DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-06-2023 07:30
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 26.06.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW a-z

Im Norden Durchzug von Gewittern, nach Osten hin zunehmend. Vor allem im
Nordosten starke Gewitter mit teils schweren Sturmböen. Im Süden nur einzelne
Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... wird eine leicht wechselhafte Wetterperiode eingeleitet. Ausgegend von
einem Langwellentrog bei Island erstreckt sich negativ geneigter Anteils bis in
die Nordsee und schwenkt mit der Südostspitze über Deutschland nach Osten. Damit
verbunden ziehen eine Kaltfront und vorgelagerte Bodenrinne über uns nach Osten.
Da sich das mit dem Trog verbundene PVA Maximum und die kräftige
Kaltluftadvektion, die hinter der Rinne einsetzt, überlagern, wird der
Hebungsantrieb deutlich gedämpft.
Vor allem zwischen Rinne und Front, wo die Luft am feuchtesten ist (PPW bis 40
mm) und sich 1000 J/kg Cape aufbaut, kommt es zu Schauern und Gewittern, deren
Intensität und Wahrscheinlichkeit wegen des Tagesgangs ostwärts zunimmt. Die
ersten Gewitter legen aktuell im Nordwesten los, abends wird der Nordosten
Richtung Polen überquert.
Zwar läuft das Maximum der Scherung der energiereichsten Luft hinterher, dennoch
deutet sich nachmittags über dem Nordosten eine linienhafte Organisation der
Gewitter an. Aufgrund der Dynamik und der trockenen Grundschicht (inverse V
Struktur und Spread bodennah 15K) sind Vorpommern und Ostsachsen Sturmböen 9-10
Bft möglich, auf die es modellseitig deutliche Signale u.a. im ICON D2 und ICON
D2 EPS gibt. Auch mehr als 100 km/h sind nicht ganz ausgeschlossen, hier sollten
beim Nowcasting etwaige Radarstrukturen, Bodensegmente etc. im Auge behalten
werden.
Hagel und Starkregen sind sicher auch mit dabei, sollten sich aber im markanten
Bereich bewegen und hinter den Böen in den Ausmaßen etwas zurücktreten.

In der Südhälfte verläuft der Luftmassenwechsel deutlich entspannter. Die
Strömung ist glatter; es gibt kaum PVA und die Rinne ist weniger markant.
Darüber hinaus ist die präfrontale Luftmasse hier auch trockener, als im Norden.
Die Passage von Rinne und Kaltfront beschränkt sich oft auf Bewölkung und der
Winddrehung auf West bis Nordwest. Davor und danach scheint vielfach die Sonne.

Ab den Mittagsstunden sind dann aus dem südwestlichen Bergland heraus
vereinzelte Gewitter möglich, die über Bayern wegen der Aufheizung zwar etwas
häufiger werden, aber deutlich hinter den Entwicklungen im Nordosten
zurückbleiben. Wegen der trockenen Grundschicht liegt die Basis der Gewitter
hoch, teils über 2000 m. Entsprechend liegt der Fokus auch hier beim Wind, der
in Böen 9 Bft erreicht. Markanter Starkregen und kleinkörniger Hagel (kaum
Scherung) sind auch dabei, die Unwettergefahr ist aber gering.
Hinter der Front wird subpolare Meeresluft zunächst vor allem in die
Nordwesthälfte geführt, wo die Temperatur in 850 hPa auf 6 bis 10°C sinkt. Hinzu
kommt kräftiger Druckanstieg, der sich auch in dem wieder nach Osten
vorstoßenden Hochkeil und stark böig auffrischenden West- bis Nordwestwind
widerspiegelt. Vor allem an der Küste sowie im nahen Binnenland, bedingt aber
auch weiter südlich muss mit Böen 7 Bft, vereinzelt 8 Bft gerechnet werden.

Während in der Südosthälfte gebietsweise mehr als 30°C auf der Karte stehen,
werden es vom Niederrhein bis hoch zur deutsch-dänischen Grenze keine 25°C mehr.


In der Nacht zum Dienstag tropft der Trog zur westlichen Ostsee hin ab. In den
Norden gelangt dadurch höhenkalte Luft (T500 um -22°C), die eine Labilisierung
und einzelne Schauer oder kurze Gewitter bewirkt. Derweil erreicht die Kaltfront
die Alpen, wo sie unter der westlichen Höhenströmung etwas ins Schleifen kommt.
Die Schauer und einzelne Gewitter halten dort noch etwas an, bevor sie in der
zweiten Nachthälfte abklingen.
Die Gewitter im Nordosten sind wahrscheinlich recht schnell vorbei. Dahinter
flutet die subpolare Luftmasse auch den Südosten. Dazu breitet sich der
Azorenhochkeil weiter aus, was in weiten Teilen trockene und zumindest
gebietsweise gering bewölkte Verhältnisse zur Folge hat.
An der Nordostflanke des Keils bleibt im Nordosten ein gewisser Gradient übrig,
der den West-Nordwestwind an der Ostsee so weit antreibt, dass er in Böen Stärke
7 Bft, exponiert 8 Bft erreicht.

Die Temperatur geht in der frischen Luftmasse auf 16 bis 9°C, bei längerem
Aufklaren in einigen Mittelgebirgen bis auf 7°C zurück.


Dienstag... zieht das Höhentief weiter in Richtung Nordpolen, wodurch sich die
höhenkalte und labile Luft (T500 -22°C über T850 +6°C) über große Teile der
Nordosthälfte ausbreitet. Dort steht ein wechselhafter, windiger und ziemlich
kühler, oder mäßig warmer Tag ins Haus. Es bilden sich zahlreiche Schauer und
kurze Kaltluftgewitter mit Böen 7-8 Bft entwickeln. Aber auch abseits der
Konvektion weht an der Nordostflanke des nach wie vor präsenten Azorenhochkeils

ein flotter und böiger West-Nordwestwind mit Spitzen 7 Bft.
Dazu werden bei wechselnder Bewölkung Maxima von 18 bis 22°C gereicht.

Im großen Rest des Landes kann sich der Hochkeil etwas besser in Szene setzen.
In stabilerer Luft ziehen zwar auch immer wieder Wolken durch und die Sonne kann
sich nur vorübergehend durchsetzen, am ehesten noch in Südbaden, es bleibt aber
weitgehend trocken. Die Höchstwerte liegen meist zwischen 21 und 26°C (am
wärmsten im Oberrheingraben).

In der Nacht zum Mittwoch überläuft die Warmfront eines kräftigen nach Island
ziehenden Tiefs den Höhenrücken über Westeuropa, wobei sich deren vorderseitige
WLA von Nordwesten nach Deutschland ausbreitet. Dazu schwenkt ausgehend vom
Höhentief über Polen ein westwärts gerichteter Randtrog von Norden her über uns
hinweg und führt zu zusätzlicher Hebung, die in einem Streifen von NRW bis nach
SE Bayern zeitweilige Regenfälle bringt, die sich an den Alpen vorübergehend
stauen können.

Ansonsten klingen die konvektiven Niederschläge im Nordosten ab und auch der
Wind lässt im Norden und Osten nach. Übrig bleiben nur steife Böen 7 Bft aus
West-Nordwest an der Ostsee.

Es kühlt meist auf 15 bis 8°C ab.


Mittwoch... zieht der Randtrog südostwärts ab, womit auch der
Haupthebungsantrieb im Süden versiegt und die Regenfälle im Süden und Südwesten
nachlassen, beziehungsweise über die Alpen und nach Österreich abziehen. Von
Westen her nähert sich ein bis nach Skandinavien gerichteter Höhenrücken, der
sich vor dem nächsten Frontensystem über Westeuropa kräftigt und dem noch immer
auf der Karte befindlichen Azorenhochkeil in die Karten spielt.

Unter dem Strich ergibt sich ein Tag mit unterschiedlichen
Bewölkungsverhältnissen, wobei die Sonne an den Küsten sowie
im Südwesten prominenter vertreten sein soll. Es bleibt abgesehen vom
abziehenden Regen im Süden bis auf eine geringe Schauerneigung im Osten und
Südosten meist trocken bei Tageshöchstwerten von 19 bis 24, im Südwesten bis zu
26°C.

In der Nacht zum Donnerstag greift die Warmfront eines Tiefs bei Island auf den
Westen über. Se bringt durch WLA starke Bewölkung und leichten Regen. In den
anderen Teilen sorgt Absinken unter dem Höhenkeil für eine gering bewölkte oder
klare und trockene Nacht.
Die Temperatur geht meist auf 15 bis 9°C, unter der WF Bewölkung ist es etwas
milder.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren weitgehend ähnlich. Unschärfen ergeben sich für die
Gewitter am heutigen Tag. Die Bft 11 in den Gewittern sind zwar
unwahrscheinlich, die avisierten 10 Bft sind im Sommer aber auch genug und recht
schadensträchtig.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner