DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-06-2023 08:01
SXEU31 DWAV 230800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 23.06.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Vorübergehend HM

Über den Nordosten abziehender (Stark-)Regen. Vereinzelt Gewitter. Unwetter
durch Starkregen nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... ist die schwülwarme Gewitterluft der letzten Tage am Morgen schon aus
weiten Landesteilen verdrängt. Reste davon halten sich noch über dem Osten und
Südosten, an der Südflanke unseres Gewittertiefs, das aktuell über
Sachsen-Anhalt und Brandenburg nach Osten zieht. Es zieht tagsüber nach Polen ab
und ist ebenso wie die Gewitterluft somit bald Geschichte. Die Regenfälle und
Gewitter haben örtlich an die 100 l/qm in 24h gebracht.

Auf der Rückseite des Tiefs gelangt über die Nordsee frischere und vor allem
stabilere Meeresluft zu uns, die in 850 hPa Werte um 10°C aufweist. Das Ganze
ist durch den kräftigen Druckgradienten und Druckanstieg begleitet von starken
bis stürmischen Böen über der Landesmitte, die im Tagesverlauf nachlassen und
sich nach Osten verlagern. Der sich von Westen her nähernde und über Frankreich
verstärkende Höhenrücken hat auch zum Aufbau eines Hochdruckgebietes über
Westeuropa geführt, dessen Einfluss sich in den Westen und Südwesten ausweitet
(oder das schon getan hat). Hier scheint längere Zeit die Sonne und die
Temperaturen steigen auf Werte um 25°C.
Die anderen Landesteile dürfen sich noch mit dem abziehenden Tief rumschlagen.
Begleitet von einem kurzwelligen Höhentrog zieht es zwar ab, in der um das Tief
gewickelten Warmluft kommt es aber zu weiteren schauerartigen Regenfällen, die
sich vom Nordwesten (Niedersachsen, NRW) mit ihrem Schwerpunkt eher in den
Nordosten (Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg) verlagern. Dabei muss mit
mehrstündigen, lokal unwetterartigen Starkregenfällen gerechnet werden, auch
wenn insgesamt eine Abnahme der Niederschlagsintensität zu verzeichnen ist.
Hinweise auf Unwetter sind u.a. im ICON D2 EPS zu finden, die Mengen sollten
aber 40l/qm in 6 Stunden zumindest nicht viel überschreiten.
In den Resten der Warmluft über dem Osten wird mangels Einstrahlung und wegen
der fortschreitenden Stabilisierung nur wenig Cape aufgebaut. Einzelne Gewitter
mit Starkregen sind im Nordosten, aber auch im Südosten (Alpenrand) noch
möglich. Auch unwetterartige Entwicklungen sind nicht ausgeschlossen,
beschränken sich aber im Wesentlichen auf kurzzeitigen Starkregen.

Unter den Wolken liegen die Höchstwerte nur noch zwischen 18 und 23°C, ein
Temperatursturz von mehr als 10K in einigen Regionen.

In der Nacht zum Samstag verstärkt sich der Rücken aufgrund beständiger
Warmluftadvektion vor einem Tief südwestlich von Island und wölbt sich Richtung
Norwegische See auf. Das zugehörige Bodenhochdruckgebiet über Frankreich weitet
sich nach Deutschland aus. Die eingeflossene Nordseeluft kommt unter leichtem
Absinken zur Ruhe und die Bewölkung lockert auch nach Osten hin mehr und mehr
auf. Sonst klart es gebietsweise auf.

Die letzten Regenfälle ziehen sich in den Osten und Südosten zurück und klingen
dort auch Richtung Österreich und Tschechien zum Morgen ab. Im Nordwesten macht
sich dagegen Warmluftadvektion, die den Rücken überläuft anhand hoher und
mittelhoher Bewölkung bemerkbar, es bleibt aber meist trocken.

Der Wind nimmt auch im Südosten rasch ab, letzte stärkere Böen sind anfangs im
Bergland zu finden und die Tiefstwerte liegen meist zwischen 16 und 10°C, etwas
kühler wird es noch im Mittelgebirgsraum.


Samstag... kommt der Höhenrücken unter weiterer Verstärkung kaum nach Osten
voran. Mit seiner Achse liegt er über Frankreich und der Nordsee, was uns unter
eine antizyklonale nordwestliche Höhenströmung bringt. Er wird von WLA
überlaufen, die im Norden teils dichte Bewölkung aufziehen lässt, regnen wird es
wahrscheinlich aber nur ganz im Norden leicht.
Das Bodenhoch verschiebt seinen Schwerpunkt allmählich von Frankreich her in die
Mitte Deutschlands. Abgesehen von den Wolken im Norden scheint somit häufig und
für längere Zeit die Sonne bei nur wenigen lockeren Quellwolken oder hoher
Bewölkung.
Kräftige Einstrahlung und Absinken bringen eine niedertroposphärische Erwärmung.
Die 850 hPa-Temperatur steigt bis zum Abend auf 9°C über Vorpommern und 14°C im
Westen und Südwesten. Die Temperatur steigt dabei im 2m Niveau auf 25 bis 31°C,
nur im Norden bleibt es mit 21 bis 25°C weniger warm. Der Nordwest- bis Westwind
lebt ganz im Osten und Norden zeitweise stärker auf, ohne Warnrelevanz, sonst
ist es schwachwindig.

In der Nacht zum Sonntag zieht die Bewölkung der WLA in den Nordosten, sonst
bleibt es unter Hochdruckeinfluss wolkenarm oder klar. Die Tiefstwerte liegen
meist zwischen 16 und 10°C; im Südwesten örtlich darüber, in den Mittelgebirgen
vereinzelt auch mal etwas kühler.


Sonntag... kommt die Achse des Höhenrückens unter weiterer Amplifizierung bis
Mitteleuropa voran. Das Bodenhoch schwächt sich ab und geht in einer schwachen
meridionalen Hochdruckzone auf, die über das östliche Mitteleuropa verläuft.
Unter der Vorderseite eines zu den Britischen Inseln und nach Frankreich
vorstoßenden Troges fällt über Westeuropa der Luftdruck und eine Tiefdruckzone
weitet sich langsam bis Westdeutschland aus.
Die Luftmasse erwärmt sich dabei weiter und labilisiert von Westen her auch
wieder. Ob es dabei aber gerade nach Nordosten hin vereinzelt für Schauer
reicht, wie von einigen Modellen angedeutet wird, muss abgewartet werden. Die
Luft ist dort zwar recht feucht, leichte PVA durch kleinere IPV Maxima wäre zwar
auch vorhanden, die Schichtung ist aber nach der WLA im Vorfeld noch ziemlich
stabil.
Sonst scheint meist die Sonne, die Labilisierung hat unter dem Höhenrücken keine
Folgen, da die Luftmasse gut gedeckelt ist.
Die Temperatur steigt in 850 hPa auf 11 bis 19°C von Nordost nach Südwest und in
der Südwesthälfte sind häufig mehr als 30°C auf der Karte, aber auch sonst wird
es hochsommerlich.

In der Nacht zum Montag rutscht der Trog nach Osten und greift auf Benelux über.
Davor wird die Luft weiter angefeuchtet und es steht zumindest teils etwas MU
Cape zur Verfügung. Die vorgelagerte Kaltfront eines Islandtiefs kann zum Morgen
den äußersten Westen mit Schauern und einzelnen Gewittern erfassen. Das ist zwar
eine undankbare Zeit für Konvektion, möglich wäre es aber immerhin. Ansonsten
bleibt es ruhig und trocken.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der grundsätzliche Ablauf wird von allen Modellen bestätigt. Die Details, z.B.
der Regenfälle bleiben unsicher. Zumindest was deren ungefähre Verteilung
angeht, sind sich die Modelle aber einig. Unwetter durch Starkregen ist, mit
oder ohne Gewitter, heute erneut nicht ganz ausgeschlossen, freilich auf ganz
anderem Level als gestern.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner