DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-06-2023 07:30
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 02.06.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Hoch Nordmeer antizyklonal (HNa)
Vielfach sonniges und weitgehend trockenes Hochdruckwetter. Nur an den Alpen und
im Südschwarzwald latentes Gewitterrisiko, vor allem am Samstag. In der
Nordosthälfte nochmals Gefahr von Frost in Bodennähe.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... thront noch immer das umfangreiche Hoch WIOLA nordwestlich von
Schottland und behält mit seinem Keil zum Baltikum blockierende Wirkung und
damit auch Einfluss auf Mitteleuropa. An seiner Westflanke wird es von einem
doch recht markanten Höhentrog über Karelien flankiert, der zwar gewisse
Abtropftendenzen offenbart, sich aber dennoch quasistationär einnistet, die die
KLA über Polen und Belarus auf dem Weg nach Süden rasch abebbt.

Mit der daraus resultierenden nördlichen Strömung sind zwei Kaltfrontstaffeln
nach Deutschland vorgedrungen. Die erste, südlichere fließt sehr flach unterhalb
900 hPa ein und hat in Form kompakter Wolkenfelder in etwa die Mainlinie und das
Saarland erreicht. Im Tagesverlauf wird die Wolkendecke von Süden immer mehr
"zerbröseln", wenngleich sich die Abkühlung dennoch in ca. 3-5 K niedrigeren
Höchstwerten im Vergleich zum Vortag wiederspiegelt (meist zwischen 20 und 24
Grad).

Die zweite nördlichere Kaltfrontstaffel kommt da wesentlich hochreichender daher
(bis etwa 700 hPa). Sie ist schön an der mehrschichtigen Bewölkung über dem
Oderbruch bis nach Angeln zu erkennen. Bodennah erfolgt ein recht markanter
Windsprung von Nordwest auf Nordost. Dieser ausgeprägte Bodentrog wird sich im
Tagesverlauf auf seinem Weg nach Süden aber im zentralen Mittelgebirgsraum
angelangt zunehmend verlieren. Im Frontbereich erkennt man auch schwache
Radarsignaturen, da die 0 Grad Grenze knapp unterschritten wird. Auch wenn so
gut wie kein ML CAPE generiert wird, so muss gerade mit Frontpassage in
Brandenburg und Sachsen (Nähe zum Haupttrog) stellenweise mit geringfügigen
Regenfällen gerechnet werden. Angesichts der Trockenheit kaum mehr als der
berühmte "Tropfen auf den heißen Stein". Postfrontal fließt wieder deutlich
trockenere Luft polaren Ursprungs in den Nordosten ein mit T850 und Taupunkten
nahe 0 Grad. So wird es auch an der Ostsee wieder ein sonniger Tag bei
allerdings recht frischen 15 bis 19 Grad.

Ganz im Süden bleibt es in der warmen und potentiell leicht instabil
geschichteten Luftmasse freundlich und trocken mit lockerer Quellbewölkung vor
allem über den Bergen. Schauer oder vereinzelte Gewitter sind zwar im
Südschwarzwald, am Alpenrand und im Bayerwald nicht gänzlich ausgeschlossen,
gegenüber gestern aber doch unwahrscheinlicher (trockenes Entrainment und
durchgängige nördliche Anströmung). Dort wird es dann mit 24 bis 28 Grad auch
wieder sommerlich warm.


In der Nacht zum Samstag schwenkt von der Nordsee ein markanter Kurzwellentrog
Richtung Ostfriesland. Der kann mit der Luftmasse unter Hochdruckeinfluss am
Boden allerdings rein gar nichts anfangen und bleibt wirkungslos.

Mit dem Kaltluftvorstoß im Nordosten schwenkt auch die Divergenzachse des Keils
vom Baltikum südwärts und bildet über dem Oderhaff ein separates Zentrum mit
mehr als 1025 hPa aus. Das führt entlang und östlich der Elbe zu vielfach klaren
und windstillen Verhältnissen mit erhöhter Gefahr von Frost in Bodennähe bis -3
Grad. Selbst vereinzelter Luftfrost in exponierten Senken ist nicht gänzlich
ausgeschlossen. Meist liegen die Tiefstwerte aber zwischen 8 und 3 Grad, im
Westen und Süden bleibt es in den Städten teils zweistellig.

Samstag... ändert sich an der Großwetterlage wenig. In der Höhe schwenkt der
o.e. Kurzwellentrog, der sich schön auch im IPV Feld entlang 320 K abzeichnet
und durch einen nachfolgenden Anteil von Norden regeneriert wird, bis zum Abend
zur Landesmitte.

Ob das ausreicht, um bereits mit der potentiell gewittertauglichen Luftmasse im
äußersten Süden zu interagieren, erscheint sehr fraglich. So muss es wohl erneut
die Orographie richten. Insgesamt nimmt die Gewitterneigung vor allem direkt an
den Alpen und im Südschwarzwald etwas zu und bei ML CAPE bis 1000 J/kg, geringer
Scherung und PPW'S bis 20 mm muss man vereinzelt auch markante Entwicklungen mit
Starkregen, kleinkörnigem Hagel und Sturmböen auf der Agenda haben. Beim Blick
auf die Progtemps muss man aber immer noch konstatieren, dass das Entrainment
gerade aus der mittleren Troposphäre, die sehr trocken ist, immer noch recht
stark sein sollte und einzelne Überentwicklungen auch rasch wieder "verpuffen"
können.

In den übrigen Landesteilen gibt es in der trockenen Kontinentalluft allenfalls
wenige hochbasige Quellwolken und die Luftmasse kann sich unter Absinken
allmählich erwärmen. So sind große Tagesgänge zu erwarten, die die Temperaturen
in der Summe bis zum Nachmittag auf 15 Kelvin und mehr Unterschied zum Morgen
ansteigen lassen. Meist landen wir dann zwischen 20 und 25 Grad, im Südwesten
bis 28 Grad.


Die Nacht zum Sonntag verläuft unter Hochdruckeinfluss wieder vielerorts klar.
Bei nur schwacher Luftbewegung aus meist nordöstlichen Richtungen gehen die
Temperaturen auf ähnliche Werte wie in der Vornacht zurück. So besteht gerade
zwischen Oder und Saale erneut gebietsweise die Gefahr von leichtem Frost in
Bodennähe.

Unterdessen erreicht der sich allmählich abflachende Randtrog auch
Süddeutschland, weshalb es vor allem an den Alpen noch den ein oder anderen
Schauer geben kann. In den Frühstunden sickert an der Nordsee wieder feuchtere
Luft mit tiefer ST/SC Bewölkung ein.

Sonntag... erstreckt sich die umfangreiche Hochdruckzone von Neufundland über
die Britischen Inseln und Norddeutschland und Polen hinweg bis zur Ukraine. Der
Schwerpunkt - gerade in höheren Troposphärenschichten - ist aber weiterhin
westlich der Hebriden auszumachen. Ausgehen vom Höhentief über der Halbinsel
Kola erstreckt sich über dem Baltikum ein Trog südwärts, der vor allem in 500
hPa rudimentär noch bis nach Süddeutschland reicht. Die Geopotential- und
Druckverteilung über Deutschland wird immer flacher. Lange Rede, kurzer Sinn: Es
tut sich insgesamt herzlich wenig. An der Nordsee ziehen zeitweise kompakte
Wolkenfelder durch, deren Nachschub mit Nordwestwinden knapp nördlich der
Keilachse gesichert wird. Aufgrund der geringen Windgeschwindigkeiten schaffen
diese es allerdings kaum landeinwärts voran und lösen sich über der warmen
Landfläche meist wieder auf.

Im großen Rest des Landes scheint wieder häufig nahezu ganztags die Sonne mit
satten 14 bis 16 Stunden. Dadurch gehen die Höchstwerte mit 22 bis 28 Grad vor
allem über der Mitte ein kleines Stück nach oben. Bei auflandigem Wind bleibt es
an den Küsten mit 16 bis 20 Grad kühler. Unter den Wolken werden es an der
Nordsee teilweise nur 13 Grad.

Im Alpenraum und im Südschwarzwald bleibt ein latentes Gewitterrisiko bestehen.
Zwar wirkt die leicht zyklonale Höhenströmung im ersten Moment vorteilhafter,
oberhalb von 650 hPa, wo es dann mit unter -10 Grad erst so richtig interessant
wird, bleibt es allerdings sehr trocken. Und auch bodennah findet eine
allmähliche Abtrocknung aus Nordosten auch im äußersten Süden statt. Nach wie
vor gilt also: einzelne Schauer und Gewitter im Tagesverlauf sicherlich, die
große Nummer wird das aber nicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der Gewitterschwerpunkt an den Alpen und im Südschwarzwald sollte aus heutiger
Sicht der Samstag sein. Wenn's ganz dumm läuft, geht es bei stationären
Multizellen bezüglich Starkregens lokal bis an die Grenze zum Unwetter.
Ansonsten besteht modelltechnisch weitgehende Einigkeit.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen