DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

31-07-2023 08:01
SXEU31 DWAV 310800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 31.07.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Andauer der nassen und nur mäßig warmen Witterung; heute zunächst im Nordwesten
gebietsweise Stark- bzw. Dauerregen. Ab dem Nachmittag im Westen, in der Nacht
zum und am Dienstag nach Osten und Süden ausgreifend länger anhaltende und
kräftige Regenfälle (Schwarzwald und Oberallgäu eventuell Unwetter). Am Mittwoch
von Westen neuer Regen. Zeitweise windig, auf einigen Gipfeln Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegt Deutschland an der Südflanke eines Langwellentroges über
Skandinavien und dem Nordatlantik in einer kräftigen westlichen Strömung. Der
Langwellentrog weist dabei aktuell zwei Drehzentren auf, eines am Ausgang des
Oslofjords und eines westlich von Schottland. Bis zum Abend sollen diese beiden
weiter nach Osten wandern, das östliche bis nach Südschweden, das westliche bis
in den Norden Irlands. Während die Höhenströmung über Westeuropa sich aktuell
noch recht glatt präsentiert, sorgt die Verlagerung des westlichen Höhentiefs
auch für eine Austrogung über Westeuropa und dem nahen Ostatlantik, was über
Mitteleuropa eine mehr und mehr diffluente Höhenströmung und damit ein gewisses
Hebungspotential generiert. Bodennah korrespondiert mit den Höhentiefs eine
zonale Tiefdruckrinne, in die drei Tiefkerne eingelagert sind. Der westlichste
ist südlich von Island zu finden, er liegt entwicklungsungünstig am linken
Eingang eines Jets in 500 hPa, so dass es sich zunehmend abschwächt.
Entwicklungsgünstiger bezüglich des Jets liegt das Tief nördlich von Irland,
welches im Tagesverlauf nach Schottland wandert und dort zum Abend einen
schwachen Dipolcharakter aufweist. Der letzte Kern überquert tagsüber Jütland
von Ost nach West, wobei es sich etwas abschwächt. Betrachtet man die an die
Tiefs gekoppelten Frontensysteme, so ist für uns vor allem das an das
Irland-/Schottlandtief gekoppelte interessant. Von ihn ausgehend erstreckt sich
eine Warmfront über die südliche Nordsee bis nach Norddeutschland, die im
Tagesverlauf zögerlich nach Norden vorankommt. Insbesondere auf der warmen Seite
kommt es zu großräumigeren und kräftigeren Niederschlägen, meist skalig
angelegt, aber durchaus mit dem Potential, auch mal konvektiv durchsetzt zu
sein, also Schauer und Gewitter zu produzieren. Immerhin wird bis zum Nachmittag
über dem Nordwesten etwas CAPE (bis 200 J/kg CAME ML) aufgebaut und mit PPWs um
35 mm ist die Luftmasse auch recht feucht, allerdings deutet der vertikale
Temperaturgradient eine stabile Schichtung an, da muss es dann am Ende die
Dynamik (u. a. mit der oben erwähnten diffluenten Höhenströmung) richten. Eine
entsprechende Warnung von Ostfriesland bis zur Unterelbe läuft, muss aber
regional möglicherweise noch etwas angepasst werden, da die neuen Modellläufe
den Schwerpunkt etwas weiter nördlich verdrahten, als dies die Vorläufe getan
haben. Nördlich der Warmfront fällt zwar auch etwas Regen, für die Ausgabe von
Warnungen reicht das aber nicht. Südlich der Warmfront und damit im breiten
Warmsektor zieht am Vormittag und Mittag Regen vom Westen in die Mitte,
allerdings mit Mengen die punktuell um 5 l/qm liegen nicht wirklich ergiebig.
Das ändert sich am Abend und in der Nacht zum Dienstag, wenn die Kaltfront des
Tiefs von Westen auf uns übergreift. Diese beginnt recht schnell zu wellen, so
dass sich ein größerer Regenkuchen ausbildet. Dieser greift am Nachmittag von
Benelux auf Deutschland über und erreicht zum Abend Hessen. Insbesondere die
deutsche Modellkette deutet mit 3-stündigen Niederschlagssummen von bis zu 10
l/qm einiges an Potential an, die externen Modelle wie GFS oder IFS präsentieren
sich diesbezüglich (noch) etwas verhaltener. Bezüglich der
Niederschlagsschwerpunkte läuft es wohl auf die üblichen Verdächtigen mit
"brauchbaren" Weststaulagen heraus - Eifel, Rothaargebirge, Hunsrück,
Vogelsberg, Odenwald usw. Im Tagesverlauf werden diese wohl mit entsprechenden
Dauer- oder Starkregenwarnungen belegt werden. Südlich des Mains bleibt es
weitgehend trocken - noch. Dazu ist noch ein Blick auf den Wind vonnöten. Dieser
ist zwar nördlich der Warmfront und südlich der Donau nur schwach bis mäßig, im
übrigen Land frischt er aber, insbesondere in Hoch- und Leelagen stark böig auf.
Das bedeutet dort steife bis stürmische Böen, der Brocken ist mit voller
Sturmstärke oder sogar mit schweren Sturmböen mit von der Partie. Das Ganze
speilt sich bei Höchstwerten ab, die am Oberrhein eventuell bis auf 26°C
klettern, bei Dauerregen im Norden und in den Hochlagen aber knapp unter 20°C
verharren.

In der Nacht zum Dienstag bleibt das Höhentief über Südschweden nahezu
quasistationär, während das Höhentief bei Schottland bis Dienstagfrüh in etwa
zur südwestlichen oder mittleren Nordsee zieht und der Nordwesten damit in den
Bereich des Troges kommt. Beide Höhentiefs zusammen bilden nun einen Dipol, an
dessen Südostflanke in die kräftige und diffluente westsüdwestliche
Höhenströmung eingebettete kurzwellige Troganteile immer wieder dynamischen
Hebungsinput liefern. Zunächst ist das vor allem über den mittleren Landesteilen
der Fall. Da sich von Westen her der Jet dann aber zusehends bis nach Frankreich
vorarbeitet, gelangt in der Nacht zusehends auch der Südwesten in den Bereich
des linken Jetausgangs. Im Bodendruckfeld kann das Dänemark-Tief bis nach
Schweden ziehen, das schottische Dipol-Tief teils sich, ein Kern bleibt über dem
Norden der Britischen Inseln, ein Kern zieht nach ICON zur zentralen Nordsee,
nach IFS hingegen bis nach Dänemark. So oder so bleibt der Rinnencharakter
allerdings erhalten. Mit dem von Westen zur bzw. über die Nordsee
hinwegziehenden Tief wird die Warmfront weiter nach Norden gedrückt. Damit
greifen auch die Niederschlagsschwerpunkte an der Front nach Norden bis zur
dänischen Grenze aus. Dauer- bzw- Starkregenwarnungen erscheinen nach Lesart der
meisten Modell dort nicht nötig zu sein, lediglich UK10 bringt dort 12-stündige
Regensummen (genau genommen sogar 6-stündige in der ersten Nachthälfte) von über
30 l/qm. Allerdings sind lokal kurze Gewitter nicht ausgeschlossen. Über die
Mitte Deutschlands zieht der Scheitel der wellenden Front hinweg, In der
Norddeutschen Tiefebene und damit nördlich des Scheitels fallen die
Niederschläge mit Frontpassage nicht allzu ergiebig aus, meist werden 1 bis 5
l/qm in 12 Stunden simuliert, gebietsweise auch um 10 l/qm. Mit der Welle
greifen die Niederschläge nach Osten bis zur Lausitz aus, und auch im Südwesten,
insbesondere von der Pfalz bis zum Hochrhein, beginnt es zu regnen. Dort sind es
weiterhin die Staulagen die von kräftigem und länger andauerndem Regen betroffen
sind, wobei die Modelle alle (IFS nur punktuell, ICON, aber z.B. auch AROME in
Staulagen auch flächiger) Mengen zwischen 30 und 40 l/qm andeuten. Die sich
nähernde Kaltfront bekommt durch den nachfolgenden Trog noch Hebungsinput, sie
weist aber ohnehin die höchsten PPW-Werte von punktuell über 40 mm auf und sogar
in der Nacht wird an der Front etwas CAPE angedeutet (nur um 50 J/kg, aber
immerhin). Im Nordwesten und somit im Trogbereich liegen die CAPE-Werte sogar
noch etwas höher. Letztendlich reich es an der Kaltfront wohl durchaus für teils
kräftige Gewitter, Unwetter nicht ausgeschlossen, auch wenn die Front und mit
ihr die Gewitter durchaus eine gewisse Zuggeschwindigkeit aufweisen. Im Westen
lassen die Niederschläge in der zweiten Nachthälfte dann postfrontal nach. Der
Gradient fächert vorübergehend auf, so dass der Wind vor allem in den
Niederungen rasch nachlässt. Mit Annäherung der Frontalwelle verschärft er sich
allerdings wieder vor allem an deren Südflanke in der Mitte und im Süden.
Angesichts der stabilen Schichtung reicht es aber wohl lediglich in den kamm-
und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen für stürmische Böen bzw.
Sturmböen aus Südwest. Die Nacht fällt aufgrund der zumeist dichten Bewölkung
und mäßig warmen Luftmasse (850 hPa-Temperatur zwischen 7 Grad im Nordwesten und
11 Grad im Süden) mit Tiefstwerten zwischen 17 und 12 Grad relativ mild aus,
lediglich an den Alpen wird es vielleicht etwas frischer.


Dienstag... schwenkt die Achse des Langwellentroges von Westen kommend über
weite Teile Deutschlands hinweg und liegt zum Abend über der Osthälfte. Im
Bodendruckfeld zieht das Nordseetief rasch über Dänemark hinweg nach
Südschweden. Während am Alpenrand die 850er Temperaturen noch knapp über 10°C
liegen und die Warmluft dort nicht komplett ausgeräumt wird, liegen die
entsprechenden Werte im Rest des Landes nur noch bei 7 bis 10°. Mit der
Kaltfrontpassage simulieren manche Modelle (ICON, aber z. B. auch UK10) eine
Linie sehr kräftiger (und wenn es so kommt wohl auch unwetterartiger)
konvektiver Regenfälle. Die Summen sollen laut ICON oder ICON-D2 dabei über 30
l/qm liegen, UK10 schafft es (bei ja ohnehin oft sehr hohen Niederschlagsmengen)
auf über 50 l/qm. Dabei ist die Positionierung der Linie durchaus noch
umstritten. Während UK10 diese etwas nördlich des Mains ansiedelt, präferiert
ICON eine Linie vom Norden Baden-Württembergs bis nach Mittelfranken. Auch für
den Schwarzwald gibt es noch unterschiedliche Ansichten. Folgt man ICON, so ist
dort wohl eine Unwetterwarnung fällig. Folgt man hingegen GFS oder IFS, so kann
man sich genau diese wahrscheinlich sparen. Diesbezüglich sind wohl noch ein
paar Modellläufe abzuwarten. Ähnliches gilt fürs Allgäu. Abgesehen von den
Stark- und Dauerregenfragen im Süden bringt der durchschwenkende Trog mit
höhenkalter Luft bis -19°C in 500 hPa, bei +8°C in 850 hPa in weiten
Landesteilen wechselhaftes Schauerwetter mit kurzen Gewittern. Dabei sind neben
kleinkörnigem Hagel auch örtlich Starkregen (der Wassergehalt ist in der
Kaltluft mit Werten um 25 mm nicht mal so gering und die Zuggeschwindigkeit
lässt nach) oder starke bis stürmische Böen möglich. Die Höchstwerte liegen in
der eingeflossenen Kaltluft bei teils nur 17°C in der Eifel und bis 22°C im
Süden und Osten. Dazu lebt mit dem Tagesgang der Wind wieder auf und bringt
gebietsweise steife, exponiert auch stürmische Böen oder Sturmböen.

In der Nacht zum Mittwoch beruhigt sich die Lage. Von Westen schiebt sich ein
flacher Höhenrücken herein, und auch im Bodendruckfeld zeigt sich ein flacher
Rücken. Die Schauer und Gewitter des Tages fallen rasch zusammen, und auch an
den Alpen lassen die Niederschläge nach. Gebietsweise klart es auf, bevor in der
zweiten Nachthälfte als Vorbote einer neuen Warmfront in den Westen schon wieder
mehrschichtige Bewölkung hereinzieht. Diese bringt ausgangs der Nacht im
äußersten Westen schon wieder neuen Regen.

Mittwoch... und in der Nacht zum Donnerstag nähert sich von Westen ein neuer
Langwellentrog, dessen Achse am Donnerstagmorgen auf Benelux übergegriffen hat.
Das zugehörige Höhentief hat dann, von Irland kommend, die Nordsee erreicht und
führt im "Schlepptau" das zugehörige Bodentief mit. Da "Schlepptau" insofern
nicht so ganz richtig ist, als das Höhentief das Bodentief schon überlaufen hat
und das Bodentief dem Höhentief insofern entwicklungsungünstig folgt, füllt es
sich auch etwas auf. Die Warm- und die Kaltfront überqueren Deutschland von West
nach Ost, dabei regnet es am Tage recht flächig, in der Nacht lassen sich im
Nordwesten (Höhentrog) und im Süden (schleifende Kaltfront)
Niederschlagsschwerpunkte ausmachen. Nach jetzigem stand gibt es lokal schwache
Hinweise auf Stark- oder Dauerregen, diesbezüglich müssen sich die Modelle aber
noch einschwingen. Der Wind legt vor allem in der Westhälfte stark böig auf mit
steifen oder stürmischen Böen, auf den Bergen auch Sturmböen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Abläufe recht ähnlich, wenngleich sich schon am
morgigen Dienstag Detailunterschiede zeigen (z. B. unterschiedliche Lage des
Nordsee-Tiefs). Auch bezüglich des Starkregenstreifens am morgigen Dienstag
zeigen die Modelle noch deutliche Unterschiede in der Positionierung. Weitere
Unterschiede wurden im Text angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas