DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-07-2023 07:30
SXEU31 DWAV 210800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 21.07.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z

Heute einzelne markante Gewitter, im Südosten auch organisierte Strukturen und
lokal Unwetter möglich. In der Nacht zum Sonntag im äußersten Norden Dauerregen
nicht ausgeschlossen. Am Sonntag windig, an der Nordsee und im Bergland
Sturmböen. An der Nordsee einzelne Gewitter, in der Nacht zum Montag auch von
Frankreich her wieder Gewitterneigung.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegen wir unter einer westlichen bis südwestlichen Strömung am Rande
Langwellentroges über Nordeuropa. Davon ausgehend schwenkt ein über die Nordsee
nach Frankreich weisender Randtrog ostwärts und greift von Westen auf
Deutschlands über. Die Hebung auf dessen Vorderseite labilisiert die Schichtung
in der nach Norden hin mäßig warmen, im Süden teilweise sehr warmen Luftmasse.
Der Temperaturgradient über uns bleibt zwar diffus, das zonale Wolken- und
Niederschlagsband über Nordfrankreich bis nach Mitteldeutschland spricht aber
doch für eine Luftmassengrenze, die dann auch in den Karten eigeführt wurde.

Zudem wird die aus Südwesten einfließende Luft feuchter und labiler, so dass die
Bedingungen für Konvektion günstiger werden, die dann auch prompt in den
Frühstunden ganz im Süden und an der Nordsee schon zu ersten Gewittern führte.
Im Süden zieht präfrontal auch noch eine Aufheiterungszone durch, deren
Energieinput ML Cape bis an die 1000 J/kg zulässt. PPW steigt auf 20 bis 30 mm
und im Süden kommt eine ganz ordentliche DLS um 20 m/s hinzu.
Entsprechend können sich tagsüber landesweit Schauer und Gewitter bilden, auch
da wo es zunächst regnet, wird es später konvektiver. Die Gewitter sind meist im
markanten Bereich anzusiedeln mit Starkregen, kleinkörnigem Hagel und
stürmischen Böen oder Sturmböen. Im Süden, wo am meisten Cape generiert wird und
auch einiges an Scherung da ist, sind organisierte Strukturen, bis hinzu zu
Superzellen möglich, die entsprechend auch ein gewisses Unwetterpotential
bergen.
Am wenigsten passiert wohl zwischen Main und Donau, wo die Luft etwas trockener
und stabiler bleiben soll.

Die Sonne lässt sich meist nur kurz blicken, am ehesten im Süden und ganz im
Norden scheint sie für längere Zeit. Die Temperatur steigt auf nur ca. 20°C rund
um die Nordsee und bis 26°C im Südosten. Der Wind weht zunächst schwach aus
unterschiedlichen Richtungen, frischt tagsüber auf und dreht dann zunehmend auf
West bis Nordwest.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Trog ostwärts durch, wobei sich dahinter
trotz weiter leicht zyklonaler Höhenströmung durch Kaltluftadvektion die
Schichtung stabilisiert und leichtes Absinken ins Spiel kommt. Damit beruhigt
sich das Geschehen und die Schauer und Gewitter ziehen ostwärts ab,
gebietsweise, vor allem über der Mitte und im Süden klart es auch auf. Vor allem
an den Küsten und hier besonders an der Ostsee kommt die Schaueraktivität aber
nicht so schnell zur Ruhe und hier sind bis zum Morgen kurze Gewitter möglich.

Es kühlt auf 16 bis 9°C ab mit den tiefsten Werten in einigen
Mittelgebirgstälern. Zum Morgen sind im Emsland mit aufziehender Bewölkung durch
Warmluftadvektion vor dem nächsten Tief wieder ein paar Tropfen Regen möglich.


Samstag... entfernt sich der Höhentrog über Polen und die westliche
Höhenströmung glättet durch, wird dann sogar leicht antizyklonal. Dazu schiebt
sich ein Keil des Azorenhochs vorübergehend bis Deutschland vor. Dieser wird
bald von einem mit Kern zu den Britischen Inseln ziehenden Tief nach Osten
abgedrängt. Reste der instabilen Luft verursachen zunächst Richtung Ostsee
letzte Schauer, die am Vormitttag aber abklingen. Danach lockern im Norden die
Wolken nur vorübergehend stärker auf, da die Warmluftadvektion der Warmfront des
zu den Britischen Inseln ziehenden Tiefs weit vorauseilt und rasch wieder starke
Bewölkung sowie Regen aufkommen lässt. Der westliche Wind lebt auf, erreicht
aber wohl nur exponiert an den Küsten in einzelnen Böen 7 Bft.

Weiter südlich nehmen die Sonnenanteile zu, so dass es vor allem im Südwesten
einen freundlichen und ansonsten teils wolkigen, aber vielfach trockenen Tag
gibt.
Über dem Alpenraum und im äußersten Süden Deutschlands liegt noch eine feuchtere
und labile Luft, in der es im Tagesverlauf wieder zu einzelnen, teils starken
Schauern und Gewitter mit Starkregen und kleinkörnigem Hagel kommen kann.
Abgesehen von dem kräftigeren Gradienten im Norden und dem entsprechenden Wind,
ist dieser sonst nur schwach unterwegs und dreht mit Abzug des Hochkeils im
Tagesverlauf auf Süd bis Südwest.

Im Süden wird es wieder etwas wärmer mit 25 bis 27°C. Im Norden und Osten sind
es 21 bis 24°C, im Nordwesten, wo sich die Sonne nicht blicken lässt, sind es
nur 18 bis 19°C.

In der Nacht zum Sonntag bildet sich aus dem englischen Tief eine mehrkernige
Rinne, die von dort bis nach Dänemark reicht. Dies sorgt für eine deutliche
Gradientzunahme im Norden, sodass im Nordseeküstenbereich steife bis stürmische
Böen aus Südwest bis West aufkommen. Auch im Höheren Bergland, vor allem auf den
Gipfeln zieht der Südwestwind etwas an. Dazu regnet es im Norden häufig; die WLA
dauert an. In Nordfriesland und in Teilen Schleswig-Holsteins deuten ICON und
UKMO markante Dauerregenmengen um 30 l/qm in 12 Stunden an, die von ICON EU EPS
mit leichten Signalen gestützt werden, sonst aber nicht auftauchen.
Über der Mitte und im Süden verläuft die Nacht ruhig, in der Mitte zunehmend
bewölkt und im Süden mit teils klarem Himmel und es bleibt niederschlagsfrei.
Die Temperatur geht auf 16 bis 10°C zurück.


Sonntag... schwenkt ein weiterer Troganteil von Nordwesten zu den Britischen
Inseln, was stromab bei uns die recht glatte Strömung nach Südwest drehen lässt.
Aus der Rinne bilden sich zwei Tiefs mit Kernen über der südwestlichen Nordsee
und ein zum Skagerrak ziehendes Tief. Dabei wird die Warmfront zur Ostsee
gesteuert und wir gelangen dahinter in den breiten Warmsektor, der vor allem
nach Norden hin mit sehr feuchter Luft angefüllt ist.

Der Druckgradient über Deutschland verschärft sich dabei noch etwas und führt zu
einem windigen Tag mit verbreitet steifen, an der Nordsee und im höheren
Bergland stürmischen Böen oder Sturmböen aus Südwest. Auf einigen Gipfeln sind
schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen.

Dazu breiten sich die Regenfälle zur Mitte hin aus, werden aber, da die WLA zum
Erliegen kommt, immer schwächer. Etwas Hebung wird noch durch die leicht
flatternde Höhenströmung ausgelöst. An der Kaltfront, die in der Rinne über der
südlichen Nordsee eingebettet ist, sind schauerartige Regenfälle zu erwarten,
die mit einzelnen Gewittern durchsetzt auch den Nordwesten, vor allem das
Nordseeumfeld betreffen können. Ansonsten kommt es mangels Labilität und
Einstrahlung nicht zu hochreichender Konvektion.

Das gilt auch für die Südosthälfte, wo sich vermehrt die Sonne durchsetzt. Hier
ist die Luft aber trockener, sodass trotz instabiler Sichtung und Einstrahlung
konvektiv zunächst nicht viel geht. Am ehesten aus den Alpen heraus wäre das ein
oder andere Gewitter nicht komplett ausgeschlossen. Es dauert wohl bis in die
Nacht zum Montag, wenn von Frankreich her an der sich nähernden Kaltfront teils
kräftige Gewitter auf den Südwesten übergreifen.

Im Süden und Südosten wird es mit 20 bis 30°C sommerlich warm, unter der starken
Bewölkung sonst werden es immerhin noch 19 bis 25°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die grundsätzliche Entwicklung ähnlich. Aufgrund der
meist diffusen Temperaturverteilung wird die Lage der Tiefausläufer etwas
schwierig einzuschätzen. Neben der sowieso eher unsicheren Konvektion stehen
auch Fragezeichen hinter dem Dauerregen im Norden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner