DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

07-08-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 07.08.2023 um 10.30 UTC



Allmählicher Übergang zu einer leicht zyklonalen Südwestlage => wärmer, aber
wechselhaft.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 14.08.2023


Keine Frage, hört man sich derzeit im Bekannten- und Familienkreis um, was die
Herrschaften denn so vom momentanen Wetter halten, lässt sich ein gewisser Unmut
nicht leugnen. Klar, die Natur und wir brauchen den Regen (schön, dass diese
Einsicht wenigstens gegeben ist), aber so langsam könnte es ja mal wieder
wärmer, vor allem aber auch trockener werden. Sonnenschein und freibadtaugliche
Temperaturen werden ebenso vermisst wie laue, zum Genuss von Hugo oder Aperol
(es darf aber auch gerne was Antialkoholisches sein) einladende Sommerabende. Da
kommt es ganz gut, dass der Hoffmann heute mal nicht Kassandra spielen muss,
sondern zumindest in Teilen gute Nachrichten zu vermelden hat.

Steigen wir ein am kommenden Donnerstag, dem offiziellen Beginn des
mittelfristigen Prognosezeitraums. Das großräumige Druck- und Potenzialfeld
zeigt ein ausladendes, bis in große Höhen reichendes Tief über dem mittleren
Nordatlantik, dessen Kern aber noch weit westlich von Irland zu finden ist.
Ebenfalls hochreichend präsentiert sich ein Tief über Südskandinavien - es
handelt sich um das inzwischen aufgefüllte Relikt des Sturmtiefs ZACHARIAS, das
zu Wochenbeginn für ordentlich Bambule insbesondere im Ostseeraum sorgt (siehe
dazu auch "Synoptische Übersicht Kurzfrist") -, von dem aus sich ein Höhentrog
in südöstlicher Richtung erstreckt. Zwischen diesen beiden zyklonalen
Protagonisten hat sich ein veritabler Rücken aufgebaut, dessen Hautachse über
UK/Irland respektive den nahen Atlantik verläuft. Vorderseitiges Absinken sorgt
für Druckanstieg, was zum Freitag hin in eine eigenständige, Teile Mitteleuropas
und Deutschlands überdeckende 1020-hPa-Parzelle mündet. Damit einher geht eine
markante niedertroposphärische Erwärmung von 2 bis 10°C am Donnerstagmorgen
(keine Angst, die Rede ist von 850 hPa) auf 9 bis 16°C am Freitagabend (die
höchsten Werte jeweils im Süden). Dass eine solche Erwärmungsrate auch auf die
2m-Temperaturen abfärbt, ist evident, zumal - das ist die zweite gute Nachricht
- nun auch die Sonne wieder öfters zum Vorschein kommt.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir von einer nachhaltigen Stabilisierung
der Wetterlage nach wie vor nicht sprechen können. So gilt es am Donnerstag im
Süden noch letzte zyklonale Reste von den Vortagen zu verdauen (einzelne
Schauer). Der äußerste Norden und Nordosten wiederum haben noch an den letzten
Auswüchsen von Alt-ZACHARIAS in Form dichter Wolken und etwas Regen zu knapsen.
Am Freitag dann rückt der Rücken zwar nach Mitteleuropa vor, schwächt sich dabei
aber ab bzw. wandert mit seiner Achse rasch über den Vorhersageraum hinweg.
Rückseitig stellt sich eine südwestliche Höhenströmung ein, mit der die
Okklusion bzw. Kaltfront des o.e. Atlantiktiefs herangeführt wird. Mit anderen
Worten, ab dem Nachmittag, spätestens am Abend muss im Westen und Nordwesten mit
einzelnen Schauern oder Gewittern gerechnet werden.

Am Wochenende legt sich die indifferente bis leicht zyklonal konturierte
südwestliche Höhenströmung über den gesamten Vorhersageraum. Dabei geht am
Samstag die teilokkludierte Kaltfront durch. Sie führt zwar nur wenig kühlere,
tendenziell aber feuchtere und potenziell instabile Luftmassen heran, in der
sich einzelne Schauer und Gewitter entwickeln. Zwischendrin bleibt aber
ausreichend Platz für mal mehr, mal weniger lang andauernden Sonnenschein.
Außerdem ist stark davon auszugehen, dass längst nicht alle von den konvektiven
Umlagerungen getroffen werden und somit trocken vielleicht sogar über das ganze
Wochenende kommen.

Zu Wochenbeginn deutet sich ein Aufsteilen der südwestlichen Höhenströmung an.
Grund ist eine merkliche Verkürzung der Wellenlänge des bis dato recht breit
aufgestellten Troges über dem nahen Atlantik. Dessen Amplitude wächst, was
vorderseitig ein Rückdrehen der Höhenwinde zur Folge hat. Das Ganze geht mit
einer deutlichen, wahrscheinlich aber nur kurzzeitigen Erwärmung (T850 am Abend
zwischen 12°C in Küsten- und bis zu 22°C in Alpennähe) sowie einer weiteren
Labilisierung einher. Im Verbund mit kurzwelligen Troganteilen, die von Südwest
nach Nordost schwenken, deutet IFS eine rege und verbreitet auftretende Schauer-
und Gewittertätigkeit an, bei der auch einige intensivere Entwicklungen
auftreten könnten.

Im weiteren Verlauf der Woche (erweiterte Mittelfrist) wird die Temperatur
wieder etwas gestutzt, ohne aber ins Herbstliche abzugleiten. Unter weiterhin
leicht zyklonal konturierter südwestlicher Höhenströmung bleibt es warm bis sehr
warm und leicht wechselhaft mit Hang zu Schauern und Gewittern.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der neueste Lauf von IFS (ECMF) von heute 00 UTC bestätigt im Wesentlichen den
von seinen jüngsten Vorgängern eingeschlagenen Kurs. Demnach steht uns eine
Wetteränderung bevor von kühl, windig und nass hin zu wärmer (aber keine
Hitzewelle) und vorübergehend trockener. Schlussendlich bleibt der
Wettercharakter aber wechselhaft, sprich, mit Neigung zu Schauern und Gewittern.
Vor allem am nächsten Montag könnte es diesbezüglich ordentlich zur Sache gehen,
was allerdings noch mit Unsicherheiten behaftet ist.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die anderen, an dieser Stelle für gewöhnlich auf dem Prüfstand stehenden
Globalmodelle (namentlich sind das ICON, GFS, GEM und UK10) sind nicht
abgeneigt, die von IFS apostrophierte Änderung der Wetterlage mitzutragen. Klar,
kein Modell gönnt dem anderen Modell den alleinigen Erfolg (in diesem Fall die
Verkündung steigender Temperaturen), was menschlich ist. Bis Samstag stimmen
sogar die Phasen der wetterbestimmenden Systeme (u.a. der Höhenrücken) gut
überein. Erst mit Einsetzen der wahrscheinlich für längere Zeit andauernden
südwestlichen Höhenströmung offenbaren sich Unterschiede sowohl in Bezug auf die
Kontur der Grundströmung (teils eher zyklonal, teils eher antizyklonal, mal
mehr, mal weniger aufgesteilt) als auch auf durchziehende kurzwellige Anteile.
Als Beispiel sei der nächste Montag erwähnt, für den GFS deutlich weniger
Niederschlag simuliert als IFS und GEM.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das IFS-EPS bestätigt im Wesentlichen die Aussagen des deterministischen Laufs,
spiegelt aber genauso Unsicherheiten wider, die im Kapitel zuvor angerissen
wurden. Bezogen auf die Rauchfahnen repräsentativer Städte bedeutet das relativ
gutmütige Kurvenverläufe, bei denen der Spread nur graduell nach hinten raus
immer mehr zunimmt (bei T850 stärker als bei Pot500). Der Trend steigender
Temperatur- und Potenzialwerte im Laufe der Woche mit nachfolgender
Seitwärtsbewegung ist unstrittig. Bei der Temperatur am Montag liegt der
deterministische Lauf am oberen Rand der Schar, die meisten Ensembles rechnen
den kurzen Hitzeeinschub im Süden verhaltener. Beim Niederschlag zeigt sich ab
dem Wochenende, im Westen schon ab Freitag ein täglich wiederkehrendes
Grundrauschen, das im Süden (München, Freiburg) etwas ausgeprägter ist als im
äußersten Nordosten (Rostock).

Für die Zeiträume T+120...168h (Samstag bis Montag) und T+192...240h (bis
Donnerstag) werden jeweils drei Cluster angeboten, die alle dem Klimaregime
"Blockierung" zugeordnet sind. Überall lässt sich das beschriebene
Potenzialmuster wiederfinden (erst Höhenrücken, dann Südwestströmung). Die
Unterschiede sind augenscheinlich gering und beziehen sich im Wesentlichen auf
das Timing des Rückens sowie die Konfiguration der nachfolgenden Südwestlage.

FAZIT: Der Kurs von IFS wird sowohl von anderen Globalmodellen als auch vom
Ensemble weitgehend gestützt. Gleichwohl ergeben sich Unschärfen insbesondere in
Bezug auf die Niederschlags- und Gewitterentwicklung.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Starten tun wir am Donnerstag mit einer sehr wahrscheinlich leeren Warnkarte -
das gab´s lange nicht. Bereits am Freitag nimmt die Gewitterwahrscheinlichkeit
zunächst im Westen und Südwesten, ab Samstag dann auch in den anderen Regionen
zu. Regionalisierung und Intensität sind aber noch unsicher.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann