie auch am Dienstag, nichts davon, da dort die weniger warme
und feuchte Luft, also die stabilere Luft liegt.

Am Donnerstag wiederholt sich das gleiche Spiel mit den Wasserbomben. Über
Deutschland ändert sich an der Trog- bzw. Druckverteilung zunächst kaum und die
Luftmassengrenze ist immer aktiv. Aber über dem Atlantik tut sich was und hat
für die weitere Entwicklung in Deutschland eine große Bedeutung. Eine stärkere
Austrogung dort sorgt dafür, dass über West- später auch über Mitteleuropa ein
Rücken sich aufwölbt. Die Konsequenz daraus ist, dass das Geopotential ansteigt
und es zu Stabilisierung der Luftmasse kommt.

Am Freitag ist schon der Fall, auch wenn über Deutschland die Luftmassengrenze
vorhanden ist, mangels an Hebung ist die Gewitterneigung dann gering. Zudem
macht sich ein Hoch über dem Nordmeer zumindest in Norddeutschland bemerkbar und
am Boden stellt sich eine östliche Strömung, sodass zumindest bis zur Mitte die
trockenere Luft einfließt.

Die Wetterberuhigung setzt sich über das Wochenende hin aus fort. Der
Hochdruckeinfluss nimmt weiter zu und die Luftmassengrenze wird somit
deaktiviert.

Ein Satz zur Temperaturentwicklung: Durchweg bleibt es sommerlich warm bis heiß.
Dabei gibt es eine Temperaturgefälle von Nordwest nach Südost, Nordwesten 20-25,
sonst 25-33 Grad. Letztlich: Die Stabilisierung durch den Rücken, der dann über
uns verläuft, mit dem Hoch über Skandinavien sorgt wahrscheinlich auch anfangs
der neuen Woche für störungsfreies und weiterhin sommerliches Wetter.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der neuste Lauf des IFS im Vergleich zu den bisherigen sieht die allgemeine
Entwicklung sehr ähnlich und zeigt eine quer über Deutschland verlaufende
Luftmassengrenze, in der sich wiederholt Gewitter bis in den Unwetterbereich
bilden. Die stärksten Gewitter werden in der Mitte, im Süden und Osten erwartet.
Heftiger Starkregen um 35 l/qm in kurzer Zeit bzw. um 50 l/qm in 6 Stunden ist
dann wahrscheinlich. Größerer Hagel und Sturmböen sind ebenfalls möglich.

Ab Donnerstag nimmt die Gewitterneigung allmählich ab. Abgesehen vom Norden wird
es mit 24 bis 29 Grad, südlich des Mains mit 27 bis 33 Grad sommerlich warm bis
heiß.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch die anderen Globalmodelle (ICON und GFS) sehen die Entwicklung ähnlich.
Nach den unwetterreichen Tagen simulieren ab Donnerstag auch die Aufwölbung
eines Rückens und einen Geopotentialanstieg über Deutschland.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen verschiedener Städte vom IFS-ENS heben die eingefahrene
sommerliche und zunächst wechselhafte Wetterlage hervor mit deutschlandweit zu
erwartenden Höchstwerten im soliden 25-30 Grad Bereich sowie mit wiederholten
Niederschlagssignalen. Ab Freitag nehmen die Niederschlagssignale zusammen mit
der Zunahme des Geopotentials ab, die die Vermutung der Wetterberuhigung
verstärkt. Bezüglich der Temperatur bleibt man im sommerlichen Bereich aber zum
Ende hin nimmt der Spread zwischen den Member zu. Einige bleiben im sommerlichen
Bereich, andere gehen nach unter. Der Grund dafür ist die genaue Position des
sich bildenden Hochs über Skandinavien, ob wir dann die kühlere Luft aus
Nordosten bekommen oder die wärmere Luft aus Osten bis Südosten.

Die Clusteranalyse weist zum Beginn der Mittelfrist 1 Cluster mit der
Blockierung auf. Ab t +192h gibt es zwar 6 Cluster, die meisten davon bleiben
weiter beim Blocking und beim zu hohen Geopotential. Unsicherheiten ergeben sich
bei der Intensität der Blockierung über Skandinavien, die jedoch aus heutiger
Sicht in 75% der Cluster solide aussieht, bevor sich alles ab dem 21. August
zunehmend in Chaos auflöst.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die signifikanten Wettererscheinungen beschränken sich nur auf Gewitter.

Am Dienstag steht uns eine organisierte Gewitterlage bevor. Dabei gibt es
Signale im EFI/shear, der von Südwesten nach Nordosten reicht. Die
Begleiterscheinungen neben dem heftigen Starkregen sind der größere Hagel über
3cm und die schwere bis zu Orkanböen.

Am Mittwoch und Donnerstag gibt es Signale im EFI, aber sie sind schwächer. Die
Hauptbegleitung ist mehr der (extrem) heftiger Starkregen und weniger der
Großhagel und die Böen.

Bezüglich der Temperatur: es bleibt durchweg sommerlich warm. Vor allem im Süden
besteht aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit eine starke Wärmebelastung.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, ICON, MosMix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marco Manitta