DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

18-06-2023 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 18.06.2023 um 10.30 UTC



Feucht-heiß mit schweren Gewittern, zum Wochenende etwas kühler und
Wetterberuhigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 25.06.2023


Am Mittwoch liegen wir auf der Rückseite der Keilachse und vorderseitig eines
Troges über Westeuropa. Aus Südwesten fließt feucht-warme bis heiße Luft ins
Land. Die ppw liegen verbreitet um 30, im Süden bis 40 l/qm. Am Boden liegt ein
Tief über den Britischen Inseln und der Nordsee. Es verlagert sich
nord-nordostwärts. Die zugehörige Kaltfront schwappt von Westen her rein, bleibt
aber über der nördlichen Mitte liegen. Dabei kühlt die Luft im Nordwesten
Deutschlands in 850 hPa von anfänglich 14 auf 11 Grad ab. Im Süden fließt
ungehindert heiße Luft ein. Am Alpenrand werden am Abend um 20 Grad, sonst in
der Südosthälfte 14 bis 18 Grad erwartet. In der feucht-heißen Luft bilden sich
kräftige Schauer und Gewitter. Aufgrund der ppw durchaus unwetterträchtig. In
der Nacht zum Donnerstag verzieht sich das Tief weiter nach Skandinavien, die
Kaltfront wird rückläufig und das Wetter beruhigt sich kurz.

Allerdings bildet sich über Frankreich ein kleinräumiges Bodentief, das am
Donnerstag von Südwesten her nach Deutschland zieht. Vorderseitig des Trogs über
Frankreich wird weiterhin feucht-heiße Luft zu uns geführt und mit der Hebung
des Tiefs entsteht ein kräftiges Niederschlagsfeld. Bei ppw zwischen 30 und 45
l/qm ist das Tief eine echte Wasserbombe. Die 12-stündigen Niederschlagssummen
erreichen über größeren Gebieten der Mitte und Teilen des Nordens über 50 l/qm.
Das Tief zieht im Tagesverlauf nordostwärts über Deutschland und entsprechend
verteilen sich die Niederschläge.

Am Freitag zieht das Bodentief über Polen ab, allerdings schwenkt der Trog
langsam von Westen her durch. Entsprechend instabil ist die Lage, und Schauer
und einzelne Gewitter sind weiterhin wahrscheinlich. Mit Drehung der
Windrichtung auf West bis Nord fließt etwas kühlere und zunehmend trockenere
Luft ins Land. In 850 hPa liegt die Temperatur nur noch zwischen 8 und 11 Grad.
An den Alpen stauen sich Niederschläge und längerer Starkregen oder auch
Dauerregen ist nicht ausgeschlossen.

In der Nacht zum Samstag und am Samstag selbst dehnt sich das Bodenhoch von
Frankreich her nach Deutschland aus. Ein Tief über Schottland zieht allmählich
in die nördliche Nordsee. Seine Ausläufer bringen etwas feuchtere Luft in den
Westen und Norden des Landes. Der Hochdruck lässt aber kaum Niederschlag zu. Die
Temperatur in 850 hPa steigt aus Südwesten wieder langsam an und erreicht dort
bis zu 13 Grad. Im Osten bleiben noch 9 Grad liegen.

Der Sonntag ist aus heutiger Sicht bestimmt durch hohen Luftdruck über
Mitteleuropa. Ein schwaches Höhentief zieht von Norwegen über die Ostsee
Richtung Baltikum und Polen. Es induziert ein bisschen Hebung und damit etwas
Regen über der Nordhälfte Deutschlands.

In der darauffolgenden Woche ist die Druckverteilung eher flach mit Tendenz zu
Hochdruck. Ausläufer nordatlantischer Tiefdruckgebiete bringen zwar zeitweise
feuchte Luft und ein Höhentief könnte Schauer und Gewitter induzieren, die
Temperatur ist aber sommerlich.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle IFS-Lauf weist im Prinzip keine Ähnlichkeit zum gestrigen 0 UTC
Lauf auf. Die Änderung hat sich schon gestern 12 UTC angedeutet. Ein Bodentief
über der Nordsee zieht deutlich weiter nördlich durch, dafür folgt aus
Frankreich ein Tief mit entsprechender Dynamik. Der Trog über Westeuropa wird
nun schmaler und weniger amplifiziert gerechnet. Dafür bildet sich über
Frankreich ein Höhentief, das am Samstag über Italien abtropft. Die Trogachse
schwenkt am Freitag über Deutschland hinweg. Der nachfolgende Keil aus Südwesten
kann sich am Wochenende schneller durchsetzen. Das Bodenhoch bläht sich mehr auf
und das Tief über der Nordsee hat nun deutlich weniger Einfluss.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Am ersten Tag der Mittelfrist sind ICON, IFS und GFS noch sehr ähnlich. Dann
werden die Unterschiede allmählich größer, wobei IFS und GFS anfangs noch eine
gewisse Ähnlichkeit aufweisen.
Zwischen ICON und IFS bestehen große Unterschiede, was die Lage der Bodentiefs
am Donnerstag angeht. Auch Stärke, Timing und Tiefe des Troges am Freitag sind
unterschiedlich. Die Ausbreitung des Hochdruckeinflusses am Wochenende vollzieht
sich bei IFS wesentlich schneller als bei ICON.
Die Unterschiede zum GFS werden ab dem Wochenende deutlich. Das Zentrum des
Bodenhochs ist auch hier deutlich weiter von Deutschland entfernt. Außerdem
rechnet GFS für Sonntag ein deutlich aktiveres Tief über Südskandinavien,
welches bei IFS schwächer und bei ICON so gar nicht in der Karte ist.
Die erweiterte Mittelfrist ist aus heutiger Sicht wie Lotto: IFS hat ein
Höhentief, GFS eine Keilachse über Deutschland.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse liefert im ersten Zeitschritt (Mittwoch bis Donnerstag) 4
Lösungen mit blockierender Lage, die auf den ersten Blick nur wenig Unterschiede
für Deutschland bereithalten. Dabei liegen Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1
(immerhin 23 Mitglieder). Der interessante Donnerstag wird von der
Clusteranalyse derzeit leider nicht erfasst (zwischen Zeitschritt 1 und 2).
Der zweite Zeitschritt liefert ebenfalls 4 Lösungen und weiterhin eine
blockierende Lage. Allerdings ergeben sich für Deutschland Unterschiede in der
Berechnung des Troges. Haupt- und Kontrolllauf liegen in Cluster 1 mit flachem
Trog und Abtropfen eines Tiefs über Italien. Cluster 3 (immerhin noch 14 Member)
prognostiziert einen schärferen Trog, dafür aber auch einen rasanteren und
größeren Geopotentialanstieg am Wochenende. Cluster 2 ist Cluster 1 ähnlich,
lässt das Tief aber nicht abtropfen, sondern den Trog bestehen und verhindert so
den Geopotanstieg. Insgesamt sehen alle die Besserung am Wochenende, mal
schneller, mal langsamer.

Die Ensembles weisen einen erstaunlich kleinen Spread auf. Wobei sich Haupt- und
Kontrolllauf beim Geopotential deutlich in den oberen Lösungen aufhalten.
Auffällig ist der Temperaturabfall in 850 hPa in der zweiten Wochenhälfte. Im
Norden des Landes geht dieser schleichend ab Mittwoch vonstatten. Nach Süden und
Osten hin ist es ein echter Fall (5-10 K in 12 Stunden) am Donnerstag.
Ab Sonntag nehmen die Unsicherheiten zu, vor allem das Geopotential schwankt
stark. Bemerkenswert ist der Niederschlagspeak am Donnerstag für Orte zwischen
dem Nieder-/Mittelrhein und der Oder/Neiße.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI liefert etliche Signale für signifikantes Wetter in der kommenden Woche.
Sowohl die hohe Wärmebelastung ab Dienstag, als auch die schweren Gewitter
Mittwoch und Donnerstag sowie der heftige Regen am Donnerstag sind im EFI gut zu
sehen. Es ist davon auszugehen, dass sowohl Mittwoch als auch Donnerstag
Unwetterwarnungen vor Gewittern ausgegeben werden. Auch eine extreme
Unwetterwarnung erscheint derzeit wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn