DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-08-2023 07:30
SXEU31 DWAV 060800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 06.08.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr M

DAUERREGEN / STARKREGEN (UNWETTER):

In einem Bereich von NRW über das südliche Niedersachsen bis nach Westthüringen
Starkregen zwischen 20 und 30 mm innerhalb von 6 Stunden, in Staulagen
unwetterartige Mengen nicht auszuschließen. An den Alpen (vor allem Allgäu und
östlicher Alpenrand) und zum Teil im Schwarzwald bis Montag im Tagesverlauf
teils schauerartig verstärkter Regen, als Dauerregen bewarnt, bis dahin
Niederschlagssummen um 40, im Allgäu, Schwarzwald und am östlichen Alpenrand bis
über 60 mm. Am Abend und in der Nacht zum Montag in einem Streifen vom Odenwald
über den Spessart, Franken bis hin zum Bayerischen Wald schauerartig verstärkter
Regen (Dauerregen) bis 40 mm innerhalb von 12 Stunden.
Im Nordosten im Laufe des Sonntags ebenfalls einsetzender Dauerregen, bis zur
Warnow und auf die Uckermark übergreifend. Bis Dienstagfrüh innerhalb von 36 bis
48 Stunden 40 bis 60, in Vorpommern und dort vor allem auf Rügen und Usedom
deutlich über 60 mm (Unwetter).

GEWITTER/STARKREGEN:
Heute abgesehen vom Nordosten nahezu deutschlandweit zum Teil wiederholt kurze
Gewitter, vor allem im südwestdeutschen Bergland Starkregen und im Südwesten
sowie im äußersten Westen in Gewitternähe einzelne Sturmböen nicht
auszuschließen.
Am Dienstag mit geringer Wahrscheinlichkeit im Nordosten nochmals kurze Gewitter
mit stürmischen Böen.

STURM- und ORKANBÖEN:
Heute im süddeutschen Bergland und später auch in den Mittelgebirgen westlich
des Rheins, im Tagesverlauf vorübergehend auch im Alpenvorland stürmische Böen.
Auf höheren Berggipfeln des Schwarzwaldes und der Alpen Gefahr von Sturm- und
schweren Sturmböen. Wind in der Nacht zum Montag weitgehend abflauend, aber noch
Wind- und auf höheren Berggipfeln stürmische Böen.
An der Ostsee dagegen auffrischender Wind mit Sturmböen Bft 8/9 an der
Vorpommerschen Ostseeküste. Bis Montagfrüh an der gesamten Küste (auch an der
Nordsee) aufkommend Sturmböen Bft 8/9, an der Vorpommerschen Ostseeküste schwere
Sturm- und einzelne orkanartige Böen. Den Montag über andauernd, dann auch an
der Nordfriesischen Küste zumindest schwere Sturmböen. Bis weit ins nördliche
Binnenland hinein stürmische Böen. Am Dienstag nur im Küstenbereich leichte
Windabnahme, dann Sturm- und an der Ostseeküste schwere Sturmböen. Erst in der
Nacht zum Mittwoch weiter abflauender Wind, aber an der Küste weiterhin
stürmische und exponiert Böen bis Sturmstärke.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... steht eine ausgewachsene Troglage ins Haus. Das mit diesem Trog
korrespondierende Bodentief ist in den Nordwesten Deutschlands gelangt, füllt
sich aber unter leichter Verlagerung nach Nordosten weiter auf und wird in die
Zirkulation eines weit auf der Trogvorderseite auf Vb-artiger Zugbahn von
Mittelpolen zur Ostsee ziehende Bodentiefs einbezogen. Kaltluftadvektion lässt
von Westen und Südwesten her den Druck steigen, was den Gradienten etwas
verstärkt. Hierdurch legt der Wind zu. Im Süden sind in freien Lagen zu den
Alpen hin Windböen, im Alpenvorland bedingt durch den Leitplankeneffekt
zeitweise auch stürmische Böen zu erwarten. Auf höheren Berggipfeln des
Schwarzwaldes und im Allgäu besteht die Gefahr von Sturm- und (exponiert - z.B.
Feldberg) schweren Sturmböen. Auch in den Mittelgebirgen westlich des Rheins
sind im Tagesverlauf Wind- und einzelne stürmische Böen nicht auszuschließen.
Gestützt wird diese Windzunahme durch den Tagesgang. Erst zum Abend hin zeichnet
sich ein leichtes Abflauen des Windes ab. Mit Windböen in freien Lagen
Südwestdeutschlands, im alpennahen Vorland und Sturmböen Bft 8/9 auf den
dortigen exponierten Berggipfeln muss jedoch weiterhin gerechnet werden.
Allerdings beginnt ab dem Nachmittag der Wind an der Südwestflanke des zur
Ostsee ziehenden Bodentiefs, d.h. über dem Nordosten Deutschlands,
aufzufrischen, was an der Vorpommerschen Ostseeküste Wind- und stürmische Böen
aufkommen lässt.
Darüber hinaus entwickeln sich im Trogbereich nahezu deutschlandweit wiederholt
Schauer und kurze Gewitter, die vor allem über dem südwestdeutschen Bergland mit
Starkregen einhergehen können. Als weiterer Schwerpunkt für Starkregen
kristallisiert sich eine Region von der Nordosthälfte NRW´s über Nordhessen, das
südliche Niederachsen bis weiter nach Mitteldeutschland heraus. In diesen
Gebieten lassen sich sogar Signale für unwetterartigen Starkregen finden. Dies
ist bedingt durch die langsame Verlagerung der Konvektionszellen im
Achsenbereich des Troges. Etwas ausgenommen ist von der Gewittertätigkeit nur
der Nordosten, wo aufgrund des auf Vb-artiger Zugbahn zur Ostsee ziehenden Tiefs
bei stabiler Schichtung skaliger Regen fällt.
Die Tageshöchsttemperaturen bewegen sich zwischen 13 und 19 Grad. Die 20
Grad-Marke wird lediglich im Nordwesten und in Teilen der Mitte erreicht, und
dies auch nur, falls größere Auflockerungen zustande kommen.

In der Nacht zum Montag fällt die Konvektion in sich zusammen und auch der Wind
im Westen und Süden Deutschlands flaut weiter ab. Einzelne warnrelevante Böen im
westlichen und südwestdeutschen Bergland und stürmische Böen auf den Gipfeln des
Schwarzwaldes und des Allgäus sind jedoch weiterhin möglich.
Das auf Vb-artiger Zugbahn in die Ostsee gelangte Tief dreht nun aufgrund der
südöstlichen mitteltroposphärischen Strömung weiter nach Nordwesten. Dieses Tief
bezieht die über Osteuropa liegende feuchtwarme Luft in seine Zirkulation ein
und profitiert von latenten Wärmestrom der relativ warmen Ostsee, so dass sich,
während dieses Tief die Südspitze Schwedens erreicht, eine weitere
Intensivierung bis unter 990 hPa abzeichnet. Hierdurch geht im Norden und
Nordosten Deutschlands eine weitere Gradientzunahme einher. Bis ins küstennahe
Binnenland kommen Windböen Bft 7, an der gesamten Ostseeküste und auf den
Nordfriesischen Inseln Sturmböen Bft 9 auf. An der Vorpommerschen Ostseeküste
sind erste schwere Sturmböen Bft 10 zu erwarten.
Zudem setzt im äußersten Nordosten Deutschlands Dauerregen ein, der
wahrscheinlich bis weit in den Dienstag hinein anhält. An der Ostseeküste sind
unwetterartige Mengen vorstellbar, wobei sich vor allem auf Rügen sowie an der
unteren Oder Signale bis über 80 mm innerhalb von 48 Stunden finden lassen.
Darüber hinaus sind in einem breiten Streifen vom Odenwald über den Spessart,
Franken bis hin zum Bayerischen Wald Regenmengen zwischen 20 und 30 mm zu
erwarten, in Staulagen zeichnet sich Dauerregen von mehr als 30 mm innerhalb von
12 Stunden ab.
Aufgrund der gesamttroposphärischen Abkühlung sinkt auch die Schneefallgrenze an
und in den Alpen bis unter 2000, zum Teil bis auf 1500 Meter. Oberhalb davon
können durchaus 5 bis über 10 cm, in Hochlagen auch deutlich mehr als 20 cm
Schnee zusammenkommen.

Montag... schwenkt der Trog mit seiner Achse über Deutschland hinweg ostwärts,
wodurch sich eine nordwestliche Strömung, die später am Tag ganz im Westen und
über der Nordsee bereits leicht antizyklonale Konturen annimmt, einstellt.
Hierdurch gestützt weitet sich ein Bodenhochkeil von Frankreich bis in den Süden
Deutschlands aus. Zunächst im Westen und Südwesten und im Tagesverlauf auch in
den mittleren Gebieten sollte daher die Schauertätigkeit zum Erliegen kommen.
Für Gewitter ist dann die Labilität kaum noch hinreichend; einzelne kurze
Gewitter mit stürmischen Böen sind dennoch nicht auszuschließen.
Wesentlich mehr Aufmerksamkeit ist dem über Südschweden liegenden Tief zu
widmen. Dieses Tief nimmt eine dipolartige Struktur an und bildet sich eine
Tochterzyklone über dem Skagerrak, ebenfalls mit einem Kerndruck deutlich unter
990 hPa. Hierdurch setzen nahezu an der gesamten Küste Sturm- und an der Ostsee
sowie von den Nordfriesischen Inseln bis in die Elbmündung hinein schwere
Sturmböen um 100 km/h ein. An der Ostseeküste Vorpommerns können einzelne
orkanartige Böen auftreten. Stürmische Böen greifen bis weit ins küstennahe
Binnenland über, bis in die Mitte hinein und dort vor allem in den Leegebieten
der Mittelgebirge gibt es Windböen Bft 7 sowie in freien Lagen auch einzelne
stürmische Böen. Und auf exponierten Berggipfeln der nördlichen Mittelgebirge
(Brocken) kommt es wahrscheinlich ebenfalls zumindest zu Sturmböen Bft 9.
Auflockerungen sind im Westen und Südwesten sowie in den Leegebieten der
Mittelgebirge am wahrscheinlichsten. Allerdings wird die 20 Grad-Marke
allenfalls in Rheinnähe erreicht. Ansonsten sind nicht mehr als 13 bis 19 Grad
zu erwarten.

In der Nacht zum Dienstag weist das über Südskandinavien liegende Bodentief nach
wie vor eine Doppelstruktur auf. Beide Kerne intensivieren sich bis unter 985
hPa, was für diese Jahreszeit (wir haben ja noch Hochsommer!) eine
außergewöhnlich intensive Zyklogenese darstellt. Dabei wandelt sich dieses Tief
allmählich in ein steuerndes Zentraltief um. Der sich weiter ostwärts
ausweitende Bodenhochkeil tut sein Übriges, so dass der kräftige Gradient im
Norden Deutschlands bestehen bleibt. Die Sturmlage an der Küste dauert daher
unverändert an; im Binnenland flaut der Wind etwas ab, so dass Windböen
vorübergehend auf den küstennahen Bereich beschränkt sind.
In der Mitte und im Süden Deutschlands im Bereich des Bodenhochkeils erfolgt
Wetterberuhigung, verbreitet klart es auf, aber aufgrund des auch dort
vorhandenen Gradienten ist die Nebelneigung gering. Verbreitet sind in diesen
Gebieten einstellige Temperaturminima zu erwarten.

Dienstag... bleibt an der Rückseite des weiter nach Südosteuropa schwenkenden
Troges eine nordwestliche Strömung bestehen. Bedingt durch einen Höhenkeil, der
sich den Britischen Inseln nähert, erfolgt über Mitteleuropa leichter
Geopotentialgewinn. Hiervon profitiert eine Hochbrücke, die sich von der Biskaya
über den Alpenraum hinweg bis zur Ukraine erstreckt. Absinken in deren Bereich
lässt südlich der Mittelgebirgsschwelle die Schauertätigkeit weitgehend zum
Erliegen kommen, wodurch dann größere Auflockerungen erfolgen. In Alpennähe
stellen sich längere sonnige Abschnitte ein.
Allerdings wird der nach Südosteuropa reichende Trog durch ein Höhenhoch mit
Schwerpunkt über dem Weißen Meer blockiert. Das hat auch Auswirkungen auf das
o.g. Zentraltief, das sich knapp östlich vom Oslofjord und somit noch über
Südschweden einnistet. Vielmehr erfolgt eine weitere Intensivierung dieses Tiefs
bis knapp unter 980 hPa. Die Sturmlage dauert daher an den Küsten an, wobei sich
hinsichtlich der Böen nur eine leichte Abschwächung ergibt. Orkanartige Böen
sollten dann nicht mehr auftreten. An der Ostseeküste sind bis zum Abend jedoch
weiterhin Sturm- und einzelne schwere Sturmböen zu erwarten, an der Nordsee muss
mit stürmischen, von der Elbmündung bis nach Sylt mit Sturmböen Bft 9 gerechnet
werden. Dasselbe gilt für exponierte Berggipfel der nördlichen Mittelgebirge
(z.B. Brocken). Tagesgangsbedingt frischt im Binnenland der Wind erneut auf, im
nördlichen Binnenland stellen sich stürmische Böen ein, im gesamten Norden und
bis in die Mitte hinein frischt der Wind mit Böen Bft 7 und in den Leegebieten
der nördlichen Mittelgebirge mit einzelnen stürmischen Böen auf. Erst zum Abend
hin flaut im Binnenland der Wind etwas ab; mit Windböen zumindest im küstennahen
Binnenland muss jedoch weiterhin gerechnet werden.
Der Dauerregen im äußersten Nordosten Deutschlands lässt bereits in den
Frühstunden nach. Allerdings macht sich im Nordosten ein in die nordwestlichen
Strömung südostwärts ablaufender Kurzwellentrog bemerkbar. Hierdurch wird die
Schichtung im Nordosten labiler, was die Schauertätigkeit aufleben lässt.
Bedingt durch eine Absinkinversion bei etwa 600 hPa oder zumindest isotherme
Schicht sollte es für Gewitter nicht reichen. Aber immerhin kann die dort
vorhandene Labilität eine Verstärkung der Böigkeit des Windes bewirken.
Hierdurch sind weiter im Binnenland ähnliche Böen wie am Vortag (dem Höhepunkt
der Sturmlage) zu erwarten.
Gegenüber den Vortagen erfolgt ein leichter Temperaturanstieg auf 17 bis 22, am
Oberrhein auf 24 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch folgt in der nordwestlichen Strömung ein weiterer
Kurzwellentrog. Hierdurch kommt die Schauertätigkeit an der Küste nicht so recht
zur Ruhe; vielmehr können Schauer oder Schauerartige Niederschläge wieder weiter
ins Binnenland; zumindest bis in den Mittelgebirgsraum hinein, ausgreifen. Wie
weit diese Niederschläge nach Süden vordringen, ist noch unsicher.
Das über Südschweden liegende Zentraltief beginnt sich nur allmählich
aufzufüllen und weist selbst Mittwochfrüh noch einen Kerndruck von etwas unter
985 hPa auf. Dies hat Auswirkungen auf die Sturmlage an der Küste, wo nach wie
vor Sturmböen Bft 8/9 und in exponierten Küstenlagen (Sylt, Rügen) auch einzelne
schwere Sturmböen auftreten. Weiter im Binnenland flaut der Wind ab und ist
abgesehen von exponierten Berggipfeln (Brocken) wahrscheinlich nicht mehr
warnrelevant.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
finden. Die weiter oben beschriebene Entwicklung hinsichtlich der Sturmlage im
Küstenbereich und des Dauerregens im äußersten Nordosten wird von mehreren
probabilistischen Verfahren gestützt. In Bezug auf den Dauerregen sind jedoch
die deterministischen Modelle (wie bereits am Vortag) weiterhin sehr defensiv;
während bis zum Vortag die Niederschlagssummen von Modelllauf zu Modelllauf
erhöht wurden, setzen jetzt die Modelle (aber bisher noch nicht die
probabilistischen Verfahren) auf eine Verringerung der Niederschlagssummen.
Größere Modellunterschiede zeichnen sich für die Nacht zum Mittwoch ab. Während
ICON wie auch GFS erneut schauerartige Niederschläge nur auf den Nordwesten
Deutschlands übergreifen lassen, haben EZMW (12) und UK10 eine Warmfrontwelle im
Programm, die durch die zyklonale west- nordwestliche Strömung über die
nördliche Mitte hinweg ostwärts gesteuert wird. In deren Bereich zeichnen sich
vor allem über den mittleren Regionen zeitweise Niederschläge (in Staulagen
12-std. durchaus über 20 mm) ab. Allerdings sind diese Niederschläge nicht
warnrelevant.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann