DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-07-2023 07:01
SXEU31 DWAV 130800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 13.07.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wa bzw. BM, Samstag Übergang zu SWz
Heute im Norden einzelne markante Gewitter, ansonsten vorübergehende
Wetterberuhigung.
Am Samstag von Westen teils kräftige Gewitter mit erhöhtem Unwetterpotenzial.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich Deutschland an der Südflanke eines mit mehreren
Drehzentren ausgestatteten und hochreichenden Tiefkomplexes über dem Nordmeer.
Ein davon ausgehender Trog überquert im Tagesverlauf das Vorhersagegebiet rasch
ostwärts und erreicht bereits ausgangs des Tages den Westen Polens bzw.
Tschechien. Der vorgeschaltete Bodentrog hat bereits den Nordwesten des Landes
erfasst und kommt ebenfalls über Norddeutschland rasch ostwärts voran, während
sich ein durch rückseitige KLA verstärkender Hochkeil von Frankreich her in den
Süden und die Mitte des Landes ausweitet. Dadurch verschärft sich der Gradient
im Nordwesten und Norden vorübergehend und der Wind frischt aus West auf.
Außerhalb der Schauer reicht es aber wohl nur im Nordseeumfeld sowie in
exponierten Lagen für warnrelevante steife Böen (Bft 7).
Die Kaltfront des Nordmeertiefs hat inzwischen das Alpenvorland erreicht, gerät
dort ins Schleifen und zeigt zunehmend Auflösungstendenzen. Präfrontal fällt in
der ehemals feuchtlabilen Luftmasse vor allem an den Alpen und im südlichen
Alpenvorland noch gebietsweise schauerartiger Regen, wobei am Vormittag auch ein
kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen ist. Im Tagesverlauf ziehen sich die
Niederschläge in die Alpen zurück und bei zunehmenden Hochdruckeinfluss lockern
die Wolken auf. Die Luftmasse dort weist noch eine potenzielle Instabilität auf
und mit Einstrahlung können vor allem etwas abgesetzt von den Alpen, etwa von
Oberschwaben bis nach Niederbayern, einige 100 J/kg ML-Cape generiert werden.
Allerdings ist die Luftmasse durch Absinken etwa oberhalb von 700 bis 650 hPa
gedeckelt. So könnte es noch für vereinzelte Schauer reichen, die
Gewitterwahrscheinlichkeit ist aber gering. Sollte es dennoch eines geben, ist
bei PPWs um 20 mm maximal ein Starkregenereignis um 15 l/qm bzw. kleinkörniger
Hagel zu erwarten.
In der Nordhälfte ist die Luftmasse dagegen mit Trogpassage hochreichend labil
geschichtet. In 500 hPa sinkt die Temperatur auf -18 bis -21 Grad, in 850 hPa
liegt sie bei +7 Grad. Einstrahlung hält sich zwar in Grenzen, dennoch können
etwa 200 bis 500 J/kg ML-Cape generiert werden. Innerhalb der gemäßigten,
erwärmten Subpolarluftmasse liegen die PPWs meist zwischen 25 und 30 mm bei etwa
15 bis 18 m/s hochreichender Scherung und 5 bis 10 m/s LLS. Nicht grade die
Topvoraussetzungen für eine Schwergewitterlage, dennoch reicht es neben Schauern
sicherlich auch für kurze Gewitter. Die relativ hohen PPWs lassen trotz einer
nicht allzu geringen Zuggeschwindigkeit auch einzelne Starkregenereignisse zu,
kleinkörniger Hagel kann ebenfalls auftreten, dazu Böen Bft 7 bis 8, bei etwas
organisierteren Multizellen vielleicht auch mal Bft 9. Die Gewitter erreichen in
etwa noch die Regionen vom Westmünsterland über das südliche Niedersachsen und
Sachsen-Anhalt bis nach Nordbrandenburg, südlich davon bleibt es wohl weitgehend
trocken bzw. reicht es nur für kurze Schauer.
Während es Richtung Alpen wohl eher bewölkt bleibt und auch im Nordwesten die
Sonne weniger zum Zuge kommt, gibt es vom Südwesten über die Mitte bis in die
Osthälfte durchaus längere sonnige Abschnitte. Bei 850 hPa-Temperaturen zwischen
7 Grad im Nordwesten und 13 Grad im Südosten dürften sich die Höchsttemperaturen
auf Werte zwischen 20 und 24 Grad in der Nordwesthälfte sowie am bewölkten
Alpenrand (inklusive südliches Alpenvorland) bzw. zwischen 23 und 28 Grad in den
übrigen Regionen einpendeln.

In der Nacht zum Freitag folgt dem Richtung Baltikum bzw. Weißrussland
abziehenden Höhentrog ein flacher Rücken, der morgens Benelux bzw. die Nordsee
erreiche. Gleichzeitig triggert ein Kaltluftvorstoß aus dem grönländischen Raum
Richtung Süden westlich der Britischen Inseln eine neue Trogbildung, so dass
sich zusammen mit dem Höhentiefkomples über dem Nordmeer ein Dipol ergibt.
Vorderseitig dieses neuen Troges verstärkt sich die WLA über GB und auch über
der Nordsee, wodurch der flache Rücken gestützt wird. Die relativ glatte, leicht
antizyklonal konturierte Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet dreht somit auf
West.
Im Bodenfeld stützen WLA und Rücken den nach Deutschland gerichteten Hochkeil,
der sich noch verstärkt und bis Freitagfrüh über dem Alpenraum eine
eigenständige Hochdruckparzelle mit 1020 hPa-Kernisobare ausbildet. Somit setzt
eine rasche Wetterberuhigung ein; die Schauer im Norden klingen bereits eingangs
der Nacht ab und auch der Wind schläft ein. Die Wolken lockern dort sowie an den
Alpen deutlich auf, teilweise ist es gering bewölkt oder klar. Später macht sich
die zunehmende WLA in Form hoher Wolkenfelder vor allem im Westen und Nordwesten
bemerkbar. Dennoch steht eine angenehm frische Nacht ins Haus mit Tiefstwerten
zwischen 15 und 8 Grad, an der See teilweise etwas milder.

Freitag... setzt sich die Austrogung auf dem nahen Ostatlantik weiter fort und
kommt ein wenig nach Osten voran, wodurch sich der vorgelagerte Rücken aufgrund
von vorderseitiger WLA weiter aufwölbt und allmählich auf das Vorhersagegebiet
übergreift. Das von ihm gestützte Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt etwas
nach Osten, so dass auch niedertroposphärisch mit Winddrehung auf Süd bis
Südwest WLA einsetzt. Bis zum Abend steigt die 850 hPa-Temperatur auf Werte
zwischen 9 Grad im Norden und 18 Grad in Südbaden. Die advehierte Luftmasse ist
trocken und vor allem im Westen auch stark gedeckelt, allerdings macht sich im
Westen und Nordwesten vermehrt WLA-Bewölkung bemerkbar und hemmt die
Einstrahlung. Regen sollte es dort aber noch keinen geben, eventuell reicht e
abends für ein paar Tropfen.
Ansonsten steht aber einem vor allem im Süden und im äußersten Osten sonnigen
oder nur leicht bewölkten und wettertechnisch ruhigen Tag nichts entgegen. An
den Alpen können die Quellwolken vielleicht schon etwas höher wachsen, für
Schauer oder gar Gewitter reicht es nicht. Der schwache Wind dreht auf Süd bis
Ost und die Temperaturen erreichen Höchstwerte zwischen 25 und 30 Grad, am
Oberrhein bis 32 Grad, ganz im Nordwesten sowie an den Küsten bleibt es mit 20
bis 24 Grad angenehmer.

In der Nacht zum Samstag greift der Höhentrog auf Irland und die Biskaya über
und weitet sich bis ins Seegebiet östlich der Iberischen Halbinsel aus. Der
vorgelagerte Höhenrücken verlagert sich nach Polen und die au Südwest drehende
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet steilt noch etwas auf. Damit setzt im
Bodenfeld verstärkt Druckfall ein. Die Warmfront des mit dem Trog
korrespondierenden Tiefdruckgebietes bei Irland streift den Westen und Norden
des Landes mit dichten Wolkenfeldern, vor allem im Nordseeumfeld fällt auch
gebietsweise etwas Regen. Die Kaltfront kommt nur langsam südostwärts voran und
befindet sich morgens in etwa über der südwestlichen Nordsee, der
Ärmelkanalküste und der Bretagne. Die im Warmsektor ins Vorhersagegebiet
advehierte Luftmasse bleibt noch recht trocken und ist relativ stabil
geschichtet, lediglich im Südwesten werden die Lapse Rates von Frankreich her
allmählich größer. Dabei dürften sich abends bzw. im laufe der Nacht über
Frankreich erste Gewitter entwickeln, eventuell auch ein MCS. Ob dessen
Überreste ausgangs der Nacht in Form gebietsweise auftretender schauerartiger
Regenfälle bereits den Südwesten bzw. Westen Deutschlands erfassen, ist noch
unklar, Hinweise darauf ergeben sich modellseitig bisher kaum.
Somit bleibt es nachts ruhig, vor allem im Westen und Norden bei weiterer
niedertroposphärischer WLA (850 hPa-Temperatur steigt auf Werte zwischen 13 Grad
im Norden und 20 Grad ganz im Süden) sinken die Temperaturen unter den
Wolkenfeldern nicht mehr unter 21 bis 16 Grad, während es sonst mit 18 bis 12
Grad noch etwas frischer wird.

Samstag... erreicht das Höhentiefzentrum Schottland, der zugehörige Höhentrog
greift auf England und Frankreich über und erreicht abends bereits die westliche
Nordsee. Die kräftige und zunehmend diffluente Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet steilt weiter auf und dreht auf Südsüdwest, wobei vor allem
über dem Westen und der Mitte gebietsweise durchaus schon ein recht markanter
dynamischer Hebungsimpuls wirksam werden kann.
Das Bodentief verlagert seinen Kern bis zum Abend ebenfalls nach Schottland und
hat den Höhepunkt seiner Entwicklung überschritten. Die zunehmend
höhenströmungsparallel eingebettete Kaltfront kommt kaum mehr nach Osten voran
und schleift mit leichter Wellenbildung über der Deutschen Bucht, Benelux und
Westfrankreich. Vorderseitig kann nun eine potenziell instabile Luftmasse von
Südwesten her zumindest erst einmal in die Westhälfte und in den Süden des
Vorhersagegebietes gelangen. Die Temperatur in 850 hPa steigt im Westen und
Nordwesten bei bereits einsetzender niedertroposphärischer Kaltluftadvektion,
die die Kaltfront unterläuft, bereits nicht mehr an und verharrt bei etwa 12 bis
14 Grad. Im Süden und Osten werden dagegen einmal mehr heiße 18 bis 22 Grad, mit
Föhn ganz im Süden auch bis nahe 25 Grad erreicht. Der kräftige Föhn dürfte auch
trotz hoher Labilität im Süden und Südosten erst einmal Auslöse verhindern und
auch in der gesamten Osthälfte dürfte es, nach Abzug der nach Norden zu teils
dichten WLA-Bewölkung, recht sonnig und trocken bleiben.
Ansonsten dürften aber von Südwesten und Westen her alsbald Schauer und Gewitter
aufkommen, die auch kräftig sein können. Wie die Entwicklung im Detail abläuft,
ist noch sehr unsicher. Eventuell läuft der Kaltfront schon weit voraus eine
Tiefdruckrinne, die im Westen und Nordwesten durch rückseitige bodennahe KLA und
Stabilisierung einiges an Potenzial für eine eventuelle Schwergewitterlage
herausnimmt. ICON-EU deutet sogar mit verbreitet auftretenden Böen Bft 7, in
freien Lagen auch BFT 8 aus Süd bis Südwest in etwa von Rheinland-Pfalz bis nach
Vorpommern im Tagesverlauf den Durchgang einer markanten Druckwelle mit
schauerartigen, teils gewittrigen Regenfällen an. Diese dürften dann wohl meist
nur markanten Warnkriterien genügen (kleinräumige Unwetterereignisse aufgrund
von Starkregen und eventuell auch Böen über 100 km/h nicht ausgeschlossen); zwar
verbessern sich die Scherungsbedingungen im Tagesverlauf deutlich (über 25 m/s,
nahe der Kaltfront auch über 30 m/s DLS, um 15 m/s LLS, deshalb ein durchaus
hohes Potenzial für Sturmböen), allerdings können aufgrund der KLA nur noch
wenige 100 J/kg ML-Cape generiert werden.
SuperHD simuliert dagegen auch in der Westhälfte bis auf die Mitte übergreifend
durchaus in einigen Regionen 500 bis 1000 J/kg ML-Cape und entsprechend auch
eine kräftige Gewitterlinie, die eventuell als MCS bzw. Squallline nachmittags
auf den Westen übergreift und bis zum Abend auch die Mitte erreicht. Dann ist
das Unwetterpotenzial natürlich, vor allem aufgrund von Böen über 100 km/h,
deutlich größer. Auch das IFS basierte Swiss HD hat kräftigere Entwicklungen auf
der Agenda.
Wie auch immer - an dieser Stelle kann nur auf die Folgeübersichten verwiesen
werden, eventuell weiß man am morgigen Freitag schon mehr.
Nebenschauplatz ist vielleicht noch der Föhn an den Alpen - eventuell recht es
für Sturmböen auf den bergen und steifen Böen in anfälligen Tälern. Des Weiteren
steigt natürlich die Wärmebelastung deutlich an. Während im Westen und
Nordwesten meist nur 24 bis 29 Grad erreicht werden, wird es sonst wieder heiß
mit Höchstwertenzwischen 30 und 37, vielleicht sogar 38 Grad.

In der Nacht zum Sonntag passiert dann ein erster, aber markanter und
kurzwelliger Randtrog das Vorhersagegebiet rasch nordostwärts, so dass auch die
Kaltfront an Fahrt aufnehmen sollte. Sie überquert Deutschland rasch ostwärts
und erreicht wohl schon morgens die Alpen. Vorderseitig erfassen die
schauerartigen Regenfälle bzw. die teils kräftigen Gewitter dann auch den Osten
und Süden. Inwieweit die dann noch unwetterartig sind, bleibt abzuwarten.
Im Westen setzt bereits eine rasche Wetterberuhigung ein und die Wolken lockern
auf. Das Bodentief verlagert sein Drehzentrum zur nördlichen Nordsee, so dass
sich vor allem im Nordwesten der Gradient verschärft. Dort kann es steife, im
Nordseeumfeld stürmische Böen, über der offenen Nordsee eventuell sogar
Sturmböen aus Südwest geben.
Die 850 hPa-Temperatur sinkt auf 7 Grad im Westen und 13 Grad im Südosten, so
dass die Nacht postfrontal wieder deutlich angenehmer ausfällt als die
Vornächte, während es im Südosten und im äußersten Osten nochmals unangenehm
warm bleibt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Für heute und den morgigen Freitag sind keine warn- und prognoserelevanten
Modellunterschiede auszumachen.
Die Unterschiede und Unsicherheiten am Samstag wurden im Text angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff