DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-06-2023 07:01
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 12.06.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Hoch Nordmeer-Fennoskandien antizyklonal (HNFa)

Ruhiges Sommerwetter. Von Osten mit Annäherung eines Kaltlufttropfens wolkiger
und etwas kühler, aber bis Wochenmitte kaum Niederschläge.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Montag... werden großräumig betrachtet weite Teile Europas von hohem
Geopotential umschlossen, wobei sich zwei Schwachstellen auftun. Die erste liegt
nordwestlich vom Kap Finisterre und steuert als achsensenkrechtes Zentraltief
feucht-labile Luftmassen nach Westeuropa. Wir bleiben dabei außen vor.
Interessanter für das Wettergeschehen in Deutschland ist da eher das weitere
Höhentief mit Zentrum im Bereich der polnisch-ukrainischen Grenze.
Definitionsgetreu handelt es sich um einen Kaltlufttropfen, da er sich am Boden
überhaupt nicht abbildet. Angesichts dessen West-Ost-Ausdehnung von rund 1500 km
(inklusive Randtröge) müsste man aber schon fast von einer Kaltluftpfütze oder
-teich sprechen. Es ist schon ein ungewöhnlich großer Vertreter seiner Zunft.
Wenn man entsprechend die Auflösung im Geopotential auf 2 oder gar nur 1 gpdm in
500 hPa verkleinert, erkennt man auch gut das omega-artige beschriebene
Zirkulationsmuster.

An der Westflanke des östlichen KLT wird aktuell ein signifikanter Randtrog über
Ostdeutschland süd-südostwärts gesteuert und erreicht zum Abend das Wiener
Becken. Da die bodennah mit östlichen Winden ausströmende Luftmasse aus dem
umfangreichen Hoch YUNCHIA über dem Finnischen Meerbusen aber dermaßen trocken
ist, äußert sich die Wetteraktivität des Randtroges lediglich in wenigen
zerstreuten mittelhohen Wolkenfeldern (AC in rund 8000 FT). Die Taupunkte liegen
in Brandenburg zwischen 4 und 8 Grad, mehr muss man dazu nicht sagen. Angesichts
der frappierenden Trockenheit ist auch verdunstungstechnisch aus den Böden kein
besonders großer zusätzlicher Input zu erwarten. Die Auslösetemperatur wird zwar
hier und da erreicht, es beschränkt sich aber auf nur wenige und sehr flache
Schönwetter-Cumuli. Die potentiell noch am ehesten für Schauer oder Gewitter
ausreichende Luftmasse am Alpenrand wurde im Vergleich zu gestern noch etwas
nach Süden in den inneralpinen Raum abgedrängt. So steht heute ein weiterer
weitgehend sonniger und warnfreier Tag ins Haus.

Bei T850 zwischen 10 Grad im Osten und bis 15 Grad im äußersten Westen und
Südwesten liegen die Höchstwerte bei Durchmischung +15 und Überadiabaten nochmal
+3 wieder verbreitet bei hochsommerlichen 25 bis 32 Grad mit den höchsten Werten
am Niederrhein. Direkt an der Ostsee und im höheren Bergland bleibt es mit 20
bis 25 Grad etwas kühler.


In der Nacht zum Dienstag nähert sich der Kaltlufttropfen aus Osten weiter an
und erreicht zum Morgen Schlesien. Ein weiterer Randtrog greift dabei vor allem
auf Brandenburg und Sachsen über, der sich aber abermals in - wenn auch etwas
dichteren - mittelhohen Wolken äußert. Regen fällt daraus nicht, allenfalls wird
man in den Frühstunden Fallstreifen beobachten können. Unterhalb von 700 hPa
bleibt die Luftmasse einfach zu trocken.

Sonst verläuft die Nacht wieder windschwach und klar bei Tiefstwerten zwischen
15 Grad in den Ballungszentren entlang des Rheins und 7 Grad in der Lausitz oder
auch in Niederbayern. In exponierten Tallagen der östlichen Mittelgebirge geht
es stellenweise auf 4 Grad runter.

Dienstag... zieht das westliche Höhentief von Nordwestspanien ins westliche
Mittelmeer, womit die Metamorphose zur Umwandlung der Wetterlage in
High-over-Low eingeleitet wird. Durch einen sich langsam von Atlantik nähernden
Trog mit vorderseitiger WLA nördlich von Schottland, kann sich das Hoch in
seinem Westteil kräftigen.

Unterdessen verlagert sich der weiterhin umfangreiche Kaltlufttropfen langsam
ins Böhmische Becken. Flache kurzwellige Troganteile beeinflussen weiterhin den
Osten des Landes, wobei diese - wie bei KLT üblich - auf dessen Vorderseite
zunehmend KLA überlagert. Nennenswerte dynamische Hebung wird also noch immer
nicht generiert. Die Luftmasse wird zwar insgesamt von Osten allmählich etwas
feuchter, es reicht aber allenfalls mal für einen schlappen Schauer. Durch die
kompakte mittelhohe Bewölkung wird zudem auch die Einstrahlung gehemmt und kaum
nennenswertes ML CAPE generiert.

Ansonsten setzt sich das sonnige Sommerwetter fort. Durch die Annäherung des KLT
macht sich allerdings auch niedertroposphärische eine schrittweise Abkühlung aus
Osten bemerkbar. So gehen die T850 auf 6 Grad an Oder und Neiße und auch im
Westen mit dann noch 12 bis 14 Grad etwas zurück. So reicht es dann allenfalls
noch in der Duisburger oder Düsseldorfer Innenstadt für angekratzte 30 Grad.
Meist werden 23 bis 29 Grad erreicht, an der Ostsee und ganz im Osten teilweise
etwas darunter.

Der Wind aus Ost bis Nordost frischt im Tagesverlauf wieder auf mit doch recht
häufigen Böen Bft 6. Ein kleiner Low Level Jet im Südwesten mit 30-35 Knoten in
850 hPa am Vormittag kann auf exponierten Schwarzwaldgipfeln vorübergehend auch
einzelne stürmische Böen produzieren.


In der Nacht zum Mittwoch bleibt das in 300 hPa nahezu kreisrunde Höhentief über
Tschechien quasistationär, entfernt sich tendenziell sogar wieder etwas von
unseren Landesgrenzen. Schwache NVA sorgt im Osten eher wieder für
Wolkenauslösung. Allenfalls ins Erzgebirge oder Zittauer Gebirge kann sich noch
ein vereinzelter Schauer verirren. Wo die Luft doch al etwas angefeuchtet wurde
und es in der Folge wieder auflockert, kann sich örtlich flacher Nebel bilden.

Im Rest des Landes wie gehabt. Durchlüften fällt nun auch im Westen wieder
leichter bei 13 bis 8 Grad, in Mittelgebirgstälern teils um 5 Grad.

Mittwoch... nistet sich der KLT im Bereich des Dreiländerecks Tschechien, Polen,
Slowakei ein, bewegt sich also weiterhin kaum. Auch nennenswerte, wetteraktive
Randtröge laufen tendenziell eher auf der energiereicheren, da wärmeren
Vorderseite ab. Hierzulande bleibt eher schwaches Absinken dominant. Allerdings
setzt sich mitteltroposphärisch die Feuchteadvektion westwärts fort, so dass
auch Richtung Ruhrgebiet mal ein paar kompaktere mittelhohe Wolkenfelder
durchziehen können.

Zwar wird durch die Einstrahlung etwas Labilität generiert, das HKN bleibt mit
>2000 m aber sehr hoch und auch eine leichte Sperrschicht lässt sich ausmachen.
So kann man sich am ehesten noch orographisch bedingt an Zittauer und Erzgebirge
sowie vom Bayerischen Wald bis zum Fichtelgebirge am Nachmittag einzelne Schauer
oder vielleicht auch mal ein kurzes Gewitter vorstellen. Bei PPW's um 20 mm ist
dabei punktueller Starkregen, kleinkörniger Hagel und eine Sturmböe nicht
gänzlich ausgeschlossen.

Bei den Temperaturen ändert sich wenig. Die Höchstwerte liegen meist zwischen 22
und 28 Grad, im östlichen Bergland teils unter 20 Grad.


In der Nacht zum Donnerstag dreht der KLT allmählich wieder ostwärts Richtung
deutsch-polnische Grenze ein. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit für schwaches
Aufgleiten mit kompakten Wolkenfeldern und leichten (skaligen) Regenfällen -
zumal auch in der Höhe Spuren abgehobener Warmluft vom Schwarzen Meer um das
Drehzentrum herumgeführt wird.

Sonst bleibt die Hochdruckzone über dem Nordmeer respektive Skandinavien und der
Nordsee dominierend. Bei nur lockerer Bewölkung sinken die Temperaturen auf 13
bis 7 Grad. Der Wind dreht etwas rück auf nördliche Richtungen. Ob das der
Beginn einer nachhaltigen Wetterumstellung ist oder doch nur ein kurzes
"Störfeuer", erfahren Sie / erfahrt ihr in der Mittelfristübersicht.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Kleinere Differenzen in Lage und Ausprägung des Kaltlufttropfens fallen aufgrund
der geringen Wetteraktivität kaum ins Gewicht. Die kompakte tiefe Bewölkung beim
GFS am Mittwoch scheint übertrieben. Es handelt sich eher um kompaktere AC
Bewölkung zwischen 700 und 800 hPa.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen