DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

21-06-2023 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 21.06.2023 um 10.30 UTC



Nach Hochdruckeinfluss in der kommenden Woche zeitweise wechselhafter. Dabei
phasenweise sommerlich warm bis heiß, dazwischen Abkühlungen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 28.06.2023


Die stark gestörte Höhenströmung bleibt in der ab Samstag beginnenden
Mittelfrist erhalten. Bei einer Wellenzahl von 3 bis 4 kann zwar auch eine
weitere Persistenz erwartet werden, allerdings zeigt EZMW Ende Juni (erweiterte
Mittelfrist) Tendenzen zur Zonalisierung (Großwetterlage Wz am prominentesten
vertreten), was sicherlich hinsichtlich des Siebenschläferzeitraums spannend
wird (die entscheidende Phase dafür sind die 14 Tage ab dem 27. Juni).

Zunächst aber sorgt hohes Geopotenzial im Bereich Nordmeer/Skandinavien am
Samstag für eine Omega-ähnliche Konfiguration, wobei der Trog östlich von uns
über Nordwestrussland liegt und der westliche sich von Grönland bis ins
Seegebiet westlich der Britischen Inseln erstreckt. Dazwischen wölbt sich über
der Nordsee ein Rücken auf, der Verbindung sucht zum Höhenhoch mit Schwerpunkt
über der südlichen Barentssee. Der Rücken stützt ein Bodenhoch mit Zentrum über
Deutschland, wobei warme Luft mit T850 hPa von 10 bis 15 Grad einfließt und
wieder ein sommerliches, im Südwesten lokal heißes Temperaturniveau am Boden
bedingt.

Am Sonntag bekommt das Hoch eine Schwachstelle im Norden, weil der westliche
Trog von Nordwesten her von einem Randtrog umlaufen wird, der die Britischen
Inseln erreicht. Damit kommt die Warmfront eines Tiefs über der Nordsee
inklusiver teils dichterer Bewölkung und möglicherweise schwachen Regenfällen
(die Modelle sind sich nicht einig) in den Norden Deutschlands voran. Im Süden
steigt die T850 hPa im Zuge von WLA bis nahe 20 Grad an, womit wieder häufiger
heiße Tage mit Höchsttemperaturen von 30 Grad und mehr auf dem Plan stehen.

Am Montag schwenkt der Randtrog in die Nordsee weiter, wobei sich dort
nachmittags ein Höhentief aus dem Trog abspaltet. Das Bodentief über der Nordsee
wird damit in die Deutsche Bucht geführt und die Kaltfront kann von West nach
Ost über Deutschland hinwegziehen. Da die Front allerdings von KLA überlaufen
wird, scheint die Wetteraktivität limitiert zu sein. Vor allem nach Norden hin
simuliert EZMW im Bereich stärkerer Hebung durch PVA aber ein paar kräftige
Schauer oder Gewitter, während diese nach Süden hin schwächer ausfallen.
Postfrontal sickert von Nordwesten her kühlere Luft mit T850 hPa von 3 bis 8
Grad ein. In der Nacht zum Dienstag erreicht das Bodentief Norddeutschland. Da
es mit einem kräftigen Gradienten versehen ist, gestaltet sich die Nacht im
Norden möglicherweise recht windig.

Am Dienstag verlagert sich das Höhentief über Norddeutschland hinweg nach Polen,
ihm folgt ein flacher Rücken. Das Bodentief folgt ihm unter Auffüllung dorthin.
Im Zuge dessen gibt es im Norden und Osten schauerartige Regenfälle. Nach
Südwesten hingegen überwiegt Hochdruckeinfluss, mit T850 hPa von 5 bis 10 Grad
ist nur ein moderater Temperaturanstieg erkennbar.

Am Mittwoch gelangt Deutschland mehr und mehr auf die Vorderseite des weiter
über dem Nordostatlantik vorhandenen Trogs. Mi südwestlicher Strömung wird
wieder warme bis heiße Luft mit T850 hPa von 10 bis 18 Grad nach Deutschland
advehiert. Im Nordwesten machen sich dann aber schon Ausläufer eines Tiefs mit
Zentrum über dem Ärmelkanal mit Wolken und möglichen ersten Schauern bemerkbar.
An der Oder kann das Höhentief, nun über Weißrussland angekommen, noch leichte
Impulse liefern und schwache Niederschläge auslösen.

In der erweiterten Mittelfrist ab Donnerstag schwenkt der Trog unter Verkürzung
seiner Wellenlänge und Abtropfung eines Höhentiefs zum zentralen Mittelmeer hin
langsam nach Mitteleuropa. Die Ausläufer des Tiefs über dem Ärmelkanal, das nach
Südnorwegen geführt wird, überqueren dann Deutschland. Erhöhte Baroklinität
spricht für die Entwicklung kräftiger Konvektion, wobei der Trog auch leichte
dynamische Aspekte ins Spiel bringt. Postfrontal gibt es wiederum eine Abkühlung
auf T850 hPa von 4 bis 7 Grad.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis Sonntag sind der heutige und die beiden gestrigen Läufe des EZMW noch in
gutem Einklang. Danach differieren die Lösungen deutlich. Das Bodentief über der
Nordsee im Zusammenspiel mit dem Randtrog bzw. nachfolgend dem Höhentief gab es
in den Vorläufen nicht. Dafür tendierte der gestrige 0 UTC-Lauf zu einer
Zonalisierung, die nun komplett vom Tisch ist (oder verschoben). So ist ein
weiteres Tief in der erweiterten Mittelfrist ab Donnerstag ebenfalls neu im
Programm. Der gestrige 12 UTC-Lauf stellt eine Mittellösung der beiden anderen
Läufe dar. Mit dem neuesten Lauf schwankt das Temperaturniveau stärker und die
Niederschläge verteilen sich zum Teil komplett anders.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Wenig verwunderlich ziehen auch die Globalmodelle ab Montag nicht mehr an einem
Strang. GFS macht sogar die EZMW-Lösung mit dem Nordseetief mit, während UK10,
ICON, GEM, NAVGEM und JMA weiterhin größtenteils an der alten EZMW-Variante des
gestrigen 0 UTC-Laufs festhalten. Vorherige Aussagen gelten im Wesentlichen auch
für den weiteren Verlauf der Mittelfrist. Oft hat EZMW als Trendsetter aber
schon den richtigen Riecher gehabt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Es passt gut ins Bild der Aussagen der vorherigen Abschnitte, dass die
Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für diverse Städte nur bis zum Sonntag eng
gebündelt sind. Danach öffnen sich die Kurven signifikant. Haupt- und
Kontrolllauf schwimmen dabei meist im Median mit, der obiges Szenario mit dem
Auf und Ab bei sowohl T850 hPa als auch beim Geopot 500 hPa nachbildet. Ebenso
wird das Übergreifen des Trogs in der erweiterten Mittelfrist von der Mehrheit
der Member getragen. Das verleiht dem deterministischen Hauptlauf zwar etwas
Sicherheit, bei kleinen Höhentiefs ist aber aufgrund der Konfiguration natürlich
Vorsicht geboten.
Niederschlagssignale finden sich unregelmäßig ab Montag.

CLUSTER:
Die Clusteranalyse braucht im ersten Zeitabschnitt (Samstag/Sonntag) satte 6
Cluster (alle mit Blocking-Regime), um das Ensemble abzudecken. Über
Mitteleuropa drücken sich die Unterschiede allerdings nur in unwesentlichen
Nuancen aus.
Im zweiten Abschnitt (Montag bis Mittwoch) gibt es vier Cluster (mehrheitlich
Blockierung). C2 und C4 (13 bzw. 5 Mitglieder) passen am ehesten zum
deterministischen Lauf (abspaltendes Höhentief). C1 und C3 (24 und 9 Mitglieder)
zeigen das Höhentief dagegen nicht und folglich auch kein Nordseetief. Damit
wird das Höhentief doch etwas infrage gestellt.
Im dritten Zeitfenster (Donnerstag bis Samstag kommende Woche) werden erneut 6
Cluster aufgemacht (Regime etwa gleichverteilt). Die Lösungen besitzen so große
Unterschiede, dass eine ausführliche Diskussion an dieser Stelle ausufern würde.
Zusammengefasst lassen die ersten vier Cluster den Trog übergreifen, was mit der
Mehrheit der Member das Szenario des Hauptlaufs bestätigt.

FAZIT:
Der Hochdruckeinfluss mit der kleinen Einschränkung im Norden bei sommerlichen
bis heißen Temperaturen am kommenden Wochenende ist sicher. Danach ist
zyklonales Geschehen und eine Abkühlung zum Wochenanfang deutlich
wahrscheinlicher als andere Lösungen. Was danach geschieht, wird immer
fraglicher. Derzeit sieht es etwas eher nach einer Rückkehr vorübergehender
Hitze mit baldigem knalligem Ende aus.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


HITZE:
Am Sonntag gibt EFI Signale für überdurchschnittlich hohe Temperaturen im Westen
und Südwesten. MOSMIX zeigt dort passend dazu Höchsttemperaturen von 30 bis 33
Grad.

GEWITTER:
EFI ist bei CAPE und CAPE SHEAR über Deutschland blank. Mit Übergreifen der
Tiefausläufer am Montag/Dienstag können aber durchaus kräftige Gewitter mit
lokalem Starkregen und Sturmböen auftreten.

WIND:
Das im obigen Text erwähnte Windereignis im Norden Deutschlands in der Nacht zum
Dienstag findet im EFI keinen Anklang. Von den Ensembles werden nur Böen der
Stärke 7 an den Küsten angeboten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler