DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

23-06-2023 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 23.06.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft, anfangs noch warm bis sehr warm, vor allem ab der Wochenmitte
Temperaturrückgang. Am Montag nochmals Gewitter, im äußersten Osten und Südosten
Unwetter nicht ganz auszuschließen.
__________________________________________________________

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 30.06.2023


Vom Nordatlantik hat sich eine zonal gerichtete Frontalzone über die Britischen
Inseln hinweg bis ins nördliche Mitteleuropa durchgesetzt. Ein darin
eingelagerter markanter Trog stößt über die Nordsee bis nach Südskandinavien
vor. Dessen vorgelagerte Kaltfront greift auf den Nordwesten und Westen
Deutschlands über. Vorderseitig werden im Süden und Südosten vorerst letztmalig
Temperaturmaxima bis 30 Grad erreicht, bevor Schauer und Gewitter der Warmluft
ein Ende bereiten. In Verbindung mit diesen Gewittern sind Sturmböen und
Starkregen bis hin zum Unwetter nicht auszuschließen, wobei die
Wahrscheinlichkeit hierfür im äußersten Osten und Südosten am ehesten gegeben
ist. In der Nacht zum Dienstag arbeitet sich die Kaltfront bis ins Alpenvorland
vor, was an den Alpen die (anfangs noch gewittrigen) Niederschläge noch andauern
lässt. Ansonsten erfolgt Zwischenhocheinfluss, der sich am Dienstag nahezu
landesweit durchsetzt. Der über der Ostsee austropfende Trog bringt im Nordosten
noch etwas Zyklonalität mit sich, so dass sich dort im Tagesverlauf einzelne
Schauer entwickeln.
Am Mittwoch überquert ein schwacher Höhenkeil das Vorhersagegebiet. Dieser wird
durch Warmluftadvektion gestützt, was jedoch über dem Norden und der Mitte teils
mehrschichtige Bewölkung zur Folge hat. Niederschläge, die in Verbindung mit der
Kaltfront eines Sturmtiefs nördlich von Schottland (ja, richtig, zuvor lag dort
wochenlang ein Hoch) stehen, greifen erst zum Abend hin von der Nordsee her auf
den Nordwesten über. Weiter landeinwärts gelangt diese Kaltfront unter
antizyklonalen Einfluss, wodurch sich die Niederschläge in der Nacht zum
Donnerstag abschwächen.
Im Laufe des Donnerstags überquert der von dem Sturmtief nordöstlich von
Schottland ausgehende Trog die Britischen Inseln. Der Höhenkeil zieht nach Osten
ab und es stellt sich eine südwestliche Strömung ein. Kurzwellige Tröge
aktivieren die Kaltfront, die bis in den Mittelgebirgsraum und in den Südwesten
vordringt. Präfrontal sind (je nach Einstrahlung) noch einmal Temperaturen
deutlich über 25 Grad möglich, im Tagesverlauf entwickeln sich dort wie auch im
Frontbereich sowie auch unmittelbar an den Alpen erneut einzelne Gewitter mit
der Gefahr von Sturmböen und Starkregen, wobei dann die Gefahr von Unwettern nur
noch sehr gering ist. Mit der schleifenden Verlagerung der Front in Richtung
Alpen dauern in der Nacht zum Freitag im Südosten die (anfangs noch gewittrigen)
Niederschläge an, wogegen ansonsten Wetterberuhigung erfolgt.
Am Freitag greift ein breiter Trog auf Deutschland über. Dieser bringt im
Nordwesten eine rege Schauertätigkeit mit sich. An den Alpen halten sich noch
Reste der bisherigen Warmluft, was dort zu weiteren und teils gewittrigen
Niederschlägen führt. Im weitaus größten Teil Deutschlands bleibt es trocken.
Die 25 Grad-Marke wird dann nur noch im Süden und Südosten erreicht oder knapp
überschritten. Meist sind dann Höchstwerte zwischen 19 und 24 Grad zu erwarten.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum setzt sich ein Zentraltief
über der nördlichen Nordsee fest. Die Folge ist eine west-südwestliche zyklonale
Strömung. Die Folgen sind dann, abgesehen vom Süden und Südosten, häufigere
Niederschläge, die durch schleifende Fronten zustande kommen. Zu Wochenbeginn
könnte, bedingt durch einen auf die Britischen Inseln übergreifenden Trog, die
Strömung verstärkt auf Südwest drehen, was dann im Süden und Südosten
(Einstrahlung vorausgesetzt) eine erneute Erwärmung zur Folge hätte.
__________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Mittwoch ist der aktuelle Modelllauf im Vergleich mit den
gestrigen Modellrechnungen weitgehend konsistent. Am Donnerstag schwenkt der
Höhenkeil, der am Mittwoch für unser Wettergeschehen maßgeblich ist, rascher
ostwärts als dies die gestrigen Simulationen zeigten. Auch das Sturmtief
nordöstlich von Schottland war gestern noch nicht im Programm. Am Freitag
herrscht dann hinsichtlich der zyklonalen Südwestströmung wieder Einigkeit.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum zeigt neben dem aktuellen auch
der gestrige 00 UTC-Lauf das Zentraltief über der nördlichen Nordsee. Der 12
UTC-Lauf positionierte dieses Tief hingegen über dem Seegebiet knapp südlich von
Island.
__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Mittwoch stützen die verfügbaren Modelle die oben
beschriebene Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin
nicht ableiten. Am Donnerstag greift nach ICON und GFS ein Trog beriets auf
Deutschland über. EZMW, das Modell des kanadischen Wetterdienstes und auch UK10
belassen diesen Trog noch etwas weiter westlich. Bis Freitag stellt sich nach
allen Modellen eine zyklonale West-Südwestlage ein, wobei nach EZMW und auch
nach dem kanadischen Modell die Passage eines breiten Troges treffender wäre.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum liegt nach GFS das Zentraltief
weiter südlich, etwa über den dänischen Inseln, zieht dann aber bis Wochenbeginn
nach Nordosten ab, so dass sich eine westliche Strömung einstellt. Nach dem
kanadischen Modell setzt sich dieses Tief über der südlichen Nordsee fest,
wodurch in weiten Teilen Deutschlands die 20 Grad-Marke nicht mehr erreichbar
wäre. Übereinstimmend zeigt sich bei allen Modellen ein eher wechselhafter
Wettercharakter bei einem gemäßigtem Temperaturniveau.
__________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS hält auch eine west-südwestliche zyklonale Strömung für am
wahrscheinlichsten. Demnach ergibt sich eine Tendenz zu tiefem Geopotential über
dem Seegebiet zwischen Island und Schottland. Für Samstag würde dies
deutschlandweit ein leicht unternormales Temperaturniveau bedeuten, ansonsten
ist dies eher im Nordwesten der Fall. Bemerkenswert ist, dass der Spread nach
Südosten hin deutlich ausgeprägter ist als im Nordwesten, woraus zu schließen
ist, dass im Süden und Südosten auch relativ warme Tage mit Temperaturen bis
knapp an die 30 Grad-Marke nicht auszuschließen sind. Im Südosten sind jedoch
ausgeprägte Signale für CAPE bis über 1000 J/kg zu finden, so dass dort und vor
allem in Alpennähe weiterhin die Gefahr von Gewittern bis hin zum Unwetter
besteht. Allerdings lassen sich keine Indizien für eine ausgewachsene
Schwergewitterlage finden.
Das EPS des EZMW stützt bis etwa Sonntag die oben beschriebene Entwicklung, aber
im Gegensatz zu dieser ist kein eindeutiges Rückdrehen der Strömung auf Südwest
erkennbar. Daher wird auch vom EPS der Temperaturanstieg im Süden und Südosten
zu Beginn der ersten Juliwoche nicht mitgetragen. Zwar werden 4 Cluster
gebildet, aber alle zeigen ein Zentraltief im Raum zwischen Island und der
Nordsee, so dass sich ein durchweg wechselhafter Wettercharakter ergibt. Das
Temperaturniveau dürfte dann im Bereich des langjährigen Mittels liegen.
Deutschlandweit werden Niederschlagssignale gezeigt, wobei es ein bis zwei Tage
am Stück auch trocken bleiben kann. Signale für Niederschlagsereignisse, die der
Trockenheit ein Ende bereiten könnten, lassen sich nicht finden. Das Clustering
gemäß Großwetterlagen trägt die Umstellung auf eine westliche Zirkulation mit.
Während zunächst antizyklonale Nordwestlagen dominieren, erfolgt ab Freitag ein
Übergang zu einer zyklonalen Westlage, die über den Monatswechsel andauert. Die
Luftmasse ist dann eher als gemäßigt zu bezeichnen.
_________________________________________________________

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Montag deutet sich für den Osten und Süden Deutschlands erneut eine
Gewitterlage an. In Verbindung mit diesen Gewittern sind Starkregen und
Sturmböen vorstellbar, in Oder- und Neißenähe sowie im äußersten Südosten sind
Unwetter durch heftigen Starkregen, größeren Hagel und (schwere) Sturmböen nicht
auszuschließen.
Eine ähnliche Situation ergibt sich am Donnerstag, allerdings sind dann Unwetter
eher unwahrscheinlich.
An den anderen Tagen sind keine signifikanten Wettererscheinungen zu erwarten.
________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS(EZMW), anfangs MOS
________________________________________________________


VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann