DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-08-2023 16:01
SXEU31 DWAV 061800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 06.08.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Sturm über Nordostdeutschland sowie gebietsweise Stark-/Dauerregen vom Westen in
den Süden.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
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Aktuell ... Deutschland liegt heute Abend im Bereich eines Langwellentroges, der
von der Nordsee weit nach Südosten bis nach Griechenland und die Türkei reicht
und über Westdeutschland ein Drehzentrum aufweist. Im Verlauf schwenkt dieser
recht schmale, aber stark amplifizierte Trog nur zögerlich ostwärts. Bodennah
korreliert das Drehzentrum mit einem kleinen Tief, welches von Westdeutschland
unter Abschwächung bzw. Auflösungserscheinungen Richtung Tschechien zieht. Auf
der Vorderseite der Trogachse, die sich von Deutschland bis ins südliche
Schwarze Meer erstreckt, kann sich gestützt von PVA das kräftige Tief
"ZACHARIAS, int. PETER" mit der südöstlichen Strömung bei weiterer Verstärkung
über Polen hinweg in die Ostsee verlagern. Aufgrund der konvergenten, bodennahen
Strömungsbedingungen konnte sich zudem von Schleswig-Holstein bis ins westliche
Brandenburg eine Konvergenzzone ausbilden, die sich jedoch mit zunehmender
Einflussnahme von ZACHARIAS langsam abschwächt und auflöst.
Auf der Südwestflanke des kleinen, hochreichenden Tiefs, was quer über
Deutschland hinweg wandert, strömt feuchte und potentiell labile Luft ein.
Gestützt von kurzwelligen Anteilen können sich kräftige schauerartige, teils
gewittrige Niederschläge vom Westen über die Mitte in den Südosten ausdehnen.
Dabei muss gebietsweise mit Stark- bzw. Dauerregen bis 25 l/qm pro Stunde bzw.
bis 40 l/qm in 6 bis 12 Stunden gerechnet werden. Dabei weht der Wind im
Südwesten und Süden stark bis stürmisch (Bft 6-8), in Hochlagenherrscht Sturm.
In der Nacht greifen zunehmend die Begleiterscheinungen von Sturmtief ZACHARIAS
auf Deutschland über. Im Nordosten lebt der Wind infolgedessen auf und erreicht
an der Küste Sturmstärke (Bft 8-9), im angrenzenden Binnenland werden steife
Böen erwartet (Bft 7). Zudem bleibt im Oderumfeld sowie in Vorpommern der länger
anhaltende, schauerartig verstärkte Aufgleitniederschlag erhalten, sodass auch
dort der Dauerregenbereich von 30 bis 50 l/qm/24h erreicht werden sollte.
Die Temperaturen in 850 hPa erreichen im Zustrom der mäßig warmen Atlantikluft
nur Werte zwischen 3 und 7 Grad.

Montag ... ist der Trog weiter nordostwärts geschwenkt, sodass dessen Achse sich
nun von der Nordsee bis nach Nordostpolen erstreckt. Somit liegt Deutschland
komplett auf der Süd- bis Südwestflanke des Troges in einer nordwestlichen bis
westlichen Grundströmung, die von Frankreich her leicht antizyklonale
Bedingungen annimmt. Dieser schwache Rücken induziert bzw. stützt bodennah auch
das Vordringen des Hochs vom Ostatlantik, welches sich bis in den Alpenraum
ausdehnen kann. Der Nordosten bleibt dagegen im Einflussbereich von Sturmtief
ZACHARIAS, der nach Südnorwegen weiterzieht. Dabei hat es der Gradient im
Nordosten weiter in sich, sodass von Schleswig-Holstein bis nach
Mecklenburg-Vorpommern sowie im ostfriesischen Küstenumfeld mit steifen bis
stürmischen Böen (Bft 7-8) gerechnet werden muss. An der Ostsee treten Sturmböen
(Bft 9), exponiert auch schwere Sturmböen oder einzelne orkanartige Böen (Bft
10-11) auf. Gleichermaßen bleibt im Nordosten auch der länger anhaltende, teils
schauerartige verstärkte Regen erhalten, der gebietsweise erneut um 25 l/qm in
12 Stunden, im Umfeld um Rügen auch bis 40 l/qm in 24 Stunden erreicht.
Staubedingt sind auch im Südosten des Landes nochmals 20 bis 30 l/qm in 12 bis
24 Stunden möglich. Bei den Temperaturen in 850 hPa ändert sich wegen der
fortlaufenden Zufuhr der Atlantikluft nur wenig, sodass die Werte weiter
zwischen 3 und 7 Grad verharren.

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Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag ... ergeben sich bezüglich der Frühübersicht nur geringe, wenngleich
teils signifikante Unterschiede. Demnach schwenkt die Achse des schmalen, weit
südöstlich amplifizierten Troges kaum noch nordwärts. Stattdessen kann sich
ausgehend von einem Drehzentrum über der Ostsee ein Kurzwellentrog südwärts bis
nach Griechenland ausdehnen. Hierzulande bleibt der Nordosten weiter im Einfluss
vom Sturmtief ZACHARIAS, welches über Südschweden und der Ostsee eiert. In der
Mitte und im Süden kann sich, wie morgens beschrieben, gestützt durch den
schwachen Rücken über den Britischen Inseln und Frankreich eine Hochdruckbrücke
vom Atlantik bis zur Ukraine und dem Schwarzen Meer aufbauen. Entgegen der
bisherigen Erkenntnisse bleibt es aber nicht weitgehend trocken, da
voraussichtlich eine Warmfrontwelle nach Deutschland driftet und mit teils
schauerartigen Regenfällen einhergeht. Nur südlich der Donau soll es nach
aktuellem Stand bis Mittwochmorgen meist trocken bleiben. Akkumuliert über 24
bis 36 Stunden von Dienstagmittag an sollen demnach von NRW bis nach
Mitteldeutschland und Ostbayern erneut 5 bis 20, regional bis 30 l/qm
niedergehen. Somit würde sich die Rückkehr des sommerlichen Hochdruckwetter
weiter verschieben.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Geopotential- und Luftdruckstrukturen grundsätzlich
vergleichbar. Im Detail ergeben sich beispielsweise bei Sturmtief ZACHARIAS aber
Abweichungen. Demnach wird die Lage, die Zugbahn sowie auch die Intensität etwas
unterschiedlich gezeigt. Vor allem das IFS prognostiziert ZACHARIAS etwas
schwächer und auf einer leicht nordöstlicheren Bahn. Entsprechend bleiben sowohl
die Niederschlagsmengen als auch die Böen unter denen des ICON und GFS zurück.
Bei den regional und Lokalmodellen scheint dagegen das C-Leps die Situation im
Vergleich zu den anderen Lösungen etwas zu überschätzen.
Auch bei der räumlichen und zeitlichen Einordnung der Warmfrontwelle ab
Dienstagmittag gibt es noch geringe Abweichungen zwischen den Modellen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel