DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

26-06-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 26.06.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft mit zeitweiligen Niederschlägen. Dazu normal temperiert.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 03.07.2023


Am kommenden Donnerstag, der am heutigen Montag den Auftakt der aktuellen
Mittelfristbetrachtung markiert, haben wir es mit einem kräftigen und etwas nach
Norden verschobenen Azorenhoch zu tun. Demgegenüber steht ein Zentraltief bei
Island. So ist die Frontalzone gerade zwischen 50 und 60 N sehr aktiv und
hochbaroklin, so dass in rascher Abfolge Tiefausläufer mit der strammen
westlichen Strömung nach Westeuropa gesteuert werden.

Sobald diese aber Mitteleuropa erreichen, werden sie jedoch recht schnell
ausgebremst. Das liegt an einem steilen Rücken, der sich von Mitteleuropa bis
nach Skandinavien aufwölbt und weiter östlich von einem Cut-Off über
Westrussland flankiert wird. So ergibt sich in Kombination mit einem markanten
Kurzwellentrog über der Biskaya sogar eine omega-ähnliche Konstellation in der
Höhe, die allerdings so kurze Wellenlängen aufweist, dass die sonst so
charakteristische Stabilität nicht unbedingt gegeben ist.

Im Detail greift bereits in der ersten Tageshälfte auf den Nordwesten eine
teilokkludierte Kaltfront mit schauerartigen Regenfällen über. Der Warmsektor
ist vor allem im Süden nach etwas weiter geöffnet, wobei die vorgelagerte
Warmfront bis zum Abend die östlichen Mittelgebirge mit allerdings nur
vereinzelten Tropfen erreicht. Im Warmsektor selbst, wahrscheinlich mit dem
Höhepunkt kurz vor Erreichen der Kaltfront, sollten sich am Nachmittag vom
Westen bis zur Mitte einzelne Schauer und Gewitter entwickeln. Dynamische
Hebung, ML CAPE (bis 500 J/kg) und Scherung sind dabei nicht überbordend, bei
PPW's um 35 mm liegt der Fokus wohl primär auf dem Starkregen als
Begleiterscheinung. Unwetterartige Entwicklungen sind dabei eher
unwahrscheinlich. Im Osten und Süden des Landes bleibt es bei längerem
Sonnenschein in einer ziemlich trockenen Luftmasse noch weitgehend trocken. Zum
Abend steigt allerdings auch über den Bergen im Süden das Schauer- und
Gewitterrisiko allmählich an.

Postfrontal dreht der Wind an der Nordsee auf Nordwest, womit kaum noch 20 Grad
erreicht werden. Sonst wird es landesweit aber wieder ein sommerlicher Tag mit
Höchstwerten zwischen 24 und 29 Grad.

Am Freitag wird das kurzwellige Muster mit der Keilachse über Deutschland
ostwärts abgedrängt und wir gelangen auf die Vorderseite des Höhentroges über
Westeuropa. Dieser zeigt - angekommen über dem Zentralmassiv - Abtropftendenzen,
weshalb die Front über Deutschland zum Erliegen kommt und/oder sogar leicht
rückläufig wird. Der Abtropfprozess wird - nebenbei bemerkt - durch kräftige WLA
über den Britischen Inseln forciert, da südlich von Island ein neues kräftiges
Randtief hineinläuft.

Unter der diffluenten Höhenströmung kann sich über Deutschland eine flache Rinne
etablieren. Nur im Nordwesten ist ein flacher Bodenhochkeil in der kühleren,
stabilen Meeresluft wetterwirksam. Wie weite diese Luftmasse landeinwärts
vorangekommen oder schon wieder zurückgedrängt wurde und ob im äußersten Osten
noch eine trockene gewitterunwillige Luftmasse lagert, ist noch unsicher. Fest
steht jedoch, dass weite Landesteile nach wie vor in schwül-warmer Luft liegen,
deren dynamisch und thermisch begünstigte Hebung zu schauerartigen und teils
gewittrigen Regenfällen führt. Lokale Unwetter, vor allem bezüglich Starkregens,
sind nicht ausgeschlossen. Die Höchstwerte ändern sich kaum.

Am Samstag, zum Monatswechsel, tropft das o.e. Höhentief über dem Alpenraum
Richtung Slowenien ab. Nachfolgend glättet die westliche, wenngleich bei weitem
nicht so stramme Höhenströmung wie über dem Atlantik, über Deutschland etwas
durch. Der Wettercharakter bleibt wechselhaft, da sich die Reste der
schwül-warmen Luftmasse im Osten und Süden nur zögernd ostwärts abdrängen lassen
und nach kurzem Zwischenhocheinfluss bereits von Nordwesten das nächste
okkludierte Frontensystem übergreift. Bezüglich des jeweiligen Timings und der
Ausprägung gibt es noch größere Unschärfen. Je nach Nähe zum Cut-Off kann es an
den Alpen auch längere Zeit und auch kräftig regnen.


Am Sonntag sorgt südwärts gerichtete KLA über Irland für eine Austrogung über
Westeuropa und im Gegenzug zu einer leichten Verschiebung des Azorenhochs
westwärts. Deutschland liegt im Delta der westlichen Höhenströmung unter
schwachem antizyklonalen, wenngleich nicht ganz störungsfreiem Einfluss. So gibt
es bei einem Wechsel aus Sonne und Wolken auch einzelne Schauer oder kurze
Gewitter bei Höchstwerten um 25 Grad.

Daran scheint sich auch zu Beginn der kommenden Woche und mit Übergang in die
erweiterte Mittelfrist nicht allzu viel zu ändern.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der grobe Fahrplan steht und wird recht konsistent simuliert. Kleinere
Unschärfen gibt es vor allem beim Abtropfvorgang von Frankreich über den
Alpenraum zum Balkan (ab Samstag) und bei kleineren Randtrögen in der
aufgefächerten westlichen Höhenströmung. Das hat jedoch teils erhebliche
Auswirkungen auf die Niederschlagsvorhersagen (räumlich, zeitlich und
Intensität). Eine Tendenz oder ein Muster bei den Modellsprüngen lässt sich aber
kaum herausarbeiten. Zumindest jedoch bleibt es wechselhaft mit guten Aussichten
auf Niederschläge.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auffällig ist beim UK10 ein recht starkes Trogresiduum, das am Samstag über
Deutschland ostwärts schwenkt. Es führt letztlich zu einem schnelleren Abdrängen
der feucht-labilen Luftmasse im Osten und Südosten. Sonst sind gegenüber des
Konsistenzfazits auch im Modellvergleich keine neuen Erkenntnisse zu gewinnen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Ein Auf und Ab bei Temperaturen und Geopotential, was für die kurzzeitigen
Front-/bzw. Trogdurchgänge spricht. Alles in allem pendelt sich das
Temperaturniveau aber um die +10°C in 850 hPa ein, sprich bei rund 25 Grad
Höchsttemperatur. Die Unsicherheiten nehmen aber vor allem von Freitag auf
Samstag (Cut-Off + Residuum) deutlich zu.

Frühestens in der erweiterten Mittelfrist Mitte nächster Woche wird die +15°C in
850 und damit die 30°C Marke in 2m im Süden und Südosten wieder zum Thema.

CLUSTER:
Die 2 Cluster im Zeitraum (+120-168h) ähneln sich sehr. Somit stehen die
Vorzeichen fürs Erste auf West überwiegend zyklonal (Wz). Der Cut-Off ist im
zweiten der gleichverteilten Cluster mit deterministischem Lauf im Schlepptau
markanter.

In den Clustern zur erweiterten Mittelfrist zeigt sich übereinstimmend die
Verlagerung des Zentraltiefs zu den Britischen Inseln. Dadurch nimmt über
Deutschland der Südwesteinschlag etwas zu, was vorübergehend zu weniger Schauern
und einer leichten Erwärmung im Süden und Osten führen sollte. Die Frontalzone
bleibt aber vergleichsweise aktiv, so dass es sich wahrscheinlich nur um ein
kurzes Intermezzo handelt. Der Aufbau eines neuerlichen Blockings wird nur im
Cluster 4 von 5 von gerade mal 7 Membern simuliert.

FAZIT:
Weder Hitze noch Trockenheit sind in der heutigen Mittelfristbetrachtung -
sprich bis Anfang nächster Woche - ein Thema. Vielmehr steht ein leicht
wechselhafter Witterungsabschnitt mit gelegentlichen Regenfällen bzw.
gewittrigen Schauern (ohne große Unwettergefahr) und für die Jahreszeit normale
Temperaturen auf der Agenda. Quasi zumindest kurzzeitig: "Ein Sommer, wie er
früher einmal war." Zum Wochenwechsel werden die Schauer seltener.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER:
Scherung und großräumige Dynamik halten sich weitestgehend in Grenzen, eine
überregionale Unwetterlage droht erstmal nicht. Gleichwohl können bei PPW's um
35 mm und teilweise nur geringer Zuggeschwindigkeit beziehungsweise
strömungsparalleler Frontenlage Starkregen bis in den Unwetterbereich nicht
gänzlich ausgeschlossen. Signale in der Numerik respektive Probabilistik sind
aber bislang sehr dürftig.

DAUERREGEN:
Im Laufe des Freitags bis in den Samstag hinein kann es im Zuge des Cut-Off
Tiefs und einer daraus resultierenden Gegenstromlage mit andauernder Hebung an
den Alpen zu einer Dauerregenlage kommen. COSMO-LEPS, IFS-EPS und ICON-EPS
reagieren darauf mit Wahrscheinlichkeiten zwischen 10 und 30%, in Staulagen des
Oberallgäus bis 60% für mehr als 30 l/qm binnen 24 Stunden. Auch der EFI schlägt
dort moderat an mit SOT Überlapp.

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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen