DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-10-2016 21:00
SXEU31 DWAV 271800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 27.10.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhiges, teils trübes Herbstwetter. An den Küsten und im höheren Bergland
zeitweise starke bis stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... bleibt uns die nun schon seit einiger Zeit andauernde Großwetterlage
"Nordwest antizyklonal" weiterhin erhalten. Einem umfangreichen Höhenrücken über
Südwesteuropa, von dem sich ein flacher kurzwelliger Keil nach Deutschland
erstreckt, steht ein Höhentrog mit Drehzentrum nordwestlich von Island
gegenüber. Dazwischen verläuft die recht weit nach Norden verschobene und
ziemlich glatt konturierte Frontalzone über den Nordatlantik hinweg bis nach
Skandinavien bzw. Nordwestrussland. Im Laufe der Nacht schwenkt der Höhenkeil
nach Süddeutschland, rückseitig stellt sich eine nordwestliche Höhenströmung
ein, wobei ein flacher, über Skandinavien hinweg ostwärts ziehender
Kurzwellentrog den Norden und Nordosten des Landes streift.
Als dynamische Hebungsantriebe fungieren lediglich im Norden und Nordosten des
Landes etwas PVA, aber vor allem mitteltroposphärisch verbreitet WLA.
Entsprechend ziehen über weite Teile Deutschlands, vor allem aber über die Nord-
und Osthälfte, zunehmend auch bis in die mittleren Landesteile reichend,
mehrschichtige Wolkenfelder hinweg. Niederschläge gibt es dabei zunächst so gut
wie keine. Erst mit Annäherung des okkludierenden Frontensystems eines
Tiefdruckgebietes über dem Europäischen Nordmeer setzen im Küstenbereich und in
Schleswig-Holstein leichte Regenfälle ein. Bis 06 UTC werden aber lediglich 0
bis 2 mm simuliert.
Warntechnisch von Relevanz ist dagegen zunehmend der Wind. Das oben erwähnte
Frontensystem bzw. die Kaltfront erreicht in der Früh die mittlere Nordsee. Im
Zuge der Ausbildung eines Lee-Troges östlich des Norwegischen Küstengebirges
über Schweden verschärft sich präfrontal der Druckgradient vor allem über Nord-
und Nordostdeutschland. Entsprechend frischt der Wind an den Küsten aus West bis
Südwest auf und es gibt recht verbreitet steife bis stürmische Böen (Bft 7 bis
8), eventuell reicht es an besonders exponierten Lagen (Kap Arkona) auch für
Sturmböen (Bft 9). Auch in den Gipfellagen des Harzes muss mit stürmischen Böen
gerechnet werden.
Die Achse der wetterbestimmenden Hochdruckzone wird noch etwas nach Süden
abgedrängt und reicht Freitagfrüh von Nordwestfrankreich über Süddeutschland bis
zur Ukraine. Somit dominiert im Süden und Westen des Landes weiterhin ruhiges
Hochdruckwetter, wobei sich vielerorts Nebelfelder bilden bzw. bereits
vorhandene verdichten. MOS zeigt die höchsten Wahrscheinlichkeiten dafür entlang
der Donau. In der Südhälfte kann es bei länger klarem Himmel Bodenfrost, in
ungünstigen Lagen auch leichten Luftfrost geben.

Freitag ... schwenkt auf noch etwas nördlicherer Zugbahn als sein Vorgänger ein
Kurzwellentrog über Skandinavien hinweg zur Ostsee. Das Drehzentrum des
Haupttroges verlagert sich allmählich nach Nordnorwegen, der Trog kann sich
dabei über Osteuropa etwas weiter nach Süden ausweiten. Derweil spaltet sich aus
dem Höhenrücken über Südwesteuropa ein eigenständiges Höhenhoch über
Südfrankreich bzw. dem Norden der Iberischen Halbinsel ab. Der von ihm
ausgehende kurzwellige Höhenkeil über Süddeutschland zieht über die Alpen hinweg
südwärts. Dabei bleibt es bei einer glatt konturierten nordwestlichen
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet, die nach Südwesten zu etwas auffächert.

Im Bodenfeld überquert die Warmfront des allmählich zur nördlichen Norwegischen
See ziehenden Tiefdruckgebietes den Norden und Osten des Landes. Die Kaltfront
greift im Tagesverlauf auf Norddeutschland über, kommt aber mangels
Schubkomponente nur noch zögernd südostwärts voran. Leichte Niederschläge werden
lediglich im Warmsektor simuliert und resultieren aus sich allmählich
abschwächender WLA. Dabei werden etwa nördlich und östlich einer Linie
Niederrhein - Vogtland nur geringe Mengen zwischen 0 und 2 mm simuliert.
Der Wind weht zunächst noch lebhaft aus West bis Südwest, dabei gibt es an den
Küsten sowie in den Kamm- und Gipfellagen der ostdeutschen Mittelgebirge steife
bis stürmische Böen, exponiert auch Sturmböen. Im Nordosten sind in den
Niederungen ebenfalls einzelne Böen Bft 7 möglich. Nach Frontpassage dreht er
auf Nordwest und schwächt sich zunächst im Nordseeumfeld, bis zum Abend auch
weiter östlich allmählich ab.
Postfrontal gelangt trockenere Luft in den Nordosten des Landes, wobei
sicherlich auch Absinkprozesse im Lee des Norwegischen Gebirges für größere
Aufheiterungen verantwortlich sind, die nachmittags vor allem auch das
Ostseeumfeld betreffen können.
Präfrontal weiten sich die tiefen und teils auch mittelhohen Wolken weit nach
Süden aus, so dass wohl nur noch im südlichen Baden-Württemberg und entlang bzw.
südlich der Donau mit längeren sonnigen Abschnitten zu rechnen ist. Gebietsweise
kann sich dort in den Niederungen aber auch beständig Nebel und Hochnebel
halten, wobei sich die Sichtweiten soweit bessern sollten, dass entsprechende
Warnungen dafür tagsüber wohl nicht mehr erforderlich sein dürften, im Gegensatz
zu den Sichteinschränkungen in den Mittelgebirgen durch aufliegende Wolken.
Mit der Kaltfront gelangt in den Nordosten des Landes ein Schwall erwärmter
Polarluft, die Temperaturen in 850 hPa sinken auf knapp unter 0 Grad. Der Rest
des Landes befindet sich nach wie vor im Einflussbereich recht milder subpolarer
Meeresluft mit 3 bis 8 Grad in 850 hPa.
Bis in die Grundschicht kann sich diese milde Luftmasse aber weiterhin nur
bedingt durchsetzen. Die Temperaturen ändern sich somit gegenüber dem Vortag nur
wenig und liegen zwischen 8 und 14 Grad, mit Sonne im Südwesten und an den Alpen
um 16 Grad.

In der Nacht zum Samstag verbleibt der Vorhersagebereich unterhalb der
nordwestlichen Höhenströmung, die sehr glatt konturiert ist. Vom Höhenhoch über
Südfrankreich ausgehend wölbt sich ein Keil über die Britischen Inseln hinweg
nordwärts aus, wodurch die Höhenströmung etwas aufsteilt.
Das Bodenhoch weitet sich etwas nach Nordosten aus, so dass der Gradient auch in
der Osthälfte auffächert und sich der Wind weiter abschwächt. Warnwürdige Böen
Bft 7 bis 8 gibt es am ehesten noch an der Ostseeküste Vorpommerns und in den
Gipfellagen von Harz bzw. Erzgebirge.
Die sich abschwächende Kaltfront kommt nur noch über der Osthälfte etwas nach
Süden voran, dort sinken die Temperaturen in 850 hPa auf etwa 0 bis -2 Grad,
während sie im Westen und Süden zwischen 2 und 7 Grad verharren. Präfrontal gibt
es weitere leichte Regenfälle in einem breiten Streifen von Nordrhein-Westfalen
bis zum Erzgebirge bzw. nach Ostbayern, wobei in den Staulagen einiger
Mittelgebirge (insbesondere Thüringer Wald und Erzgebirge) Mengen bis an die 5
mm in 12 Stunden simuliert werden, ansonsten weniger.
Postfrontal bleibt es im Norden und Nordosten aufgelockert bewölkt und trocken,
wobei der lebhafte Nordwestwind die Nebelbildung meist unterbindet. Präfrontal
weiten sich die dichten Wolken bis an die Alpen aus, lediglich im Südwesten
bleibt es noch teils aufgelockert bis gering bewölkt, auch im Westen lockern die
Wolken etwas auf. Örtlich kann sich dann wieder Nebel bilden. Mit leichtem Frost
ist lediglich bei geringer Bewölkung in einigen Mittelgebirgstälern
Südwestdeutschlands und vielleicht noch im Allgäu zu rechnen.

Samstag ... ändert sich an der großräumigen Geopotentialverteilung nur wenig.
Deutschland verbleibt unterhalb der glatt konturierten nordwestlichen
Höhenströmung, wobei die nordwärts gerichtete Achse des Höhenhochs geringfügig
nach Osten vorankommt.
Auch die Lage des Bodenhochs ändert sich so gut wie gar nicht. Somit bleibt der
Gradient im äußersten Nordosten noch etwas schärfer ausgeprägt als im Rest des
Landes. Entlang der Ostseeküste Vorpommerns kann es weiterhin steife, vom Darß
bis nach Usedom in exponierten Lagen auch stürmische Böen aus Nordwest geben,
selbiges gilt für die Hochlagen des Erzgebirges. Ansonsten spielt der Wind
warntechnisch keine Rolle.
Das diagonal von Nordwest nach Südost über Deutschland hinweg verlaufende
Frontensystem löst sich mehr und mehr auf, fungiert aber weiterhin als
Luftmassengrenze, wobei die niedertroposphärisch mildere Luft im Westen wieder
etwas nach Osten vorankommt. Niederschläge werden kaum mehr simuliert, am
ehesten vielleicht noch in Ostbayern und in den Staulagen einzelne
Mittelgebirge.
Während es im Bereich der ehemaligen Front überwiegend stark bewölkt bleibt und
die Wolkendecke nur allmählich Lücken bekommt, scheint im Nordosten, aber
außerhalb beständiger Nebelfelder auch im Südwesten und zunehmend an den Alpen
wieder häufiger die Sonne. Auch, wenn die Temperaturen in 850 hPa insgesamt
etwas ansteigen (auf 4 bis 10 Grad auf der warmen und auf -1 bis +3 Grad auf der
kalten Seite der Luftmassengrenze), ändert sich an den Temperaturen mangels
Durchmischung kaum etwas.

In der Nacht zum Sonntag kommt die Achse des Hochkeiles etwas nach Osten, in
etwa bis zur westlichen Nordsee voran, die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet steilt noch ein wenig auf und fächert auf. Der Keil wird
gestützt durch WLA, die diesen aber bereits überläuft und von Nordwesten her
zunehmend auch den Norden und Osten des Vorhersagebereichs beeinflusst.
Das Bodenhoch schwächt sich ein wenig ab, ändert seine Lage aber kaum, auch im
Nordosten fächert der Gradient etwas auf, so dass der Wind entlang der
vorpommerschen Ostseeküste allmählich nachlässt. Auf den Norden greift die
Warmfront eines nach Island ziehenden Tiefdruckgebietes über und kommt ganz
allmählich nach Osten voran. Dort es zu leichten Regenfällen kommt, die wohl vor
allem die Regionen entlang und nordöstlich von Weser und Werra betreffen, wobei
es bzgl. deren genauer räumlichen Verteilung noch Modelldifferenzen gibt. Die
simulierten Mengen spielen sich aber größenordnungsmäßig in einem ähnlichen
Bereich ab (bis 5 mm in 12 Stunden) und bewegen sich abseits jeglicher
Warnrelevanz.
Der Wind schwächt sich auch an der vorpommerschen Ostseeküste weiter ab.
Im Süden und Westen ist es oft aufgelockert bis gering bewölkt, wobei sich
vielerorts wieder Nebelfelder bilden bzw. verdichten. In ungünstigen Lagen kann
es bei länger klarem Himmel wieder Bodenfrost oder sogar leichten Luftfrost
geben.
.
Sonntag ... bleibt Deutschland am Rande des Höhenhochs über Südosteuropa, von
dem aus sich ein Keil über die Nordsee bis zur Norwegischen See bzw. zum
Europäischen Nordmeer erstreckt, unterhalb einer recht glatt verlaufenden
nordnordwestlichen Höhenströmung. Die Achse des Bodenhochs verläuft quer über
Deutschland hinweg von Nordwest nach Südost. Nordöstlich davon gelangt von
Nordwesten her erwärmte Polarluft nach Nord- und Ostdeutschland, während im
Süden und Westen weiterhin milde subpolare Meeresluft wirksam bleibt. Im
Grenzbereich führt vor allem in einem breiten Streifen von der Nordsee und
Niedersachsen bis nach Sachsen hauptsächlich mitteltroposphärische WLA weiterhin
zu mehrschichtiger Bewölkung und gebietsweise auch zu leichten Regenfällen (in
einigen Staulagen bis 5 mm in 12 Stunden, GFS in Ostwestfalen, in
Südostniedersachsen und im Wiehengebirge bis 7 mm in 6 Stunden). Im Nordosten
dominiert im Lee des Norwegischen Gebirges Absinken, so dass dort häufiger die
Sonne scheint. Auch im Südwesten und Süden lässt sich die Sonne häufig blicken,
vor allem in höheren Lagen, in den Niederungen hält sich gebietsweise ganztägig
Nebel oder Hochnebel.
Im äußersten Osten weht am Rande des Bodenhochs weiterhin recht lebhafter
Nordwestwind, der aber kaum warnwürdig sein sollte. Die Temperaturen ändern sich
weiterhin kaum, die Höchstwerte bewegen sich zwischen 9 und 14 Grad, mit Sonne
im Südwesten können auch bis 16 Grad erreicht werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen im Kurzfristbereich eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Prognose- und vor allem warnrelevante Unterschiede sind so
gut wie keine auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff