DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-07-2023 17:01
SXEU31 DWAV 021800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 02.07.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Windiger, an der See stürmischer Wochenstart. Ansonsten wechselhaft mit
zunehmenden Modellunsicherheiten.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... hat uns die zyklonale Westlage (Wz) voll im Griff. Auf der Südflanke
eines umfangreichen, aus mehreren hochreichenden Drehzentren bestehenden
Tiefdrucksystems über Nordeuropa hat sich eine flotte Westströmung eingestellt,
die sich heute an der Küste sogar als solider Sommersturm mit Böen 8-9 Bft,
vereinzelt sogar 10 Bft entpuppt hat. Protagonist im Orchester der zahlreichen
Tiefs ist der doppelte, weil zweikernige OTTO über Norwegen, während die anderen
Herrschaften zumindest für unseren Raum nur Randerscheinungen darstellen. Auf
alle Fälle strömt unablässig mäßig warme bis warme Atlantikluft nach Deutschland
(T850 am Montagmorgen zwischen 4°C rund um die Deutsche Bucht bis zu 10°C im
Süden), in der sich das Wetter wechselhaft ohne die ganz großen Niederschläge
gibt.

Im Laufe der Nacht Montag fächert der Gradient leicht auf (im Norden etwas
stärkerer Druckanstieg als im Süden, wo aktuell sogar leichter Fall zu
beobachten ist), was im Verbund mit dem Tagesgang den auf Südwest rückdrehenden
Wind im Binnenland mit Ausnahme weniger exponierter Hochlagen unter die
Warnschwellen zurückgehen lässt. Zwar verliert auch der Sturm an der Küste etwas
an Power (insbesondere dort, wo die ablandige Komponente zunimmt), gleichwohl
muss weiterhin mit Böen 8 Bft, anfangs auch noch 9 Bft gerechnet werden. Hinzu
kommt, dass im Laufe der Nacht in Küstennähe weitere Schauer, vereinzelt sogar
kurze Gewitter durchziehen, die ebenfalls von stürmischen Böen begleitet sein
können.

Ansonsten gibt es nicht viel zu berichten vom Wetter: teils wolkig, teils klar,
Abkühlung auf 16 bis 10°C, in einigen Mittelgebirgen bei längerem Aufklaren
einstellig - das war´s.

Montag ... bleibt die lebhafte Höhenströmung erhalten, dreht allerdings
geringfügig zurück, weil über dem nahen Atlantik ganz gemächlich eine Austrogung
in Gang kommt. Über Südskandinavien hält unser Freund OTTO mit etwas unter 990
hPa die Stellung, wobei der östliche Kern in Richtung Finnland zieht, während
sich der westliche ins norwegisch-schwedische Grenzgebiet orientiert. Gemeinsam
mit einem schmalen, zu den Alpen gerichteten Azorenhochkeil (etwas über 1015
hPa) bleibt ein ansprechender Gradient erhalten, der den Südwest- bis Westwind
mit Unterstützung des Tagesgangs wieder ordentlich in Fahrt bringt. An den
Küsten sowie in exponierten Hochlagen stehen weiterhin Böen 8-9 Bft auf der
Karte. Ansonsten greifen die 7er-Böen weiter nach Süden aus als heute, was sich
auch im heute Abend schon ausgegebenen Warnbild wiederspiegelt.

Weiterhin strömt mäßig warme bis warme Meeresluft vom Atlantik zu uns, in der es
zu rasch wechselnder Bewölkung kommt. Einzelne Schauer und kurze Gewitter
entwickeln sich zunächst vor allem im Norden und Nordwesten, begleitet von Böen
7-8 Bft. Am Nachmittag können dann auch von Ostfrankreich her ein paar
Schauerzellen in den Südwesten schwappen. Die Temperatur erreicht auf den Inseln
sowie in küstennahen Regionen 17 bis 21°C, sonst 21 bis 26°C.

In der Nacht zum Dienstag nähert sich von der Nordsee her ein flacher Randtrog,
der mit einem nicht minder flachen Bodentrog gekoppelt ist. Vorderseitig zieht
schauerartiger, mit einzelnen Gewittern durchsetzter Regen in den äußersten
Norden und Nordwesten. Während der wieder leicht rückdrehende Wind im Binnenland
einmal mehr nachlässt, bleibt er an der See prominent unterwegs mit Böen 7-8
Bft.

Eine weitere Schliere mit potenziellen Schauern und einzelnen Gewittern befindet
im äußersten Süden, wo von Frankreich her feuchtere und etwas labilere Luft
eingeschoben wird. Aktiviert wird die Luftmasse von einer flachen Welle, die
völlig unscheinbar ost-nordostwärts schwenkt und dabei für etwas Hebung sorgt.
Im großen Rest des Landes tut sich bei unterschiedlichen Bewölkungsverhältnissen
nicht allzu viel, sprich, es bleibt im Großen und Ganzen trocken bei 16 bis 8°C
Tiefsttemperatur.

Dienstag ... dreht die Höhenströmung noch etwas zurück auf West-Südwest. Dadurch
wird zunehmend potenziell instabile und feuchte Luft eingesteuert, die aber
nicht überall gleich feucht ist. Vor allem im Süden ist der Wasserdampfgehalt
mit PPWs bis zu 30 mm recht hoch, während das zweite Maximum im Nordwesten mit
bis zu 25 mm etwas niedriger liegt. Dort mangelt es zudem an Einstrahlung,
weshalb aus heutiger Sicht auch nur wenig CAPE generiert wird. Im Süden hingegen
scheint die Sonne öfter, weshalb am Ende mehrere hundert Joule pro Kilogramm für
konvektive Umlagerungen zur Verfügung stehen könnten. Die Frage ist nun, wer
leistet die Auslösearbeit.

Bei aller, immer noch gegebener Modellunschärfe könnte der Ablauf so aussehen,
dass zunächst relativ wenig passiert. Die nächtlichen Reste aus der Nacht
verflüchtigen sich in die vormittägliche Depression, bevor in der zweiten
Tageshälfte die Aktivität zunimmt. Tagesgang und Orografie sorgen im Süden für
erste Überentwicklungen, die in der Basis markant ausfallen. Später kommt von
Westen her ein etwas schärfer geschnittener Randtrog ins Spiel, der aber von den
Modellen noch völlig unterschiedlich simuliert wird. Laut ICON soll er über der
Nordsee auftauchen und im Nordwesten auf seiner Vorderseite schauerartigen Regen
produzieren, in dem sich elektrische Impulse aus den oben genannten Gründen sehr
zurückhalten. Sollte er weiter südlich auftauchen, könnte im Süden konvektiv
deutlich mehr abgehen als aktuell gerechnet wird.

So oder so, im Norden zeichnen sich abermals einige windige, an der Küste auch
stürmische Stunden ab, bevor am Nachmittag eine merkliche Gradientaufweichung
respektive spürbare Windabnahme einsetzt. Thermisch ändert sich wenig mit
Höchstwerten von 23 bis 27°C, im Norden und Nordwesten 18 bis 23°C.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Randtrog, wo auch immer genau,
ost-nordostwärts durch. Folgerichtig kommt es zu schauerartigen Regenfällen und
Gewittern, wo auch immer genau. Leicht favorisiert scheint ein Szenario mit
nördlichem Kurs, wobei vor allem im Norden schauerartiger Regen durchzieht
(passt zur Tagesversion). Was genau weiter südlich passiert, steht noch in den
Sternen. Ganz ohne "Wetter" wird´s wohl aber nicht abgehen.

Mittwoch ... wird es nicht wirklich besser mit dem numerischen Durcheinander.
Okay, unisono wird eine zyklonale West-Südwestlage simuliert, dann hört´s aber
auch schon auf mit den Gemeinsamkeiten. Einigen wir uns auf wechselhaftes Wetter
mit schauerartigen Regenfällen und Gewittern, wo wie auch immer. Der Verfasser
steigt an dieser Stelle entmutigt aus und verweist auf die "Synoptische
Übersicht Mittelfrist" von heute Mittag, die in Sachen Ausführlichkeit keine
Wünsche offenlässt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Es ist alles gesagt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann