DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-08-2023 07:01
SXEU31 DWAV 030800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 03.08.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr M

GEWITTER:
Im Nordwesten und Westen neben Schauern vereinzelt auch kurze Gewitter mit Böen
7 bis 8 Bft. Bis Mittag von der Nordwesthälfte bis in die Mitte ausbreitend,
nachmittags und abends auch ganz im Südwesten einzelne Gewitter mit Böen 7 bis 8
Bft, lokal 9 Bft. Vereinzelt Starkregen bis zu 20 l/qm nicht ausgeschlossen. In
der Nacht zum Freitag allmählich abklingende Schauer, anfangs noch einzelne
Gewitter möglich.
Am Freitag von Südwesten bis in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein einzelne
Gewitter mit Starkregengefahr. Außerdem im Nordwesten kurze Gewitter, an der
Nordsee stürmische Böen nicht auszuschließen.
Am Samstag und in der Nacht zum Sonntag mit geringer Wahrscheinlichkeit im
Südwesten einzelne Gewitter mit stürmischen Böen.

DAUERREGEN:
Am Freitag im Tagesverlauf beginnend und bis weit in den Samstag hinein am
Alpenrand Dauerregen, innerhalb 24 Stunden 30 bis 50 mm, in Staulagen um 70 mm.

WIND/STURM:
Heute, außer im Norden und ganz im Südosten, lebhafter Südwestwind mit Wind- und
stürmischen Böen 7 bis 8 Bft, in der Mitte in freien und höheren Lagen
vereinzelt Sturmböen 9 Bft. In exponierten Hochlagen (schwere) Sturmböen 9 bis
10 Bft, vereinzelt (Brocken, Feldberg) orkanartige Böen 11 Bft. In der Nacht zum
Sonntag im Westen erneut auffrischender Wind, dort im Bergland mit stürmischen
Böen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegt Deutschland im Bereich eines Troges, der, ausgehend von
einem Höhentiefkomplex über Skandinavien, bis in die Biskaya reicht und im
Tagesverlauf unter Ausweitung nach Süden zu den Pyrenäen schwenkt. Hieraus
ergibt sich über Mitteleuropa eine straffe eine südwestliche zyklonale Strömung.
Mit dieser gelangt in den Süden und Osten mäßig warme Atlantikluft, wogegen von
Nordwesten her mit Annäherung der Trogachse maritime Polarluft einfließt. Die
Schichtung ist zwar nur leicht labil, aber Hebung durch kurzwellige
Keil-Trog-Strukturen sorgt vor allem im Nordwesten und Westen und im
Tagesverlauf mit dem Hereinschwenken des Troges auch in den mittleren Gebieten
für Schauer und kurze Gewitter. Aufgrund des kräftigen Oberwindes, der im 850
hPa-Niveau immerhin bis 50 kt erreicht, können diese Gewitter mit Sturmböen Bft
8/9 einhergehen. Starkregen sollte aufgrund der raschen Verlagerung der Gewitter
nur eine geringe Rolle spielen. Mit geringer Wahrscheinlichkeit entwickeln sich
im späteren Tagesverlauf, vor allem zum Abend hin, in der vorgelagerten wärmeren
Luft vor allem über dem südwestdeutschen Bergland einzelne Gewitter.
Darüber hinaus macht sich der hereinschwenkende Bodentrog, der dem Höhentrog
etwas vorauseilt, bemerkbar. Vorübergehend legt der Gradient noch etwas zu, den
Rest besorgt der Tagesgang, so dass nahezu deutschlandweit Windböen und in einem
breiten Streifen vom Südwesten und Westen Deutschlands über die Mitte hinweg bis
zur Neiße stürmische Böen auftreten. Im Bergland gibt es Sturmböen Bft 9, auf
exponierten Berggipfeln schwere Sturm- und orkanartige Böen zu erwarten.
Ausgenommen hiervon sind nur der äußerste Südosten, der Nordwesten sowie der
äußerste Norden, wo aufgrund des relativ schwachen Gradienten die Böen nicht
warnrelevant sind.
Im Süden und Südosten sowie im Osten etwa bis zum Oderbruch kommen noch größere
Auflockerungen zustande, am Alpenrand macht sich leicht föhniger Einfluss
bemerkbar. Dies lässt dort die Temperatur auf 22 bis 25 Grad steigen. Ansonsten
überwiegt rasch wechselnde und vielfach starke Bewölkung, wodurch nicht mehr als
16 bis 21 Grad zu erwarten sind.

In der Nacht zum Freitag weitet sich der Trog mit seinem südlichen Teil zum
westlichen Mittelmeer aus und induziert über dem Golf von Genua eine schwache
Zyklogenese. Der Trog schwenkt mit seiner nicht mehr eindeutig definierten Achse
in den Nordwesten Deutschlands, der vorgelagerte Bodentrog verabschiedet sich
nach Polen. Der Gradient fächert auf, der Tagesgang lässt die letzten Gewitter
in sich zusammenfallen, der Wind flaut ab und ist ab dem späten Abend nicht mehr
warnrelevant. Ein nachfolgender, aber deutlich schwächerer Bodentrog kann noch
einmal auf die Nordseeküste übergreifen und dort den Wind vorübergehend mit Böen
Bft 7 auffrischen lassen, allerdings ist die Wahrscheinlichkeit hierfür gering.
Ausgangs der Nacht lässt die zurückhängende und sich dem Südwesten Deutschlands
nähernde Trogachse im Südwesten und westlich des Rheins Niederschläge aufkommen.


Freitag... schwenkt die weit nach Süden reichende Trogachse über die Westalpen
hinweg nach Oberitalien. Hierdurch wird die Zyklogenese über dem Golf von Genua
überlaufen; vielmehr entwickelt sich über der südlichen Ungarischen Tiefebene
ein flaches Tief. Hebung an der Vorderseite der Trogachse und an der Nordflanke
des flachen Tiefs, die hauptsächlich durch Warmluftadvektion zustande kommt,
lässt von Slowenien und Kroatien auf Kärnten übergreifend unwetterartige
Dauerniederschläge aufkommen, die durch Stau an den dortigen Gebirgen verstärkt
werden. Innerhalb von 24 Stunden können dort weit über 100 mm fallen. In
abgeschwächter Form greifen diese Niederschläge über den Alpenhauptkamm hinweg
im Tagesverlauf auf die Alpennordseite über, wobei anfangs diese Niederschläge
konvektiv durchsetzt sein können. Durch die bodennah auf nördliche Richtungen
drehende Strömung macht sich zudem etwas Stau bemerkbar. Das Ergebnis ist eine
Dauerregensituation, die bis weit in den Samstag hinein andauert. Auch wenn
anfangs eher Starkregen dominieren dürfte, so sollte dieses Ereignis aufgrund
der hohen Niederschlagssummen als 24-std. Dauerregen behandelt werden. In
Staulagen können am Alpennordrand 30 bis über 50, in Staulagen um 70 mm
zusammenkommen.
Im Tagesverlauf greift die Achse des wetterbestimmenden Troges bis auf die Mitte
Deutschlands über. In der vorgelagerten mäßig warmen Luft entwickeln sich vom
Südwesten und Süden bis auf den östlichen Mittelgebirgsraum einzelne Gewitter,
wobei mangels dynamischer Antriebe für deren Auslösung zuallererst die Orografie
herhalten muss. Aufgrund der dann geringeren Verlagerungsgeschwindigkeit sollte
Starkregen wieder mehr in den Fokus rücken. Im südlichen Bayern und in
Oberschwaben sind Starkregenereignisse am wahrscheinlichsten. Das Residuum des
Troges bringt zudem im Nordwesten einzelne kurze Kaltluftgewitter zustande,
wobei die Wahrscheinlichkeit hierfür geringer ist als im Südwesten und Süden
sowie im östlichen Bergland.
Größere Auflockerungen sind auf den küstennahen Bereich und den Nordosten
beschränkt. Ansonsten hält sich meist stärkere Bewölkung mit nur wenigen
Wolkenlücken. Die Temperaturen ändern sich gegenüber heute nur unwesentlich.

In der Nacht zum Samstag tropft der Trog über Oberitalien vollends aus. Das
vorderseitig liegende flache Tief kräftigt sich über der Ungarischen Tiefebene,
Hebung an dessen Nordwestflanke in Verbindung mit Stau lässt die Niederschläge
am Alpennordrand andauern, wobei die konvektive Komponente aufgrund der rasch
fortschreitenden Stabilisierung in den Hintergrund tritt. Abgesehen von den
Niederschlägen im Südosten und einzelnen Schauern an der Nordsee erfolgt
Wetterberuhigung, teils klart es auf und es können sich streckenweise
Nebelfelder bilden.

Samstag... wird das o.g. flache Tief von der Ungarischen Tiefebene nach Polen
gesteuert. Hierdurch werden die Alpen bodennah von Norden angeströmt, was die
Niederschläge am Alpennordrand andauern lässt. Warmluftadvektion als
niederschlagsauslösender Faktor ist nicht mehr relevant; diese erfolgt über
Polen und später über den Baltischen Staaten. Zum Abend hin greift ein weiterer
Trog von den Britischen Inseln auf Ostfrankreich über. Mit der Drehung der
Strömung auf West bis Südwest lassen dann am Alpenrand die Niederschläge
allmählich nach.
An der Vorderseite des neuen Troges erfolgt ein Einschub mäßig warmer Luft vom
nahen Ostatlantik, die zudem leicht labil geschichtet ist. Trogvorderseitige
Hebung, induziert durch positive Vorticityadvektion, lässt von Westen her
Niederschläge aufkommen, die bis zum Abend auch auf die mittleren Regionen
übergreifen. Diese Niederschläge sind leicht konvektiv durchsetzt; einzelne
Gewitter, die zum Teil in den Niederschlag eingelagert sind, können nicht
ausgeschlossen werden. Niederschlagstechnisch außen vor sind die nordseenahen
Gebiete, der Nordosten und die "nördliche" Mitte.
Durch den erneut sich annähernden Trog wird vorderseitig eine Zyklogenese
induziert. Das resultierende Tief verlagert sich nach Südengland, vorderseitig
frischt im Bergland westlich des Rheins der Wind mit Böen Bft 7 auf.
Größere Auflockerungen sind in einem breiten Streifen vom Südwesten Deutschlands
bis zur Ostsee am wahrscheinlichsten. Ansonsten ist wechselnde, im Südosten
meist starke Bewölkung zu erwarten. Am Nachmittag bewegen sich je nach Sonne die
Temperaturen zwischen 17 und 23 Grad.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das trogvorderseitig liegende Tief, nach
wie vor entwicklungsgünstig liegend, unter weiterer leichter Intensivierung nach
Belgien. Hierdurch legt im Westen und Südwesten der Gradient weiter zu, was den
Wind auffrischen lässt. In den Mittelgebirgen westlich des Rheins sind Wind- und
auf Berggipfeln stürmische Böen zu erwarten, in exponierten Gipfellagen
(Schwarzwald) kommen Böen bis Sturmstärke auf. Zudem setzen vorderseitig, vor
allem induziert durch positive Vorticityadvektion, erneut Niederschläge ein. Im
Südwesten, d.h. im Bereich der "wärmsten" Luft, können diese Niederschläge
leicht konvektiv durchsetzt bis hin zu einzelnen eingelagerten Gewittern sein.
Aufgrund deren rascher Verlagerung ist die Wahrscheinlichkeit für Starkregen
gering; vielmehr in Verbindung mit diesen gewittern stürmische Böen vorstellbar.

Ansonsten sind in der Nacht keine warnrelevanten Wetterereignisse zu erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. So wird auch die weiter oben beschriebene Dauerregenlage an den Alpen
von den verfügbaren Vorhersagemodellen wie auch probabilistischen Verfahren
gestützt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann