DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-06-2023 07:01
SXEU31 DWAV 250800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 25.06.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
H M, Übergang zu NW z. Heute keine wetterbedingten Gefahren. Am Montag im
Tagesverlauf im Nordosten und Osten sowie aus den Alpen heraus einzelne Gewitter
mit Starkregen und (schweren) Sturmböen; Unwetter wenig wahrscheinlich. Dienstag
im Norden und Nordosten Schauerwetter mit kurzen Gewittern, in Gewitternähe
sowie in exponierten Küstenlagen stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegt Deutschland an der Ostflanke eines Höhenkeils, der sich bis ins
Nordmeer erstreckt. Im Tagesverlauf erreicht dessen Achse den Westen
Deutschlands. Das korrespondierende Bodenhoch verlagert sich unter Abschwächung
in den östlichen Alpenraum und nach Polen, wobei die Luftdruckgegensätze nur
gering sind. Gleichzeitig greift der nachfolgende Trog auf die Britischen Inseln
über. Vorderseitige Hebung lässt im Zusammenspiel mit weiterer Aufheizung eine
flache Tiefdruckrinne entstehen, die bis nach Ostengland vorankommt. In der
wärmsten Luft entwickelt sich eine Konvergenz, die von der westlichen Nordsee
nach Mittelfrankreich reicht. Zwischen dieser Konvergenz und dem sich
abschwächenden Hoch dreht der bodennahe Wind auf Süd bis Ost, was eine
zusätzliche Erwärmung bewirkt. Abgesehen vom Nordosten, wo sich feuchtere Luft
in Form von lockeren Wolkenfeldern bemerkbar macht, erfolgt weitgehend
ungehinderte Einstrahlung. Einem Temperaturanstieg auf 28 bis 33 Grad steht
daher nichts mehr im Wege. Nur im Nordosten, an der Nordsee sowie im
südöstlichen Bergland wird es mit 22 bis 27 Grad nicht ganz so warm.

In der Nacht zum Montag stößt der Trog mit seinem südlichen Teil über die
Britischen Inseln hinweg in die Nordsee vor. Die Achse des wetterbestimmenden
Höhenkeils erstreckt sich ausgangs der Nacht von der Lübecker Bucht in den
Südwesten Deutschlands, d.h. im Nordwesten und Westen Deutschlands dreht die
Strömung auf Südwest. Auf diese Gebiete greift dann auch die Tiefdruckrinne und
mit dieser Rinne feuchtlabile Luft über. Der Nordwesten gelangt an die
diffluente Vorderseite des sich annähernden Troges, positive Vorticityadvektion
induziert über Ostfriesland kräftige Hebung (also weiter westlich, als am Vortag
noch simuliert wurde), die selbst von kräftiger Kaltluftadvektion nicht
kompensiert zu werden vermag. Auch wenn nur wenig CAPE generiert wird, können
sich ausgangs der Nacht vor allem in Ostfriesland sowie am Ems, aber auch in
Nordseenähe und über der Nordsee erste starke Gewitter entwickeln, die mit
stürmischen Böen einhergehen können.
Die anderen Gebiete bleiben von dieser Entwicklung noch unbeeinflusst. Nach wie
vor erfolgt Absinken, aber bedingt durch die vorherige Aufheizung gehen die
Temperaturen nicht mehr so weit zurück wie in der Nacht zuvor. In größeren
Städten West- und Südwestdeutschlands sind Temperaturminima nahe 20 Grad zu
erwarten.

Montag... stößt der o.g. Trog in Richtung Deutscher Bucht vor. Stromaufwärts hat
sich mittlerweile eine relativ glatte Zonalströmung eingestellt. Der bislang
wetterbestimmende Höhenkeil wird nebst korrespondierendem und sich weiter
abschwächenden Bodenhoch nach Osteuropa abgedrängt. Die Tiefdruckrinne, die
diesem Trog vorgelagert ist, überquert bis Mittag bereits weite Teile
Deutschlands und erstreckt sich am späten Nachmittag vom Oderhaff über das
Vogtland hinweg in die Bodenseeregion und kann somit zur tagesgangsbedingt
aktivsten Zeit im Nordosten und Osten ihre volle Wirkung entfalten. Die
Luftmasse hat es in sich; der Gehalt an niederschlagbarem Wasser erreicht im
Nordosten und Osten Deutschlands 35 bis 40 mm und mit einer Schleppe im Bereich
der Tiefdruckrinne bis in den Südwesten Deutschlands hinein 25 bis über 30 mm.
Dank kräftiger Einstrahlung wird viel CAPE generiert, d.h. im Nordosten sind
(MU, KK) 1500 bis 2000 J/kg und nach Südwesten hin immerhin noch über 1000 J/kg
zu erwarten.
Kräftige Hebung kommt durch den übergreifenden Trog ohnehin zustande, so dass
sich im Nordosten und im östlichen Bergland starke Gewitter entwickeln können,
die mit Sturmböen einhergehen. Niedertroposphärische und später auch
hochreichende Scherung ist als Indiz für organisiertere und ggf. staffelartige
Strukturen zu sehen. Für größeren Hagel ist die hochreichende Scherung zu
schwach; genauso ist das Starkregenpotential aufgrund der raschen Verlagerung
der Konvektionszellen limitiert. Unwettergefahr (vor allem durch schwere
Sturmböen) besteht vor allem in Oder- und Neißenähe sowie im Erzgebirgsraum,
dort hält sich die Tiefdruckrinne (und somit die bodennahe Konvergenz, wobei
diese Strukturen zusammenlaufen) bis zum frühen Abend.
Was gegen dieses Szenario spricht, ist die kräftige Kaltluftadvektion, die
bereits am frühen Abend über die Oder hinweg ostwärts übergreift. Hierdurch
ergibt sich auch eine antizyklonale Windscherung, was für die Entwicklung von
Superzellen nicht gerade förderlich ist. Mit der Drehung der bodennahen Winde
auf Nordwest, die unmittelbar nach der Passage der Tiefdruckrinne erfolgt,
sollte die Konvektion alsbald in sich zusammenfallen. Dies ist Mecklenburg
bereits am späten Nachmittag der Fall. Dabei frischt der Wind mit Böen Bft 7
auf, unmittelbar mit Passage der Tiefdruckrinne sind auch ohne Konvektion
einzelne stürmische Böen nicht auszuschließen.
Aber auch über dem südwestdeutschen Bergland und aus den Alpen heraus können
sich, wenn auch mit geringerer Wahrscheinlichkeit, einzelne Gewitter entwickeln.
Dort fällt die Konvektionsbremse Kaltluftadvektion weg. Die nach Südwesten
zurückhängende Tiefdruckrinne bietet durchaus Voraussetzungen für konvektive
Umlagerungen. Allerdings ist in diesen Gebieten das Kondensationsniveau mit 2000
bis 2500 m relativ hoch, zudem fehlen dynamische Antriebe, so dass es für die
Auslösung orografischer Unterstützung bedarf. Starkregen, Sturmböen (aufgrund
der trockenen Grundschicht) und kleinerer Hagel sind in Verbindung mit diesen
Gewittern vorstellbar; für Unwetter sollte es jedoch nicht reichen.
Im Norden und Westen setzt sich rasch trockenere, kühlere und auch stabil
geschichtete Luft durch, bevor mit dem übergreifenden Trog ganz im Norden wieder
eine leichte Labilisierung einsetzt. Kräftige Kaltluftadvektion sollte jedoch in
Nordseenähe die Bildung von Schauern weitgehend unterdrücken.
In der Mitte und im Süden sind nochmals längere sonnige Abschnitte zu erwarten,
wogegen sonst eher rasch wechselnde Bewölkung dominiert. Im Nordwesten und
Westen macht sich mit Höchsttemperaturen zwischen 20 und 25 Grad bereits eine
eher gemäßigte Luftmasse bemerkbar, wogegen sonst in der schwülwarmen Luft 26
bis 32 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Dienstag tropft der o.g. Trog aus, wobei sich das resultierende
Höhentief zur Südspitze Schwedens verlagert. An dessen Südflanke setzt sich auch
über Mitteleuropa eine relativ zonale und zyklonal geprägte west-nordwestliche
Strömung durch. Die feuchtlabile Luft wird vollends nach Osten und Süden
abgedrängt. Reste von dieser Luftmasse stauen sich an den Alpen, so dass dort
zumindest noch in der ersten Nachthälfte weitere konvektiv durchsetzte
Niederschläge, die anfangs noch von Gewittern begleitet sein können, zu erwarten
sind. Starkregenfälle werden dort zusehends weniger wahrscheinlich. Bis
Dienstagfrüh sollten auch dort die Niederschläge weitgehend nachlassen.
Auflebende Konvektion in Form von Schauern ist an der Südflanke des Höhentiefs
und somit im Küstenbereich zu erwarten. Hier wirkt die bereits relativ warme See
konvektionsfördernd. Zudem lässt dort die Kaltluftadvektion nach, so dass der
limitierende Faktor entfällt.
Von Frankreich her stößt ein Bodenhochkeil nach Osten vor. An dessen
Nordostflanke legt der Gradient noch etwas zu, wodurch an der Küste Windböen Bft
7 und an der Ostsee exponiert einzelne stürmische Böen auftreten können. Weiter
im Binnenland ist der Wind jedoch nicht warnrelevant.

Dienstag... verlagert sich das Cut-Off-Tief vor die polnische Küste.
Stromaufwärts beginnt die Strömung erneut kräftig zu mäandrieren. Ein Keil
greift auf die Britischen Inseln über, der sich bis nach Ostgrönland erreicht.
Diesem folgt ein weiterer Trog, der in den mittleren Nordatlantik gelangt.
Für den Norden und Nordosten Deutschlands ist das von der Südspitze Schwedens
südostwärts ziehende Höhentief relevant, das mit dem korrespondierenden
Bodentief eine nahezu achsensenkrechte Lage ergibt. An der Südflanke des
Bodentiefs bleibt ein kräftiger Gradient bestehen. Tagesgangsbedingt frischt im
Norden und in Teilen der Mitte (dort vor allem in den Leegebieten der
Mittelgebirge) der Nordwestwind mit Böen Bft 7 auf. In exponierten Küstenlagen
können einzelne stürmische Böen nicht ausgeschlossen werden.
Im Randbereich dieses Höhentiefs ist die Schichtung labil, CAPE erreicht einige
hundert J/kg und der Gehalt an niederschlagbarem Wasser liegt um 20 mm. Zudem
ist der Tagesgang wirksam, so dass eine rege Konvektion bis hin zu
(wiederholten) kurzen Gewittern in Gang kommt. Vor allem niedertroposphärisch
ist auch etwas Scherung vorhanden, so dass sich zum Teil organisiertere
Strukturen entwickeln können. In Verbindung mit möglicherweise staffelartig
auftretenden Gewittern sind stürmische Böen vorstellbar. Dazwischen sind
mitunter auch sonnige Abschnitte möglich.
In den anderen Gebieten macht sich der Einfluss des sich von Frankreich ostwärts
ausweitenden Bodenhochkeils bemerkbar. Absinken, das zudem durch
Kaltluftadvektion gestützt wird, unterdrückt die Konvektion. Zwar greifen auf
diese Gebiete Sc-Felder über, aber dazwischen und vor allem im Lee der
Mittelgebirge kommen auch größere Auflockerungen zustande.
Gegenüber den Vortagen erfolgt ein merklicher Temperaturrückgang auf Höchstwerte
zwischen 18 und 23 Grad. Lediglich am Oberrhein werden nochmals bis 25 Grad
erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich das Höhentief in den Raum Warschau. Ein
von diesem Tief ausgehender Trog schwenkt in den Süden Deutschlands, so dass
dort schauerartige Niederschläge aufkommen, wogegen im Norden und Nordosten,
abgesehen vielleicht von der Vorpommerschen Küste sowie in Odernähe, die
Konvektion in sich zusammenfällt. Rückseitig stellt sich eine nördliche
zyklonale Strömung ein.
Mit der Verlagerung des Höhentiefs nach Osten und der gleichzeitigen
Abschwächung des Bodentiefs weicht im Norden und Nordosten Deutschlands der
Gradient auf. Während in der ersten Nachthälfte an der Küste noch Böen Bft 7
auftreten können, ist Mittwochfrüh selbst an der Ostseeküste Vorpommerns der
Wind wahrscheinlich nicht mehr warnrelevant. Dabei kühlt es sich spürbar ab, bei
Aufklaren stellen sich einstellige Temperaturminima ein.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann