DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

13-07-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 13.07.2023 um 10.30 UTC



Leicht unbeständig mit Gewittern im Süden und Norden. Dazwischen kaum oder kein
Regen. Warm, im Süden mitunter auch heiß, im Nordwesten z.T. nur mäßig warm.
__________________________________________________________

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 20.07.2023


Keine Frage, in der letzten Zeit gab es einige signifikante Wetterlagen in
Deutschland, die für reichlich Schlagzeilen in den Medien und viel Arbeit in den
Vorhersagebüros gesorgt haben: großflächige, teils organisierte
Schwergewitterlagen, signifikante Hybridlagen mit kräftigen Gewittern und
(Stark)Regenfällen (Tief LAMBERT im Juni), sommerliche Sturmlagen (POLY Anfang
Juli), um nur mal die wichtigsten Beispiele zu nennen. Angesichts solcher
"Kracher" verwundert es nicht, dass ein Thema etwas unter dem Radarschirm läuft,
wenn auch medial nicht völlig unbeachtet: Stichwort TROCKENHEIT. Während einige
Regionen ausreichend mit dem kostbaren Nass versorgt wurden, teils sogar des
Guten (deutlich) zu viel auf einmal vom Himmel kam, konnten andere immer nur die
Nachrichten bestaunen oder mussten sich mit wenigen Tropfen auf Brosamenniveau
begnügen. Kein Wunder also, dass ein Mittelfristmeteorologe, der an einem von
chronischer Trockenheit geplagten Ort wohnt, gleich zu Beginn seiner Schicht -
vorausgesetzt die Technik funktioniert, was heute mal wieder nicht der Fall war
- schaut, ob sich daran endlich mal was ändert. Eine Möglichkeit, sich einen
schnellen Überblick zu verschaffen, ist die Betrachtung des akkumulierten
Niederschlags verschiedener Globalmodelle für die nächsten 7 Tage. Gesagt,
getan, und schon hat der Verfasser schlechte Laune, fällt doch das Ergebnis
ziemlich ernüchternd aus: im äußersten Norden/Nordwesten einigermaßen
Niederschlag, im äußersten Süden/Südosten teils kräftiger Niederschlag
(Schwergewitter), dazwischen ein breiter Korridor mit wenig bis so gut wie
keinem Regen - kein Kommentar.

Kommen wir zu den Gründen für diese Misere und starten am Sonntag, Tag 1 nach
einer abermaligen Hitzeklatsche mit über 35°C im Süden und Südosten. Deutschland
befindet vorderseitig eines recht breit aufgestellten Höhentrogs über dem nahen
Atlantik, dessen bis zum Boden reichendes Drehzentrum (sattes 990iger Tief) sich
von Schottland bis hinüber zur Norwegischen Westküste verlagert. Die
südwestliche Höhenströmung ist leicht zyklonal konturiert, was vor allem im
Westen sowie im äußersten Norden wechselhaftes, an der Nordsee sogar sehr
windiges bis stürmisches Wetter mit einzelnen Schauern und kurzen Gewittern zur
Folge hat. Dort befindet man sich übrigens schon auf der Rückseite einer
schleifenden Kaltfront, die in mühevoller Sonntagsarbeit versucht, die letzte
Heißluft im Südosten aus dem Ballon zu lassen, was ihr schlussendlich wohl aber
nur partiell gelingen wird. Dabei kommt es im Süden und Osten anfangs zu
schauerartigem, vereinzelt gewittrigem Regen, der aber alsbald Richtung Polen,
Tschechien und Österreich verduftet. Immerhin, in der Südosthälfte, wo tags
zuvor noch verbreitet 20 bis 24°C (im föhnigen Süden sogar 25°C) auf 850 hPa
registriert wurden, sind es "nur noch" 12 bis 17°C. Dem gegenüber können die
abendlichen 7°C in Ostfriesland fast schon als "sibirisch" angesehen werden.

Zu Beginn der neuen Woche verschieben sich Trogachse und Bodentief weiter nach
Nordosten, was bei uns allmählichen Druck-, aber nur zögernden Potenzialanstieg
zur Folge hat. Weiterhin werden wir von einer südwestlichen Strömung überlagert,
weil sich der Trog über dem nahen Atlantik durch rückseitig einlaufende
Kurzwellenanteile regeneriert. Am Boden kommt dagegen ein Azorenhochkeil zum
Zuge, der sich bis Dienstag zu einem breiten, aber relativ flachen Hoch (etwas
über 1015 hPa) aufplustert. Trotz seiner Ausdehnung ist das Hoch nicht in der
Lage, homogene Wetterverhältnisse zu schaffen. Vereinfacht kann man von drei
Zonen sprechen:
#1 Im Norden und Nordwesten leicht wechselhaft mit einzelnen Schauern und vor
allem am Montag auch kurzen Gewittern.
#2 Im Süden sonniger Start, dann tagesgangbedingte Quellungen mit anschließenden
kräftigen Gewittern.
#3 Die Gebiete dazwischen mit Sonne, einigen Wolken, die aber kaum oder kein
Regen bringen.
Thermisch lässt sich vorübergehend noch mal ein kleiner Aufwärtstrend beobachten
bei dem sich die zonal exponierten, relativ dicht gedrängten Isothermen
sukzessive nach Norden verschieben. Am Dienstagabend reicht die Spanne auf 850
hPa von rund 6°C in Küstennähe bis zu 22°C im Alpenvorland.

Ab Mittwoch rückt dann zunehmend der regenerierte Troganteil vom nahen Atlantik
in den Fokus, der sich mit großen Schritten auf Mitteleuropa zubewegt. Dabei
verschiebt er ein kleines Tief von UK nach Südskandinavien, wodurch der Wind bei
uns auf West bis Nordwest dreht. Dass damit ein Temperaturrückgang einhergeht,
ist evident. Am Donnerstagabend sind es auf 850 hPa keine 3°C mehr zwischen
Ostfriesland und Ostholstein, wohingegen im Süden und Südosten immerhin noch 10
bis 13°C auf dem Zettel stehen. Während sich am Mittwoch wettertechnisch nur
wenig ändert, könnten am Donnerstag die Schauer aus dem Norden bis in die Mitte
ausgreifen - schön wär´s.

Richtung übernächstes Wochenende - wir sind mittlerweile in der erweiterten
Mittelfrist angekommen - zeichnet sich rein deterministisch eine wechselhafte
und thermisch limitierte Troglage ab.
__________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz von IFS (ECMF) ist schlicht und einfach gut bis sehr gut. Die
Basisfelder weisen eine hohe Kongruenz auf, auch wenn nach hinten raus die
Unschärfen etwas zunehmen (kurze Wellen). Die Niederschlagsprognosen fallen
ebenfalls sehr ähnlich aus, was bei mittelfristigen Vorhersagen gar nicht so
häufig vorkommt. Und da auch beim Modellvergleich auf den ersten Blick keine
Ausreißer zu erkennen sind, spricht vieles dafür, dass die gestrige
Wettervorhersage abgesehen von kleineren Anpassungen beibehalten werden kann:
leicht unbeständig, Schauer und Gewitter vor allem im Norden/Nordwesten und
Süden/Südwesten, dazwischen (leider) kein oder nur wenig Niederschlag.
Überwiegend warm, im Nordwesten teils nur mäßig warm, dafür im Süden mitunter
heiß.
__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


Wie bereits zuvor angedeutet, verfolgen die anderen Globalmodelle einen sehr
ähnlichen Plan wie IFS. Ähnlich wie bei der Konsistenzbetrachtung sehen die
Felder vergleichbar aus, abzüglich mittelfristig handelsüblicher Differenzen
(z.B. Timing und Konfiguration kurzer Wellen).
__________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen ein erfreulich
aufgeräumtes Bild mit eng beieinander liegenden Kurven. Selbst nach hinten raus
hält sich die Spreizung in Grenzen, auch wenn die Streuung natürlich zunimmt.
Zwei Dinge fallen auf: Zum einen turnt der Hauptlauf ab nächsten Donnerstag
eindeutig am unteren Rand der Kurvenscharen rum, was - sofern man dem Median
folgt - eine weniger deutliche Austrogung und eine geringere Abkühlung zur Folge
hätte. Zum anderen zeigen die Orte, die in dem o.e. Korridor mit nur wenigen
Niederschlägen liegen (z.B. Essen, Offenbach, Leipzig) auch im Ensemble alles
andere als ermunternde Regensignale.

Für den Zeitraum T+72...96h (Sonntag/Montag) werden drei Cluster angeboten (alle
NAO Positiv), die sich für unsere Region so gut wie nicht unterscheiden. Die
nachfolgenden Zeiträume werden jeweils von einem einzigen Cluster abgedeckt.

Mit anderen Worten (Fazit), der vom Hauptlauf vorgegebene Kurs wird sowohl von
anderen Modellen als auch von der IFS-eigenen Probabilistik belastbar gestützt.

_________________________________________________________

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Wenn man mal von der vielerorts andauernden Trockenheit absieht - ausbleibender
Niederschlag kann/muss mit Fug und Recht als signifikante Wettererscheinung
betrachtet werden -, steht vor allem ein Parameter auf der Agenda: Gewitter.
Davon bekommen wird mittelfristig wieder einige ab, auch wenn sich derzeit keine
großflächige oder überbordend organisierte Schwergewitterlage abzeichnet. Dabei
gilt es zwei Typen von Konvektion zu unterscheiden.
Im Süden, wo Reste der heißen Luft vom Samstag nicht gänzlich ausgeräumt oder
sogar noch mal reanimiert werden, bilden sich jeweils im Tagesverlauf einige
kräftige Überentwicklungen mit der Gefahr lokaler Unwetter, insbesondere durch
Hagel und Starkregen.
Im Norden und Nordwesten, wo gemäßigte Luftmassen unterwegs sind, sind es eher
die kurzen "Kaltluftgewitter" maximal markanter Natur mit Starkregen, kleinem
Hagel und Böen 7-8 Bft.
Hinsichtlich der genauen zeit-räumlichen Verteilung der Gewitter gibt es noch
gewisse Unschärfen. Prinzipiell können sie aber jeden Tag auftreten.

Nicht zu vergessen, dass am Sonntag auf der Südflanke des von Schottland gen
Norwegen ziehenden Tiefs der Südwestwind insbesondere an der Nordsee merklich
anzieht bis hin zu stürmischen Böen 8 Bft, an der nordfriesischen Küste
vereinzelt sogar 9 Bft.
________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS.
________________________________________________________


VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann