DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-06-2023 07:01
SXEU31 DWAV 240800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 24.06.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
H M. Erneut hochsommerlich warm. Vorerst keine markanten Wettergefahren. Erst am
Montag im Tagesverlauf im Nordosten und Osten sowie aus den Alpen heraus
einzelne Gewitter mit Starkregen und Sturmböen; Unwetter wenig wahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... gelangt Deutschland unter die Vorderseite eines Höhenrückens, der
sich infolge über dem Nordmeer erfolgender Warmluftadvektion über die Nordsee
hinweg nordwärts ausweitet. Durch diesen Rücken wird ein schwaches, aber
ausgedehntes Hoch über Mitteleuropa gestützt. Der Nordosten wird durch einen in
der nordwestlichen Strömung ablaufenden Kurzwellentrog noch leicht zyklonal
beeinflusst, aber abgesehen von lockeren Wolkenfeldern kann dieser Trog kaum
etwas ausrichten. Die Schichtung ist ohnehin sehr stabil. Etwas Restbewölkung
hält sich auch im äußersten Südosten, aber es bleibt weitgehend trocken.
Ansonsten erfolgt nahezu ungehinderte Einstrahlung, was die Temperatur auf 25
bis 30, im Nordosten, an der Nordsee und im südöstlichen Bergland auf 20 bis 24
Grad steigen lässt.

In der Nacht zum Sonntag wandelt sich der Rücken in einen Keil um, der unter
Verkürzung der Wellenlänge etwas nach Osten vorankommt. Ein nachfolgender Trog
nähert sich bereits den Britischen Inseln. Großräumiges Absinken am Rande des
Keils lässt es größtenteils aufklaren. Nur der Nordosten wird noch von lockeren
Wolkenfeldern gestreift, ohne dass Niederschlag fällt. Auch wenn die
Luftdruckgegensätze gering sind, sollte kaum noch warnrelevanter Nebel
auftreten. Meist sind Tiefsttemperaturen zwischen 16 und 10 Grad zu erwarten, im
Südosten stellen sich einstellige Temperaturminima ein.

Sonntag... erreicht die Achse des Höhenkeils den Westen Deutschlands. Das
korrespondierende Bodenhoch verlagert sich unter Abschwächung in den östlichen
Alpenraum. Der nachfolgende Trog greift im Tagesverlauf auf die Britischen
Inseln über. Vorderseitige Hebung lässt im Zusammenspiel mit weiterer Aufheizung
eine flache Tiefdruckrinne entstehen, die bis zum Ostausgang des Ärmelkanals und
Mittelfrankreich vorankommt. Zwischen dieser Rinne und dem sich abschwächenden
Hoch dreht der bodennahe Wind auf Süd bis Ost, was eine zusätzliche Erwärmung
bewirkt. Abgesehen vom Nordosten, wo sich feuchtere Luft in Form von lockeren
Wolkenfeldern bemerkbar macht, erfolgt weitgehend ungehinderte Einstrahlung.
Einem Temperaturanstieg auf 28 bis 33 Grad steht daher nichts mehr im Wege. Nur
im Nordosten, an der Nordsee sowie im südöstlichen Bergland wird es mit 22 bis
27 Grad nicht ganz so warm.

In der Nacht zum Montag stößt der Trog mit seinem südlichen Teil über die
Britischen Inseln hinweg in die Nordsee vor. Die Achse des wetterbestimmenden
Höhenkeils erstreckt sich ausgangs der Nacht von der Lübecker Bucht in den
Südwesten Deutschlands, d.h. im Nordwesten und Westen Deutschlands dreht die
Strömung auf Südwest. Auf diese Gebiete greift dann auch die Tiefdruckrinne und
mit dieser Rinne feuchtlabile Luft über. Der Nordwesten gelangt an die
diffluente Vorderseite des sich annähernden Troges, positive Vorticityadvektion
generiert in Nordseenähe kräftige Hebung, die selbst von kräftiger
Kaltluftadvektion nicht kompensiert zu werden vermag. Auch wenn nur wenig CAPE
generiert wird, können sich ausgangs der Nacht in Nordseenähe und über der
Nordsee erste starke Gewitter entwickeln, die mit Sturmböen einhergehen können.

Die anderen Gebiete bleiben von dieser Entwicklung noch unbeeinflusst. Nach wie
vor erfolgt Absinken, aber bedingt durch die vorherige Aufheizung gehen die
Temperaturen nicht mehr so weit zurück wie in der Nacht zuvor. In größeren
Städten West- und Südwestdeutschlands sind Temperaturminima nahe 20 Grad zu
erwarten.

Montag... stößt der o.g. Trog in Richtung Jütland-Skagerrak vor. Stromaufwärts
hat sich mittlerweile eine relativ glatte Zonalströmung eingestellt. Der bislang
wetterbestimmende Höhenkeil wird nebst korrespondierendem und sich weiter
abschwächenden Bodenhochnach Polen abgedrängt. Die Tiefdruckrinne, die diesem
Trog vorgelagert ist, überquert bis Mittag bereits weite Teile Deutschlands und
erstreckt sich dann von Rügen über Thüringen hinweg in den Südwesten
Deutschlands und kann somit zur tagesgangsbedingt aktivsten Zeit im Nordosten
und Osten ihre volle Wirkung entfalten. Die Luftmasse hat es in sich; der Gehalt
an niederschlagbarem Wasser erreicht im Nordosten und Osten Deutschlands 35 bis
40 mm und mit einer Schleppe im Bereich der Tiefdruckrinne bis in den Südwesten
Deutschlands hinein 25 bis über 30 mm. Dank kräftiger Einstrahlung wird viel
CAPE generiert, d.h. im Nordosten sind (MU, KK) 1500 bis knapp 2000 J/kg und
nach Südwesten hin immerhin noch über 1000 J/kg zu erwarten.
Kräftige Hebung kommt durch den übergreifenden Trog ohnehin zustande, so dass
sich im Nordosten und im östlichen Bergland starke Gewitter entwickeln können,
die mit Sturmböen einhergehen. Eine gut ausgeprägte niedertroposphärische
Scherung ist als Indiz für organisiertere und ggf. staffelartige Strukturen zu
sehen. Für größeren Hagel ist die hochreichende Scherung zu schwach; genauso
wenig ist das Starkregenpotential aufgrund der raschen Verlagerung der
Konvektionszellen limitiert. Unwettergefahr (vor allem durch schwere Sturmböen)
besteht vor allem in Oder- und Neißenähe sowie im Erzgebirgsraum, dort hält sich
die Tiefdruckrinne (und somit die bodennahe Konvergenz) bis zum frühen Abend.
Was gegen dieses Szenario spricht, ist die kräftige Kaltluftadvektion, die
bereits am frühen Abend über die Oder hinweg ostwärts übergreift. Mit der
Drehung der bodennahen Winde auf Nordwest, die unmittelbar nach der Passage der
Tiefdruckrinne erfolgt, sollte die Konvektion alsbald in sich zusammenfallen.
Dies ist westlich einer Linie Oderhaff - Vogtland - Bodensee bereits am späten
Nachmittag der Fall. Dabei frischt der Wind mit Böen Bft 7 auf, unmittelbar mit
Passage der Tiefdruckrinne sind auch ohne Konvektion einzelne stürmische Böen
nicht auszuschließen.
Aber auch über dem südwestdeutschen Bergland und aus den Alpen heraus können
sich, wenn auch mit geringerer Wahrscheinlichkeit, einzelne Gewitter entwickeln.
Dort fällt die Konvektionsbremse Kaltluftadvektion weg. Die nach Südwesten
zurückhängende Tiefdruckrinne bietet durchaus Voraussetzungen für konvektive
Umlagerungen. Allerdings ist in diesen Gebieten das Kondensationsniveau mit 2000
bis 2500 m relativ hoch, zudem fehlen dynamische Antriebe, so dass es für die
Auslösung orografischer Unterstützung bedarf. Starkregen, Sturmböen (aufgrund
der trockenen Grundschicht) und kleinerer Hagel sind in Verbindung mit diesen
Gewittern vorstellbar; für Unwetter sollte es jedoch nicht reichen.
Im Norden und Westen setzt sich rasch trockenere, kühlere und auch stabil
geschichtete Luft durch, bevor mit dem übergreifenden Trog ganz im Norden wieder
eine leichte Labilisierung einsetzt. Kräftige Kaltluftadvektion sollte jedoch in
Nordseenähe die Bildung von Schauern weitgehend unterdrücken.
In der Mitte und im Süden sind nochmals längere sonnige Abschnitte zu erwarten,
wogegen sonst eher rasch wechselnde Bewölkung dominiert. Im Nordwesten und
Westen macht sich mit Höchsttemperaturen zwischen 20 und 25 Grad bereits eine
eher gemäßigte Luftmasse bemerkbar, wogegen sonst in der schwülwarmen Luft 26
bis 32 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Dienstag tropft der o.g. Trog aus, wobei sich das resultierende
Höhentief zur Südspitze Schwedens verlagert. An dessen Südflanke setzt sich auch
über Mitteleuropa eine relativ zonale, aber leicht zyklonal geprägte
west-nordwestliche Strömung durch. Die feuchtlabile Luft wird vollends nach
Osten und Süden abgedrängt. Reste von dieser Luftmasse stauen sich an den Alpen,
so dass dort zumindest noch in der ersten Nachthälfte weitere konvektiv
durchsetzte Niederschläge, die anfangs noch von Gewittern begleitet sein können,
zu erwarten sind. Starkregenfälle werden dort zusehends weniger wahrscheinlich.
Bis Dienstagfrüh sollten auch dort die Niederschläge weitgehend nachlassen.
Etwas Konvektion in Form von Schauern ist an der Südflanke des Höhentiefs und
somit im Küstenbereich zu erwarten. Zudem lässt dort die Kaltluftadvektion nach,
so dass der limitierende Faktor entfällt. Von Frankreich her stößt ein Hochkeil
nach Osten vor. An dessen Nordostflanke legt der Gradient noch etwas zu, wodurch
an der Küste Windböen Bft 7 und an der Ostsee exponiert einzelne stürmische Böen
auftreten können. Weiter im Binnenland ist der Wind jedoch nicht warnrelevant.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann