DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

26-07-2023 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 26.07.2023 um 10.30 UTC



Zyklonale Westwetterlage, unbeständig, mit Gewittern, zeitweise Windig. Später
Tendenz zu Trog Mitteleuropa
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 02.08.2023


Zu Beginn der Mittelfrist wird Europa von einer aktiven Westwetterlage
beeinflusst. Dabei liegt am Samstag ein Tief über Schottland. Auf seiner
Vorderseite wird wärmere subtropische Luft in die Südosthälfte Deutschlands
advehiert. Die 850-hPa-Temperatur liegt dabei bei 15 °C am Alpenrand und bei ~ 9
°C im Nordwesten. In der Höhe wird ein flacher Höhenrücken nach Osten geführt.
Deutschland kommt von Nordwesten her folglich zunehmend unter den Einfluss des
britischen Höhentroges. Dabei greift die Kaltfront des Tiefs auf den Nordwesten
über. Aber auch Präfrontal zieht ein Bodentrog durch. In der subtropischen
Luftmasse bauen sich im Tagesverlauf ~ 1000 J/kg CAPE auf, sodass es bereits
präfrontal zu kräftigen Schauern und Gewittern kommen kann. Bei recht hoher
Scherung können sich diese besser organisieren, sodass lokal mit Unwettern
gerechnet werden muss.
In der Nacht kommt die Kaltfront langsam ostwärts voran, wird aber in der Mitte
Deutschlands etwas eingebremst. Somit ist besonders in der Südosthälfte mit
weiteren Gewittern zu rechnen.

Im Laufe des Sonntages zieht das Tief mit zugehörigem Höhentrog über Schottland
in die Nordsee. Die im thermischen Feld immer diffuser werdende Kaltfront liegt
über der Mitte Deutschlands. Während der Nordwesten auf der Rückseite unter
Trogeinfluss liegt, hält sich im Südosten weiterhin die feuchte und labile
Subtropikluft in der es wieder zu kräftigen Schauern und Gewittern kommt.

Am Montag zieht das Tief als Cut-Off-Tief unter Abschwächung weiter nach
Dänemark. Die Kaltfront zieht bis zu den Alpen durch. Rückseitig fließt erwärmte
subpolare Meeresluft ein, in der es unter Trogeinfluss im Norden zu Schauern und
eventuell kurzen Gewittern kommt.
Vom Atlantik zieht allerdings ein weiterer Tiefdruckkomplex nach Großbritannien.
Dort bildet sich ein Randtief, dessen Warmfront am Abend und in der ersten
Nachthälfte auf den Nordwesten Deutschlands übergreift.
In der Nacht zum Dienstag zieht das Randtief als kleines Sturmtief zu den
Niederlanden.

Am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch überquert das Tief den Norden
Deutschlands mit einem ausgeprägten Cold-Convejor-Jet auf dessen Südwestflanke.
Demnach müsste im Norden mit Sturmböen gerechnet werden. Auch Schauer und
Gewitter an und vorderseitig der Kaltfront sind möglich. Dabei geht die
Hauptgefahr von schweren Sturmböen aus.

Am Mittwoch befindet sich Deutschland im Einflussbereich des ins Baltikum und
südlichen Skandinavien abgezogenen, sich deutlich abgeschwächten
Tiefdruckgebietes. Dabei stößt der zugehörige Trog weit südlich bis Italien vor.
Mit einer nordwestlichen Strömung fließt subpolare Meeresluft ein
(850-hPa-Temperatur ~7 °C). Dabei kommt es in der Höhenkaltluft wiederholt zu
Schauern und kurzen Gewittern.

Im weiteren Verlauf läuft von Westen ein weiteres Tief in den Trog, das sich
stromabwärts entwickelt und den Trog über Mitteleuropa regeneriert. Die
wechselhafte und kühle Witterung bleibt also erhalten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bezüglich der großräumigen Wetterlage gibt es nur wenige Unterschiede zwischen
den Modellläufen. Im Detail zeigen sich aber Unterscheide bei der Frontpassage
am Wochenende, und bezüglich der Sturmtiefentwicklung zum Beginn der neuen
Woche. In den Vorläufen war diese noch nicht zu sehen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Gleiches gilt auch für die anderen Modelle: Die Globalmodelle simulieren im
Wesentlichen die Lage recht ähnlich. Bezüglich des Sturms am Montag und Dienstag
zeigen sowohl ICON, als auch GFS eine ähnliche Entwicklung, mit leicht
variiertem zeitlichen Ablauf, etwas unterschiedliche Intensität und Zugbahn.
Auch im weiteren Verlauf geht die GFS-Simulation in Richtung Trog Mitteleuropa.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-Rauchfahnen sind bezüglich der 850-hPa-Temperaturen bis Montag recht
einheitlich. Alle Mitglieder zeigen besonders in der Nordhälfte einen
Temperaturrückgang. Ab Dienstag nehmen die Unsicherheiten deutlich zu. Zwar ist
bis Mittwoch im Mittel ein Rückgang beim Geopotenzial erkennbar, was auf die
Troglage hinweist, allerdings ist der Spread erheblich. Dieser zeigt sich auch
in den 850-hPa-Temperaturen. In den ENS für den Niederschlag erkennt man über
den gesamten Zeitraum stärkere Signale. Aber auch hier gibt es eine erhebliche
Streuung. Was das Sturmtief nächste Woche angeht, so lassen sich die im
Hauptlauf simulierten Windspitzen in den ENS nicht wiederfinden. Sie zeigen kaum
Auffälligkeit. Der Hauptlauf ist mit Abstand am oberen Rand. EFI zeigt zwar
erhöhte Werte bezüglich Wind, aber ohne, dass diese besonders ins Auge stechen.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass wir im gesamten Mittelfestzeitraum eine
zyklonale Westwetterlage haben. Ab Freitag wird auf einer Vorderseite nochmals
Warmluft in die Südosthälfte advehiert, die dann zum Wochenende mit einer
Kaltfront, Schauern und Gewittern ausgeräumt wird. Der nachfolgende
Temperaturrückgang am Montag ist relativ sicher. Unsicher bleibt eine
Sturmtiefentwicklung am Montag/Dienstag. Zwar wird diese von allen Hauptläufen
gerechnet, jedoch werden diese nicht durch die Ensembles gestützt. Unsicher
bleibt die weitere Entwicklung ab Dienstag. Ein Übergang zu Trog Mitteleuropa
scheint als die wahrscheinlichste Lösung. Diese wird auch von den zahlreich
vorhandenen Clustern gestützt, die aber im Wesentlichen alle eine negative
Geopotenzialanomalie über Mitteleuropa sehen. Auf alle Fälle bleibt es
wechselhaft, mit zahlreichen Schauern und Gewittern und viel Regen, aber in der
Fläche mit voraussichtlich keinen unwetterartigen Mengen. Die
Niederschlagsverteilung lässt sich jedoch aufgrund der großen Unsicherheiten im
Detail nur schwer abschätzen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Samstag werden ~1000 J/kg CAPE bei einer relativ hoher Scherung simuliert.
Dabei sind lokale unwetterartige Gewitter vor allem in der Osthälfte recht
wahrscheinlich. Am Sonntag gibt es vorwiegend im Südosten teils unwetterartige
Gewitter.

Die Sturmtiefentwicklung zu Beginn der neuen Woche ist relativ unsicher
(erhöhte, aber keine ins Auge stechenden EFI-Werte bezüglich Wind).

Je nach Entwicklung des Tiefs zu Beginn der neuen Woche, besteht die Möglichkeit
von markanten Dauerregen im Nordwesten.

Des Weiteren besteht auch zu Beginn der neuen Woche das Potenzial von
Low-CAPE-High-Shear-Gewitterlagen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF-Hauptlauf, MOSMIX, ab Montag ENS-Mittel, bezüglich der
Sturmtiefentwicklung wird noch Vorsichtig walten lassen.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold