DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-08-2023 07:30
SXEU31 DWAV 050800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 05.08.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr M

DAUERREGEN (UNWETTER):
Bis heute Abend an den Alpen und von dort bis zur unteren Donau teils ergiebiger
Dauerregen mit Mengen zwischen 30 und 50 l/qm. Am östlichen Alpenrand 40 bis
über 70 l/qm (teils Unwetter). In der Nacht zum Sonntag zögernd nachlassend.
An den Alpen (vor allem Allgäu und östlicher Alpenrand) und zum Teil im
Schwarzwald bis Montag im Tagesverlauf teils schauerartig verstärkter Regen, als
Dauerregen zu bewarnen, bis dahin Niederschlagssummen um 40, im Allgäu,
Schwarzwald und am östlichen Alpenrand bis über 60 mm.
Im Nordosten im Laufe des Sonntags ebenfalls einsetzender Dauerregen, bis zur
Warnow und auf die Uckermark übergreifend. Bis Dienstagfrüh 40 bis 60, auf Rügen
und Usedom bis über 80 mm (Unwetter).

GEWITTER/STARKREGEN:
Im Tagesverlauf von Benelux her aufkommende Regenfälle mit einzelnen Gewittern,
zum Abend hin bis zur Mitte ausweitend. Lokal Starkregen mit Mengen um 20 l/qm
sowie Böen 7-8 Bft möglich. In der Nacht zum Sonntag weitere Gewitter, zum Teil
auch gewittriger Regen, teils auf die Mitte übergreifend.
Am Sonntag abgesehen vom Nordosten nahezu deutschlandweit zum Teil wiederholt
kurze Gewitter, vor allem im südwestdeutschen Bergland Starkregen und im
Südwesten sowie im äußersten Westen in Gewitternähe einzelne Sturmböen nicht
auszuschließen.

STURM- und ORKANBÖEN:
Am Samstag zunächst im südwestdeutschen Bergland und im alpennahen Vorland
stürmische Böen Bft 8, auf höheren Berggipfeln Sturmböen Bft 9. Wind im
Tagesverlauf weiter auffrischend, dann auf Schwarzwald- und Alpengipfeln teils
schwere Sturmböen und auch in den Hochlagen der Mittelgebirge westlich des
Rheins stürmische Böen. Wind ab dem Abend im Süden und im äußersten Westen
abflauend.
An der Ostsee dagegen auffrischender Wind mit Sturmböen Bft 8/9 an der
Vorpommerschen Ostseeküste. Bis Montagfrüh an der gesamten Küste (auch an der
Nordsee) aufkommend Sturmböen Bft 8/9, an der Vorpommerschen Ostseeküste schwere
Sturm- und orkanartige Böen. Den Montag über und auch in der Nacht zum Dienstag
noch andauernd, dann auch an der Nordfriesischen Küste zumindest schwere
Sturmböen. Bis weit ins nördliche Binnenland hinein stürmische Böen.


Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland im Bereich eines zuvor ausgetropften Troges. Das
hieraus hervorgegangene Cut-Off-Tief verlagert sich von Oberitalien in die
mittlere Adria, das Residuum überquert den Nordosten Deutschlands, wird aber
durch kompensierendes Absinken aufgefüllt. Ein nachfolgender, kräftigerer Trog
erreicht bis zum Abend bereits Ostfrankreich und die Benelux-Staaten. Somit ist
zunächst noch leichter Zwischenhocheinfluss wetterwirksam, der nach Südwesten
hin auch aus schwacher Kaltluftadvektion gestützt wird. Im Tagesverlauf macht
sich jedoch zusehends der sich annähernde Trog bemerkbar. Vorderseitig erfolgt
der Einschub leicht labiler Luft. Allerdings wird nur wenig CAPE generiert; der
Gehalt an niederschlagbarem Wasser erreicht kaum 30 mm, aber es ist etwas
Scherung (sowohl niedertroposphärisch als auch hochreichend) vorhanden. Der Trog
spendiert im Westen kräftige Hebung, so dass in dem von Westen aufkommenden
Niederschlag einzelne Gewitter eingelagert sein können. Die dynamischen
Voraussetzungen für konvektive Umlagerungen wären gegeben, allerdings ist die
Labilität zu schwach ausgeprägt. Bei Betrachtung der prognostizierten
Radiosondenaufstiege sollte die Wahrscheinlichkeit hierfür nicht allzu hoch
sein; vielmehr dürfte es sich um schauerartig verstärkten Regen handeln.
Darüber hinaus wurde durch den vorherigen Austropfprozess eine Vb-artige
Entwicklung induziert. Der größten Niederschlagssummen kommen hierdurch weiter
östlich zustande, nur der Osten Deutschlands wird von diesen Niederschlägen, die
dort vorerst nicht warnrelevant sind, gestreift. An den Alpen ergibt sich
dagegen ein anderes Bild. Bedingt durch das über die Slowakei hinweg nach Norden
ziehende Tief werden die Alpen von Norden angeströmt, was eine ausgewachsene
Stausituation ergibt. Dies lässt die Niederschläge am Alpenrand andauern, wobei
vor allem am östlichen Alpenrand unwetterartige Niederschlagsmengen
zusammenkommen. Aktuell liegt die Intensität der skaligen Niederschläge um 5 mm
pro Stunde. Ein allmähliches Nachlassen der Niederschläge ist erst ab dem Abend
zu erwarten.
Im Bereich des Zwischenhochkeils zeichnen sich zum Teil größere Auflockerungen
ab. Der Südosten verbleibt dagegen unter dem Wolkenschirm des östlich von
Deutschland nach Norden ziehenden Tiefs. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 18
und 24 Grad wird es mäßig warm. Im Südosten sind je nach Intensität des Regens
und Höhenlage nur 12 bis 17 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Sonntag greift der Trog mit seiner Achse auf den Westen
Deutschlands über. Das korrespondierende Bodentief verlagert sich vom Ostausgang
des Ärmelkanals über Belgien hinweg in den Nordwesten Deutschlands und beginnt
sich dort bereits aufzufüllen. Die trogvorderseitige Hebung erfasst bei
weiterhin nur leicht labiler Schichtung dann die mittleren Teile Deutschlands,
was dort ebenfalls schauerartige und vereinzelt gewittrige Niederschläge
aufkommen lässt. Starkregen ist nicht auszuschließen; stürmische oder gar
Sturmböen sind weniger wahrscheinlich als zuvor im Westen.
An der Südflanke des sich über dem Nordwesten auffüllenden Tiefs ist noch ein
kräftiger Gradient vorhanden, der immerhin im Südwesten ein Auffrischen des
Windes bewirkt. Im südwestdeutschen Bergland sind Windböen Bft 7 zu erwarten. In
den Gipfellagen des Schwarzwaldes und des Allgäus kommen Sturmböen Bft 8/9 auf.
Bedingt durch die Drehung der Winde auf Südwest lassen die Dauerniederschläge ab
dem Abend an den Alpen nach, hören aber noch nicht auf, so dass zumindest für
die Unwetterwarnung kein Verlängerungsbedarf mehr besteht.

Sonntag... steht eine ausgewachsene Troglage ins Haus. Das über dem Nordwesten
Deutschlands liegende Bodentief füllt sich unter leichter Verlagerung nach
Nordosten weiter auf und wird in die Zirkulation des auf Vb-artiger Zugbahn von
Mittelpolen zur Ostsee ziehende Bodentiefs einbezogen. Kaltluftadvektion lässt
von Westen und Südwesten her den Druck steigen, was eine leichte
Gradientverschärfung bewirkt. Hierdurch legt der Wind weiter zu. Im Süden sind
in freien Lagen zu den Alpen hin Windböen, im Alpenvorland bedingt durch den
Leitplankeneffekt stürmische Böen zu erwarten. Auf höheren Berggipfeln des
Schwarzwaldes und im Allgäu besteht die Gefahr von Sturm- und (exponiert - z.B.
Feldberg) schweren Sturmböen. Auch in den Mittelgebirgen westlich des Rheins
sind Wind- und einzelne stürmische Böen nicht auszuschließen. Gestützt wird
diese Windzunahme durch den Tagesgang. Erst zum Abend hin zeichnet sich ein
leichtes Abflauen des Windes ab. Mit Windböen in freien Lagen
Südwestdeutschlands, im alpennahen Vorland und Sturmböen Bft 8/9 auf den
dortigen exponierten Berggipfeln muss jedoch weiterhin gerechnet werden.
Allerdings beginnt ab dem Nachmittag der Wind an der Südwestflanke des zur
Ostsee ziehenden Bodentiefs, d.h. über dem Nordosten Deutschlands,
aufzufrischen, was an der Vorpommerschen Ostseeküste Wind- und stürmische Böen
aufkommen lässt.
Darüber hinaus entwickeln sich im Trogbereich nahezu deutschlandweit wiederholt
Schauer und kurze Gewitter, die vor allem über dem südwestdeutschen Bergland mit
Starkregen einhergehen können. Etwas ausgenommen hiervon ist nur der Nordosten,
wo aufgrund des auf Vb-artiger Zugbahn zur Ostsee ziehenden Tiefs bei stabiler
Schichtung skaliger Regen fällt.
Die Tageshöchsttemperaturen bewegen sich zwischen 13 und 19 Grad. Die 20
Grad-Marke wird lediglich im Nordwesten und in Teilen der Mitte erreicht, und
dies auch nur, falls größere Auflockerungen zustande kommen.

In der Nacht zum Montag fällt die Konvektion in sich zusammen und auch der Wind
im Westen und Süden Deutschlands flaut weiter ab. Einzelne warnrelevante Böen im
westlichen und südwestdeutschen Bergland und stürmische Böen auf den Gipfeln des
Schwarzwaldes und des Allgäus sind jedoch weiterhin möglich.
Das auf Vb-artiger Zugbahn in die Ostsee gelangte Tief dreht nun aufgrund der
auf Südost drehenden mitteltroposphärischen Strömung weiter nach Nordwesten ein
als dass dies weiter zurückliegende Modellläufe gezeigt hatten. Dieses Tief
bezieht die über Osteuropa liegende feuchtwarme Luft in seine Zirkulaton ein und
profitiert von latenten Wärmestrom der relativ warmen Ostsee, so dass sich,
während dieses Tief die Südspitze Schwedens erreicht, eine weitere
Intensivierung bis unter 990 hPa abzeichnet. Hierdurch geht im Norden und
Nordosten Deutschlands eine weitere Gradientzunahme einher. Bis ins küstennahe
Binnenland kommen Windböen Bft 7, an der gesamten Küste Sturmböen Bft 9 auf. An
der Vorpommerschen Ostseeküste sind erste schwere Sturmböen Bft 10 zu erwarten.
Beginnend in der Nacht setzt im äußersten Nordosten Deutschlands Dauerregen ein,
der wahrscheinlich bis weit in den Dienstag hinein anhält. An der Ostseeküste
sind unwetterartige Mengen vorstellbar, wobei sich vor allem auf Rügen Signale
bis über 80 mm innerhalb von 48 Stunden finden lassen.
Aufgrund der gesamttroposphärischen Abkühlung sinkt auch die Schneefallgrenze an
und in den Alpen bis unter 2000, zum Teil bis auf 1500 Meter. Oberhalb davon
können durchaus 5 bis über 10 cm Schnee zusammenkommen.


Montag... schwenkt der Trog mit seiner Achse über Deutschland hinweg ostwärts,
wodurch sich eine nordwestliche Strömung, die später am Tag ganz im Westen und
über der Nordsee bereits leicht antizyklonale Konturen annimmt, einstellt.
Hierdurch gestützt weitet sich ein Bodenhochkeil von Frankreich bis in den Süden
Deutschlands aus. Zunächst im Westen und Südwesten und im Tagesverlauf auch in
den mittleren Gebieten sollte daher die Schauertätigkeit zum Erliegen kommen.
Wesentlich mehr Aufmerksamkeit ist dem über Südschweden liegenden Tief zu
widmen. Dieses Tief nimmt eine dipolartige Struktur an und bildet sich eine
Tochterzyklone über dem Skagerrak, ebenfalls mit einem Kerndruck deutlich unter
990 hPa. Hierdurch setzen nahezu an der gesamten Küste Sturm- und schwere
Sturmböen um 100 km/h ein. An der Ostseeküste, nicht nur Vorpommerns, auch bis
etwa zur Warnow, können orkanartige Böen auftreten. Stürmische Böen greifen bis
weit ins küstennahe Binnenland auf, bis in die Mitte hinein und dort vor allem
in den Leegebieten der Mittelgebirge gibt es Windböen Bft 7. Und auf exponierten
Berggipfeln der nördlichen Mittelgebirge (Brocken) ebenfalls Sturmböen Bft 9.
Auflockerungen sind im Westen und Südwesten sowie in den Leegebieten der
Mittelgebirge am wahrscheinlichsten. Allerdings wird die 20 Grad-Marke
allenfalls in Rheinnähe erreicht. Ansonsten sind nicht mehr als 13 bis 19 Grad
zu erwarten.

In der Nacht zum Dienstag weist das über Südskandinavien liegende Bodentief nach
wie vor eine Doppelstruktur auf. Beide Kerne intensivieren sich bis knapp unter
980 hPa, was für diese Jahreszeit (wir haben ja noch Hochsommer!) eine
außergewöhnlich intensive Zyklogenese darstellt. Dabei wandelt sich dieses Tief
allmählich in ein steuerndes Zentraltief um. Der sich weiter ostwärts
ausweitende Bodenhochkeil tut sein Übriges, so dass der kräftige Gradient im
Norden Deutschlands bestehen bleibt. Die Sturmlage an der Küste dauert daher
unverändert an; auch im Binnenland ist an ein Abflauen des Windes nicht zu
denken. Auf Rügen sind dann sogar Böen bis Orkanstärke vorstellbar.
In der Mitte und im Süden Deutschlands im Bereich des Bodenhochkeils erfolgt
Wetterberuhigung, verbreitet klart es auf, aber aufgrund des auch dort
vorhandenen Gradienten ist die Nebelneigung gering. Verbreitet sind in diesen
Gebieten einstellige Temperaturminima zu erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Die Dauerregenlage und die Sturmlage an der Küste werden
auch von proabilistischen Verfahren gestützt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann