DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

04-08-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 04.08.2023 um 10.30 UTC



Anfangs noch unbeständig, kühl und windig, an den Küsten stürmisch. Bis
Wochenmitte Umstellung der Großwetterlage hin zu ruhigem und (hoch)sommerlichen
warmen bis heißen Wetter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 11.08.2023


Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am kommenden Montag befindet sich
Deutschland im Einflussbereich eines Trogs mit zwei Hauptdrehzentren, eines
südöstlich von Island, das zweite über Polen. Das zum zweitgenannten Drehzentrum
gehörige Bodentief hat sich zum steuernden Sturmtief entwickelt, befindet sich
mit seinem Zentrum am Morgen im Norden Polens und verlagert sich im Laufe des
Tages zur Ostsee. Deutschland befindet sich auf der Rückseite und es ist mit
windigem Schauerwetter zu rechnen. Der äußerste Nordosten wird noch von der
Okklusion beeinflusst und die dadurch bedingten Hebungsvorgänge sorgen dort für
kräftigen Regen. Zudem ist im Nordosten und Norden der Gradient am größten,
sodass für Ost- und Nordsee (schwere) Sturmböen simuliert werden, an der Ostsee
sind sogar orkanartige Böen möglich. Es ist weiterhin kühl mit Höchstwerten
vielfach nur um oder unter 20 Grad.

Am Dienstag zieht das Höhentief retrograd über Südskandinavien zum Europäischen
Nordmeer und das Bodentief weist mittlerweile zwei Kerne auf (mittlere Ostsee
und östliches Nordmeer). Über Mitteleuropa macht sich steigendes Geopotential
bemerkbar, das dazugehörige Bodenhoch liegt mit seinem Schwerpunkt über dem
Alpenraum. Demnach setzt bei uns Wetterberuhigung ein und auch an den Küsten
lässt der Wind/Sturm allmählich nach. Die Temperaturen gehen ebenfalls ein
Stückchen nach oben, in den wärmsten Regionen am Oberrhein sind Höchstwerte bis
24 Grad zu erwarten, kühler mit Temperaturen unter 20 Grad bleibt es im Norden
sowie in den Mittelgebirgen.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt von der Nordsee kommend nochmals ein Randtrog
bzw. am Boden ein Randtief über Dänemark hinweg ostwärts. Die dadurch bedingten
Hebungsvorgänge lassen bereits in der Nacht von Westen her Regenfälle aufkommen,
die sich im Tagesverlauf unter Abschwächung ostwärts verlagern. Der Süden
profitiert hingegen weiterhin von der Nähe zum Hoch, sodass es dort meist
trocken bleibt. Auf der Vorderseite eines weiteren Tiefs westlich der Biskaya
wird zudem deutlich wärmere Luft nach Deutschland advehiert, sodass sich die
Großwetterlage hiermit grundlegend umstellt. Bis zum Abend erreicht in 850 hPa
bereits die 15-Grad-Isotherme den Südwesten Deutschlands, im Norden ist die
Warmluft allerdings noch nicht angekommen (T_850hPa abends bei 4 Grad). Folglich
stellt sich ein deutliches Süd-Nord-Gefälle bei den Temperaturen ein mit noch
kühlen 20 Grad an der Nordsee und mit der nötigen Sonnenunterstützung
hochsommerlichen 30 Grad am Oberrhein.

Am Donnerstag dehnt sich ein Rücken von den Kanaren über Spanien und
Großbritannien bis zum Europäischen Nordmeer aus. Das Bodenhoch verlagert sich
mit seinem Schwerpunkt zur Nordsee und die Warmluft kann noch etwas weiter
nordostwärts vorankommen. Folglich erwartet uns nach der langen Sommerpause mit
reichlich Regen und kühlen Temperaturen endlich wieder ein hochsommerlicher Tag
mit viel Sonnenschein und Temperaturen zwischen 25 und 31 Grad. Kühler bleibt es
im Norden, wo sich die kühlere Luftmasse noch halten kann.

Am Freitag bleibt der angesprochene Rücken weiterhin bestehen, wird aber von
Westen und von Osten von zwei Höhentiefs eingekeilt. Somit wird der Rücken mehr
zu einem Höhenkeil, dessen Achse sich von BeNeLux bis nach Skandinavien
erstreckt. Am hochsommerlichen Wetter mit viel Sonne und Temperaturen (außer im
Norden) zwischen 25 und 32 Grad ändert sich dadurch wenig. Im Süden steigt
allerdings das Gewitterpotential leicht an.

In der erweiterten Mittelfrist setzt sich voraussichtlich das sommerliche Wetter
fort, wenngleich noch etwas unsicher ist, ob die Temperaturen im teils
hochsommerlich heißen Bereich bleiben oder leicht auf "nur" noch sommerlich
warmes Niveau zurückgehen. Ebenfalls ist noch unsicher, inwiefern die
Gewitterneigung zunimmt oder nicht. Eine erneute Umstellung hin zu einer
(zyklonalen) Westlage ist aber erstmal nicht zu erwarten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Entwicklung des Sturmtiefs am kommenden Montag wird sehr einheitlich
simuliert. Der durchschwenkende Randtrog respektive Bodentief von der Nordsee
über Dänemark zur Ostsee in der Nacht zum Mittwoch und am Mittwoch wird im
aktuellen Lauf deutlich markanter berechnet. Im 12 UTC-Lauf war der Randrog
flacher und das Bodentief schwächer, im gestrigen 00UTC-Lauf sollte sich erst am
Mittwoch ein flacher Randtrog und dazugehöriges Bodentief zur Nordsee verlagern.
Demnach kann sich im aktuellen 00UTC-Lauf der Rücken schneller nach Norden
ausdehnen als dies noch im gestrigen 00UTC-Lauf der Fall war. Außerdem werden
die beiden den Rücken einkeilenden Höhentiefs im heutigen 00UTC-Lauf stärker als
gestern simuliert. Die Umstellung hin zu hochsommerlich warmen Wetter haben aber
alle Läufe auf der Agenda.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Sturmtiefentwicklung am kommenden Montag und Dienstag haben alle gängigen
Globalmodelle auf dem Programm. Dabei fällt das Tief bei ICON etwas stärker aus
und wird etwas weiter westlich simuliert, sodass laut dieser Variante ab
Montagnachmittag und in der Nacht zum Dienstag selbst an der nordfriesischen
Küste in exponierten Lagen orkanartige Böen berechnet werden, während sich bei
UK10, GFS und IFS diese durch die etwas östlichere Zugbahn nur auf die
Ostseeküste beschränken. Bei GFS und IFS lässt der Sturm in Norden/Nordosten
schneller nach als bei ICON und UK10, wo an der Ostsee noch bis zum Nachmittag
schwere, laut UK10 sogar orkanartige Böen erwartet werden. Auch bei der
Randtiefentwicklung am Mittwoch gehen die Modelle noch etwas auseinander. Bei
der Umstellung hin zu hochsommerlichem Wetter sind sich die Modelle allerdings
einig, wenngleich die sehr warme Luft bei ICON und GFS etwas weiter nach
Nordosten vorankommt als beim IFS.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bei den Rauchfahnen werden heute repräsentativ Stuttgart und Berlin betrachtet.
Bei beiden zeigt der Trend des Geopotentials nach oben, wobei der Spread bei
Stuttgart deutlich geringer ist als bei Berlin. Dies ist auf das Höhentief über
Osteuropa zurückzuführen, welches noch unterschiedlich simuliert wird und dort
für gewisse Prognoseunsicherheiten sorgt.
Bei den Temperaturen geht es bei Stuttgart ab Dienstag deutlich bergauf, ab
Donnerstag liegt die Mehrzahl der Member zwischen 15 und 20 Grad in 850 hPa. Bei
Berlin macht sich auch bei den Temperaturen das angesprochene Höhentief
bemerkbar. Dort bleibt der Hauptlauf (und die die Mehrzahl der Member) bis
Samstag unter 10 Grad, es gibt aber auch Lösungen mit 15-20 Grad in 850 hPa. Es
bestehen also noch Unsicherheiten, wie weit sich die Warmluft nach Nordosten
ausbreiten kann.
Die Niederschlagssignale gehen bei Stuttgart bereits ab Dienstag, bei Berlin
erst ab Donnerstag deutlich zurück (Durchzug des Randtiefs im Norden).

Die GFS-Rauchfahnen sehen für beide Städte recht ähnlich zu denen von IFS aus.

Bei den Clusteranalysen werden für den Zeitraum t_120h-168h fünf Cluster
angeboten, wobei alle mehr oder weniger schnell eine Umstellung von einer
positiven NAO hin zu einer Blocking-Lage zeigen.
In der erweiterten Mittelfrist (t_192h-240h) werden die Member in vier Cluster
gruppiert, die alle einstimmig eine Fortdauer der blockierenden Lage zeigen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND/STURM:
Zu Beginn der neuen Woche am Montag und Dienstag wird es im Norden und Nordosten
teils stürmisch, an den Küsten werden sogar schwere Sturmböen erwartet,
insbesondere an der Ostsee zumindest in exponierten Lagen mit recht hoher
Wahrscheinlichkeit auch orkanartige Böen. Erst im Laufe des Dienstags lässt der
Wind/Sturm allmählich nach mit den o.g. Unsicherheiten. Auch nachfolgend bleibt
es an den Küsten und auf den Inseln windig, teils mit stürmischen Böen, während
im Binnenland der Wind deutlich nachlässt.

REGEN:
Am Montag kommt es mit geringer Wahrscheinlichkeit im äußersten Nordosten zu
länger anhaltenden und teils kräftigen Regenfällen mit Mengen zwischen 30 und 50
l/qm in 24 Stunden.

HITZE:
Ab Donnerstag in der Südhälfte sehr warm bis heiß, teils mit Temperaturen um 30
Grad, aufgrund nur geringer Schwüle und ausreichender nächtlicher Abkühlung aber
nur örtlich hohe Wärmebelastung.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ICON, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dr. rer. nat. Markus Übel