DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

01-08-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 01.08.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft, vor allem im Bergland und an den Alpen auch längere Zeit Regen und
für die Jahreszeit etwas zu kühl. Dabei zeitweise windig mit Sturmböen vor allem
an der See und im höheren Bergland.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 08.08.2023


Am Freitag liegt Deutschland unter einem Trog, der vom Nordmeer über
Ostfrankreich hinweg bis ins westliche Mittelmeer reicht. Der südliche Teil
dieses Troges schwenkt über die Alpen hinweg ostwärts, was über Oberitalien eine
schwache Zyklogenese induziert. Im Bereich dieses Troges sind teils
schauerartige Niederschläge zu erwarten, im Osten sind einzelne Gewitter nicht
auszuschließen. Im Bergland und an den Alpen kann es längere Zeit regnen.
Im Laufe des Samstags schwenkt der südliche Teil des Troges über das Dinarische
Gebirge ostwärts. An dessen Vorderseite wird ein flaches Tief auf Vb-artiger
Zugbahn über Ostpolen nordwärts gesteuert. Dessen Niederschlagsfeld streift
allenfalls den Südosten, wobei dort und vor allem über dem Bergland zumindest
markant zu bewarnende Niederschlagssummen vorstellbar sind. Unwetterartige
Regenmengen sind in Staulagen nicht auszuschließen. Der Haupttrog verbleibt
währenddessen weiter westlich, wodurch auch in den anderen Gebieten eine rege
Niederschlagstätigkeit zu erwarten ist.
Am Sonntag überquert dann der Haupttrog das Vorhersagegebiet, womit nahezu
deutschlandweit schauerartige Niederschläge einhergehen. Eine Ausnahme stellt
nur der Norden und Nordosten dar, wo durch kompensierendes Absinken (zwischen
dem über die Baltischen Staaten hinweg nordwärts ziehenden Vb-artigen Tief und
dem Haupttrog) ein paar Wolkenlücken zustande kommen. Dies dürfte zudem der
kühlste Tag werden; meist liegen die Temperaturen unter der 20 Grad-Marke.
Ein weiterer Trog greift in der Nacht zum Montag auf die Britischen Inseln über.
Schwacher Zwischenhocheinfluss (wenn man das so sagen kann) bewirkt ein
vorübergehendes Nachlassen der Niederschläge. Diese setzen am Montag von Norden
und Nordwesten her mit der Annäherung des Troges erneut ein und greifen bis auf
die Mitte über. An der Küste ist durch wiederholte Schauer und kurze Gewitter
(die mit Böen bis Sturmstärke einhergehen können) Starkregen nicht
auszuschließen. Nach Süden hin halten sich noch Reste des
Zwischenhocheinflusses, was die Wolken auflockern und dort die Temperatur auch
über die 20 Grad-Marke steigen lässt.
Am Dienstag bleibt an der Südflanke eines über dem Nordmeer liegenden
Zentraltiefs eine westliche zyklonale Strömung bestehen, wodurch im Nordwesten
und Westen weitere schauerartige Niederschläge zu erwarten sind. Ansonsten kommt
es nur vereinzelt zu Schauern oder kurzen Gewittern. Zumindest im Süden und
Südosten könnte ein leichter Temperaturanstieg zustande kommen, ohne dass
sommerliche Werte erreicht werden.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum verlagert sich das gesamte
Zirkulationsmuster allmählich nach Osten. Gestützt durch einen bis nach Grönland
reichenden Höhenkeil erfolgt über den Britischen Inseln Druckanstieg und es
entsteht dort ein Hoch, das sich mit einem Keil bis in den Westen und Süden
Deutschlands ausweitet. Zumindest in diesen Gebieten sollten dann die
Niederschläge nachlassen und vermehrt Auflockerungen zustande kommen. Ein
nachhaltiger Temperaturanstieg ist noch nicht in Sicht.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Samstag ist der aktuelle Modelllauf im Vergleich zu den
gestrigen Modellrechnungen weitgehend konsistent. Danach ergeben sich
hinsichtlich der kurzwelligen Keil-Trog-Strukturen Unterschiede, die auch
Einfluss auf die Bodendruckprognosen haben. So wird die Vb-artige Zyklogenese
vom aktuellsten Modelllauf am kräftigsten simuliert. Dieses Tief wird zu
Wochenbeginn nach Skandinavien gesteuert und wandelt sich dort in das o.g.
Zentraltief um. Die Entwicklung eines Bodenhochs, die ab Wochenmitte über den
Britischen Inseln erfolgen soll, wird auch von den beiden gestrigen Simulationen
gezeigt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Sonntag stützen die verfügbaren Modelle die oben beschriebene
Entwicklung. Die o.g. Vb-artige Entwicklung wird neben EZMW auf vergleichbare
Weise von ICON simuliert. Die anderen Modelle lassen dieses Tief weiter im Osten
nach Norden ziehen.
Als weiterer Modellunterschied ist eine markante Zyklogenese zu betrachten. Nach
GFS und ICON entwickelt sich unmittelbar westlich der Britischen Inseln ein
Sturmtief, das am Samstag England überquert und dessen Starkwindfeld in der
Nacht zum Sonntag auch den Nordwesten und Westen Deutschlands und nach GFS am
Sonntag auch die mittleren Gebiete erfasst. Die anderen Modelle zeigen dieses
Tief weiter südlich und deutlich schwächer. Diese Entwicklung, die aufgrund der
hohen Wassertemperaturen des nahen Nordatlantik durchaus plausibel ist, gilt es,
zu monitoren.
Zu Wochenbeginn wird von UK10 der antizyklonale Einfluss stärker betont, was die
geringen Niederschläge, die dieses Modell dann zeigt, erklärt. Dies ist jedoch
eine Außenseiterposition.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum zeigen nur am Mittwoch die
verfügbaren Modelle ein ähnliches Verhalten. Während nach EZMW sich dann über
den Britischen Inseln ein Hoch entwickelt, kommt nach GFS über Norddeutschland
und dem Ostseeraum und nach dem Modell des kanadischen Wetterdienstes über
Fennoskandien ein kräftiges Bodenhoch zustande. Während bei EZMW der
Temperaturanstieg auf sich warten lässt, wäre nach GFS eine leichte und nach dem
kanadischen Modell eine kräftige Erwärmung in Sicht.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt eher die oben beschriebene Entwicklung und weniger das
hauseigene deterministische Modell. Eine Erwärmung würde demnach ebenfalls auf
sich warten lassen. Auch sind noch Niederschlagssignale, wenn auch unter
Abschwächung begriffen, zu finden. Der Spread des EPS ist insgesamt gering. Zum
Ende des erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraumes hin lassen such eine
größere Anzahl vom Membern die Entwicklung eines Hochs über Fennoskandien zu,
ohne dass sich daraus bereits ein nachhaltiger Temperaturanstieg ergibt.
Das EPS des EZMW zeigt auch im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum
zunehmenden antizyklonalen Einfluss, lässt aber das Bodenhoch über dem südlichen
Mitteleuropa entstehen und prägt auch den Rücken, der dieses Hoch stützen soll,
schwächer aus. Das Clustering bis H+240 simulieren etwa die Hälfte der Member
mit einem flachen Rücken über Mitteleuropa und die andere Hälfte weiter
westlich, was eher dem deterministischen Lauf entspricht. Eine Blockierung sieht
anders aus.
Der Spread ist bis einschließlich Montag relativ gering. Danach scheren aber
mehr und mehr EPS-Member zur warmen Seite der Verteilung aus, einhergehend mit
zunehmendem Geopotential, wenngleich die Mehrzahl der EPS-Einzelläufe einen
Temperaturanstieg hinauszögert.
Das Clustering gemäß Großwetterlagen zeigt bis einschließlich Mittwoch kommender
Woche eine erdrückende Dominanz zyklonaler West- oder Troglagen. Erst danach
deutet sich eine Umstellung zu einem antizyklonalen Strömungsmuster (Nordwest-
oder Nordlagen, vielleicht auch Brücke Mitteleuropa) an. Erst dann würde ein
leichter Temperaturanstieg in Gang kommen. Allerdings sind noch immer 5 bis 10
EPS-Member zu finden, die nach wie vor auf eine zyklonale Westlage setzen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Freitag ist aufgrund der o.g. Vb-artigen Entwicklung in Alpennähe und im
südostdeutschen Bergland wahrscheinlich mit Dauerregen von 30 bis 50 l/qm
innerhalb von 24 Stunden zu rechnen, in Staulagen sind unwetterartige
Regenmengen zwischen 50 und 80 l/qm nicht ausgeschlossen.
Am Samstag können am östlichen Alpenrand mit geringer Wahrscheinlichkeit
Niederschlagsmengen um 30 l/qm innerhalb von 24 Stunden zusammenkommen.
In der Nacht zum Sonntag besteht im Zusammenhang mit der Entwicklung eines
Sturmtiefs im Nordwesten und Westen in freien Lagen Gefahr stürmischer Böen, im
Bergland und an der Nordsee sind Sturmböen 9 Bft, auf dem Brocken schwere
Sturmböen nicht auszuschließen. Allerdings ist diese Entwicklung noch nicht
sicher.
Am Sonntag kann es im Nordwesten bis in tiefere Lagen stürmische Böen, an der
Nordsee und auf höheren Berggipfeln der nördlichen und westlichen Mittelgebirge
Sturmböen, auf dem Brocken schwere Sturmböen geben.
Am Montag sind an der Nordsee und auf exponierten Berggipfeln der nördlichen
Mittelgebirge noch Sturmböen 8/9 Bft möglich.
Außerdem gibt es an der Südflanke eines Troges im Nordwesten und Norden
wiederholt Schauer und kurze Gewitter mit stürmischen, an der Nordsee auch Böen
bis Sturmstärke. Bei wiederholten Schauern besteht in Küstennähe Gefahr von
Starkregen um 30 l/qm innerhalb weniger Stunden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS (EZMW), MOS wird zu schnell warm
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann