DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

10-08-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 10.08.2023 um 10.30 UTC



Zyklonal ausgeprägte und andauernde Südwestlage mit teils hochsommerlichem
Charakter, heißen Temperaturen, aber häufigen Schauern und Gewittern.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 17.08.2023


Bei Betrachtung der Gesamtheit aller Mittelfristdienste, im Rahmen derer unter
anderem diese Synoptische Übersicht entsteht, dürfte die aktuelle Lage zu den
wirklich dankbaren zählen. In einhelliger Übereinstimmung sämtlicher Modelle
lässt sich schon seit Beginn dieser Woche die Rückkehr des Sommers verkünden
(Start ist genau genommen eigentlich schon der heutige Donnerstag). Das Ganze in
Verbindung mit einem veritablen Temperaturanstieg bis in den Bereich heißer
Temperaturen von über 30°C. Aber einen Schönheitsfehler gibt es dann doch. Die
Witterung selbst gestaltet sich nämlich alles andere als beständig. Schauer und
Gewitter stehen auf der Tagesordnung, und das über mehrere Tage hinweg.

Begonnen wird wie gehabt mit Folgetag Nummer drei, was nach üblicher Zählung den
Einstieg zum Sonntag bedeutet. Dort findet sich mit "AREND" der Methusalem aller
Tiefdruckgebiete auf dem Atlantik, der dann zu diesem Zeitpunkt schon eine Woche
lang seine Kreise gezogen haben wird, sich nun aber zusehends auffüllt
(Kerndruck ca. 1005 hPa). Der zugehörige Trog erstreckt sich bis in den
westeuropäischen Mittelmeerraum. Deutschland liegt damit trogvorderseitig in
einer ausgeprägten südwestlichen Höhenströmung in der Nähe des Jetausgangs über
Polen und der Ostsee. Dass sich das ganze dynamisch aber noch in Grenzen hält,
zeigt unter anderem das Jetmaximum mit Lage über Benelux, das kaum über die 70
kt hinauskommt. Stichwort Jet, der die Frontalzone kennzeichnet: Diese bildet
sich auch bodennah in Form einer Luftmassengrenze ab, die sich aus der
inzwischen hinreichend durchokkludierten Ex-Kaltfront von "AREND" entwickelt
hat. Sie trennt mäßig warme Meeresluft im Nordwesten von feucht-heißen
Luftmassen im Südosten Deutschlands. Dabei stellt sich unter anderem in 850 hPa
ein ausgeprägter Temperaturgradient ein, der bei Werten von etwa 9°C an der
Nordsee bis nahe 20°C an den Alpen veritable 10 Grad Temperaturdifferenz
aufweist. Augenmerk sollte dabei vor allem auf der feucht-heißen Luftmasse im
Süden liegen. Zum einen führt sie dazu, dass die Statistik für die Anzahl heißer
Tage weiter an Zuwachs gewinnt - die Tageshöchstwerte steigen in Bayern auf bis
zu 32°C - zum anderen ist sie auch entsprechend labil geschichtet. Bei
bemerkenswerten Feuchtewerten von bis zu 15 g/kg spezifischer Feuchte in der
Grundschicht mit entsprechend hohen Taupunktwerten und über 40 mm
Flüssigwassergehalt schießen die SB-CAPE-Werte durch die Decke und werden mit
punktuell bis zu 3000 J/kg simuliert. Bei gleichzeitiger Entwicklung eines
Alpenleetiefs, wie es zumindest von ICON-EU simuliert wird, sind die Zutaten für
eine zumindest regional auftretende Schwergewitterlage bereitet. Hier gilt es,
die weitere Entwicklung im Auge zu behalten.

Die folgenden Tage lassen sich recht gut zusammenfassen, denn der synoptische
Rahmen ändert sich quasi kaum. Der Langwellentrog über Westeuropa kommt bis
Dienstag nur graduell ostwärts voran. Im Anschluss schwenkt die Trogachse im
Nordwesten durch und schwächt sich rasch ab. Gleichzeitig regeneriert sich der
Trog erneut auf dem Atlantik, wenngleich mit inzwischen deutlich geringerer
Amplitude. Für Deutschland bedeutet das den weiter andauernden Verbleib auf der
Trogvorderseite mit entsprechend persistenter Höhenströmung aus Südwest.
Persistent ist auch die Luftmassengrenze, die sich nur marginal mal in die eine,
mal in die andere Richtung verschiebt. Die Luftmassencharakteristik mit
entsprechendem T850-Gradienten bleibt dabei mehr oder weniger bestehen, sodass
wir es bis weit in die kommende Woche hinein immer wieder mit kräftigen
Regenfällen und Gewitterlagen zu tun bekommen. Dabei sind die Entwicklungen in
der Regel an eingelagerte Kurzwellentröge als auch an Tiefdruckrinnen mit
entsprechenden Bodenkonvergenzen gekoppelt, die sich mit der Luftmassengrenze
immer wieder ausbilden. Auch an den Temperaturen ändert sich im Laufe der
kommenden Woche wenig. Es bleibt sommerlich warm bis heiß mit den höchsten
Werten im Süden, und durch die hohe Luftfeuchtigkeit auch nachts relativ mild.

Der kurze Blick in die erweiterte Mittelfrist liefert kaum weitere Erkenntnisse.
Der Langwellentrog baut sich tendenziell ab. In der Folge zieht sich die
Frontalzone sehr weit nördlich bis an den Polarkreis zurück und führt wohl zu
einer an Dynamik sehr armen, im meteorologischen Volksmund auch als "Sumpf"
bezeichneten Wetterlage.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die letzten IFS-Läufe weisen anfangs eine ausgesprochen hohe Kohärenz auf und
beginnen erst, Mitte der kommenden Woche etwas zu divergieren. Der wesentlichste
Unterschied ist dabei die Geschwindigkeit, mit der sich der Langwellentrog
vorderseitig abbaut und anschließend regeneriert. Diese nahm mit den neuesten
Läufen zu. Das bedeutet aber in der Konsequenz nurmehr ein unterschiedliches
Kippen der Südwestströmung und damit einhergehend die Verlagerung möglicher von
Gewittern betroffener Gebiete, die sich jetzt ohnehin noch nicht genauer
beschreiben lassen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die verschiedenen Globalmodelle (IFS, ICON, GFS) stützen die Entwicklung
allesamt auf ähnliche Art und Weise. An der sich einstellenden Großwetterlage
gibt es eigentlich keinen Zweifel. Auch das Potential für sich einstellende
(Schwer-)Gewitterlagen wird von allen Modellen gezeigt. Letztendlich bleibt nur
die Frage, wo genau sich die prognostizierte Luftmassengrenze, und damit die
signifikanten Wettererscheinungen manifestieren werden. Die einzige
Auffälligkeit zeigt GFS, das die Luftmasse im Süden noch deutlich wärmer werden
lässt als die restlichen Modelle (T850 bis 23°C), und dementsprechend höhere
Temperaturen und heftigere Gewitter bzw. Niederschläge zeigt. Vermutlich kann
dies aber als typische Modelleigenheit des GFS abgetan werden.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen weisen zunächst große Einigkeit bezüglich Temperatur- und
Geopotentialverteilung auf, laufen aber insbesondere bei T850 relativ rasch
auseinander. Darin bildet sich die Unsicherheit der Positionierung der oben
beschriebenen Luftmassengrenze ab. Die Geopotentialprognose ist dagegen deutlich
sicherer, hier gibt es nur leichte Unterschiede bezüglich der Trogverlagerung,
sodass diese Prognose als sicher angesehen werden kann. Dass es zu stärkeren
Niederschlägen kommt, wird durch entsprechende ENS-Signale, die täglich
vorhanden sind, auf signifikante Art und Weise dargestellt.

Die ENS-Cluster bieten für den Zeitraum 120-168 Stunden drei, für den Zeitraum
192-240 Stunden vier verschiedene Szenarien an, die allesamt in das
Blocking-Regime mit hohem Geopotential in den höheren nördlichen Breiten fallen.
Für Mitteleuropa wird der Verbleib auf einer Trogvorderseite simuliert,
allerdings in verschiedenartiger Ausprägung und Amplitude bei entsprechender
Modifikation der damit verbundenen Höhenströmung.

Fazit:
Eine zyklonal geprägte und länger anhaltende Südwestlage mit hochsommerlichen
Temperaturen erscheint als ausgemacht. Der Witterungscharakter gestaltet sich
aber äußerst unbeständig mit wiederholten Gewitter- und Starkregenlagen, die
durchaus auch unwetterartig ausfallen könnten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikante Wettererscheinungen treten vor allem im Rahmen von Schauern und
Gewittern im gesamten Vorhersagezeitraum auf. Im Fokus steht dabei auftretender
Starkregen, der wahrscheinlich markant und mit geringerer Wahrscheinlichkeit
auch unwetterartig in Erscheinung tritt. Der Schwerpunkt liegt voraussichtlich
in der Südosthälfte Deutschlands, verlagert sich aber dann im Zuge der kommenden
Woche zusehends, wobei sich weitere regionale Schwerpunkte nicht weiter
spezifizieren lassen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ICON, ICON-EU, GFS, IFS-ENS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Felix Dietzsch