DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-08-2023 08:01
SXEU31 DWAV 070800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 07.08.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW z

Im Norden stürmisch, an den Küsten Sturmlage. Erst Mittwoch deutlich
nachlassend.

Sonst nachlassende Regenfälle, kaum noch warnrelevante Mengen. Heute im Süden,
am Dienstag im Norden Schauer und kurze Gewitter mit stürmischen Böen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Montag... hält das sehr kühle, nasse und windige Wetter zunächst weiter an. Wir
liegen dabei unter einem stark negativ geneigten Trog, dessen eingelagertes
Drehzentrum über dem Nordosten Deutschlands sich langsam auf die Ostsee
verlagert, sodass wir deutschlandweit unter eine nordwestliche Höhenströmung
gelangen. Dabei gelangt sehr kühle Meeresluft mit Temperaturen von kaum mehr als
5°C in 850 hPa zu uns, die zudem feucht und leicht instabil geschichtet ist.
Es kommt somit zu weiteren Schauern und schauerartigen Regenfällen sowie vor
allem im Süden zu einzelnen Gewittern mit teils stürmischen Böen. In Staulagen
und stärkeren Schauern kann es noch kräftig regnen, die hohen Summen des
Sonntags werden aber nicht mehr erreicht, sodass die laufenden Stark- und
Dauerregenwarnungen auslaufen können. Der Dauerregen im Norden geht auf
Aufgleiten von Warmluft um das Sturmtief herum zurück, zieht sich im
Tagesverlauf dann nach Norden zurück, sodass die Warnungen dort dann ebenfalls
auslaufen können.

Zudem nähert sich im Tagesverlauf ein flacher Höhenrücken von Nordwesten und
dämpft die Konvektion, was zu einem weiteren Nachlassen der Niederschläge führt
und zu ein paar Auflockerungen vor allem im Westen, Südwesten und über
Norddeutschland in der ansonsten dichten Wolkendecke.
Die Musik spielt allerdings eher an dem nach Südschweden ziehenden Tief. Es
nimmt eine dipolartige Struktur an und bildet einen Ableger über dem Skagerrak
mit einem Kerndruck etwas unter 990 hPa, während sich das ursprüngliche Tief
Richtung Gotland verlagert mit einem Kerndruck von ca. 988 hPa.
Dadurch setzen nahezu an der gesamten Küste Sturm- und exponiert an der Ostsee
sowie auf den Nordfriesischen Inseln schwere Sturmböen um 100 km/h ein. Auf
Rügen, Kap Arkona, ist auch eine orkanartige Böe nicht ausgeschlossen.
Stürmische Böen greifen bis weit ins küstennahe Binnenland über, bis in die
Mitte hinein und dort vor allem in den Leegebieten der Mittelgebirge gibt es
Windböen Bft 7 sowie in freien Lagen stürmische Böen. Im Süden bleibt es
wahrscheinlich meist bei einzelnen 7er Böen vor allem in freien Lagen. Die
Windrichtung ist allgemein West bis Nordwest. Auf exponierten Berggipfeln der
nördlichen Mittelgebirge (Brocken, Fichtelberg) kommt es ebenfalls zu Sturmböen
Bft 9 oder schwere Sturmböen 10 Bft.
Trotz etwas Sonne wird die 20 Grad-Marke meist verfehlt und höchstens in
Rheinnähe erreicht. Ansonsten sind nicht mehr als 13 bis 19 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Dienstag weist das über Südskandinavien liegende Bodentief nach
wie vor eine Doppelstruktur auf. Der Kern über dem Skagerrak zieht leicht nach
Süden, der bei Gotland entfernt sich etwas nach Norden. Beide Kerne
intensivieren sich bis unter 985 hPa, was für den Hochsommer eine ungewöhnlich
intensive Zyklogenese darstellt. Dabei wandelt sich dieses Tief allmählich in
ein steuerndes Zentraltief um. Der sich von Frankreich nach Süddeutschland
ausweitende Bodenhochkeil tut sein Übriges, den kräftigen Gradienten im Norden
Deutschlands aufrecht zu halten. Den stärksten Gradienten und die demnach
höchsten Windgeschwindigkeiten gibt es aber etwas abseits von uns über Dänemark
und der Ostsee. Die Sturmlage an der Küste dauert unverändert an; teilweise
nimmt der Wind sogar leicht zu, während im Binnenland der Wind nachlässt, so
dass Windböen 7 Bft vorübergehend auf den küstennahen Bereich beschränkt sind.

In der Mitte und im Süden Deutschlands im Bereich des Bodenhochkeils erfolgt
Wetterberuhigung, stellenweise klart es auf. Die Schauer lassen überall nach,
vor allem anfangs sind noch welche im Süden unterwegs, mit schwachen Trögen
ziehen im Laufe der Nacht auch im Norden wieder einzelne Schauer durch. Aufgrund
des auch dort vorhandenen Gradienten ist die Nebelneigung gering. Regional sind
bei größeren Auflockerungen über der Mitte und dem Süden einstellige
Temperaturen zu erwarten.


Dienstag... bleibt an der Südflanke des Langwellentroges über Skandinavien und
Osteuropa die nordwestliche Strömung erhalten.
Ein Hochkeil nähert sich zwar den Britischen Inseln, bleibt aber noch außen vor,
vielmehr ziehen in der leicht flatternden Strömung kurzwellige Troganteile über
Deutschland nach Südosten und liefern leichten Hebungsantrieb. Eine
Hochdruckzone, die von Frankreich über den Alpenraum nach Osten reicht,
beeinflusst den Süden und teilweise die Landesmitte. Absinken in deren Bereich
unterdrückt südlich der Mittelgebirge die Schauertätigkeit, wodurch auch
größeren Auflockerungen möglich sind, die aber wahrscheinlich auf den äußersten
Süden beschränkt bleiben. Sonst wird in 700 hPa viel Feuchte simuliert und
leichte Warmluftadvektion, die über der Mitte auch ein paar Regentropfen bringen
kann.

Das Zentraltief, das sich (dann nur noch einem Kern) nahe dem Oslofjord
einnistet, vertieft sich noch auf ca. 980 hPa, der scharfe Gradient an der
Südseite reicht bis zu den deutschen Küsten, weshalb die die Sturmlage dort
andauert, wobei sich hinsichtlich der Böen tagsüber eine leichte Abschwächung
ergibt. An der Ostseeküste und exponiert an der Nordsee sind vormittags schwere
Sturmböen möglich, bis zum Abend weiterhin Sturmböen. Ansonsten treten
stürmische Böen und vereinzelt Sturmböen der See auf, was auch für exponierte
Berggipfel der nördlichen Mittelgebirge
(z.B. Brocken) gilt. Durch den Tagesgang frischt im Binnenland der Wind dagegen
auf, im nördlichen Binnenland stellen sich stürmische Böen ein, im gesamten
Norden und bis in die Mitte hinein frischt der Wind mit Böen Bft 7 und in den
Leegebieten der nördlichen Mittelgebirge mit einzelnen stürmischen Böen auf.
Erst zum Abend hin flaut im Binnenland der Wind etwas ab; mit Windböen zumindest
im küstennahen Binnenland muss jedoch weiterhin gerechnet werden.

Durch die kurzwelligen Tröge wird die Schichtung etwas labilisiert und die
Schauertätigkeit lebt tagsüber wieder auf.
Bedingt durch eine Absinkinversion bei etwa 600 hPa oder zumindest isotherme
Schicht reicht es nur für vereinzelte Gewitter, jedenfalls wahrscheinlich nicht
für so viele wie im Modellwetter von ICON D2. Aber immerhin sorgt die Labilität
mit vertikalem Impulstransport für stark böigen Wind. Die Temperaturen ändern
sich im Norden kaum und liegen unter 20°C. Im Süden und der Mitte kann es
infolge leichten Absinkens und etwas Sonne einen leichten Anstieg auf Werte um
20°C oder wenig darüber geben.

In der Nacht zum Mittwoch amplifiziert sich Höhenrücken vor den europäischen
Küsten deutlich, was stromab die Strömung wieder mehr nach Nordwest drehen
lässt. Es folgt darin ein recht markanter Kurzwellentrog mit starker PVA, der im
Norden die Schauer und lokalen Gewitter weiter aufrecht erhält.

Zudem verstärkt sich von Westen her die Warmluftadvektion an einem Bodentrog mir
einer Art Warmfrontwelle, sodass über die Mitte nach Osten ausbreitend
Regenfälle aufkommen, die zum Morgen auch den Süden und Südosten erfassen
können. 12stündig sind gebietsweise durchaus 5 bis 10, eventuell bis 15 l/qm
möglich, Warnschwellen werden aber nicht erreicht.

Das Zentraltief über Südskandinavien verlagert sich kaum und beginnt sich
allmählich aufzufüllen. Es weist aber Mittwochfrüh noch einen Kerndruck von ca.
990 hPa auf. Davon ausgehend findet im Lee der norwegischen Gebirge über dem
Nordmeer erneut eine Teiltiefbildung statt. Die Sturmlage an den Küsten lässt
derweil nur langsam nach. Während an der Ostsee die Böen etwas mehr zurückgehen
und im Laufe der Nacht meist nur noch steife bis stürmische Böen an den Küsten
zu erwarten sind, kommt es an Nordsee bei auflandigem Wind aus West bis Nordwest
bis zum Morgen zu Sturmböen 9 Bft.

Weiter im Binnenland flaut der Wind ab und ist abgesehen von exponierten
Berggipfeln (Brocken) wahrscheinlich nicht mehr warnrelevant.


Mittwoch... liegen wir unter der Nordwestströmung vor dem aufs europäische
Festland übergreifenden Höhenrücken. Der große Trog über Nord- und Osteuropa
hält aber dagegen und bremst die Progression, weshalb sich an der eingefahrenen
Lage nur langsam etwas ändert.
Die Regenfälle an dem Boden und Tiefausläufer ziehen südostwärts ab,
hinterlassen über der östlichen Mitte und dem Süden gebietsweise 10 bis 15, in
Staulagen 20 l/qm in 12 Stunden. Im Tagesverlauf sind dann im Südosten, aber
auch im Norden bei leicht labiler Schichtung Schauer und einzelne Gewitter zu
erwarten, die aber nicht sonderlich intensiv werden, sondern am ehesten bis
steifen bis stürmischen Böen verbunden sein können.

Ansonsten setzt sich trockenere und stabilere Luft durch, in es zu größeren
Auflockerungen, teils Aufheiterungen kommt bei geringer Schauerneigung.
Der Druckgradient wird unter einer breiten Hochdruckzone, die im Tagesverlauf
das Zepter übernimmt nur noch gering sein. Lediglich im Norden ist am Rand zum
sich auffüllenden Tief über Südschweden noch ein gewisser Gradient vorhanden,
der an den Küsten für steife bis stürmische Böen gut ist und wohl nur in S-H
noch 7er Böen auslöst. Ansonsten sind stärkere Böen auf die Konvektion
beschränkt.
Die Luftmasse aus Nordwesten ist alles andere als warm, wir haben es den
zunehmenden Sonnenanteilen zu verdanken, dass die Temperaturen etwas aus dem
Keller kommen und häufiger die 20°C übersteigen. Lokal im Südwesten sind 24°C
möglich.
In der Nacht zum Donnerstag schiebt sich das Bodenhoch nach Deutschland, unter
dem es verbreitet aufklart. Letzte Schauer ziehen im Südosten und Norden meist
ab. Örtlich kann sich Nebel bilden. Die Temperaturen gehen auf Werte um 10°C
oder etwas darunter zurück. Die Böen sinken selbst an den Küsten zum Morgen oft
unter die Warnschwellen.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Modelle simulieren den grundsätzlichen Ablauf ähnlich. Die Sturmlage im
Norden wurde in den letzten Läufen geringfügig abgeschwächt, die ausgegeben
Warnungen passen aber. Auch der Dienstag bleibt im Norden windig bis stürmisch,
Küsten: Sturm; erst im Laufe des Mittwochs geht die Sturmlage zu Ende. Dann
folgt über die Mitte aber neuer Regen, den inzwischen die Modellwelt in guter
Übereinstimmung berechnet, warnrelevante Mengen tauchen in diesem Zusammenhang
nicht auf.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner