DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

10-07-2023 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 10.07.2023 um 10.30 UTC



Sommerlich warm bis heiß, wechselhaft mit gebietsweisen Schauern und teils
kräftigen Gewittern, teils unwetterartig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 17.07.2023


Zu Beginn der Mittelfrist am Donnerstag liegt Deutschland vorderseitig eines
abflachenden Troges über Westeuropa. Die Strömung zonalisiert zunehmend. Dadurch
wird auch die Verlagerung der Kaltfront im Süden und Südosten verzögert. Die
instabile Luftmasse wird dort demnach nur zögerlich bzw. südlich der Donau/im
Alpenraum auch gar nicht ausgeräumt. Dort entstehen somit im Tagesverlauf wieder
Schauer und Gewitter, als Antrieb dient zum einen leichte dynamische Hebung
durch das Überqueren eines kürzerwelligen Troganteils, zum anderen hilft auch
die Orografie. Es besteht dabei nach wie vor die Gefahr von Starkregen, örtlich
auch unwetterartig. Auch im Norden kommt es im Tagesverlauf zu Schauern, dort
geht zusätzlich zu den leicht zyklonale Strukturen in der Höhe auch noch ein
Bodentrog durch. Das Gewitter- und auch Starkregenrisiko ist im Norden aufgrund
der nicht ganz so feuchten Luftmasse und einer gradientbedingt höheren
Zuggeschwindigkeit geringer als im Süden, dafür sind im Norden Sturmböen an
Schauern/Gewittern wahrscheinlicher. An sich steigt von Westen/Südwesten der
Bodendruck an. Die 15 Grad-Isotherme in 850 hPa liegt über dem Alpenraum, im
Norden werden um 6 Grad in 850 hPa erwartet, so dass es mit Höchsttemperaturen
zwischen etwa 20 Grad an den Küsten und lokal bis 28 Grad im Südosten durchaus
sommerlich, aber nicht mehr so heiß ist. Nachts lässt de Schauertätigkeit sowohl
im Norden als auch im Alpenraum nach oder klingt weitgehend ab.

Am Freitag amplifiziert der Trog über dem nahen Ostatlantik und Westeuropa und
trogt nach Süden aus, die Strömung dreht wieder mehr auf Südwest und über
Mitteleuropa und somit auch Deutschland wölbt sich ein flacher Keil auf. Daher
dürfte es auch unter leichtem Hochdruckeinfluss einen überwiegend störungsfreien
und freundlichen Tag geben. Weitgehend, da es nach wie vor zwei Gebiete gibt, in
denen es ein gewisses Schauerrisiko gibt: Einerseits der Norden, wo leichte
Hebung durch einen Kurzwellentrog (sichtbar in 300 hPa) zusammen mit dem
Tagesgang für einzelne Schauer sorgen könnte. Andererseits können sich
wahrscheinlich auch über dem Alpenraum Schauer oder einzelne Gewitter
entwickeln. Dazu wird die Hilfe der Orografie benötigt. In der auf Südwest
drehenden Strömung wird die Luftmasse wieder angewärmt und angefeuchtet. Dies
dürfte aber meist nur den unmittelbaren Alpenrand betreffen. Die 15
Grad-Isotherme in 850 Grad kommt nordwärts bis in die mittleren Landesteile
voran, die Höchstwerte liegen gegenüber dem Vortag also wieder etwas höher. Die
30 Grad-Marke könnte im Süden wieder örtlich erreicht werden. In der Nacht zum
Samstag nähern sich Trog und möglicherweise auch eine vorlaufende
Tiefdruckrinne/Konvergenz, von Westen steigt also nachts das
Schauer-/Gewitterrisiko. Ob dabei bereits in der Nacht vermehrt und teils
kräftige Entwicklungen zu erwarten sind, ist noch unsicher.

Am Samstag greift dann der Trog vollends von Westen über, der flache Keil und
die Bodenhochzone verlagern sich in Richtung Osteuropa. Die Strömung steilt noch
etwas weiter auf, so dass subtropische Luftmassen aus dem Mittelmeerraum bis in
die nördlichen Landesteile voran kommen - die 15 Grad-Isotherme überstreicht
voraussichtlich ganz Deutschland und im Süden/Südosten bis über die östlichen
Mittelgebirge werden über 20 Grad in 850 hPa erwartet. Die erwarteten
Höchsttemperaturen liegen daher meist zwischen 26 und 32 Grad. Auf der
Trogvorderseite und im Bereich einer flachen Tiefdruckzone (Gewittersack?), die
von Westen mit einer möglicherweise eingelagerten Konvergenz bereits ab den
Frühstunden auf Deutschland übergreift, sind gehäufte und teils auch kräftige
Schauer und Gewitter zu erwarten. Im Tagesverlauf breiten sie sich ostwärts aus.
In Anbetracht der subtropischen Luftmasse mit viel Feuchte und Labilität sind
Unwetter wahrscheinlich, mit dem größten Risiko voraussichtlich im Westen und
Nordwesten.

Am Sonntag verbleibt Deutschland weiter auf der Vorderseite des westeuropäischen
Troges, ein kürzerwelliger Sekundärtrog verlagert sich von der südwestlichen
Nordsee/Benelux nord-/nordostwärts in Richtung Nordwegen. Auf den Nordwesten
greift das Frontensystem des korrespondierenden Tiefs über der nördlichen
Nordsee über, rückseitig fließt kühlere Luft ein. Entlang der Front kommt es im
Nordwesten und Norden zu schauerartigen Niederschlägen, lokal vielleicht auch
gewittrig. Zudem frischt der Westwind vor allem rückseitig stark bis stürmisch
auf. Nach Süden hin kommt die Front ins Schleifen, im Osten und Süden lagert
vorderseitig die feuchte/instabile Luftmasse. Unter leicht höherem Luftdruck und
aufgrund fehlender dynamischer Hebung (der Sekundärtrog zieht ja über den
Nordwesten) passiert nach Süden hin im Frontbereich zunächst wenig, einzelne
Schauer oder Gewitter sind aber möglich. Vor allem im Tagesverlauf treten in der
nach wie vor frontvorderseitig lagernden Subtropikluft vermehrt Schauer und
Gewitter auf, die dann erneut kräftig oder auch unwetterartig ausfallen können.
Der Fokus liegt hier auf dem Starkregen und Hagel. Von Nordwesten leicht
zurückgehende Temperaturen, meist aber weiterhin sommerlich um 25 Grad, in der
Südosthälfte häufig um 30 Grad.

Auch am Montag wird die feucht-labile, subtropische Luftmasse im Süden und
Südosten nicht ausgeräumt. Die Strömung zonalisiert etwas. Im Tagesverlauf
bilden sich daher erneut Schauer und teils kräftige Gewitter, aufgrund der
langsamen Verlagerungsgeschwindigkeiten besteht weiterhin Starkregenpotenzial,
lokal bis in den Unwetterbereich. Der norden verbleibt in Trognähe bzw. wird von
einem kürzerwelligen Troganteil überquert, so dass auch dort im Tagesverlauf
Schauer auftreten, ähnlich wie am Donnerstag aber mit geringerem Gewitter- und
Starkregenrisiko im Vergleich zu den südlichen Landesteilen. Ähnliches
Temperaturniveau wie am Vortag: meist sommerlich warm, im Süden und Osten teils
heiß.

Fazit:
Es stellt sich eine überwiegend zyklonal geprägte West- bis Südwestlage ein,
eine Wetterberuhigung zum Freitag ist nicht durchgreifend und nur
vorübergehender Natur. Temperaturtechnisch bleibt es sommerlich warm, am
Wochenende steht voraussichtlich wieder ein kurzes Hitzeintermezzo an.

Auch die erweiterte Mittelfrist in der zweiten Wochenhälfte bringt im Prinzip
keine Änderung.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen IFS-Modelllaufes von 00 UTC gegenüber seinen
Vorgängern ist insgesamt gut. Die Grundstrukturen stimmen gut überein, im Laufe
der Mittelfrist ergeben sich lediglich Timingunterschiede. Die neueren
Modellläufe sind gegenüber der gestrigen Lösung von 00 UTC etwas flotter
aufgestellt, das Trog-Keil-Muster wird etwas schneller nach Osten verlagert.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Ein Blick auf andere Globalmodelle zeigt sehr ähnliche Grundstrukturen, im
zeitlichen Ablauf sind sie teils noch leicht progressiver als der neueste
IFS-Lauf. In Anbetracht des Vorhersagehorizontes sind diese Differenzen aber
relativ gering und eine Diskussion lohnt an dieser Stelle nicht.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse des IFS zeigt für den ersten Zeitraum von Donnerstag 00 UTC
bis Freitag 00 UTC (+72 bis +96 h), es fällt aber relativ schwer,
prognoserelevante Unterschiede für unseren Vorhersagebereich zu finden. Im
Folgezeitraum von Samstag 00 UTC bis Montag 00 UTC (+120 bis +168 h) werden
ebenfalls drei Cluster angeboten. Haupt- und Kontrolllauf werden in den etwas
stärker besetzten Cluster 1 mit insgesamt 21 Membern eingruppiert. Die Cluster
zeigen leichte Unterschiede in der Amplitude des Trog-Keil-Musters und lassen
den Keil im Vergleich zum Hauptlauf etwas weiter östlich aufwölben. Damit wäre
wohl Deutschland am Samstag von Westen her etwas schneller in trogvorderseitiger
Hebung bzw. würde diese etwas schneller ostwärts ausgreifen. Das spiegelt im
Prinzip die Unsicherheiten hinsichtlich des Timings wieder. Für die erweiterte
Mittelfrist von Dienstag bis Donnerstag (+192 bis +240 h) werden alle
Ensemblemember zu einem Cluster zusammengefasst. Dieser Cluster zeigt einen
atlantischen Rücken und einen breiten Trog über Europa, der nicht sonderlich
weit nach Süden ausgreift, also relativ zonal ausgerichtet ist und von
Sekundärtrögen umlaufen wird. Daraus kann man sicher gefahrlos schlussfolgern,
dass auch in der kommenden Woche keine grundlegende Änderung der Wetterlage
ansteht.

Ein Blick auf die Rauchfahnen einiger deutscher Städte zeigt bis Samstag eine
recht gute Bündelung von Temperatur in 850 hPa und Geopotenzial in 500 hPa.
Damit wird auch das neuerliche Hitzeintermezzo zum Samstag gestützt und es ist
anhand eigentlich aller Einzellösungen auch nur ein kurzes Intermezzo. Die
vorübergehende Wetterberuhigung zum Freitag zeigen ebenfalls alle Member, vorher
und nachher überwiegen die Niederschlagssignale, teil mit Starkregenpeaks,
mittelfristig vor allem im Süden.

Vom Strömungsregime wird im Norden und den mittleren Landesteilen klar auf eines
west- bis Südwestlage gesetzt, im Süden sind die Signale etwas diffuser, da man
sich dort am Rande der Frontalzone, in einem gradientschwächeren Bereich
befindet.

Fazit: Überwiegend wechselhaft, teils mit markanten Niederschlägen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Warnwürdige Wettererscheinungen dürfte es in der Mittelfrist mit Ausnahme des
Freitages immer wieder geben, vor allem Gewitter teils bis in den
Unwetterbereich: Am Donnerstag im Norden geringes Gewitterrisiko, im Süden (etwa
südlich der Donau/Alpenraum) im Tagesverlauf häufiger Gewitter, lokal auch
kräftig und teils bis in den Unwetterbereich. Fokus auf Starkregen, für den
Alpenraum zeigt auch der EFI Signale. Am Samstag im Nordwesten und Norden
vermehrte und teils kräftige Gewitter, mit Starkregen, Hagel und Sturmböen, im
Tagesverlauf ebenfalls im Süden und Südosten. Dort erhöhtes Starkregenpotenzial
und Hagelrisiko (deutliche EFI-Signale für CAPE und CAPEshear), in Anbetracht
der subtropischen Luftmasse bis in den Unwetterbereich.

Im Norden/Nordwesten lebt der Wind zeitweise stark bis stürmisch auf: EFI
liefert dafür am Donnerstag leichte Signale, am Wochenende werden die Signale
recht kräftig. Die stärksten Böen dürften an de Konvektion gekoppelt sein, der
Gradient gibt aber gebietsweise auch abseits davon starke bis stürmische Böen
her (rückseitig der Kaltfront im Nordwesten bzw. Nordseeumfeld).

Am Samstag vor allem im Süden voraussichtlich wieder starke Wärmebelastung, auch
der EFI schlägt hier an.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger