DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

07-07-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 07.07.2023 um 10.30 UTC



Bis zum Dienstag Hitzewelle, mit Gewittern und teils Unwettern zu Ende gehend.
In der zweiten Hälfte der nächsten Woche weniger warm und insgesamt wieder
ruhiger.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 14.07.2023


Der Mittelfristzeitraum beginnt (nach dem IFS-Modell beschrieben) am Montag mit
einem monumentalen Höhenhoch über Algerien, wo schon ungewöhnlich früh im Sommer
eine 600-gpdam-Isohypse zu finden ist. Von diesem ausgehend erstreckt sich ein
Rücken nordostwärts mit einer Achse über Polen und Schweden. In einen Trog
weiter westlich ist ein Höhentief westlich Irlands eingebettet. Deutschland
liegt dabei im Bereich einer recht glatten, leicht diffluenten westsüdwestlichen
Höhenströmung und auch unter insgesamt sehr hohem Geopotential. Dies ist einem
Bodenhochkeil geschuldet, der vom Azorenhoch ausgehend bis nach Deutschland
gerichtet ist. Diesem steht ein Bodentief westlich von Irland gegenüber. Der
oben beschriebene Hochkeil weist sogar ein lokales Maximum auf, das auf der
Rückseite einer Kaltfront entsteht, die im Tagesverlauf den Norden Deutschlands
überquert. Rückseitig dieser Kaltfront fließt eine subtropische Atlantikluft (10
bis 14°C) in 850 hPa ein, während sich ganz im Süden noch eine Heißluftmasse
nordafrikanischen Ursprung hält, wo in 850 hPa um 18°C gemessen werden. Mit dem
Kaltfrontdurchgang kann es durchaus auch zu stärkeren Gewittern kommen, mitunter
läuft aber die Kaltluft bodennah schon deutlich voraus (Kaltluftausfluss
nächtlicher Gewitter), so dass nicht mehr viel passiert.

Am Dienstag weitet sich der Trog über Westeuropa weiter nach Süden aus, seine
Achse erreicht am Abend die französische Atlantikküste. Damit steilt die
Strömung bei uns auf und wir gelangen in eine immer noch nicht signifikant
zyklonal konturierte, aber deutlich diffluente Höhenströmung aus Südwest.
Bodennah verabschiedet sich der Hochdruckkeil rasch nach Ost und eine Rinne des
Tiefs, das zur nördlichen Nordsee vorankommt, schneidet die Verbindung zum
Azorenhoch ab. Bei dieser Konstellation kommt zunächst die Heißluft nochmal ein
Stückchen nach Norden voran, was insbesondere dem Süden und Osten einen sehr
heißen Tag bescheren dürfte. Mit der Rinne greift am Abend dann aber eine
Kaltfront über, in deren Vorfeld von West nach Osten Gewitter aufziehen, die
durchaus von der heftigeren Sorte sein können. Da das System äußerst progressiv
ist, ist die Kaltfront bis Mittwochfrüh schon durch und der Trog hat unser Land
erreicht.

Am Mittwoch prägt der Langwellentrog über uns das Wetter, wobei der
Geopotentialverlust über dem Süden des Landes überschaubar ist. In den Süden
schiebt sich dann schon wieder ein neuer Azorenhochkeil, während über dem
südlichen Nordmeer ein kräftiges Tief liegt, was insbesondere für den Norden des
Landes recht viel Wind zur Folge hat. Die sich durchsetzende atlantische Luft
polaren Ursprungs hat im Süden immer noch 12 bis 14°C in 850 hPa im Angebot, im
Norden nur noch 7 bis 8°C. Schauer und Gewitter gibt es noch an den Alpen und im
Südosten sowie wieder im Nordwesten. Dazwischen stellt sich recht freundliches
Wetter ein.

Am Donnerstag ändert sich die Lage gar nicht so kolossal. Der Langwellentrog
wird immer breiter und zeigt sich nicht mehr progressiv. Damit verblieben wir in
einer leicht zyklonal geprägten westlichen Höhenströmung. Auch der Bodenhochkeil
bliebt uns erhalten, das Tief im Norden zieht aber ab, so dass der Wind
schwächer wird. Die Verteilung von Temperaturen sowie Niederschlägen ändert sich
ebenso kaum.

Am Freitag erfolgt am Westrand des Troges ein neuer Kaltluftvorstoß nach Süden,
so dass sich über den Britischen Inseln wieder eine Trogachse bildet und bei uns
folglich die Höhenströmung wieder leicht Richtung Südwest dreht und diffluenter
wird. Über den Britischen Inseln zieht auch ein schwaches Tief auf, während sich
der Hochkeil abschwächt. Mit der etwas drehenden Strömung gelangt vor allem in
den Süden auch wieder etwas wärmere Luft. Weiterhin gibt es in der Nordhälfte
Schauer und in den Alpen einzelne Gewitter, während es sonst zwar wolkig, aber
überwiegend trocken ist.

An den Folgetagen ändert sich nur wenig an der leicht zyklonal geprägten
Westlage, wobei auch in den mittleren Landesteilen auch mal ein paar Schauer
niedergehen können. Das Temperaturniveau bleibt durchaus sommerlich.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Insgesamt ist die Konsistenz des aktuellen IFS-Laufs mit den beiden Vorläufen
durchaus gut. Ein paar Unterschiede gibt es aber doch. Der gestrige 00-UTC-Lauf
zeigte den Kaltfrontdurchgang erst am Mittwoch tagsüber, nicht schon in der
Nacht zum Mittwoch.
Zum Ende der Mittelfrist sollte sich nach dem gestrigen 12-UTC-Lauf dann der
Schwerpunkt des Troges und der Tiefdrucktätigkeit wieder weiter nach Westen in
den Bereich der Britischen Inseln verlagern, mit der Konsequenz, dass sich dann
bei uns wieder die Warmluftzufuhr verstärkt hätte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die verschiedenen Globalmodelle zeigen durchaus noch einige prognoserelevante
Unterschiede. So ist GFS mit der Kaltfront am Mittwoch etwas langsamer, der Trog
ist etwas schwächer und die Heißluft wird im Süden nicht komplett ausgeräumt.
In den Folgetagen ist die Lage und Stärke des Langwellentroges durchaus noch
deutlich unterschiedlich simuliert. Zwar zeigen (fast) alle Modelle die Tendenz
zu leicht unbeständigem Wetter, wobei die Lage der Niederschlagsgebiete noch
unsicher ist. Zudem könnte bei etwas weiter westlicher Lage des Troges (wie bei
GFS) insgesamt etwas höheres Temperaturniveau herrschen. Dies könnte ggf. auch
wieder stärkere Gewitter zu Folge haben. ICON lässt dagegen einen Höhenrücken
entstehen, so wir zum Freitag eine antizyklonale Lage haben und sich aus dem
Azorenhochkeil eine richtige Hochzelle entwickelt. Wenn diese dann am Freitag
nach Osten abzieht, könnte wieder sehr heiße Luft zu uns gelangen.

Insofern sollte man die Prognosen ab kommenden Mittwoch noch mit Vorsicht
genießen und auf Änderungen der Vorhersagen eingestellt sein. Als Grundlage
verwenden wir heute erstmal IFS.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Im Zeitraum von Mittwoch, 00 UTC bis Freitag, 00 UTC verteilt sich das IFS-EPS
auf insgesamt vier Cluster. Diese sehen allesamt sehr ähnlich aus. Einen
leichten Unterschied kann man noch zwischen C1 (17 Mitglieder, Hauptlauf,
Kontrolllauf?) und C2-4 (insgesamt 34 Mitglieder) ausmachen. C1 zeigt zum
Freitag hin eine Trogachse über Deutschland, was eine westliche Strömung zur
Folge hat. Die übrigen Cluster haben dagegen weiter westlich liegende Trogachsen
mit tendenziell westsüdwestlicher bis südwestlicher Höhenströmung, was natürlich
etwas höheres Temperaturniveau zur Folge hätte. In der erweiterten Mittelfrist
ab Samstag zeigen die drei Cluster weiter Lagen mit westsüdwestlichen
Höhenströmungen, teils allerdings wieder eher antizyklonal, teils eher zyklonal.


Die Analyse der Rauchfahnen des IFS für verschiedene Städte Deutschlands zeigt
im Norden nach einem markanten Temperaturrückgang am Montag nochmal einen
deutlichen Anstieg zum Dienstag. Nachfolgend pendelt sich die Mehrzahl der Läufe
bei 6 bis 9°C in 850 hPa ein, aber mit einzelnen Ausreißern nach oben. Das
Potential bleibt ab der zweiten Wochenhälfte deutlich niedriger. Starke
Niederschlagssignale gibt es am Dienstag/Mittwoch, aber auch in der Zeit danach
gibt es noch Niederschlagssignale. Im Süden fällt die Temperaturdelle am Montag
deutlich geringer aus und das Maximum tritt erst am Dienstag auf, Danach pendelt
sich das Temperaturniveau in 850 hPa bei 11 bis 14°C ein. Auch beim Geopotential
stellt sich aber der zweiten Wochenhälfte ein deutlich niedrigeres Niveau ein.
Nach einer Niederschlagsspitze am Dienstag/Mittwoch sind die
Niederschlagssignale nachfolgend wieder schwach (außer in den Alpen).

Blickt man auf die Rauchfahnen des GFS, sieht man keine großen Unterschiede zum
IFS.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI zeigt wenig überraschenderweise am Dienstag ein deutliches Signal für zu
warme Witterung im Süden, zudem für Wind im Südwesten. Etwas überraschender ist
dagegen das starke Windsignal am Mittwoch im Norden und in der Mitte des Landes.
Der CAPE-Shear-EFI zeigt ein durchaus signifikantes Signal am Dienstag in weiten
Landesteilen.

Gewitter:
Am Montag scheint sich keine allzu große Gewitterlage einzustellen. Dagegen
scheint sich aus aktueller sich am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch
durchaus eine Unwetterlage zu entwickeln. Danach wird es an der Gewitterfront
wieder ruhiger.

Sturm:
IFS-EPS (Lauf von gestern, 12 UTC) und Cosmo-LEPS zeigen am Mittwoch vom Norden
bis zur Mitte geringe Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann