DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-06-2023 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 17.06.2023 um 10.30 UTC



Schwül heiß mit schweren Gewitterentwicklungen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 24.06.2023


Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes am Dienstag befindet sich Mitteleuropa auf
der Vorderseite, eines von Grönland bis nach Marokko erstreckenden und
hochreichendem Langwellentrog. Bei dem an der Ostflanke sehr warme, sehr feuchte
und potenziell instabile Luftmassen Richtung Mitteleuropa geführt werden. In 850
hPa erhöht sich Temperatur auf Werte zwischen 15 und 20 Grad und die PPWs liegen
zwischen 30 und fast 50 mm. Auch CAPE ist mit bis 1500 J/kg recht beachtlich.
Auch wenn der Höhenwind und die Scherung zunächst nicht viel hergeben, sind dies
alles gute Zutaten für eine schwere Gewitterlage. In der Höhe wölbt sich aber
vom Mittelmeer her ein Rücken über Deutschland bis nach Skandinavien auf, was
die Konvektion teils auch unterdrücken sollte. Da aber auch ausgehend von dem
Langwellentrog PVA-Gebiete auf Deutschland übergreifen, gibt es quasi am ganzen
Tag erhöhtes Risiko vor teils schweren Gewittern. Am Abend bzw. in der Nacht zu
Mittwoch nähert sich von Frankreich her ein Randtrog. Ein auf dessen Vorderseite
befindliches Bodentief verlagert sich von Nordwestfrankreich nach Belgien. Der
Höhenwind und auch die Scherung erhöhen sich. Bei den recht niedrigen HKNs sind
auch Tornados nicht auszuschließen. Jedoch stabilisieren sich die Luftmassen auf
der Rückseite des Bodentiefs und es wird rasch CIN aufgebaut. Aber einmal
existierende Superzellen bzw. Gewittercluster könnten auch die ganze Nacht
überleben.

Am Mittwoch verlagert sich der Randtrog über die Nordsee Richtung Skandinavien
hinweg. Dabei wird in der Höhe der Rücken Richtungen Polen abgedrängt. Die
Luftmasse verändert sich dabei quasi nicht über Deutschland, da der Zustrom
feuchtwarmer und instabiler Luftmassen an der Vorderseite des Langwellentroges
weiterhin bestehen bleibt. Auch am Mittwoch sind alle Zutaten für eine
Schwergewitterlage vorhanden. In der Nacht zu Donnerstag greift hinter dem nach
Norden abziehenden Bodentief dessen Kaltfront auf Norddeutschland über.
Postfrontal fließen deutlich trockenere und kühlere Luftmassen ein.

Am Donnerstag bleibt die Luftmassengrenze etwa über der Mitte von Deutschland
liegen. Der Langwellentrog greift allmählich auf Frankreich und in der Nacht zu
Freitag auch auf Deutschland über. Auf der Vorderseite der Trogachse gibt es
starke PVA, höhe Scherung und CAPE, die zumindest in der zuvor eingeflossenen
Luftmasse im Süden/Südosten für schwere bzw. auch extreme Gewitter sorgen
dürften. Mögliche Begleiterscheinungen sind extremer Starkregen, großer Hagel
und Orkanböen.

Am Freitag fließen an der Rückseite des Troges nun bis in den Süden trockene und
deutlich stabilere Luftmassen ein. Die 850 hPa Temperaturen liegen nun
verbreitet um die 10 Grad. Über Westeuropa nimmt das Potenzial zu, wobei der
Trog nur zögernd nach Osten vorrankommt, da der Höhenrücken über Polen ein
rasches Vorankommen nach Osten blockiert. Insgesamt füllt sich aber der
Langwellentrog auf. Im Südosten von Deutschlands hält sich am längsten die
feuchtwarme Luft. Dort sind anfangs weiterhin teils schwere Gewitter nicht
ausgeschlossen.

Am Samstag wölbt sich über West- und Mitteleuropa, zwischen dem nach Osten und
Südosteuropa abgezogenen Langwellentrog und einem neuen atlantischen Trog ein
neuer hochreichender Rücken auf. An dessen Nordflanke sorgen aber
Randtiefentwicklungen über Norddeutschland WLA und PVA für teils starke
Bewölkung oder auch etwas konvektiv verstärktem Regen.

In der erweiterten Mittelfrist nähert sich der atlantische Trog und der Rücken
wird abgebaut, dabei gelangen erneut recht warme und feuchte Luftmassen nach
Deutschland.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Im Gro simulieren die Vorläufe und auch der aktuelle IFS Lauf ein ähnliches
Szenario. Deutschland befindet sich anfangs auf der Vorderseite eines Troges
über Westeuropa, bei dem sehr feuchte, sehr warme und potenziell instabile
Luftmassen herangeführt werden. In der Höhe befindet sich zwar ein Rücken, der
aber durch kurzwellige Randtröge gestört wird. Gebietsweise muss mit einer
starken Wärmebelastung gerechnet werden. Weiterhin werden sich schwere Gewitter
bilden. Auch extreme Gewitter (extrem heftiger Starkregen, großer Hagel und
schwere Sturmböen) sind lokal wahrscheinlich. Im Laufe der Woche soll der Trog
auf Mitteleuropa übergreifen, dabei ergeben sich im Detail größere Unterschiede
in der Geschwindigkeit, wo die Luftmassengrenze sich befindet und wo die
Schwerpunkte der Gewittertätigkeit ist.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im Vergleich mit den anderen Globalmodellen fällt rasch auf, dass zwar alle im
Gro die gleiche Großwetterlage simulieren, Randtroge und dessen
Tiefentwicklungen aber teils deutlich anders vorhersagen. Alle simulieren das
Potenzial für eine anhaltende Schwergewitterlage. Wo die Schwerpunkte sind oder
wann es wieder stabilisiert oder gänzlich abzieht sieht jedes Globalmodel
anders.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


In den Rauchfahnen des ECMWFs befindet sich der Operationelle und auch der
Kontrolllauf im Mittelfristzeitraum etwa im Median der Verteilung. Bis Mittwoch
ist auch der Spread relativ gering, öffnet sich jedoch ab Donnerstag. Ab
kommenden Wochenende ist der Spread sogar sehr hoch. Der operationelle Lauf ist
dabei eher am warmen Rand der Verteilung und hat im Vergleich mit den anderen
Membern eher hohes Geopotenzial.

In der Verteilung beim GFS Ensemble ist quasi das gleiche Bild zu erkennen.

In der Clusteranalyse des ECMWFs im Zeitbereich 120 bis 168h gibt es 3 Cluster,
die mit 18, 17 und 16 Membern nahezu gleichverteilt sind. Der operationelle Lauf
befindet sich in Cluster 2 und der Kontrolllauf ist in Cluster 3. Über
Mitteleuropa kann man zunächst den Rücken gut erkennen, Unsicherheiten werden ab
Freitag mit dem Übergreifen des Troges auf Mitteleuropa und nachfolgend mit dem
Abziehen nach Ost- und Südosteuropa ersichtlich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Quasi im gesamten Mittelfristzeitraums gibt es starke Hinweise auf schwere
Gewitterentwicklungen erst ab kommenden Freitag soll sich die Lage wieder
entspannen, wobei es auch da Lösungen gibt, bei denen die Gewitterlage länger
andauern könnte.

Lokal sind auch extreme Niederschläge in einer oder mehrere Stunden
wahrscheinlich. Auch großer Hagel und schwere Sturmböen sind mögliche Begleiter
der Gewitterentwicklungen. Am Donnerstag sind auch Orkanböen nicht
ausgeschlossen.

EFI:
Sowohl der EFI für CAPE als auch der EFI für CAPE/shear zeigen am kommenden
Donnerstag ein signifikantes Signal für Süddeutschland.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOSMIX, EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christina Speicher