DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-11-2016 09:00
SXEU31 DWAV 010800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 01.11.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu NWz. Im Norden morgen kräftige Graupelschauer und -gewitter mit
Sturmböen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... lag um 00 UTC in 300 hPa ein von Nordwestafrika über Südwesteuropa
bis nach Südengland reichender Rücken, an den sich weiter nach Norden der Trog
eines Höhentiefs nordöstlich von Island anschloss. Vom Haupt-Rücken über Spanien
und Frankreich erstreckte sich ein Ast nordostwärts nach Südschweden. Dieser
schwenkt bis Mittag unter Abschwächung über Deutschland hinweg nach Südosten.
Damit geraten wir heute allmählich unter die Vorderseite des o.e., recht breiten
Troges. Das Höhentief selbst verlagert sich heute rasch südostwärts bis in den
Raum Stockholm, womit über Norddeutschland starker Geopotentialfall einsetzt. So
sinkt das 300 hPa-Potential an der dänischen Grenze von 00 bis 24 UTC von 931
gpdam auf 888 gpdam ab.

Am Okklusionspunkt des Tiefs östlich von Island hat über dem südlichen Schweden
recht kräftiger Druckfall eingesetzt; das Tief soll sich bis 24 UTC nach ICON
und COSMO-EU auf knapp unter 995 hPa vertiefen und dann nördlich von Gotland
liegen. Ganz ähnlich sind auch GFS und LFPW aufgestellt. ECMF geht mit dem Druck
sogar bis knapp unter 991 hPa.
Die Kaltfront dieses Tiefs, das bereits in der ersten Tageshälfte das
dominierende Gebilde in Europa wird, hat Helgoland und Nordfriesland bereits
passiert und reicht um 24 UTC nach Theta-Ae 950 hPa vom Vogtland bis nach
Luxemburg.
Mit Annäherung der Front nimmt der Wind im Norden zu, so dass ab dem Vormittag
an der vorpommerschen Küste und auf den nordfriesischen Inseln erste Böen Bft 7
auftreten werden. Abends gibt es dann dort auch stürmische Böen, an der Ostsee
aus West, an der Nordsee aus Nordwest.

Ab dem Abend sinkt auch die 500 hPa-Temperatur über dem äußersten Norden
deutlich ab; um 24 UTC liegt die -30°-Isotherme über Nordfriesland. Vor allem
über der noch 14 Grad warmen Nordsee können sich damit ab dem Abend einzelne
Gewitter, teils mit Graupel, entwickeln.
Der Regen an der Kaltfront ist warnmäßig nicht relevant, das Band ist relativ
schmal. C-EU simuliert von 00 bis 24 UTC im Nordosten teils über 5 mm, sonst
weniger. Südlich einer Linie Eifel-Vogtland soll es noch trocken bleiben.
ICON6_NEST, GFS und ECMF16 zeigen ein dem C-EU sehr ähnliches Bild in der
Niederschlagsverteilung.

Bildung warnwürdigen Nebels ist in der kommenden Nacht am ehesten in den beiden
südlichen Bundesländern zu erwarten, z.B. in Niederbayern. Leichter Frost mag
vereinzelt nochmals in Alpennähe auftreten.


Mittwoch... verlagert sich das Höhentief weiter in den Norden von Belarus und in
der über Deutschland auf Nordwest drehenden Höhenströmung passieren kurzwellige
Tröge unser Gebiet, die für eine rasche Abfolge von Hebungs- und Absinkgebieten
sorgen, die sich südostwärts verlagern.

Die Kaltfront kommt bis Mittag bzw. bis zum frühen Nachmittag bis zum Alpenrand
voran und überquert die Alpen im weiteren Verlauf südwärts. Dabei sinkt die
Schneefallgrenze im Böhmerwald auf 1000 bis 900 m. Ähnliche Werte gelten dann
auch nach Passage der Front an den Alpen.
Die Labilität im Bereich der höhenkalten Luft über Norddeutschland nimmt in der
zweiten Nachthälfte noch weiter zu, denn die 500 hPa-Temperaturen sinken noch
weiter ab: Morgens und vormittags umfasst die -32°-Isotherme nahezu das gesamte
norddeutsche Tiefland. Mittags liegt diese Isotherme noch über Berlin und dem
südlichen Brandenburg und wandert dann ostwärts ab. Es kommt im Norden und auch
teils in der Mitte zu Schauern und teilweise auch zu kurzen Gewittern. Der
Vertical Totals (Temperaturdifferenz 500 hpa - 850 hPa) liegt vormittags über
dem Norden verbreitet bei 29 bis 30 Grad, entsprechend einem KO-Index von 0 bis
2.

Angesichts von Windgeschwindigkeiten von 35 bis 40 kt bereits in 925 hPa, die
vormittags besonders über dem nördlichen Sachsen-Anhalt sowie über
Brandenburg/Berlin (also im Gebiet mit 500 hPa-Temperaturen von -32 bis -33
Grad) auftreten, ist in Schauer- und Gewitternähe von stürmischen Böen,
teilweise auch von Sturmböen auszugehen. Starkregen ist dagegen bei ppw`s um 12
mm kein Thema; C-EU simuliert 3stündig maximal 12 mm (von 03 bis 06 UTC an der
Unterelbe), die anderen Modelle liegen darunter. 24stündig ergibt sich der
meiste Niederschlag einerseits durch die Schauer/Gewitter im Nordseeumfeld (C-EU
bis 18 mm), andererseits durch Stau an den Mittelgebirgen und besonders an den
Alpen. Dort fallen gebietsweise über 10, teils über 15 mm. Auch hier stimmen
alle Modelle gut überein.

Die Böen erreichen in der ersten Tageshälfte an exponierten Küstenlagen Bft 9,
sonst Bft 7 bis 8. Im Binnenland der gesamten Nordhälfte ist mit starken bis
steifen Böen zu rechnen, mittags und nachmittags in den östlichen Bundesländern
auch mit einzelnen stürmischen Böen (OOG). Auf exponierten Berggipfeln sind Böen
Bft 8 bis 10 zu erwarten.
Zum Abend hin schwächt sich der Druckgradient ab, so dass am Tagesende
warnrelevante Böen im Tiefland allenfalls an exponierten Ostseestellen auftreten
sollten.
PEPS sieht von 06 bis 12 UTC und von 12 bis 18 UTC - abgesehen von den Küsten -
ein eindeutiges und gut ausgeprägtes Wahrscheinlichkeitsmaximum für Sturmböen
>18 m/s (Bft 8) mit teils 100% in den Gebieten westlich bis südwestlich von
Magdeburg. ECMF-EPS focussiert sich auf den Vormittagszeitraum 06 bis 12 UTC mit
Wahrscheinlichkeiten von 75 bis 95% im nördlichen Sachsen-Anhalt und in den
zentralen Teilen Brandenburgs.

In der Nacht zu Donnerstag ist nach MOS-MIX leichter Frost im äußersten Süden,
in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern und verbreiteter insbesondere in
Schleswig-Holstein zu erwarten. Besonders auf Brücken muss mit Reifglätte oder
auch mit überfrierender Nässe gerechnet werden. Nebel mit Sichtweiten unter 150
m ist am ehesten am Oberrhein möglich, aber lokal auch im Nordwesten
Deutschlands.


Donnerstag... verlagert sich ein anfangs über den Britischen Inseln liegender
Rücken unter Abflachung in den Westteil Deutschlands.

Im Laufe des Tages fächert der Bodendruckgradient weiter auf und nach Süden zu
kann man sogar vom Einfluss eines Zwischenhochs sprechen. In der zweiten
Tageshälfte fällt von Nordwesten her der Druck wieder und der Gradient
verschärft sich. Warnrelevante Böen sind am Tagesende aber allenfalls über
Helgoland zu erwarten.

Einzelne Schauer oder schauerartige Regenfälle ziehen sich im Verlauf des Tages
in Richtung Südosten zurück. In der zweiten Tageshälfte nimmt von Westen und
Nordwesten die Bewölkung durch einsetzende und sich verstärkende WLA zu und ab
dem Nachmittag regnet es im äußersten Norden und Nordwesten zeitweise. Immerhin
berechnet C-EU an der nordfriesischen Küste bis 26 mm; die anderen Modelle haben
allerdings nur 24stündige Maxima bis um die 10 mm, was realistischer erscheint.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle stimmen kurzfristig in den großscaligen Druck-, Temperatur- und
Feuchtefeldern über Mitteleuropa sehr gut überein. Weitere Details siehe Text.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Burkhard Kirsch.