DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-06-2023 08:01
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 17.06.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNa, Übergang zu HFa
Heute in der Nordosthälfte teils kräftige Schauer und Gewitter, lokal Unwetter
durch Starkregen. Am Sonntag eher ruhiger und heißer Übergangstag, ab der Nacht
zum Montag von Südwesten neue kräftige Schauer und Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... ist der schon länger persistente Hochdruckeinfluss weiter auf dem
absteigenden Ast. So ist am südlichen Rand des Hochs ZAYENEH mit Zentren über
dem Nordmeer und der Nordsee von Osten her ein Höhentief im flauen
Geopotenzialfeld nach Deutschland gewandert, dass im Bodendruckfeld nur
andeutungsweise zu erkennen ist und daher die Funktion eines Kaltlufttropfens
besitzt. Weiter westlich hat sich über Frankreich ein Rücken aufgewölbt, der
zunächst nur langsam nach Osten vorankommt und den KLT mit Zentrum an der
Odermündung noch bei uns wirken lässt.
Im Vergleich zum Vortag muss der KLT aufgrund des schwach progressiven Rückens
allerdings schon leichte Einbußen hinsichtlich der räumlichen Verteilung seiner
konvektiven Umlagerungen hinnehmen. So sind Schauer und Gewitter in einem
Bereich zwischen Schleswig-Holstein und dem südöstlichen Bayern sowie östlich
davon zu erwarten, womit die Konvektion etwa 100 bis 150 km weiter östlich
ansetzt als am gestrigen Freitag.
Klopft man die üblichen Gewitterparameter ab, so findet man: schwache, an der
Oder etwas stärkere PVA durch Randtröge, PPW's von 20 bis 27 mm, Labilität mit
Lapse Rates von -0,65 bis -0,75 K/100 m, schwache LLS bis 5 m/s bei leichter SRH
im westlichen Randbereich, recht hohe IPV320 hPa-Werte im KLT, ML-CAPE bis 800
J/kg und Zuggeschwindigkeit der Zelle von etwa 20 bis 30 km/h.
Das reicht in den pulsierenden Einzelzellen natürlich vor allem für Starkregen,
wobei die Wahrscheinlichkeiten nach ICON-D2-EPS für Regenmengen über 15 l/qm in
kurzer Zeit mit bis zu 50 % hoch sind und die für über 25 l/qm in kurzer Zeit
stellenweise noch bis zu 30 % betragen.
Bezüglich des Windes gibt ICON-D2-EPS meist nur Böen der Stärke 7 Bft her, lokal
werden schwache Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen Bft 8 simuliert. Ein
wenig höher ist das Böenpotenzial im östlichen Bayern, dort zeigt das Ensemble
die Möglichkeit für Sturmböen Bft 9. Hintergrund dürfte die in diesen Regionen
trockenere Grundschicht gepaart mit etwas höherer Labilität sein, die zudem im
Randbereich auf die bereits erwähnte leichte Scherung zwischen 0 und 6 km
trifft.
Bei den CAPE-Werten ist allerdings auch mit kleinem Hagel zu rechnen, der sich
in kräftigen Entwicklungen akkumulieren kann (Hagelansammlungen).
In den anderen Regionen reicht es in trockener Luft im Normalfall nicht für
Konvektion, sondern höchstens für Quellwolkenbildung der Gattung Cumulus humilis
oder mediocris. Konvektionsauflösende Modelle wie ICON-D2, UK10 und AROME lassen
es sich aber nicht nehmen, vom westlichen Niedersachsen bis ins nördliche Hessen
schwache Schauer zu simulieren. Super HD hingegen stößt nicht ins gleiche Horn
und belässt es dort trocken.
Am wenigsten Wolken sind im Rheinland und im südlichen Baden-Württemberg zu
erwarten, dort liegt die relative Sonnenscheindauer bei 85 bis 90 %.
Der Wind weht im schwachgradientigem Druckfeld schwach bis mäßig aus West bis
Nord.
Die Temperaturen steigen auf 20 bis 27 Grad in der Nordosthälfte und auf 25 bis
31 Grad sonst.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das Drehzentrum des KLT's in die
westliche Ostsee, sodass es um die PVA bei uns bald nicht mehr gut bestellt ist.
Weil dann auch der Tagesgang fehlt, lösen sich Schauer und Gewitter bis
Mitternacht weitgehend auf.
Ein schwacher Hebungsimpuls ist noch Richtung Ostsee in der Nähe zum Drehzentrum
des KLT's zu verzeichnen, sodass dort bis in die zweite Nachthälfte hinein
schwache Schauer mit 1 bis 7 l/qm auftreten können.
Im Rest des Landes steigt der Luftdruck, weil sich der Rücken weiter anpirscht.
Das beschert den meisten Regionen eine gering bewölkte oder klare Nacht. Im
Westen und Südwesten ziehen jedoch zeitweise schon etwas mehr Wolken auf, die
den Ausläufern eines sich von Frankreich nähernden Tiefs geschuldet sind.
Weil zudem der Wind einschläft, könnten sich im Nordosten bei Abkühlung auf 13
bis 8 Grad lokale Nebelfelder mit Sichtweiten teils unter 150 m bilden. Das gilt
vor allem für Bereiche, in denen es abends zuvor noch länger geregnet hat.
Ansonsten liegen die Tiefstwerte bei 17 Grad ganz im Westen sowie auf einigen
Bergen (Inversion) und bis zu 7 Grad lokal in Bayern. Die meisten können die
Nacht also noch einmal für das Durchlüften nutzen, was - hier bereits
vorweggenommen - in der kommenden Woche wohl schwieriger wird.

Sonntag... macht sich das Höhentief langsam vom Acker, weil es "Druck" bekommt
vom sich weiter nach Osten verlagerndem Rücken. Dieser wiederum bekommt einen
Schub, da ein umfangreiches Höhentief über dem Nordostatlantik ebenfalls ein
leicht progressives Verhalten an den Tag legt. Damit gerät Deutschland auf die
leicht diffluente Vorderseite davon. Während das Höhentief ein nahezu
achsensenkrechtes Pendant am Boden besitzt, führt ein um das Höhentief
herumschwenkender Randtrog ein Teiltief zu den Britischen Inseln. Ebenjenes Tief
sorgte bereits in der Nacht zuvor schon für ein paar mehr Wolken im Südwesten,
und dieser Prozess setzt sich mit weiterem Herannahen der Ausläufer am Tage
fort. So sinkt die relative Sonnenscheindauer im Westen und Südwesten auf 45 bis
70 %. Nachmittags und abends werden zudem bereits die ersten Schauer simuliert,
vor allem in einem Bereich vom Rheinland bis zum Saarland. Vielleicht kommt auch
der Schwarzwald hinzu, zumindest, wenn es nach AROME geht. Zwar wird von den
Modellen durch eine Tiefdruckrinne und Winddrehung auf Südwest sogar eine
Konvergenz angedeutet, ML-CAPE bleibt allerdings noch sehr gering und CIN hoch.
Das dürfte die Auslöse nicht einfach machen, womit mögliche Schauer aufgrund
geringer vertikaler Mächtigkeit noch schwach auf der Brust und häufig ohne
elektrische Aktivität bleiben sollten.
Weiter nach Osten steht mit Durchschwenken des Rückens ein meist heiterer Tag
ins Haus. Der sich auffüllende KLT, der nun als Schlauch von der westlichen
Ostsee bis nach Polen erscheint, will aber noch nicht ganz aufgeben und liefert
schwache PVA an die Ostsee und an die Oder. Dort sind also noch lokale Schauer
oder Gewitter möglich, wobei die PPW's weiterhin über 20 mm betragen und die
Zuggeschwindigkeit nicht allzu hoch ist. Also muss erneut lokaler Starkregen ins
Kalkül gezogen werden, Unwetter sind allerdings nicht mehr so wahrscheinlich wie
am Vortag (aber auch nicht ganz ausgeschlossen).
Der Wind weht schwach bis mäßig aus unterschiedlichen Richtungen.
Die Temperaturen steigen auf 23 bis 30 Grad im Nordosten und auf 29 bis 34 Grad
sonst.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Randtrog Richtung Schottland und treibt das
Teiltief auf eine nordöstliche Zugbahn von den Britischen Inseln langsam in die
Nordsee. Die Ausläufer des Tiefs sowie einige Hebungssignale (PVA) erreichen in
der südwestlichen Strömung folglich Deutschland. Damit breitet sich eine
zunehmend feuchte Luftmasse bei uns aus, die zunächst nur leicht instabil ist.
Die ML-CAPE-Werte steigen auf bis zu 400 J/kg, sehen sich aber einem Deckel mit
CIN-Werten von bis zu 150 J/kg gegenüber. Die Labilität ist bei Werten von-0,55
bis -0,65 K/100 m nicht überragend. Das lässt in der Nacht noch nicht die ganz
große Gewitternummer erwarten, zumal ja auch der Tagesgang fehlt. Bei der
räumlichen Ausbreitung möglicher Schauer und Gewitter sind sich die Modelle
bisher überhaupt nicht einig. ICON-D2 beispielsweise schreitet bereits bis zur
Elbe voran, während beim EZMW etwa zwischen der Nordsee, dem Harz und dem
Bayerischen Wald Ende ist.
Noch durchweg trocken mit größeren Auflockerungen bleibt es aber im Nordosten
(Schleswig-Holstein bis in den Berliner Raum und an der Ostsee). Ebenso bleibt
auch das südöstliche Bayern voraussichtlich verschont.
Der Wind weht schwach bis mäßig aus unterschiedlichen Richtungen, bei Gewittern
frischt er zuweilen etwas auf.
Die Temperaturen sinken auf 20 bis 14 Grad unter den Wolken und auf 16 bis 11
Grad bei größeren Auflockerungen.

Montag... steilt die südwestliche Strömung noch leicht auf, wobei der Rücken mit
seiner Achse aus Deutschland abgedrängt wird. Der Randtrog zieht ins Seegebiet
nördlich von Schottland, das Teiltief folgt ihm dorthin. Die Warmfront/mögliche
vorlaufende Konvergenz des Tiefs können sich im Zuge dessen über Deutschland
weiter nach Nordosten ausbreiten, zudem dringt die Kaltfront von Nordwesten her
nach Deutschland ein.
Hinsichtlich der konvektiven Aktivität gibt es größere Diskrepanzen bei den
Modellen. EZMW bildet einen Schwerpunkt im Warmfront/Konvergenz-Bereich ab, der
sich vom Harz bis nach Bayern erstrecken würde. Bei ICON hingegen ist eher die
Kaltfront vom Südwesten bis zum Harz aktiv, hinzu käme orografische Auslöse an
den Alpen. Außerdem wäre auch der Norden von Gewittern betroffen, was mit der
Lösung des GFS übereinstimmt.
Wo auch immer die Schwerpunkte liegen - der Autor hält die EZMW-Variante für am
wahrscheinlichsten - treffen konvektive Umlagerungen auf leichte PVA, PPW's von
30 bis 40 mm, ML-CAPE von bis zu 1100 J/kg und nur geringe LLS zwischen 0 und 6
km.
Der Organisationsgrad der Gewitter hält sich also in Grenzen, was erneut den
Starkregen in den Fokus rücken lässt. Bei solchen PPW's und Zuggeschwindigkeiten
von 20 bis 30 km/h der Zellen sind beim Starkregen Entwicklungen bis in den
Unwetterbereich wahrscheinlich. Daneben ist mit Hagel mit Korngrößen von 2 bis 3
cm zu rechnen. Beim Wind hingegen reicht es vermutlich nur für stürmische Böen
Bft 8, in kräftigen Entwicklungen für Sturmböen Bft 9.
Geht es nach der Mehrheit der Modelle, bleibt es von Vorpommern bis in die
Lausitz heiter und trocken, GFS hat aber selbst für diese Bereiche schon
konvektive Signale in petto.
Der Wind weht schwach bis mäßig aus West bis Südwest, im äußersten Nordosten
noch aus Ost.
Die Höchstwerte liegen zwischen 23 Grad im Nordosten und 31 Grad im Südwesten.

In der Nacht zum Dienstag verbleiben wir auf der Vorderseite des Höhentiefs in
der südwestlichen Strömung. Das Höhentief wird durch neue Randtröge regeneriert
und dadurch zu einem Trog umgebaut. In der südwestlichen Strömung erreicht in
der zweiten Nachthälfte ein Randtrog Deutschland.
In der ersten Nachthälfte nimmt die PVA zunächst ab, sodass bei fehlendem
Tagesgang die Konvektion zunächst heruntergefahren wird und die Wolken
gebietsweise auflockern.
In der zweiten Nachthälfte schlägt dann aber der Randtrog zurück: Im Westen und
Südwesten kommen neue Schauer und Gewitter auf, die durch kräftige PVA stärker
ausfallen können. Die PPW's bleiben ähnlich hoch wie am Tage und es steht auch
ML-CAPE bis etwa 500 J/kg bzw. MU-CAPE bis fast 1000 J/kg zur Verfügung. Sogar
etwas Scherung und SRH sind zu verzeichnen, was die Lage durchaus spannend
macht. Starkregen, Hagel und Sturmböen sind deshalb auch nachts denkbar und
lokal unwetterartige Entwicklungen nicht auszuschließen.
Der Wind weht abseits von Schauern und Gewittern meist nur schwach aus
unterschiedlichen Richtungen.
Die Tiefstwerte liegen zwischen 18 und 13 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Modellunterschiede treten vor allem ab der Nacht zum Montag zutage und wurden im
vorherigen Abschnitt bereits ausführlich diskutiert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler