DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-06-2023 16:01
SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 13.06.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Osthälfte leicht ansteigendes Gewitterrisiko, am Freitag im Osten lokale
Starkregen-Unwetter möglich. Sonst Fortdauer des ruhigen, oft sonnigen und vor
allem trockenen Wetters.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... und in der kompletten Kurzfrist setzt sich die Blockadelage fort.
Die verantwortliche ausgedehnte Hochdruckzone erstreckt sich vom Europäischen
Nordmeer über weite Teile Skandinaviens bis nach Nordwestrussland. Der sie
stützende Höhenrücken reicht über die Britischen Inseln und die Norwegische See
bis zum Finnischen Meerbusen, wobei sich zwei Hochschwerpunkte über Schottland
und Mittelschweden abzeichnen. Vorderseitig eines abtropfenden Langwellentroges
über dem Nordatlantik wölbt sich über Westeuropa ein Rücken auf, der Kontakt mit
dem Höhenhoch über Schottland aufnimmt. Die resultierende, von Südwest- über
West- bis nach Nordeuropa reichende, sichelförmige "Potenzialbrücke" wird
flankiert von einem umfangreichen Kaltlufttropfen (KLT), der sich mit seinem
Kern nur sehr langsam vom Riesengebirge nach Mähren verlagert. Summa summarum
ergibt sich daraus eine überaus stabile Blockierung der Marke "High-over-Low".

Die Zirkulation des KLTs reicht zwar bis zu uns nach Deutschland, der zyklonale
Einfluss in der Höhe entfaltet durch überlagernde, kräftige KLA an der
Westflanke des KLTs aber kaum Wirkung, zumeist dominiert großräumiges Absinken.
Im Bodenfeld dreht die Strömung durch großräumigen Luftdruckanstieg über
Westeuropa von Ost auf Nordost. Die herangeführte Luftmasse ist ehemals
arktischen Ursprungs, auf ihrem langen Weg über Nordost- und Osteuropa um das
blockierende Hoch herum aber stark erwärmt. Dennoch macht sich auch
niedertroposphärisch KLA bemerkbar, sodass die Temperaturen auf 850 hPa auf 11
Grad im Südwesten und 5 Grad im Nordosten zurückgehen.

In den Osten wird vor allem zwischen 900 und 700 hPa etwas feuchte Luft
herangeführt, bodennah ist die Luft allerdings weiterhin ziemlich trocken
(Taupunkte zumeist im einstelligen Bereich). Dennoch konnten sich mit dem
Feuchteeintrag neben mittelhohen Wolkenfeldern unterhalb der absinkbedingten
Sperrschicht auch Quellbewölkung bilden. Rund um das ostsächsische Bergland war
die labile Schichtung hochreichend genug, dass es am Nachmittag sogar für
einzelne Schauer und Gewitter gereicht hat. Die Konvektion fällt am Abend
mangels Antriebes aber rasch in sich zusammen, sodass im Osten, teils auch im
Südosten nur einige lockere Wolkenfelder übrig bleiben.

Im Norden, Westen und Süden, wo die Luft generell sehr trocken ist und es selbst
tagsüber kaum für Quellwolken gereicht hat, verläuft die Nacht meist klar. Ein
schwacher Low-Level-Jet im Südwesten bringt den höchsten Schwarzwaldgipfeln
eventuell noch einzelne starke bis stürmische Böen Bft 7-8.

Die Tiefsttemperaturen liegen meist zwischen 13 und 7 Grad.

Mittwoch ... wird der KLT weiterhin von der sichelförmigen Potenzialbrücke über
West- und Nordeuropa blockiert und verlagert sich nur sehr langsam von Mähren
nach Südpolen. Der Rücken über West- und Südwesteuropa intensiviert sich und
sorgt über Westeuropa weiterhin eher für leichten Luftdruckanstieg. Das
blockierende Hoch mit Schwerpunkt über dem Nordmeer kann sich dadurch weiter
nach Südwesten ausdehnen, aber noch nicht ganz Tuchfühlung mit einem
Azorenhochkeil aufnehmen kann. Die Strömung über Deutschland ist bodennah damit
weiterhin eine nordöstliche. Der zyklonale Einfluss des KLT in Form kurzwelliger
Tröge in der Höhe wird weiterhin durch KLA kompensiert, sodass Absinken
großräumig dominant bleibt. Damit und durch Einstrahlung kann sich die Luftmasse
niedertroposphärisch wieder etwas erwärmen auf 8 Grad im Nordosten und 13 Grad
im Südwesten im 850-hPa-Niveau.

Die Feuchtezufuhr vor allem zwischen 900 und 600 hPa hält an und weitet sich
weiter nach Westen aus. Neben einigen mittelhohen Wolkenfeldern bilden sich
unterhalb der meist zwischen 750 und 650 hPa befindlichen Absinkinversion wieder
Quellwolken aus, die sich Vergleich zum Vortag weiter nach Westen ausdehnen. In
Teilen des Ostens zeigt sich in den Prognosesoundings des ICON6 teilweise eine
schmale, aber hochreichende Labilitätsfläche. Darauf reagiert das Modell (wie
auch andere globale und regionale) mit verstärkter Schauertätigkeit, bevorzugt
in Teilen Brandenburgs, Sachsens sowie in den ostbayerischen Mittelgebirgen.
Auch einzelne Gewitter können nicht ausgeschlossen werden. Den Zellen stehen
allerdings nur wenige Hundert J/kg ML-CAPE zur Verfügung. Bei schwacher Scherung
und PPWs von immerhin 20 bis 25 mm im Osten kann aber ein lokales
Starkregenereignis nicht ausgeschlossen werden. Ferner sind steife, im "worst
case" stürmische Böen möglich.

Von der Feuchtezufuhr noch weitestgehend ausgenommen ist der äußerste Süden und
Südwesten sowie das Küstenumfeld. Dort reicht es kaum für Quellwolken, meist
scheint die Sonne wieder von früh bis spät.

Die Höchsttemperaturen liegen, auch bedingt durch die etwas verminderte
Einstrahlung, mit 20 Grad im östlichen Bergland und 28 Grad am Rhein nochmal
geringfügig tiefer als am Vortag.

In der Nacht zum Donnerstag kommt im Nordosten und Osten an der Nordflanke des
KLTs schwache WLA auf, womit auch eine hochreichendere Anfeuchtung der Luftmasse
verbunden ist. Infolgedessen zieht mehrschichtige Bewölkung auf, aus der es
Richtung Oder und Neiße in den Frühstunden leicht regnen kann. In der
Südwesthälfte fällt die flache Konvektion in sich zusammen und es klart auf. Die
Luft kühlt ab auf 12 bis 6 Grad.


Donnerstag ... liegt der KLT mit weiterhin äußerst eingeschränkter Mobilität
über Polen. Ein etwas besser konturierter kurzwelliger Troganteil schwenkt dabei
in den Nordosten und Osten Deutschlands. Da die KLA zum Erliegen kommt, bedingt
er leichten Luftdruckfall. Zugleich steigt der Luftdruck durch den sich weiter
kräftigenden Rücken über Westeuropa noch etwas an, wodurch das mit Schwerpunkt
über dem Nordmeer befindliche blockierende Hoch endgültig Verbindung mit einem
Azorenhochkeil aufnehmen kann. Am Rande der resultierenden, über die Biskaya
verlaufenden Hochdruckbrücke dreht die bodennahe Strömung über Deutschland auf
Nordost bis Nord. Ein Luftmassenwechsel ist damit aber nicht verbunden, T850
liegt recht konstant bei 6 bis 13 Grad.

Die feuchteste Luft liegt weiterhin über dem Osten und Südosten sowie über dem
äußersten Norden, wo sich eine schwache Feuchtekonvergenz abzeichnet. Da die
Schichtung leidlich, aber hochreichend labil ist und das Absinken als Hemmschuh
nicht mehr nennenswert ins Gewicht fällt, steigt die Wahrscheinlichkeit für
konvektive Umlagerungen. Fraglich ist dennoch, wo es für Auslöse tatsächlich
reicht. Ein Streifen von Vorpommern bis nach Sachsen sowie generell das östliche
und ostbayerische Bergland scheinen aber im Fokus zu stehen für Schauer und
etwaige Gewitter. Allerdings gilt abzuwarten, ob mehrschichtige Bewölkung den
Aufbau von CAPE nicht verhindert. GFS betont zudem die Konvergenz über dem
Norden (Schleswig-Holstein bis nach Ostniedersachsen), was aber an zu hohen
Modelltaupunkten liegt. Dennoch sollte man auch dort einzelne Schauer nicht
ausschließen. An den grundlegenden Zutaten ändert sich im Vergleich zum Vortag
wenig, lokale Starkregenereignisse sind ins Kalkül zu ziehen, stürmische Böen
(trockene Grundschicht; inverted-V) nicht auszuschließen.

In den übrigen Regionen ist die Konvektion wieder unterhalb 600 hPa gedeckelt,
sodass es nur bei harmlosen Quellwolken oder Altocumulus-Feldern bleibt.
Ungestörter Sonnenschein ist aber erst einmal passé.

Das Temperaturniveau ändert sich dennoch wenig, die Höchstwerte liegen zwischen
20 Grad im Erzgebirge und 29 Grad am Niederrhein.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der kurzwellige Trog in den Süden und
begünstigt auch an den Alpen einzelne Schauer. Im Osten und Nordosten verstärkt
sich die WLA und Zufuhr feuchter Luft, dort ist aus dichter, mehrschichtiger
Bewölkung gebietsweise schauerartiger Regen möglich, auch einzelne eingelagerte
Gewitter mit lokalen Starkregen sind nicht ausgeschlossen.

Ansonsten verläuft die Nacht trocken, aber insgesamt etwas wolkiger als die
Vornächte. Somit kühlt es in einigen Regionen nicht mehr ganz so stark ab, mit
Tiefstwerten zwischen 15 und 8 Grad wird es aber dennoch angenehm frisch.


Freitag ... nimmt der KLT eine elliptische, meridional orientierte Form an mit
zwei Drehzentren über Nordpolen und Tschechien. Zwischen dem KLT-Dipol und dem
westeuropäischen Rücken liegt Deutschland unter einer zyklonalen, nördlichen
Höhenströmung. Im Bodenfeld verbleiben wir zwischen der Hochdruckbrücke über
Westeuropa und tieferem Luftdruck über Osteuropa in einer nördlichen Strömung.

Im Westen und Südwesten, wo weiterhin eine etwas trockenere Luft liegt sowie im
Küstenumfeld in stabilerer Seeluft passiert relativ wenig, von ein paar lockeren
Wolkenfeldern und Quellwolken abgesehen, steht ein weiterer, recht freundlicher,
aber vor allem trockener Tag ins Haus.

Ansonsten ist in feuchter, hochreichend labiler Luft mit einigen konvektiven
Umlagerungen zu rechnen, zum einen durch die Orographie, zum anderen aber auch
durch kurzwellige Troganteile getriggert. Vor allem im Osten, wo nun tatsächlich
mal eine nennenswert feuchte Luft ihr Stelldichein feiert, kann 500 bis 1000
J/kg ML-CAPE aufgebaut werden. Bei PPWs von 25 bis 30 mm, flauer Strömung und
Scherung steht bei pulsierenden Einzelzellen der Starkregen natürlich wieder
klar im Fokus, der lokal bis in den Unwetterbereich reicht, auch kleinerer Hagel
und Hagelansammlungen sind denkbar. Ansonsten werden meist nur 200 bis 500 J/kg
ML-CAPE und PPWs zwischen 20 und 25 mm simuliert, sodass Unwetter weniger
wahrscheinlich sind. Gewitterböen bis Bft 8 sollte man aufgrund der teils recht
hohen HKNs zumindest im Hinterkopf behalten.

Das Temperaturniveau bleibt ähnlich, die Maxima liegen bei 20 bis 29 Grad, mit
den höchsten Werten im Westen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Wetterlage wird von allen Modellen sehr ähnlich simuliert, selbst im
Hinblick auf die Lage und Kontur des Kaltlufttropfens haben sie sich stark
angenähert. Generell rechnet das GFS in den nächsten Tagen mehr Konvektion als
andere Modelle, was aber wohl den zu hohen Modelltaupunkten geschuldet ist.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser