DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-06-2023 07:01
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 14.06.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNFa mit zunehmend zyklonalem Einschlag (NEz).
Vor allem in der Osthälfte von Tag zu Tag steigendes Gewitterrisiko, am Freitag
auch markante Entwicklung (bzgl. Starkregen sogar Unwetter nicht
ausgeschlossen). Sonst Andauer der Trockenheit und sommerlich warm.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... dauert die großräumige Blockadelage weiter an. Eine flache, aber
breit angelegte Potenzialbrücke erstreckt sich sichelförmig von Westeuropa über
das Nordmeer und weite Teile Skandinaviens sowie den Westen Russlands bis zum
Ural und wird flankiert von einer weit im Norden verlaufenden Frontalzone. Durch
beständige WLA vorderseitig eines umfangreichen Langwellentroges über dem
mittleren Nordatlantik kann sie sich vor allem in ihrem Nordwestteil über der
Norwegischen See bis zur mittleren Ostsee noch etwas verstärken. Sie stützt eine
Hochdruckzone im Bodenfeld, die sich ebenfalls vom Nordmeer bis weit in den
Westen Russlands erstreckt und an deren Südflanke von Osten her trockene und
warme Festlandsluft in weite Teile des Vorhersagegebietes gelangt. Diese
wiederum wird in ihrem Ostteil, über dem Westen Russlands, etwas abgebaut,
während sie sich über dem Nordmeer verstärkt mit einer geschlossenen 1025
hPa-Isobare über der nördlichen Norwegischen See.
Die das Hoch stützende Potenzialbrücke "umschließt" quasi ein Höhentief mit
Drehzentrum aktuell über Mähren, das sich aufgrund der Blockadewirkung durch die
Brücke nicht nur heute, sondern auch in den kommenden Tagen als ziemlich träge
erweist und sein Drehzentrum im Laufe des heutigen Tages lediglich von Mähren
nach Südostpolen verlagert. An dessen Westflanke werden mit der nördlichen bis
nordöstlichen Höhenströmung kurzwellige Troganteile über das Vorhersagegebiet
hinweg südsüdwestwärts geführt. Aufgrund der beständigen KLA bieten diese aber
keinen nennenswerten Hebungsantrieb. Genaugenommen handelt es sich bei dem
Höhentief um einen Kaltlufttropfen (KLT), da es sich im Bodenfeld nicht durch
ein lokales Druckminimum abbildet. Im Gegenteil - die östliche Bodenströmung
fächert im Vorhersagegebiet gegenüber dem Vortag sogar geringfügig auf. Zwar
weht im Tagesverlauf noch gebietsweise, vor allem in freien Lagen, durchaus
lebhafter Ostwind, aber für Böen mit mehr als Bft 4 bis 5, in freien Lagen und
an der Ostsee vielleicht Bft 6 und in Gipfellagen der Mittelgebirge Bft 7 dürfte
es nicht reichen.
Die Luftmasse ist in der Peripherie des Höhentiefs mit der Erwärmung im
Tagesgang über dem gesamten Vorhersagegebiet zumindest in der unteren, teilweise
auch bis in die mittlere Troposphäre reichend labil geschichtet. Während aber
vor allem über der breiten Westhälfte in etwa 700 hPa eine mehr oder weniger
markante Sperrschicht auszumachen ist, reicht die Labilitätsfläche vor allem von
Ostvorpommern bis nach Ostsachsen teilweise bis über 500 hPa. Zudem wird dort
von Osten her etwa zwischen 900 und 600 hPa feuchtere Luft eingesteuert, die
sich aktuell bereits in Form dichterer Wolkenfelder bemerkbar macht, die von
Polen her dorthin driften. Diese etwas feuchtere Luft kommt gegenüber dem Vortag
etwas weiter nach Westen voran, so dass sich auch dort neben vereinzelten
Wolkenresten vor allem über den Mittelgebirgen auch Quellwolken bilden können.
Für Schauer sollte es aber ab der Mitte westwärts nicht reichen.
Anders dagegen in der Osthälfte. Vor allem von der Uckermark bis zum Erzgebirge,
mit geringer Wahrscheinlichkeit auch in den ostbayerischen Mittelgebirgen ist
mit vereinzelten kurzen Schauern zu rechnen. Im Osten Brandenburgs und in
Ostsachsen können etwa 100 bis 300 J/kg ML-Cape generiert werden, so dass es
dort auch Gewitter geben kann. PPW steigt dort auf knapp über 20 mm und aufgrund
der geringen Zuggeschwindigkeit kann somit ein lokal eng begrenztes
Starkregenereignis nicht ausgeschlossen werden. Die Grundschicht bleibt trocken
und mit dem hohen Spread muss in Schauer- bzw. Gewitternähe auch mit steifen,
vereinzelt mit stürmischen Böen gerechnet werden, ganz vereinzelt tritt
kleinkörniger Hagel auf.
Im übrigen Land bleibt es trocken und vor allem westlich des Rheins sowie ganz
im Norden, an den Küsten und im angrenzenden Binnenland, reicht es nicht einmal
für nennenswerte Quellbewölkung, teilweise bleibt es wolkenlos. Mit dem hohen
Sonnenstand und der ungehinderten Einstrahlung kann sich die Luftmasse vor allem
im Westen und Südwesten wieder kräftig erwärmen, die 850 hPa-Temperatur steigt
in Südbaden bis zum frühen Abend auf etwa 14 Grad, während sie im Nordosten bei
etwa 7 Grad verharrt. Somit liegen die Höchstwerte zwischen knapp über 20 Grad
am östlichen Mittelgebirgsraum bzw. an der Ostsee und 2828, vielleicht 29 Grad
örtlich am Rhein.

In der Nacht zum Donnerstag kommt der KLT über dem Osten Polens nordwärts voran,
so dass die Höhenströmung über Deutschland mehr auf Nord dreht. Dabei setzt über
dem Nordosten des Landes WLA ein, so dass dort mehrschichtige Bewölkung
aufzieht, eventuell reicht es morgens in Odernähe auch für ein paar
Regentropfen. Die Bewölkung kommt in etwa bis zur Elbe voran, weiter südwestlich
fällt die konvektive Bewölkung dagegen im Laufe der Nacht in sich zusammen und
es bleibt vielfach gering bewölkt bzw. wolkenlos. Erneut fällt die Nacht mit
Tiefstwerten zwischen 15 Grad in den Ballungszentren entlang des Rheins bzw. an
den Küsten und 5 Grad bei klarem Himmel in einigen Tälern der östlichen bzw.
ostbayerischen Mittelgebirge und der Alpen (in klassischen Kältelöchern auch
darunter) recht frisch aus.

Donnerstag... wandert der KLT mit seinem Drehzentrum mit nach wie vor stark
eingeschränkter Mobilität zur polnischen Ostseeküste und schlägt abends (in 500
hPa) knapp westlich von Danzig auf. Dabei greift ein etwas schärfer konturierter
Kurzwellentrog von Nordosten her auf das Vorhersagegeiet über und kommt bis in
die mittleren Landesteile voran. Die bisher kompensierende KLA kommt allmählich
zum Erliegen, so dass nun auch im Bodenfeld über dem Vorhersagegebiet schwacher
Druckfall einsetzt.
Vor allem im Nordosten und äußersten Osten, aber auch im Südosten dauert die
Feuchteanreicherung zwischen 800 und 600 hPa weiter an, aber auch in die
Westhälfte können nun vermehrt, allerdings noch immer sehr lockere hohe und
mittelhohe Wolkenfelder vordringen, so dass dort zwar noch immer der sonnige
Eindruck überwiegt, aber nicht mehr komplett wolkenlos bleibt.
Mit einer leichten Abkühlung der mittleren Troposphäre (in 500 hPa auf etwa -17
Grad im Südwesten und -21 Grad im Nordosten) bei nahezu gleichbleibenden 850
hPa-Temperaturen setzt sich die Labilisierung der Luftmasse weiter fort, wobei
im Westen nach wie vor eine recht ausgeprägte Sperrschicht in 650 bis 600 hPa
höher reichende Konvektion verhindert, so dass es dort weiterhin trocken bleibt.
Anders dagegen nach Osten zu, wo die Luftmasse teilweise hochreichend labil
geschichtet ist. Bzgl. konvektiver Umlagerungen könnten dabei mehrere Regionen
im Fokus stehen: Einerseits Teile von Schleswig-Holstein bzw. des nördlichen
Niedersachsens, wo im Bereich einer durch die Land-Seewindzirkulation
generierten Feuchteflusskonvergenz leicht erhöhte ML-Cape simuliert wird. Dort
dürften aber ein "trockener" Fuß sowie eine eher trockene mittlere Troposphäre
konvektionshemmend wirken, so dass es, wenn überhaupt, wohl nur für vereinzelte
Schauer reicht. Auch die Region von Ostvorpommern bis nach Ostsachsen könnte
erneut betroffen sein. Dort findet mit der WLA gegenüber dem Vortag eine gewisse
Feuchteanreicherung statt, die PPW-Werte steigen auf 25 mm oder knapp darüber.
Allerdings bleibt es dort längere Zeit noch stark bewölkt, so dass fraglich ist,
ob und wo genau durch Einstrahlung genügend Cape für nennenswerte Konvektion
generiert werden kann. Dennoch dürfte es bei 200 bis 500 J/kg vereinzelt für
Gewitter reichen. Als Begleiterscheinungen kommen dann mit einer gegenüber dem
Vortag leicht erhöhten Wahrscheinlichkeit vor allem Starkregen, vereinzelt aber
auch stürmische Böen und kleinkörniger Hagel in Frage.
Zu der oben genannten Region, wo Konvektion möglich ist, gesellen sich nun aber
auch der östliche und ostbayerische Mittelgebirgsraum sowie eventuell der
Alpenrand, selbst im Südschwarzwald und in den zentralen Mittelgebirgen hat das
ein oder andere Konvektion erlaubende Modell ganz vereinzelt Schauer bzw.
Gewitter auf der Agenda. Bei kaum vorhandener Scherung ist allgemein von
pulsierenden Einzelzellen auszugehen, die sich mit Hilfe der Orographie zu
kleinen Multizellensystemen organisieren können. Starkregen, steife bis
stürmische Böen (inverted-V in den Prognosesoundings aufgrund der trockenen
Grundschicht) und kleinkörniger Hagel können dabei ganz vereinzelt und lokal eng
begrenzt auftreten, für mehr reicht es (noch) nicht.
An den Höchstwerten ändert sich gegenüber dem Vortag kaum etwas.

In der Nacht zum Freitag kommt der KLT weiter Richtung Odermündung voran. Dabei
verstärkt sich im Nordosten die WLA und die Zufuhr feuchter Luftmassen, vor
allem von Schleswig-Holstein bis nach Brandenburg fällt gebietsweise teils
schauerartig verstärkter Regen, wobei kurze Gewitter nicht ausgeschlossen sind.
Flächendeckend nennenswerte RR-Mengen dürften aber kaum zusammenkommen.
Vorderseitig des nach Süddeutschland wandernden kurzwelligen Troganteils kann es
auch an den Alpen noch längere Zeit Schauer oder kurze Gewitter geben.
Ansonsten fällt eventuell vorhandene Konvektion aber rasch in sich zusammen und
es bleibt weitgehend trocken. Insgesamt verläuft die Nacht überall etwas
bewölkter als die Vornächte, so dass es nicht mehr ganz so stark auskühlt. Meist
liegen die Tiefstwerte zwischen 15 und 8 Grad.

Freitag... wird der KLT in seiner Westverlagerung aufgrund des nach wie vor
blockierenden Höhenrückens über Westeuropa endgültig eingebremst und nistet sich
quasi im Bereich der Odermündung bzw. knapp südlich davon ein. Dabei verbleibt
der gesamte Vorhersagegebereich unterhalb einer leicht zyklonalen nördlichen
Höhenströmung, nach wie vor bieten kleinräumige kurzwellige Troganteile etwas
dynamischen Hebungsantrieb.
Im schwachgradientigen Bodenfeld ist in hoher Auflösung im Tagesverlauf eine
flache Tiefdruckrinne über dem Nordosten des Landes auszumachen, während sich in
den Südwesten ein ebenso flacher Hochkeil schiebt, so dass die Bodenwinde eher
auf Nordost bis Nordwest drehen.
Generell bleibt die Luftmasse bei nahezu unveränderten Temperaturen in 500 und
850 hPa labil geschichtet, vor allem im Nordosten, Osten und Südosten auch
hochreichend. Im Nordosten und Osten findet auch gleichzeitig eine weitere
Feuchteanreicherung statt, so dass die PPW-Werte verbreitet auf über 25 mm
steigen, während sie im Westen und Südwesten dagegen kaum die 15 mm
überschreiten. Dort bleibt die Luftmasse auch bodennah sehr trocken, so dass es
lediglich für einzelne hochbasige Quellwolken, bevorzugt über den
Mittelgebirgen, reicht, es ansonsten aber recht sonnig und vor allem trocken
bleibt.
Je nach Einstrahlung können im Nordosten und Osten, aber auch im Südosten
gebietsweise mehr als 500 J/kg ML-Cape generiert werden. Dort, aber teilweise
auch im zentralen Mittelgebirgsraum ist - getriggert durch die Orographie bzw.
kurzwellige Troganteile - mit konvektiven Umlagerungen zu rechnen. Bei weiterhin
kaum vorhandender Scherung dürften eventuelle Gewitter einen ähnlichen Modus wie
am Vortag aufweisen (pulsierende Einzelzellen, die sich zu kleinen
Multizellensystemen organisieren können). Dabei besteht vor allem im Nordosten
und Osten aufgrund der hohen PPW-Werte ein leicht erhöhtes Risiko für größere
Hagelansammlungen und auch für unwetterartigen Starkregen, am ehesten wohl im
östlichen Mittelgebirgsraum bzw. im Bereich lokaler Feuchteflusskonvergenzen.
Ansonsten ähneln die Begleiterscheinungen aber jenen des Vortages. Regionale
Schwerpunkte der konvektiven Aktivität lassen sich aktuell aber kaum ausmachen.
Insgesamt zeigt sich die Sonne nun auch in den mittleren Landesteilen wohl etwas
seltener als in den Vortagen, so dass es dort wohl nicht mehr ganz so warm wird,
während sich im Westen wohl kaum etwas ändert.

In der Nacht zum Samstag bleibt das Höhentief bzw. der KLT nahezu quasistationär
im Bereich der Oder liegen. Dabei bleibt an dessen Westflanke permanent ein
schwacher Hebungsantrieb aufrecht, so dass die konvektive Aktivität von
Ostholstein bis nach Sachsen bzw. Thüringen und östlich davon nur langsam zum
Erliegen kommt. Gebietsweise kann es dort auch noch bis weit in die zweite
Nachthälfte hinein Schauer, vereinzelt Gewitter geben.
Ansonsten fallen eventuelle Schauer und Gewitter aber alsbald in sich zusammen,
vor allem im Westen und Südwesten verläuft die Nacht gering bewölkt. Sollten die
Wolken innerhalb der feuchten Luft im Nordosten stärker auflockern, kann sich
Nebel bilden. Die Tiefstwerte ändern sich gegenüber der Vornacht kaum.

Modellvergleich und -einschätzung
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Modellunterschiede lassen sich im Kurzfristzeitraum großräumig keine ausmachen,
selbst Position und Zugbahn des Kaltlufttropfens werden sehr ähnlich simuliert.
Für den morgigen Donnerstag, vor allem für den Freitag lassen sich Schwerpunkte
konvektiver Aktivität noch nicht wirklich ausmachen, dennoch stehen spätestens
am Freitag bzgl. Starkregen lokal eng begrenzt durchaus auch markante Ereignisse
auf der Agenda. Bzgl. Unwetterpotenzial sollte der Ball aber noch sehr flach
gehalten werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff