DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-07-2023 08:01
SXEU31 DWAV 230800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 23.07.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz

Heute anfangs im nordwestlichen Schleswig-Holstein Dauerregen, an der Nordsee
und auf exponierten Bergen stürmische Böen und Sturmböen.
Am Montag recht verbreitet Schauer und teils markante Gewitter. Örtlich eng
begrenzt Unwetter mit Hagel über 2 cm und heftigem Starkregen sowie mit schweren
Sturmböen möglich.
Am Dienstag vor allem südlich des Mains Gewitter, Unwetter hauptsächlich durch
heftigen Starkregen vereinzelt möglich.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... Am Rande eines Höhentiefkomplexes über der Nordsee und Südschweden
liegt Deutschland in einer westsüdwestlichen Höhenströmung, mit der ein flacher
Randtrog über uns hinweg geführt wird. An den Haupttrog über Irland ist ein
Bodentief gekoppelt, das von der nordostenglischen Küste zum Seegebiet vor
Dänemark zieht. An den Randtrog ist ein Gebiet mit starker Bewölkung und etwas
Regen gekoppelt, das vom westlichen und nordwestlichen Deutschland nach Osten
bzw. Nordosten geführt wird. (Mit Mühe kann man eine schwache Kaltfront an das
Regengebiet ankoppeln). Meist fallen aber nur 0,5 bis 6 l/qm, in Staulagen
vereinzelt etwas mehr Regen. Deutlich mehr Regen gibt es im nördlichen und
westlichen Schleswig-Holstein, wo 10 bis 20, in Grenznähe zu Dänemark bis an die
25 l/qm fallen (Dauerregenwarnung läuft).
Im Süden Deutschlands ziehen zwar mittelhohe und hohe Wolkenfelder durch, die
aber über Tag kaum Regen bringen. Dabei strömt von Südwesten wieder wärmere Luft
nach Deutschland, so dass die 850-hPa-Temperaturen auf Werte zwischen 9 Grad an
der Nordsee und 18 Grad am Hochrhein ansteigen (18 UTC). Durch die teils starke
Bewölkung werden in der Südosthälfte allerdings meist nur 25 bis 30 Grad
erreicht. In der Nordwesthälfte ist die Temperaturspanne 19 bis 24 Grad mit den
niedrigsten Werten auf Sylt, wo der Regen nachmittags aufhört.
Der wind ist heute recht kräftig unterwegs und bring häufig 6er Böen aus
Südwest. Exponiert sind auch steife Windböen möglich, an der Nordsee auch
stürmische Böen.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Haupthöhentrog zum Ärmelkanal und es
entwickelt sich über der südwestlichen Nordsee ein Randtief. Dies sorgt dafür,
dass die schwache Kaltfront, die etwa über den nördlichen Mittelgebirgen liegt,
wieder rückläufig wird und als Warmfront in eine Frontalwelle über Belgien
mündet (00 UTC). Dabei strömt von Südwesten deutlich feuchtere Luft nach
Deutschland (Anstieg der PPWs auf 30 bis 40 mm). So sind im Laufe der Nacht an
der Warmfront im Gebiet NRW und den angrenzenden Bereichen Einschubgewitter
möglich, die von Benelux heranziehen und zum anderen können durch einen flachen
Randtrog Gewitter von der Schweiz her nach Süddeutschland ziehen. Vor allem im
Süden nimmt dabei die Labilität zu (MU-Cape 200 bis 450 j/Kg).
Ansonsten steht die Nacht eher im Zeichen einer kurzen Wetterberuhigung mit
abnehmendem Wind, auch an den Küsten und im Bergland. Es bleibt recht warm mit
Temperaturen, die auf 18 bis 13°C zurückgehen.

Montag... löst sich aus dem Trog über dem Ärmelkanal ein Kurzwellentrog ab und
schwenkt bis 18 UTC nach Norddeutschland, während sich der Haupttrog über den
Britischen Inseln und Frankreich regeneriert. So wird die feuchte Luft durch den
Trog zumindest vorübergehend gehoben und mit etwas Sonnenschein steigen die
ML-Cape-Werte auf 300 bis 800 J/kg und zusammen mit der schon oben beschriebenen
feuchten Luft können sich Schauer und Gewitter entwickeln, die schnell in den
markanten Bereich laufen können, da mäßige bis kräftige Scherung mit im Spiel
ist (in unteren Schichten 10 bis 15 m/s, Deep-Layer-Shear 20 bis 30 m/s). Auch
schwere Gewitter mit heftigem Starkregen, größerem Hagel und schweren Sturmböen
sind möglich. Nur in Nordwestdeutschland ist die Scherung niedriger, so dass
hier das Unwetterpotential geringer ist. Der scharfe Gradient sorgt dafür, dass
auch abseits von Schauern und Gewitter steife, an der Nordsee auch stürmische
Böen möglich sind.
In den östlichen und südöstlichen Teilen Deutschlands und im Rhein-Main-Gebiet
bleibt es schwülwarm mit Höchstwerten von 25 bis 30 Grad. Sonst ist es mit 20
bis 24 Grad frischer.

In der Nacht zum Dienstag beruhigt sich die Situation langsam, da der erste
Troganteil abzieht. Gegen Morgen nähert sich aber die Trogspitze des Haupttroges
(Trogachse erreicht den Raum Paris), so dass stärkere Gewitter von Frankreich
auf den äußersten Westen übergreifen können. Auch könnten Gewitter vom zentralen
Alpenbereich auf Südostbayern übergreifen.

Dienstag... zieht der Haupttrog von Frankreich nach Deutschland und wird von
Kaltluftadvektion überlaufen. Damit wird die potentiell instabile Luft bis zum
Abend langsam nach Österreich abgedrängt. Zuvor aber muss etwa südlich des Mains
bei PPWs von 25 bis 30 mm und ML-Cape-Werten von 300 bis 800 J/Kg vor allem ab
dem späten Vormittag bis in den Nachmittag hinein mit teils kräftigen Schauern
und Gewittern gerechnet werden, wobei die Gewitter sich zum Abend hin nach
Südostbayern zurückziehen. Wenn man IFS zu Grunde legt, bei dem der Trog
zurückhängt, müsste man auch am Abend in weiten Teilen Süddeutschlands noch mit
Gewittern rechnen. Bei nunmehr geringerer Zuggeschwindigkeit wird starkregen
wahrscheinlicher bis hin zu Unwettermengen über 25 l/qm. Auch Sturmböen und
meist kleiner Hagel sind möglich.
Im Nordwesten sind ebenfalls einzelne Gewitter möglich, die hier durch die
höhenkalte Luft (um -20 Grad in 500 hPa) ausgelöst werden. Hier stehen die
stürmischen Böen im Warnmanagement im Focus.
Auf der Südseite des Hochreichenden Tiefs über Südskandinavien bleibt der Wind
recht kräftig mit 5er und 6er Böen. Im Küstenbereich und im Alpenvorland sind
steife Windböen zu erwarten und an der Nordsee exponiert stürmische Böen. Auf
Alpengipfeln sind teils schwere Sturmböen möglich.
In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Südteil des Troges nach Tschechien und
nach Norden regenriert sich der Trog des hochreichenden Tiefs über Norwegen.
Trogrückseitig schiebt sich der Azorenhochkeil zu den Alpen. Anfangs muss hier
aber noch staubedingt mit Niederschlägen gerechnet werden, wobei die
Schneefallgrenze auf fast 2000 m sinkt. Ansonsten lassen abgesehen vom
Küstenbereich die Schauer meist nach.

Modellvergleich und -einschätzung
Im Wesentlichen simulieren die Modelle recht ähnlich. Einige Unterschiede am
Dienstag wurden oben beschrieben.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden