DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-07-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.07.2023 um 10.30 UTC



Zyklonale Westlage. Zu Beginn der nächsten Woche im Süden/Südosten teils starke
Gewitter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 27.07.2023


Zu Beginn der Mittelfrist am nächsten Sonntag liegen wir zwischen einem
Trogsystem über Nord- und Nordwesteuropa und hohen Geopotential über dem
Mittelmeerraum in einer westsüdwestlichen Strömung. Ein markanter Troganteil
schwenkt über die Britischen Inseln und die Biskaya Richtung Kontinent und lässt
die Höhenströmung etwas nach Südwest rückdrehen. Zudem hat die schleifende
Kaltfront eines mehrkernigen Tiefs im Bereich Nordsee/GB auf Deutschland
übergegriffen, kommt aber zunächst unter Wellenbildung kaum weiter nach Südosten
voran, bzw. wird zum Montag vorübergehend sogar wieder nach Norden geführt. In
die Nordwesthälfte wird mäßig warme Meeresluft geführt, in der kurzwellige Tröge
Schauer und einzelne Gewitter auslösen. Im frontalen Bereich kann es
gebietsweise regnen, ebenfalls begleitet von lokalen Gewittern. Über dem Süden
und Osten scheint in sehr warmer Luft zunächst die Sonne, bevor im Tagesverlauf
über dem Bergland vereinzelt Gewitter nicht ausgeschlossen sind. Dank föhniger
Abtrocknung im Lee der Alpen und leicht antizyklonaler Höhenströmung ist die
Gewitterneigung dort aber arg limitiert.
Am Montag bleibt die Strömung auf Südwest und der Trog über Westeuropa
regeneriert sich. Allerdings aktiviert ein sich lösender Troganteil die nach wie
vor über Deutschland schleifende Kaltfront und es kommt vermehrt zu teils
kräftigen Regenfällen und Gewittern. Vor allem über dem Süden und Südosten sind
unwetterartige Entwicklungen möglich. Wie schon am Sonntag sind große
Temperaturgegensätze über uns vorhanden. In mäßig warmer Meeresluft gibt es ganz
im Nordwesten nur rund 20°C, während in subtropischer Warmluft im Südosten an
die 30°C erwartet werden. Dazu stellt sich im Norden und Westen ein recht
kräftiger Druckgradient ein, der nicht nur in Schauernähe starke bis stürmische
Böen bringen kann.
Am Dienstag nähert sich der Haupttrog langsam an und das Bodentief verschiebt
seinen Schwerpunkt nach Südskandinavien. Da die Achse des Troges über der
Nordsee und Frankreich verläuft, bleibt die Strömung zumindest in der Höhe auf
Südwest. Die Frontalzone kommt dabei langsam südostwärts voran, liegt aber unter
Bildung weiterer Wellen noch über dem Süden bzw. Südosten unseres Landes.
Weitere schauerartige, teils gewittrige Regenfälle sind die Folge. Über dem
Südosten sind starke Gewitter mit Unwetterpotential möglich. Die gemäßigte
Meeresluft erfasst aber nun größere Landesteile, was das Temperaturniveau sinken
lässt. Besonders über der Nordhälfte bleibt es windig.
Am Mittwoch schwenkt in westlicher Strömung der Trog über Mitteleuropa nach
Osten. Bei instabiler Schichtung kommt es zu Schauern und einzelnen Gewittern.
Die Reste der sehr warmen Luft sind auch aus dem Südosten verdrängt und es
stellt sich ein insgesamt mäßig warmes Temperaturniveau ein.
Am Donnerstag folgt ein Höhenrücken mit kurzem Zwischenhocheinfluss.
Vorübergehend setzt sich Absinken durch und die Schauerneigung ist nur noch
gering. Bei längeren freundlichen Abschnitten kann sich die eingeflossene
Meeresluft etwas erwärmen.
In der erweiterten Mittelfrist weitet sich erneut ein Trog zunächst zu den
Britischen Inseln, dann nach Südskandinavien aus. An dessen Vorderseite geht
damit die zyklonale Südwest- bis Westlage für uns weiter.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des europäischen Modells ist gut. Die zyklonale Westlage wurde
auch von den Vorläufen in ähnlicher Weise simuliert. Es gibt zwar einige
Unterschiede bezüglich der kurzen Wellen und daraus resultierende u.a. bei der
Niederschlagsprognose, für den Mittelfristzeitraum halten sich die Unschärfen
aber im Rahmen. Unsicher ist beispielsweise die schleifende Kaltfront über
Deutschland und wie schnell die sehr warme Luft zu Beginn der nächsten Woche
auch aus dem Südosten ausgeräumt wird.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die anderen Globalmodelle simulieren ähnlich und lassen keine echten
Alternativen erkennen. Der Beginn des mittelfristigen Zeitraums ähnelt sich
sogar stark, dann schlagen GFS, ICON und UKMO ein höheres Tempo an und bringen
Frontpassage und den nachfolgenden Trog flotter nach Osten voran. Die zyklonale
Westlage machen aber alle mit.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Ensembles stützen anhand der Rauchfahnen diverser deutscher Städte die
Aussagen des Hauptlaufs. Dem Maximum von T850 und Geopotential zu Beginn folgt
zur Mitte der nächsten Woche ein Minimum, was sich gut mit der beschriebenen
Entwicklung deckt. Wiederholte Niederschlagssignale und stetige Schwingungen in
den Kurven der Temperatur deuten den wechselhaften Wettercharakter an. Der
Spread in den Kurven wird erst zum Ende größer.

Die 5 Cluster bis +96h unterscheiden sich für uns nicht großartig. Die 3 Cluster
danach, bis +168h, zeigen alle die zyklonale Westlage mit kleineren
Abweichungen, die zu verschmerzen sind. Auch in der erweiterten Mittelfrist geht
es wahrscheinlich unbeständig und moderat temperiert weiter, da die Ensembles in
allen 3 Clustern eine stark zyklonal geprägte West- bis Südwestlage simulieren.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Vor allem am Montag und Dienstag sind im Süden und Südosten mit Annäherung der
Frontalzone teils starke Gewitter mit Unwettercharakter möglich. Signale darauf
lassen u.a. hohe Cape Shear Werte im Süden erkennen. Auch sonst ist der
Wettercharakter oft konvektiv geprägt, in mäßig warmer bis kühler Luft fallen
die eventuellen Gewitter aber nicht so stark aus. Die Wahrscheinlichkeit für
Stark- oder Dauerregen, anfangs im äußersten Norden und in der Nacht zum
Dienstag oder Dienstag an den Alpen ist nur gering. Leichte Signale für größere
Niederschlagsmengen sind in den deterministischen Outputs sowie in den Ensembles
(u.a. EFI) vorhanden. Dazu wird es vor allem am Sonntag und Montag windiger
(siehe u.a. EFI), allerdings ohne dass eine sommerliche Sturmlage droht.

Die trockenen Regionen über der Landesmitte bleiben es zumindest teilweise auch
weiter, da die meisten Modelle auch weiter einen niederschlagsarmen Streifen
zwischen den Regenmaxima im Norden und Süden simulieren.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS +ENS, MosMix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner