DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-11-2016 09:00
SXEU31 DWAV 020800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 02.11.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NWa

Im Nordosten vorübergehend Schauerwetter mit kurzen Gewittern, Graupel und in
hohen Gipfellagen Schnee. Dabei windig.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegt Deutschland auf der Südwest- und damit Vorderseite eines
Langwellentroges, dessen Achse sich vom Nordwesten Russlands über die mittlere
Ostsee und von dort weiter nach Südwesten erstreckt. Vor allem im Bereich der
Nordsee bzw. Norddeutschlands ist die Trogachse aufgrund der recht
geleichmäßigen Krümmung der Isohypsen nur schwer auszumachen. Der Bereich des
tiefsten Geopotentials ist aktuell bei Gotland auszumachen, sowohl bei ICON als
auch bei EZMW verlagert sich dieser über die Ostsee nach Südosten und erreicht
am Abend die Litauische Küste. Das mit dem Langwellentrog korrespondierende
Bodentief liegt mit einem Kerndruck von etwas unter 995 hPa weitgehend senkrecht
unter dem Langwellentrog und hat diesbezüglich keine guten Entwicklungschancen
mehr. Dem entsprechend ändert sich der Kerndruck im Tagesverlauf auch nur wenig,
und da das Tief ebenfalls nach Südosten wandert, bleibt es letztendlich
unterhalb des Geopotentialminimums. Da Deutschland in dieser Gesamtkonstellation
auf der Südwestflanke besagter Druck- und Geopotentialgebilde liegt, stellt sich
bei und eine westliche bis Nordwestliche Strömung ein, mit der deutlich kältere
Luft einströmt. Auffällig ist dabei in der Gesamtschau ein recht massiver
Kaltluftkörper in 500 hPa mit Temperaturminima von unter -32 Grad, der innerhalb
des Troges von der Nordsee über den Nordosten Deutschlands bis nach Polen
geführt wird. Vergleicht man dies mit den 850er Temperaturen von etwas unter
null Grad, so ergibt sich eine deutlich labile Schichtung, in der Schauer,
Gewitter, Graupel und in höheren Gipfellagen auch Schnee vorstellbar sind.
Bezüglich der Verteilung der Gewitter liefert ICON innerhalb der deutschen
Modellkette mit einem Schwerpunkt am Vormittag über der Deutschen Bucht und
einer dann deutlich nachlassenden, ja fast schon einschlafenden
Gewitteraktivität, ein recht plausibles Szenario ab. COSMO-DE hat im
Tagesverlauf einzelne Gewitter von den Küsten bis zum Erzgebirge im Programm,
was immerhin der Verlagerung des Kaltlufttropfens und damit der Zone der
höchsten Labilität entspricht. COSMO-EU simuliert nicht nur sehr viele, sondern
auch sehr weit nach Westen ausgreifende Gewitter, was wohl die
unwahrscheinlichste Lösung darstellt. Klar ist aber an dieser Stelle schon, dass
die potentiellen Gewitter und sicher auftretenden Schauer in der kalten Luft
durchaus mit Graupel verbunden sein können.

Die Front des angesprochenen Ostseetiefs wurde um 03 UTC etwas südlich der
Mainlinie analysiert, zum Mittag soll sie die Alpen erreicht haben. In der
einfließenden Kaltluft sinkt die Schneefallgrenze ab. Bis zum Abend liegt sie an
den Alpen bei 1200 bis 1400 Meter und in der Mitte um 1000 Meter. In der trog-
und tiefbeeinflussten Nordosthälfte Deutschlands ist auch der Druckgradient
recht kräftig. Das Auftreten steifer Böen prognostizieren die Deutschen Modelle
unisono von der Nordsee bis zum Erzgebirge sowie nordöstlich davon, ebenso
liegen diesbezüglich die PEPS- und LEPS-Wahrscheinlichkeiten in dieser Region
bei 100%. An der Ostsee, in Mittelgebirgslagen und bei kräftigen Schauern sind
auch stürmische Böen oder vereinzelte Sturmböen denkbar. Letzteres lassen
speziell die COSMO-Modelle mir 850er- Windgeschwindigkeiten über dem Osten von
bis zu 45 kt denkbar erscheinen. Diesbezüglich sind alle Globalmodelle mit
Windmaxima um 40 kt etwas vorsichtiger.

In der Nacht zu Donnerstag schwenkt der Trog weiter nach Südosten, seine dann
etwas besser zu definierende Achse liegt zum Freitagmorgen auf einer Linie
Südpolen-Böhmisches Becken-Niederbayern, wobei die kälteste Luft in 500 hPa dann
schon über Polen zu finden ist, die entsprechenden Temperaturen an der Oder
liegen noch bei -28, über Ostbayern bei -25 Grad. Das Ostseetief zieht weiter
nach Russland, was über dem Osten Deutschlands auch einen deutlich auffächernden
Druckgradienten und eine Abnahme des Windes zur Folge hat, so dass ausgangs der
Nacht auch an der Vorpommerschen Küste keine Warnungen mehr erforderlich sein
werden (das sagen alle Modelle). Von Westen schiebt sich ein Höhenrücken über
die Nordsee, der im Westen zumindest vorübergehend für ein Auflockern der Wolken
sorgt, bevor in den Frühstunden die Wolken durch eine von Westen
heranschwenkenden Warnfront am Niederrhein und im Emsland wieder dichter werden.
Auch im Norden klart es gebietsweise auf, was dort dann zu leichtem Frost, und
eventuell auch zu gefrierender Nässe oder Reif führen kann. Am längsten halten
sich die Niederschläge in einer in 700 hPa deutlich erkennbaren Feuchteschliere,
so dass vom Erzgebirge und dem Bayerischen Wald bis zum Harz auch in der Nacht
noch Regen, oberhalb von etwa 800 Meter auch Schneeregen oder Schnee fällt.


Donnerstag... Schiebt sich von Westen ein Höhenrücken, dessen Amplitude sich im
Tagesverlauf deutlich abschwächt, nach Mitteleuropa, der Deutschland zum Abend
hin vollständig überdeckt. Auf seiner Rückseite ist bei Schottland ein
kleinräumiges Tief sowie ein insgesamt schwach ausgeprägter Langwellentrog zu
erkennen, wobei die Warmfront des Tiefs vom Seegebiet nordöstlich von Schottland
bis in den Nordwesten Deutschland ausgreift. Über Mitteleuropa liegt, durch das
Absinken des Keils gestärkt, ein Hochdruckgebiet, dessen 1020er Isobare von der
Bretagne bis nach Rumänien reicht. Die Wetterabläufe gestalten sich demzufolge
insgesamt ruhig, geringe Niederschläge fallen im Nordwesten und teils auch noch
in den Mittelgebirgslagen. Da sich vor allem in den östlichen Mittelgebirgen die
Höhe der Schneefallgrenze kaum ändert, was letztlich Hand in Hand mit den kaum
veränderten 850er Temperaturen geht, kann es dort in Hoch- und Gipfellagen
weiterhin etwas Schneeregen- oder Schnee geben, wobei die Mengen sehr gering
bleiben.

In der Nacht zu Freitag wird der Höhenrücken immer flacher, ausgangs der Nacht
ist über Deutschland im 500-hPa-Niveau eine fast gradlinige West-Östliche
Strömung zu erkennen. Im 850er Niveau greift schon der von den Britischen Inseln
hereinschwenkende Trog auf den Nordwesten über. Die Warmfront und ihre Bewölkung
erreichen den Nordosten unseres Landes, was dort einerseits die 850er
Temperaturen ansteigen lässt (von bis zu -6 Grad am Abend auf um -2 Grad am
Morgen), was andererseits auch für ein Unterdrücken der Ausstrahlung sorgt. Ob
und in wie weit es im Osten in der Nacht friert, ist noch unsicher, der direkte
Modelloutput von COSMO-EU und ICON liefert positive Tiefstwerte, auch die
Bewölkungsbilder deuten eher auf frostfreie Zustände hin, gleichwohl liefern die
statistischen Methoden lichten Frost an Oder und Neiße. Für den Süden steht
Frost ohnehin auf der Karte, auch mit einer möglichen Glätteproblematik wegen
Reif oder überfrierender Nässe. In der ruhigen, angefeuchteten Luft ist dann
auch Nebel wieder ein Thema.

Freitag... nähert sich von Nordwesten der schwache Langwellentrog mit dem
korrespondierenden Bodentief, ausgangs der Nacht zu Samstag liegt der Trog über
der Nordsee und das Tief vor der Westküste Dänemarks. Sie bilden in dieser
Konstellation jeweils den zentralen Teil eines Tiefdruckkomplexes, der von
Skandinavien und dem Nordwesten Russlands über die Nordsee bis vor die Küste
Spaniens verläuft. Während die Warmfront über dem Nordosten nach Osten abzieht,
greift in der Nacht zu Samstag die Kaltfront (oder die Teilokkludierte
Kaltfront, je nach Interpretation) auf den Nordwesten und die Mitte über. Mit
Annäherung des Tiefkomplexes dreht die Strömung auf mehr südwestliche
Richtungen, was auch ein allmählich ansteigendes Temperaturniveau zu Folge hat.
Außerdem nimmt vor allem im Umfeld der Nordsee der Wind zu, so dass auf den
Inseln mit einer vereinzelten Bft 7 zu rechnen sein könnte. Im Bereich des
Nordseetiefs signalisieren vor allem die Deutschen Modelle und GFS ein
kräftiges, von Südwest nach Nordost ausgerichtetes Niederschlagsband, das
Deutschland aber voraussichtlich (also nach aktuellem Modellstand) nicht treffen
wird. Dafür bildet sich über Ostfrankreich ein kleines Tief, dessen
Hebungsgebiete mit Regen in der Nacht zu Samstag auf den äußersten Südwesten
übergreifen sollen, wofür neben den Deutschen Modellen auch EZMW Hinweise
liefert. .

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die erwarteten Abläufe recht ähnlich. Unterschiede der
Modelle wurden im Text angesprochen. Sie beziehen sich in erster Linie auf die
Gewitterwahrscheinlichkeit und die erwartete Stärke der Böen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas