DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

30-10-2016 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 30.10.2016 um 10.30 UTC



Übergang in zunehmend nasskaltes Novemberwetter mit ersten Wintergrüßen zunächst
im höheren Bergland.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 06.11.2016


Am Mittwoch... liegt ein kräftiges Höhentief mit seinem Zentrum über dem
Baltikum und beeinflusst große Teile von Nord- und Osteuropa. Achsensenkrecht
darunter befindet sich ein Bodentief mit einem Kerndruck von 992 hPa, dass den
Höhepunkt seiner Entwicklung bereits überschritten hat.

Deutschland liegt rückseitig des Tiefdruckkomplexes in einer lebhaften
nordwestlichen Strömung, die in der Höhe zudem von einem Jetmaximum in 300 hPa
gestützt wird. Die Kaltfront des Tiefs hat ganz Deutschland überquert und
befindet sich zum Mittagstermin über den Alpen. Dahinter strömen Luftmassen
polaren Ursprungs ein, wobei die 850 hPa Temperatur unterhalb von 0 Grad
vorhergesagt wird.

Südlich der Donau fällt in Verbindung mit der Front zunächst noch etwas Regen,
der sich im weiteren Verlauf zum Alpenrand zurückzieht. Dort gerät die Kaltfront
ins Schleifen, sodass der Niederschlag in den Alpen noch länger anhält. Die
Schneefallgrenze sinkt im Verlauf des Tages von 1600 auf 1200 m.

Nördlich der Donau schließt sich ein trockener Streifen an. Für die Nordhälfte
des Bundesgebiet ist die Höhenkaltluft von Interesse (T500: -25 bis -30 Grad).
Das Wettergeschehen gestaltet sich wechselhaft mit zeitweiligen schauerartigen
Niederschlägen. Für Gewitter erscheint die Höhenkaltluft eher noch zu schwach
ausgeprägt. Schleswig-Holstein und die angrenzenden Gebieten können vom
Skandiföhn profitieren.

Aufgrund des recht kräftigen Luftdruckgradienten spielt auch der Wind eine
Rolle, der insbesondere im Osten und Nordosten sowie allgemein im Bergland und
an der See, in Böen teils stark bis stürmisch weht und aus West bis Nordwest
kommt.

Am Donnerstag macht sich über Westeuropa ein kurzwelliger Höhenrücken bemerkbar,
der dort entsprechend für Absinken und die Entwicklung eines Bodenhochs zwischen
Ostfrankreich und Südwestdeutschland führt. In Deutschland überwiegt in der Höhe
allerdings weiter die nordwestliche Strömung, mit der zumeist feuchtkalte
Luftmassen advehiert werden.

Eine Ausnahme bilden erneut Schleswig-Holstein und Teile des Nordwestens, die
weiterhin vom Skandinavienföhn profitieren. Sonst überwiegen die Wolken,
insbesondere über die Mitte. Dieses Maximum an dichten Wolken und häufigen
Schauer, das sich auch gut in der relFeuchte in 700 hPa wiederfinden lässt,
steht wohl vor allem mit einer kurzwelligen Störung im Isohypsenfeld in 500 hPa
in Verbindung.

Rückseitig der Störung kommt nochmal ein neuer Schwall Kaltluft voran, sodass
die 850 hPa Temperatur im Nordosten auf unter -5 Grad sinkt. Entsprechend
verbleiben dort die Maxima auch deutlich im einstelligen Bereich. Die
Schneefallgrenze liegt in den Mittelgebirgen bei etwa 800 m, sodass zumindest in
den Gipfellagen erster Schnee fallen kann.

Am Freitag wandert die Achse des Höhenrückens über Deutschland hinweg. Sie wird
dabei massiv von Warmluftadvektion überlaufen. Dementsprechend macht sich vor
allem im Norden und Westen rasch mehrschichtige Bewölkung bemerkbar, die einen
möglichen Absinkeffekt durch den Höhenrücken zunichtemacht. Im Gegenteil muss
vor allem in der zweiten Tageshälfte rückseitig der Achse des Rückens mit etwas
Regen gerechnet werden.

Am ehesten vom Absinken profitieren kann der Süden des Landes, wo südlich der
Donau die Sonne häufig scheinen kann.

Die 850 hPa Temperatur steigt von Südwesten her an. Dort sind teils über 5 Grad
möglich. Zweistellige Maxima sind entsprechend keine Seltenheit. In Richtung
Nordosten bewegt man sich hingegen weiter deutlich im einstelligen Bereich.

Am kommenden Wochenende greift ein neuer kräftiger und im weiteren Verlauf sich
amplifizierender Trog von Westen kommend auf Mitteleuropa und damit auch
Deutschland über. Dementsprechend kommt ein neuer Schwall Kaltluft polaren
Ursprung in das Bundesgebiet voran. Zudem sorgen die feuchten Luftmassen für
häufige, insbesondere zum Sonntag schauerartig verstärkte, Niederschläge. Von
daher lässt sich das Wochenendwetter mit der Adjektiv "nasskalt" gut
umschreiben.

In der erweiterten Mittelfrist etabliert sich der sich weiter amplifizierende
Trogkomplex über großen Teilen von West- und Mitteleuropa. Mit einer im Verlauf
allmählich auf nördliche Richtung drehenden Höhenströmung verstärkt sich die
Zufuhr der Polarluft. Dadurch macht sich über ganz Deutschland die -5 Grad
Isotherme in 850 hPa breit und im Nordosten klopft zur Wochenmitte sogar die -10
Grad Isotherme an.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die grundlegende mittelfristige Entwicklung wird vom aktuellen ECMW-Lauf ähnlich
gesehen, wie von seinen Vorgängern. Unterschiede ergeben sich vor allem im
Detail. Das betrifft beispielsweise die Ausprägung und das Vorhandensein der
kurzwelligen Störung am Donnerstag, die Durchaus noch Spielraum zulässt.

Zum Ende der Woche werden die Phasenlage der Tröge und Keile sowie ihre
Amplitude etwas konfuser. Der gestrige 12 UTC Lauf zeigte für Freitag einen
wesentlich flacheren Höhenrücken. Dies ist auch beim 00 UTC Lauf von gestern der
Fall. Als Folge wurden deutlich mehr Wolken und Niederschlag prognostiziert, als
nach dem heutigen 00 UTC Lauf.

Der Übergang zur Troglage zum Wochenende wird einheitlich gezeigt, allerdings
wird der Anstellwinkel (eher Nordwest oder Nord) noch verschieden vorhergesagt.
Nach den gestrigen Läufen - insbesondere 00 UTC - wäre die Anströmung eher
flacher aus Nordwest, während der jüngste Lauf die Nordkomponente stärker aufs
Tableau bringt.

Entsprechend ergibt sich noch Spielraum für Temperaturniveau und den genauen
Wetterverlauf am kommenden Wochenende. Dieser Spieltraum nimmt zu Beginn der
Woche nochmal deutlich zunimmt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Mit Beginn der Mittelfrist sind die Prognosen der verschiedenen Modelle ähnlich.
Im weiteren Verlauf ergeben sich die gleichen Unsicherheiten, wie auch beim
modellinternen Konsistenzvergleich. Die kurzwellige Störung am Donnerstag lässt
sich auch im ICON finden. Beim GFS ist die Höhenströmung hingegen eher
antizyklonal konturiert.

Auch beim Rücken am Freitag sind ICON und UKMO auf der Spur des ECMW, wenngleich
seine Achse nach ICON etwas schneller durchwandert und entsprechend
Niederschläge rascher auf Deutschland übergreifen. Dementgegen findet sich der
Rücken bei den Amerikanern kaum wieder. Damit fällt auch der Warmlufteinschub
weitaus schwächer aus und die Niederschläge sind häufiger. Ebenso sieht es GEM.

Die Umstellung auf die Troglage zum Wochenende lässt sich in allen Modellen
wiederfinden. Unsicher ist hingegen noch die Lage der Trogachse bzw. die Frage
wie rasch sich diese ostwärts verschiebt. So zeigen GFS und ICON, dass große
Teile von Deutschland durchaus noch länger vorderseitig des Troges liegen.
Dementsprechend würden die Kaltluftmassen weniger schnell und stark ausgeprägt
auf das Bundesgebiet übergreifen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen zeigen für Offenbach eine gute Konsistenz innerhalb der
verschiedenen Member bis zum Freitag. So verlaufen Haupt- und Kontrolllauf
nahezu identisch und im Bereich des Median. Zum Freitag nimmt die Streuung dann
deutlich zu. Dies ist vor allem der Ausprägung des kurzwelligen Rückens und der
nachfolgenden Trogvorderseite zuzuschreiben. Je nach Stärke der nachfolgenden
Südwestkomponente werden Lösungen für die 850 hPa Temperatur zwischen -2 und + 7
Grad angeboten.

Zum Wochenende ist die Streuung dann außerordentlich hoch mit zwei Ästen, die
eine Bündelung der Member aufweisen. Da ist zum einen der Ast, der der obigen
Beschreibung des operationellen Hauptlaufes folgt und mit dem Kontrolllauf
nahezu identisch verläuft. Demnach kommt es zu einem deutlichen
Temperaturrückgang im 850 hPa Niveau und einen Übergang in eine Troglage. Der
zweite Ast zeigt ein höheres Geopotential und vor allem eine deutliche höhere
Temperatur in 850 hPa. Begründen lässt sich dies mit einer längeren Lage auf der
Trogvorderseite, entgegen der Hauptlauflösung. Erst im weiteren Wochenverlauf
knickt auch der obere Ast ab, sodass eine Passage der Trogachse dann
zwangsläufig erscheint. Dabei bleibt die Streuung weiter hoch.

Das Clustering zeigt für den Zeitraum +120 h bis +168 h (Fr 00 UTC bis So 00
UTC) vier Lösungen. Diese spiegeln die bereits erwähnten Unterschiede wider. Nur
Cluster 1 (18 Member inkl. Hauptlauf) zeigt das komplette Übergreifen des
Troges, während die anderen Cluster Deutschland auf der Trogvorderseite
belassen. Besonders stark vor allem Cluster 2 und 3 mit einer südlichen
Höhenströmung. Insbesondere nach Cluster 2 wäre damit eine markante Südföhnlage
an den Alpen zu erwarten.

Im Zeitraum + 192 h bis + 240 h (Mo 00 UTC bis Mi 00 UTC) werden drei Lösungen
angeboten. In jedem Fall ist damit Trogeinfluss zu erwarten. Allerdings ist die
Art und Weise noch sehr unsicher. Cluster 1 zeigt mit Haupt- und Kontrolllauf
ein Höhentiefzentrum über dem Baltikum mit einer nordwestlichen Strömung. Bei
Cluster 2 würde der Schwerpunkt über West- und Südwesteuropa liegen, sodass sich
in Teilen des Landes eine östliche Strömung einstellen würde. In Cluster 3 liegt
das Zentrum bei den Britischen Inseln, damit würde sich Deutschland mit einer
westlichen bis leicht südwestlichen Strömung eher vorderseitig befinden.

Für das Ensemble des GFS lässt sich Ähnliches formulieren, wie bei ECMW,
wenngleich die milderen und länger trogvorderseitigen Lösungen eher in der
Minderzahl sind.

FAZIT: Von Details abgesehen sind die Mittelfristprognosen bis zum Freitag recht
klar. Danach nehmen die Unsicherheiten rasch zu. Die Hauptunsicherheit lässt
sich mit der Frage nach der Lage der Trogachse des sich entwickelnden
umfangreichen Trogkomplexes begründen sowie mit der Schnelligkeit seiner
Ostwärtsverlagerung. In jedem Fall zeigt der Daumen beim Temperaturnniveau und
in Sachen nasskaltem Wetter eher nach unten, nur wie weit und schnell bleibt
zunächst noch offen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der mögliche Übergang in eine erste teils frühwinterliche Phase verläuft zumeist
frei von markanten Wettererscheinungen. Zu erwähnen ist vor allem noch der Wind,
der am Mittwoch insbesondere nach Osten und Nordosten sowie allgemein im höheren
Bergland und an den Küsten mit starken bis stürmischen Böen aus West bis
Nordwest daher bläst.

Im Anschluss sind warnwürdigen Böen allenfalls in den Gipfellagen der Berge
zeitweise ein Thema. Die Schneefälle am Alpenrand (Mi) und in den Gipfellagen
der Mittelgebirge (Do) sind nur leichter Natur. Wie es in Sachen winterlicher
Warnparameter über das Wochenende hinaus weitergeht, lässt sich aufgrund der
aufgeführten Unsicherheiten zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMW-EPS, MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marcus Beyer