DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-08-2023 08:01
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 04.08.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr M

An den Alpen unwetterartiger Dauerregen. Ansonsten einzelne Gewitter mit
Starkregen, im Süden vereinzelt dadurch lokal Unwetter. Am Sonntag im Süden sehr
windig mit teils stürmischen Böen, im Bergland Sturm.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt ein breiter Langwellentrog über Nordwesteuropa, von dem aus ein
zu den Westalpen abtropfender Anteil darüber hinaus bis ins westliche Mittelmeer
reicht und nach Osten schwenkt.
Dabei wird ein Tief über dem Golf von Genua überlaufen und beginnt sich
abzuschwächen. Weiter östlich bildet sich ein weiteres Tief über Ungarn, das in
der Folge nach Norden bis Nordwesten zieht.

Wir gelangen im Tagesverlauf mehr und mehr direkt unter den Trog, dessen Achse
abends über den westlichen Landesteilen liegt. Unmittelbar vor dem Trog im
Bereich eines Bodentroges liegen aktuell über dem Südwesten schauerartige
Regenfälle, die langsam weiter nach Osten bis Südosten vorankommen, konvektiver
werden und von Gewittern durchsetzt sind. Auch davor, wo es noch etwas
einstrahlt bilden sich Schauer und Gewitter.
Aufgrund der geringeren Verlagerungsgeschwindigkeit von 10 bis 15 kt steht
markanter Starkregen im Fokus, wobei ICON D2 EPS hierfür die größten
Wahrscheinlichkeiten vom Bodensee über Oberschwaben bis zur Fränkischen Alb
liefert. Auch unwetterartige Mengen sowie ungewittriger Starkregen sind nicht
ausgeschlossen.
Der Trogrest bringt zudem im Norden einzelne kurze Gewitter zustande, wobei die
Wahrscheinlichkeit geringer ist als im Südwesten und Süden sowie im östlichen
Bergland.

Die skaligen Regenfälle ganz im Südosten gehen noch auf das Tief über
Oberitalien zurück und schwächen sich ab. Zum Abend greifen von Österreich neue
Aufgleitregenfälle an der Nordwestflanke des ungarischen Tiefs über. Diese
verschmelzen mit den Schauern und Gewittern und werden durch die auf nördliche
Richtungen drehende Bodenströmung und Stau an den Alpen gestützt. In der Folge
stellt sich an den Alpen bis zum Inn eine "konvektive" Dauerregenlage ein, die
30 bis 50, in Staulagen der östlichen Alpen um 80 l/qm Regen bringen kann und
bis Samstagabend andauert.

Größere Auflockerungen sind auf den küstennahen Bereich und den Nordosten
beschränkt. Ansonsten hält sich starke Bewölkung. Die Temperaturen liegen
zwischen 18 und 24°C, bei längerem Sonnenschein im Nordosten örtlich um 25°C.

In der Nacht zum Samstag tropft der Trog über Oberitalien vollends aus. Das
vorderseitige flache Tief kräftigt sich über der Ungarischen Tiefebene, Hebung
an dessen Nordwestflanke in Verbindung mit Stau lässt die Niederschläge
am Alpennordrand andauern, wobei die konvektive Komponente aufgrund der
Stabilisierung in den Hintergrund tritt. Darüber hinaus treten einzelne Schauer
an der Nordsee auf. Zwischen dem zur nördlichen Adria ziehenden Cut Off und
einem neuen markanten Trog über GB stellt sich schwacher Zwischenhocheinfluss
ein, der für eine Wetterberuhigung sorgt. Teils klart es auf und es können sich
bei schwachem Wind streckenweise Nebelfelder bilden.


Samstag... zieht das Cut Off langsam weiter Richtung Dinarisches Gebirge, wobei
das vorderseitige Tief ebenfalls nur zögernd zur Slowakei vorankommt. Hierdurch
werden die Alpen bodennah von Norden angeströmt, was die intensiven Regenfälle
am Alpennordrand andauern lässt. Warmluftadvektion über dem östlichen
Mitteleuropa lässt zudem über dem Osten dichte Bewölkung, mit allerdings nur
wenig Regen aufziehen.
Im Tagesverlauf greift ein weiterer Trog von den Britischen Inseln auf
Ostfrankreich über und tropft aus. Mit der Drehung der Strömung auf West bis
Südwest lassen dann am Alpenrand die Niederschläge allmählich nach. Das
entsprechende Bodentief zieht zum Ostausgang des Ärmelkanals, während dessen
Okklusion auf Belgien und Nordostfrankreich übergreift.
An der Vorderseite des neuen Troges erfolgt ein Einschub mäßig warmer Luft vom
nahen Ostatlantik, die zudem leicht labil geschichtet ist. Trogvorderseitige
Hebung, induziert u.a. durch positive Vorticityadvektion, lässt von Westen
schauerartigen Regen aufkommen, der bis zum Abend das östliche Niedersachsen und
Hessen erfasst. In den Regen sind vor allem nach Osten hin im Tagesverlauf
einzelne Gewitter mit Starkregen eingelagert. Am wenigsten oder gar kein Regen
fällt vom Norden und Nordosten bis Thüringen, gebietsweise auch weiter nach
Südwesten hin, wo sich nur einzelne Schauer bilden.
Das Tief über dem Ärmelkanal macht sich im Westen durch wieder auflebenden und
auf südliche Richtungen drehenden Wind bemerkbar, der aber nicht warnwürdig
wird.

Die besten Chancen auf Sonne bestehen von Schleswig-Holstein und der Ostsee bis
in den Südwesten. Ansonsten ist wechselnde, im Südosten starke Bewölkung zu
erwarten. Am Nachmittag liegt je nach Sonne die Temperatur zwischen 17 und 23°C,
im Südosten im Dauerregen nur um 15°C.

In der Nacht zum Sonntag wird das Cut Off Tief über dem Balkan vom nachfolgenden
Cut Off, das wiederum von der Nordsee in den Nordwesten Deutschlands vorankommt,
eingefangen. Der große Trogkomplex über Europa reicht damit, stark negativ
geneigt, von Island über die Nordsee bis zur Ägäis. Das Tief über Osteuropa
zieht nach Südostpolen, wobei es sich noch leicht verstärkt. An seiner Ostseite
wird bei insgesamt sehr großer Baroklinität im Bereich des Tiefs heiße Luft nach
Norden zum Baltikum gesteuert, westlich davon feuchtkühle Meeresluft nach
Südosten. Die durch Aufgleiten ausgelösten Regenfälle streifen aber vorerst nur
die Regionen an Oder und Neiße.
Derweil zieht das kleine Tief vom Ärmelkanal Richtung Niederlande, was an seiner
Südflanke im Westen und Südwesten mit einer Gradientzunahme den Wind auffrischen
lässt. In den Mittelgebirgen westlich des Rheins und im Schwarzwald sind Wind-
und auf Berggipfeln stürmische Böen zu erwarten, in exponierten Gipfellagen
(Schwarzwald) kommen Böen bis Sturmstärke auf. Zudem setzen vorderseitig des
Troges, vor allem induziert durch positive Vorticityadvektion, erneut Regenfälle
ein, die auch von vereinzelten Gewittern durchsetzt sein können. Aufgrund
rascherer Verlagerung ist die Wahrscheinlichkeit für Starkregen gering; vielmehr
in Verbindung mit diesen Gewittern sind stürmische Böen vorstellbar. Der davor
liegenden Regenstreifen kommt bis in den Norden und Osten voran, an ihm sollte
es im Laufe der Nacht keine Gewitter mehr geben, auch wenn in der
Modellinterpretation sowas noch angeboten wird.


Sonntag... liegen wir genau unter einem Langwellentrog mit Drehzentrum über
Deutschland. Dabei gelangt am Rand des weiter Richtung Baltikum ziehenden und
sich intensivierenden Bodentiefs aus Nordwesten sehr kühle (T850 +5 bis +7°C)
und leicht instabile (T500 -20 bis -18°C) zu uns.
Bei häufig starker Bewölkung bilden sich wiederholt schauerartige Regenfälle,
Schauer und kurze Gewitter. Die Starkregengefahr ist meist nicht sonderlich
groß, durch Stau verstärkt und bei wiederholten Schauern sind aber zunächst im
Schwarzwald, abends und nachts auch an den Alpen höheren Mengen möglich, die
entsprechend mehrstündig warnrelevant werden können.
Das Bodentief über Westeuropa schwächt sich ab und geht in einen Randtrog des
Tiefs über Osteuropa auf. Dieser hinterlässt über Süddeutschland einen markanten
Druckgradienten, der steife bis stürmische Böen zur Folge hat. Im Bergland und
bei Gewitter Sturmböen und exponiert in einigen Gipfellagen sind schwere
Sturmböen bis orkanartige Böen möglich.

Ob der äußerste Nordosten von den Aufgleitregenfällen im Osten gestreift wird,
ist unsicher und nach jetzigem Stand auch unwahrscheinlich. Die Sonne zeigt sich
nur im Norden ab und zu, wo die Maxima auch mal um 20°C liegen können. Sonst
werden die 20°C verfehlt.

In der Nacht zum Montag verlagert sich das Tief über die Ostsee nach
Südschweden. Es verstärkt sich dabei weiter auf ca. 985 hPa im Kern; laut ICON.
Der Norden gelangt in den Bereich des Sturmfeldes an der Südflanke, wo an der
See Sturmböen, vereinzelt schwere Sturmböen auftreten können. Dazu kommen ganz
im Nordosten aus herumgeholter Warmluft resultierende Regenfälle auf, ob diese
warnrelevant werden, ist noch unsicher. Zugbahn und Stärke des Tiefs werden noch
abweichend simuliert. Auch landeinwärts frischt der Wind auf mit küstennah
eventuell ersten steifen bis stürmischen Böen aus West.
Darüber hinaus kommt es verbreitet zu schauerartigen Regenfällen, anfangs
vereinzelt zu Gewittern. Da der Gradient im Süden eher etwas aufweicht, lässt
der Wind dort im Laufe der Nacht nach. Vor eingangs der Nacht ist es dort
teilweise aber noch stürmisch.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren ähnlich, zum Montag bezüglich des Tiefs über Osteuropa
aber mit größeren Unterschieden. Die Konvektion mit dem möglichen Starkregen
fällt ins Nowcasting. Der Dauerregen an den Alpen wird im Tagesverlauf bewarnt,
die verbleibenden Unterschiede sind überschaubar.

Die sehr hohen Mos Niederschlagsmengen an den Alpen in der Nacht zum Montag
passen nicht zu den deterministischen Läufen, hier scheint was nicht zu stimmen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner