DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-06-2023 17:01
SXEU31 DWAV 011800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 01.06.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhige Hochdruckrandlage. Im Norden vorübergehend Abkühlung. Im Süden weiterhin
sommerlich warm. An den Alpen vor allem am Samstag Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich eine blockierende Höhenantizyklone über dem Nordwesten
Europas und hat ihren Schwerpunkt nördlich von Irland. An ihrem Ostrand stößt
ein mit reichlich Kaltluft angefüllter Höhentrog südwärts. Das in ihn
eingelagerte Höhentief liegt am Abend über Mittelfinnland. Der große Rest
Europas befindet sich in einer äußerst flachen Geopotentialrinne, an die nach
Afrika und Asien hin wieder höheres Potential anschließt. Auch bodennah gibt es
nennenswerte Druckgegensätze nur über dem Norden Europas. Ein Bodenhoch hat
seinen Schwerpunkt von südwestlich Islands bis zu den Shetland-Inseln. Über dem
Nordosten Europas befindet sich ein Tief. In der daraus über Skandinavien
entstandenen Nordströmung hat sich ein Leetief gebildet, welches bis heute Abend
schon das Seegebiet östlich von Seeland erreicht. Über dem restlichen Europa
sind - wie schon erwähnt - die Druckgegensätze sehr gering, insgesamt sind aber
größere Teile des Südens und Ostens Europas eher von zyklonalem Wettergeschehen
und damit unbeständigem Wetter geprägt.

Mit der nördlichen Strömung gelangt eine deutlich kältere Luftmasse nach
Südskandinavien. Die eigentliche Kaltfront haben wir dabei an den starken
Rückgang der Temperaturen in 850 hPa und der Taupunkte in Bodennähe gelegt, was
derzeit über der Ostsee der Fall ist. Allerdings soll nicht unerwähnt bleiben,
dass bereits im Vorfeld dieser Kaltfront eine sehr feuchte und kühle Luftmasse
flach in den Norden Deutschlands eingeflossen ist. Dies kann man sehr schön an
den Mittagstemps der norddeutschen Stationen erkennen, die eine markante
Inversion bei etwa 900 hPa aufweisen. Darunter befindet sich eine sehr kompakte
Stratocumulusschicht, die den Nordwesten Deutschlands überdeckt und schon ans
nördliche Rothaargebirge anstößt. Dort lagen heute die Nachmittagstemperaturen
nur um 13°C. Über dem Nordosten Deutschlands hat die Luftmasse wohl bis in
Bodennähe etwas vom Skandinavienföhn profitiert und ist weniger feucht, so dass
dort die Sonne scheint.

Weiter im Süden Deutschlands ist weiterhin die warme und teilweise sehr trockene
Luftmasse wetterwirksam, in der es heute wieder vielfach sonnig war. Nur in
höheren Schichten ist etwas Feuchte vorhanden, so dass Schleierwolken über den
Himmel zogen. Unmittelbar an den Alpen hat sich etwas feuchtere Luft wohl vor
durch Staueffekte akkumuliert. Zudem befindet sich weiter nach Süden hin auch
keine Inversion mehr, dort ist die Luftmasse potentiell instabil geschichtet.
Somit konnte sich heute durch die Einstrahlung nennenswerte CAPE aufbauen und am
zeitigen Nachmittag hat an den Alpen schon starke Quellwolkenbildung eingesetzt,
aus der sich auch Schauer und Gewitter entwickelt haben. Vor allem im Allgäu hat
es den ganzen Nachmittag über recht rege gewittert. Im Süden Deutschlands hat
sich auch heute wieder ein sommerliches Temperaturniveau eingestellt mit
Höchstwerten zwischen 24 und 28°C.

Zu guter Letzt noch zum Wind: Von dem Hoch ausgehend erstreckt sich eine
Divergenzachse bis in den Nordwesten Deutschlands, so dass um den Hochkeil herum
die Winde von Nordwest auf Nordost drehen und tagsüber durchaus mäßige Stärke
erreichen. Unmittelbar vor dem Tief östlich Seelands haben die Winde auf West
rückgedreht. An der Westflanke dieses Tiefs hat sich dabei ein noch etwas
stärkerer Gradient gebildet, der für teils frischen Wind über der Nordsee
gesorgt hat und einzelne steife Böen in Nordfriesland. Hier setzt aber schon
eine Abschwächungstendenz ein. Die ganze Gemengelage aus Sonne und Wind erweist
sich übrigens als äußerst günstig für die aktuelle Stromversorgung.

In der Nacht zum Freitag schwächt sich das Tief östlich Seelands ab, von ihm
verbleibt eine flache Rinne, die sich von Osten her in das Hochdruckgebiet
hineinbohrt. Diese Rinne kommt bis zum Freitagmorgen in etwa bis zu einer Linie
Westniedersachsen-Lausitz voran. Hier ist auch die Kaltfront zu verorten. Zudem
kommt es hier zu etwas Feuchteakkumulation, so dass die Bewölkung dort am
dichtesten ist. Für Regen sollte es aber in der nach wie vor sehr flachen
feuchten Schicht nicht reichen. Rückseitig gelangt dann die Luftmasse mit den
deutlich niedrigeren Taupunkten in den Nordosten Deutschlands, was sich dann
dort auch mit allmählicher Bewölkungsauflösung bemerkbar macht.

Der Wind, der in den südlichen Regionen Deutschlands meist aus Nord kommt und
tagesgangsbedingt nachlässt, dreht rückseitig der Rinne deutlich auf Nordosten
und weht dort wohl auch in der Nacht etwas spürbarer. Der am Abend noch recht
starke Wind an der Nordsee schwächt sich in der Nacht sehr rasch ab.

Die tiefen Wolken, die vor der Kaltfront gen Süden ziehen, haben aufgrund der
sehr tiefen Inversion unter 900 hPa Probleme, die Mittelgebirge zu passieren und
lockern über der Mitte Deutschlands auf. Zumindest in aufgelockerter Variante
könnten sie aber im Verlauf der Nacht bis zum Main vordringen. Ganz im Süden
ändert sich an der warmen Luftmasse noch nichts. Dort bildet sich bei zumeist
klarem Himmel die übliche nächtliche Strahlungsinversion. Die Schauer und
Gewitter an den Alpen und nachfolgend die Quellbewölkung fallen in der Nacht
rasch wieder zusammen.

Die Tiefstwerte liegen im Norden in der kühleren Luftmasse unter Wolken ähnlich
wie im Süden bei klarem Himmel und werden bei 13 bis 6°C erwartet. Vereinzelt
kann es in den Mittelgebirgen etwas kälter werden.

Am Freitag ... weitet sich der Langwellentrog über dem Nordosten Europas weiter
südostwärts aus. Die kräftige Kaltluftadvektion im Nordosten Europas lässt den
Bodendruck steigen, so dass sich das Hoch bis in den Ostseeraum ausweitet und
auch in Deutschland von Norden her der Druck deutlich ansteigt. Die oben
erwähnte Rinne kommt dabei nur noch wenig nach Süden voran und löst sich im
Tagesverlauf auf, ebenso wie die Kaltfront dann nicht mehr zu finden sein wird.
Allerdings bleibt ein Gebiet stärkerer Bewölkung zurück, welches in etwa
zwischen Westfalen und oder Oberlausitz erwartet wird. Dabei steigt in dieser
Region im Tagesverlauf die Inversion deutlich an bis auf 750 hPa, so dass die
Bewölkung dann zunehmend höher reicht. Niederschlag wird aber nicht simuliert,
allenfalls könnten am Nordostrand der Mittelgebirge durch Stau unterstützt mal
wenige Tropfen rausfallen.

Rückseitig lockern die Wolken durch die Zufuhr der kälteren und trockeneren
Luftmasse von Skandinavien her auf. Auf der Vorderseite schiebt sich die flache
Kaltluftschicht zusammen mit den tiefen Wolken noch bis knapp südlich des Mains,
vermischt sich dort aber immer mehr mit der dort liegenden sehr trockenen Luft,
so dass auch an der Vorderkante die Wolken auflockern. Ganz im Süden macht sich
der Luftmassenwechsel kaum mehr bemerkbar. Dort stellt sich wieder ein
sonnig-warmer Tag ein.

An den Alpen kommt es aber doch zu einer kleinen Veränderung: Dort setzt sich im
Vergleich zu heute etwas trockenere Luft durch, so dass dort trotz weiterhin
potentiell instabiler Schichtung nur wenig CAPE generiert wird. Zudem liegt das
KKN dann bei 2500 bis 3000 m, so dass die Schauerentwicklung stark gedämpft
werden sollte und Gewitter wohl nicht auftreten werden.

Am Rande der sich nach Osten ausweitenden Hochdruckzone dreht der Wind
landesweit auf Nordost bis Nord und lebt im Tagesverlauf durchaus wieder mäßig
auf, was aber keine Warnungen nach sich zieht, so dass der morgige Tag durchaus
warnfrei über die Bühne gehen sollte. Das Temperaturniveau bekommt im Vergleich
zu heute einen Dämpfer, der sich bis in den äußersten Süden in abgeschwächter
Form durchsetzt. So werden morgen Höchstwerte zwischen 18°C im Nordosten
(unmittelbar an der See ist es bei auflandigem Wind freilich noch etwas kälter)
und 27°C am Hochrhein erwartet.

In der Nacht zum Samstag weitet sich das Hoch weiter nach Osten und Südosten aus
und bildet einen Ableger im nordwestlichen Polen, was eine leichte Winddrehung
auf Ost zur Folge hat. Zudem schwächt sich der Wind tagesgangsbedingt wieder ab,
schläft aber nicht vollkommen ein. Mit der Winddrehung kommt die kühle und
trockene Luftmasse noch geringfügig nach Südwesten voran. Die Wolkenzone über
der nördlichen Mitte lockert auf und insgesamt stellt sich eine relativ
wolkenarme oder zumindest gering bewölkte Nacht ein. Etwaige Schauer an den
Alpen fallen ebenso rasch zusammen.

In der kühlen und trockenen Luft kann es in der Nordosthälfte recht kühl werden,
dort liegen die Tiefstwerte vielfach bei 6 bis 3°C. Vereinzelt kann es über
Böden mit geringer Wärmeleitfähigkeit auch geringen Frost in Bodennähe geben. In
den übrigen Landesteilen verläuft die Nacht deutlich milder, tendenziell aber
auch etwas kühler als in den Nächten zuvor mit meist 12 bis 6°C.

Am Samstag ... ändert sich nicht viel an der Lage der Hochdruckzone. Da aber in
der schwachen Nordwestströmung in der Höhe ein schwacher Kurzwellentrog nach
Deutschland geführt wird, bekommt die Hochdruckzone dort eine Schwachstelle und
der östliche Schwerpunkt verlagert sich etwas nach Osten. Damit wird im
Nordwesten Deutschlands wieder das Hoch über dem Nordostatlantik und dem
Nordmeer dominant, was dort zu einer Winddrehung Richtung Nord führt. Ansonsten
bleibt es bei dem Ost bis Nordostwind. Dieser lebt mit dem Tagesgang auch wieder
auf, weht dann mäßig. Warnungen sind aber weiterhin keine erforderlich. Der von
Nordwesten hereinschwenkende Trog ist vor allem in 300 hPa gut zu sehen und
produziert dort die stärkste Hebung, was vor allem in einigen hohen
Wolkenfeldern über dem Norden Deutschlands resultiert. Insgesamt ist aber die
Luftmasse dort viel zu trocken, um irgendwelche Niederschläge zu produzieren.

Etwas anders sieht es ganz im Süden aus: Dort kommt es an den Alpen wieder zu
einer stärkeren Akkumulation von Feuchte, was wohl teilweise durch die Drehung
des Windes in der Höhe auf West auf der Vorderseite des Troges verursacht wird.
Somit kann im Alpengebiet mit etwa 500 J/kg wieder etwas mehr ML-CAPE als am
Vortag aufgebaut werden. Auch das HKN liegt wieder etwas tiefer als am Vortag,
so dass wieder etwas vermehrt Schauer und Gewitter entstehen können, was auch
durch geringfügige Hebung auf der Vorderseite des Kurzwellentroges begünstigt
wird. Bei wenig Scherung entstehen dabei Einzelzellen, die sich aber kaum
verlagern, so dass lokaler Starkregen schon ins Kalkül gezogen werden muss. Ein
gewisses Potential für kleinkörnigen Hagel oder einen trockenen Downburst mit
stürmischen Böen bis 70 km/h ist sicherlich auch gegeben. Also letztendlich eine
ähnliche Nummer wie heute.

In den meisten Regionen darf mit sehr viel Sonnenschein gerechnet werden.
Das Temperaturniveau ändert sich im Vergleich zum Vortag nur wenig. Lediglich
strahlungsbedingt wird es geringfügig wärmer. Somit liegen die Höchstwerte
zwischen 19°C auf Rügen und 28°C am Kaiserstuhl.

In der Nacht zum Sonntag kann es etwas länger dauern, bis die Konvektion an den
Alpen nachlässt, da der Kurzwellentrog im Süden noch für etwas Hebung sorgt. Im
Verlauf sollte es aber auch an den Alpen weitgehend klar werden. Im übrigen Land
bleibt es überwiegend klar oder gering bewölkt. Recht übereinstimmend zeigen
aber die Modelle an, dass sich von der Nordsee her wieder Stratocumulus dem
Nordwesten nähern soll. Wie schnell und wie weit dieser übergreift, ist aber
noch unsicher, wobei ICON am progressivsten ist. An der Nordsee ist auch der
Nordwind am Rande des nordwestlichen Hochdruckschwerpunktes noch spürbar,
ansonsten gelangt der Norden des Landes in den Bereich der Achse des
Hochdruckgebietes, so dass dort der Wind einschläft. Im Süden kommt er in der
Nacht noch schwach aus Ost bis Nordost. Die Tiefstwerte liegen dann zwischen
örtlich 13°C im Südwesten und bis 4°C im Nordosten. Für Bodenfrost sollte es
dann wohl im Nordosten nicht mehr reichen.

Am Sonntag ... zieht der Kurzwellentrog ab. Das Höhenhoch weitet sich
geringfügig nach Osten aus. Weiterhin erstreckt sich der kräftigste Teil des
Bodenhochs über die Seegebiete nördlich der Britischen Inseln, über die
nördliche Nordsee und das südliche Nordmeer. Der östliche Teil des Hochs wandert
dann schon bis nach Russland. Die beiden Hochs sind nach wie vor über eine
Brücke verbunden, deren Divergenzachse über dem Norden Deutschlands liegen soll.
Am Rande des nordwestlichen Hochkerns kommt der Wind in Nordseenähe immer noch
mäßig aus Norden daher, teils auch auf Nordwest drehend. Damit könnte ähnlich
wie heute dichte Stratocumulusbewölkung auf den Nordwesten Deutschlands
übergreifen. Im Nordosten ist es generell schwachwindig, im Süden kommt der Wind
tagsüber wieder mäßig aus Nordost.

Das Temperaturniveau steigt wohl strahlungsbedingt wie durch Absinken etwas an.
Zum Nachmittag haben wir in 850 hPa über dem Nordosten dann schon wieder 6°C, im
Südwesten 13°C. Abgesehen vom Nordwesten und den Alpen scheint wieder lange die
Sonne, so dass das Temperaturniveau auch bodennah wieder etwas steigt auf 20°C
im Nordosten und bis zu 28°C im Südwesten. Wo aber der Nordseestratocumulus
hereindriftet, dürften es kaum 15°C werden.

An den Alpen bildet sich wieder reichlich Quellbewölkung. Weil sich aber im
Süden wieder etwas trockenere Luft durchsetzt, sind die Wolkenbasen wieder höher
und es steht kaum Labilitätsenergie zur Verfügung. Schauer dürften demnach die
Ausnahme bleiben. Gewitter dürften sich auf die inneralpinen Gebiete Österreichs
und der Schweiz zurückziehen.

In der Nacht zum Montag setzt sich der Hochdruckeinfluss fort. Letzte Schauer an
den Alpen lösen sich schnell auf, dann ist es meist sternenklar. Lediglich im
Nordwesten kann sich stellenweise noch etwas stärkere Stratocumulusbewölkung
halten. Mit sich aber etwas abschwächendem Wind lässt der Feuchtenachschub von
der Nordsee her nach und die Wolken haben stärkere Auflockerungschancen. Im
Norden verläuft die Nacht wieder milder als zuletzt, so dass sich die
Tiefstwerte zwischen 13 und 7°C einpendeln.


Modellvergleich und -einschätzung
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Auf synoptischer Skala weisen die vorliegenden Modelle keine nennenswerten
Unterschiede auf. Auf leichte Unsicherheiten bei der Bewölkungsprognose wurde
oben schon eingegangen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann