DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-06-2023 07:01
SXEU31 DWAV 090800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 09.06.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNF a. Hochdruckrandlage, hochsommerlich warm bis heiß, einzelne Gewitter, aber
nur geringe Unwettergefahr.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt Deutschland an der Südflanke eines sich vom Nordmeer nach
Skandinavien verlagernden Bodenhochs. Dieses Hoch wird durch einen breiten
Rücken gestützt. Warmluftadvektion, die bis nach Ostgrönland und Spitzbergen
ausgreift, generiert über der Barents-See weiteren Geopotentialgewinn. Flankiert
wird der Rücken durch einen Trog über der Irminger-See und einen weiteren, vom
nördlichen Ural nach Karelien reichenden Trog. Ein schwaches Höhentief, das am
Vortag für eine rege Gewittertätigkeit gesorgt hatte, verlagert sich vom
südöstlichen Mitteleuropa ostwärts und verliert seinen Einfluss auf unser
Wettergeschehen.
Am Rande des über Nordeuropa liegenden Bodenhochs gelangt mit einer
nordöstlichen bodennahen Strömung trockenere Luft nach Deutschland. Etwas
Labilität ist noch vorhanden, auch die Feuchte wurde noch nicht ausgeräumt. CAPE
(MU, KK) erreicht vor allem im Osten ein paar hundert J/kg, ist aber gedeckelt.
Dort (und zusätzlich vom südlichen Emsland, dem größten Teil von NRW und bis ins
südliche Niedersachsen hinein) weist die Luftmasse einen Flüssigwassergehalt um
25 mm auf. Für die Auslösung einzelner Gewitter ist das hinreichend. Am
wahrscheinlichsten ist dies über dem Bergland der genannten Gebiete. Allerdings
ist die Basis der Konvektion mit ca. 2000 m relativ hoch. Auch unmittelbar an
den Alpen sowie im Hochschwarzwald können sich dank orografischer Unterstützung
einzelne Gewitter entwickeln, wobei dort mangels bodennaher Feuchte die Basis um
2500 m liegt. Da aber Scherung kaum vorhanden ist, Hebung ausbleibt und aufgrund
des Entrainments von Nordosten her bodennah eine zunehmende Austrocknung
erfolgt, dürfte es sich weitgehend um schwächere Entwicklungen handeln. Unwetter
(vor allem durch heftigen Starkregen) sind deutlich weniger wahrscheinlich als
am Vortag, aber nicht auszuschließen.
Abgesehen von diesen Entwicklungen erfolgt nahezu ungehinderte Einstrahlung, was
die Temperatur auf 25 bis 31 Grad steigen lässt. An der Küste und im Bergland
wird es mit 19 bis 24 Grad nicht so warm.

In der Nacht zum Samstag sollte die Konvektion aufgrund fehlender Antriebe
alsbald in sich zusammenfallen. Mit der Kräftigung des über Skandinavien
liegenden Hochs erfolgt im Norden eine leichte Gradientzunahme, was an der
Ostseeküste Windböen Bft 7 aufkommen lässt. Absinken im Randbereich des Hochs
lässt den Himmel größtenteils aufklaren. Einstellige Temperaturminima
beschränken sich auf Teile von Norddeutschland.

Samstag... weitet sich der über Skandinavien liegende Rücken noch etwas nach
Norden aus. Das wetterbestimmende Bodenhoch verlagert sich mit seinem
Schwerpunkt nach Südfinnland. Dabei bleibt der kräftige Gradient über dem Norden
Deutschlands bestehen, so dass, gestützt durch den Tagesgang, im Norden der Wind
auffrischt. An der gesamten Ostseeküste und auch im nördlichen
Schleswig-Holstein sind Windböen Bft 7, in Ostholstein und an der Vorpommerschen
Küste stürmische Böen Bft 8 zu erwarten.
An der Südflanke des Bodenhochs wird von Osten her labilere Luft eingesteuert,
die sich im Nordosten und Osten Deutschlands durchsetzt. Der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser steigt auf 25 bis 30 mm, CAPE dank kräftiger
Einstrahlung zum Teil mehr als 1000 J/kg. Etwas Hebung, die aus einem an der
Ostflanke des Rückens nach Süden ablaufenden Kurzwellentrog resultiert, erfolgt
über den Bayerischen Mittelgebirgen, dem Westerzgebirge und am östlichen
Alpenrand, zudem zeichnet sich dort niedertroposphärisch leicht zunehmende
Scherung ab. Zudem liegt das Kondensationsniveau um 1500 m und damit in
geringeren Höhen als am Vortag. Daher sind in diesen Gebieten Gewitter am
wahrscheinlichsten. Wie bereits am Vortag ist die Gefahr von Unwettern durch
heftigen Starkregen nicht allzu hoch.
Im weitaus größten Teil Deutschlands wird hochreichende Konvektion durch
großräumiges Absinken unterbunden. Gegenüber dem Vortag ändern sich die
Temperaturen kaum.

In der Nacht zum Sonntag fällt die Konvektion alsbald in sich zusammen. Auch der
Wind flaut an der Küste ab, so dass ab der zweiten Nachthälfte auch an der
Vorpommerschen Küste keine warnrelevanten Böen mehr auftreten sollten. Während
sich im Nordosten Deutschlands nochmals einstellige Temperaturminima abzeichnen,
geht die Temperatur in den Ballungsgebieten West- und Südwestdeutschlands nicht
unter 18 Grad zurück.

Sonntag... wandelt sich der nach Skandinavien gerichtete Höhenrücken in ein
abgeschlossenes Höhenhoch um, das sich über der Nordsee und Dänemark etabliert.
Dieses Höhenhoch wird von einem schwachen Höhentief vom Typ eines
Kaltlufttropfens "unterwandert", das von Nordosten her bis in die Mitte
Deutschlands gelangt. Die Schichtung ist nieder- und mitteltroposphärisch labil,
zudem ist die von Nordosten einfließende Luftmasse so weit ausgetrocknet, so
dass konvektive Umlagerungen ausbleiben sollten. Eine Ausnahme sind vielleicht
die Alpen, wo einzelne Überentwicklungen vorstellbar sind. Ansonsten bleibt
hochreichende Konvektion aus.
Das wetterbestimmende Bodenhoch verlagert sich nach Westrussland, wodurch der
Gradient im Norden Deutschlands etwas aufweicht. Mit tagesgangsbedingter
Unterstützung kann es aber an der Ostseeküste erneut für Windböen Bft 7 reichen.
Weiter im Binnenland ist der Wind nicht warnrelevant.
Wie bereits an den Vortagen dauert großräumiges Absinken an, was weitgehend
ungehinderte Einstrahlung zur Folge hat. Höchsttemperaturen von 30 Grad und
knapp darüber sind auf den Westen und die tieferen Lagen Südwestdeutschlands
beschränkt. Ansonsten sind Temperaturmaxima zwischen 24 und 29, an der Küste und
im Bergland zwischen 19 und 23 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Montag verlagert sich das o.g. Höhentief, ohne wetterwirksam zu
werden, nach Niederbayern. Ein kräftigeres Höhentief, das Bestandteil eines
südosteuropäischen Höhentiefkomplexes ist, zieht dann nach Polen. Absinken
zwischen beiden Höhentiefs und an der Südwestflanke des über Westrussland
liegenden kräftigen Bodenhochs lässt den Himmel erneut aufklaren. Zudem setzt
sich von Nordosten her trockenere und etwas kühlere Luft durch. Daher erfolgt in
weiten Teilen Mittel- und Süddeutschlands eine Abkühlung auf einstellige
Temperaturminima. Aber auch im Norden und Westen sowie in tieferen Lagen
Südwestdeutschlands wird es mit 15 bis 10 Grad etwas kühler als in den beiden
Nächten zuvor.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Unterschiede ergeben sich hinsichtlich des schwachen Kaltlufttropfens am
Sonntag, den nur ICON im Programm hat. GFS und auch UK10 lassen erst in der
Nacht zum Montag ein ähnliches Höhentief auf den Nordosten Deutschlands
übergreifen, wobei auch nach diesen Modellen sich keine Wetterwirksamkeit
abzeichnet.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann