DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-05-2023 07:01
SXEU31 DWAV 250800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 25.05.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HB(V) (Hoch Britische Inseln VERA)

Weitgehend störungsfreies Hochdruckwetter mit geringer Gewitterneigung am
Alpenrand. Nur langsam wärmer.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... ist der Kaltlufttropfen (KLT), der Deutschland gestern von Nordost
nach Südwest überquert hat, inzwischen über Frankreich angekommen, von wo aus er
die nordostspanische Atlantikküste ansteuert. Als kleines Erinnerungsstück hat
er einen Trog bei uns zurückgelassen, der aber kaum Wirksamkeit entfacht und in
den nächsten Stunden sowieso rasch getilgt wird. Grund ist der zonal exponierte
Höhenkeil, der sich ausgehend vom hochreichenden Hoch VERA mit Zentrum westlich
von UK/Irland weit nach Osten erstreckt und sich aktuell regeneriert. Heute
Abend befindet sich seine Divergenzachse auf 300 hPa mitten über Deutschland
etwa von Westfalen bis hinüber zur Oberlausitz. Nicht groß anders liegt die
Divergenzachse des korrespondierenden Bodenkeils, der heute das Geschehen bei
uns nachhaltig mitbestimmt. Die Nachtaufstiege von 00 UTC zeigen in weiten
Landesteilen eine klassische Absinkinversion zwischen 850 und 800 hPa. Einzig im
Süden und Südwesten, wo der KLT leichte Spuren hinterlassen hat, ist die
Inversion heute früh schwächer ausgeprägt respektive leicht angehoben, was sich
im Tagesverlauf durch Absinken aber wieder ändern wird.

Auf alle Fälle hat sich im Norden sowie in der nördlichen Mitte reichlich
Feuchtigkeit unterhalb der Inversion gesammelt, die sich in Form tiefer,
hochnebelartig anmutender Bewölkung widerspiegelt. An den Rändern erkennt man
heute Morgen aber schon größere Lücken, die tagsüber auch nicht mehr geschlossen
werden. Insbesondere von der Deutschen Bucht über SH/HH bis hinüber nach MV und
das nördliche BB setzt sich - sofern nicht schon geschehen - häufig die Sonne
durch, garniert von einigen abgeflachten Quellungen. Weiter südlich, grob vom
westlichen NDS/Westfalen/Niederrhein bis hinüber in den Berliner Raum bzw. die
Niederlausitz verläuft der Tag insgesamt wolkiger. Zum einen wandelt sich die
anfangs stratiforme Bewölkung mit steigendem Sonnenstand mehr und mehr in
cumulusartiges Gewölk um, zum anderen bilden sich frische Cumulanten, die
zeitweise die direkte Sonneneinstrahlung dämpfen.

Südlich dieses zumindest zeitweise wolkigen Streifens, also knapp südlich der
Divergenzachse, schließt sich über der Mitte ein weiterer Korridor an, in dem
die Sonne vergleichsweise ungestört ihre Kreise zieht. Erst ganz im Süden, wo
noch ein paar Reste der feuchten Warmluft vom Wochenanfang rumlungern, ist es
tendenziell etwas wolkiger, aber keinesfalls unfreundlich (wenn man mal von der
anfänglich gebietsweise auftretenden hochnebelartigen Bewölkung absieht, die
später wie im Norden auch perforiert wird). Spitz pass auf heißet es am
Nachmittag und Abend direkt an den Alpen, wo zu der Feuchtigkeit etwas Labilität
hinzukommt, was der Bildung einzelner Schauer oder Gewitter förderlich ist. Zwar
ist die Hauptaktivität weiter südlich zu erwarten, trotzdem sind vereinzelte
Überentwicklungen nicht auszuschließen. Wenn´s knallt, dann können durchaus
markanter Starkregen sowie kleinkörniger Hagel und Böen 7 Bft mit am Start sein.


Kurz noch zum Wind und zur Temperatur. Im Hochschwarzwald weht aktuell eine
leicht erregte Bise mit Spitzen bis zu 8 Bft auf exponierten Höhen. Darüber
hinaus frischt der Nord-Nordwestwind auf den Nordfriesischen Inseln, den
Halligen sowie dem gegenüberliegenden Küstenstreifen soweit auf, dass es die
eine oder andere steife Böe 7 Bft gibt. Die eingeflossene polare Meeresluft kann
sich heute diabatisch etwas erwärmen, so dass am Ende verbreitet 18 bis 23°C zu
Buche stehen (im Süden wärmer als im Norden). Etwas frischer bleibt es im
Nordwesten, an den meisten Küstenabschnitten wegen des auflandigen Windes sowie
im Bergland.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der relativ schmale Höhenkeil im Uhrzeigersinn
gen Süden, so dass die Höhenströmung nachfolgend von Norden her auf
West-Nordwest dreht. Ihre Kontur ist glatt und weist keinerlei synoptische
Impulse auf, die von wetterentscheidender Bedeutung sein könnten. Während sich
der Keil in der Höhe durchaus beweglich gibt, kann man das vom Bodenkeil nicht
behaupten. Der hält die Stellung, wobei seine Divergenzachse etwa von der
ostfriesischen Küste bis zum Erzgebirge reicht. Summa summarum also ein
antizyklonales Setup, das alles andere als Brisanz verspricht. Im Gegenteil, mit
tagesgangbedingtem Versiegen der Energiequelle Sonne sowie einer geringfügigen
Gradientaufweichung verschwindet das bisschen Wetter, das sich tagsüber mühsam
aufgebaut hat, rasch wieder von der Bildfläche. Die Schauer und Gewitter am
Alpenrand fallen zusammen, der Wind im Norden und im Schwarzwald nimmt ab. Was
bleibt, sind einige dichtere Wolken im Süden, und auch in Norddeutschland kommt
von Norden her gebietsweise Nachschub. Ansonsten aber präsentiert sich die Nacht
verbreitet gering bewölkt oder klar mit nur wenigen flachen Nebelfeldern.
Während im Süden die Temperatur stellenweise zweistellig bleibt, kühlt es im
Norden und in Teilen der Mitte z.T. auf 5°C oder etwas darunter ab. Gerade in
den Trockengebieten Norddeutschlands kann es in Bodennähe bei längerem Aufklaren
auf 0°C oder etwas darunter abkühlen.

Freitag... schwenkt der Höhenkeil komplett nach Süden bzw. Südwesten durch, was
die Höhenströmung bei uns auf glatt Nordwest drehen lässt. Wichtiger ist aber
vielmehr die Persistenz des kräftigen Hochs VERA mit über 1035 hPa knapp
westlich von Irland sowie des zugehörigen, bis nach Mitteleuropa gerichteten
Keils, der seine Divergenzachse kaum verändert. Da der Gradient gegenüber heute
etwas weniger ausgeprägt ist als heute, fällt auch der nördliche Wind schwächer
aus. Weder an der Nordsee noch im Hochschwarzwald reicht es mehr für Windstärke
7 Bft. Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die Inversion vor allem im Norden
etwas nach unten gedrückt wird auf rund 900 hPa oder wenig darunter. Trotzdem
ist die Grundschicht immer noch "mächtig" genug, um von der Nordsee ausreichend
Feuchte aufzunehmen, die in Nordwestdeutschland in breitlaufende Quellungen (=>
zeitweise reduzierte direkte Sonnenstrahlung) investiert wird.

Im großen Rest des Landes scheint - nachdem sich die Reste der nächtlichen
Bewölkung entweder aufgelöst haben oder durchlöchert wurden - verbreitet die
Sonne. Zwar bilden sich im Tagesverlauf neue Quellungen, die in der Regel aber
mehr pittoreskes Beiwerk und weniger störendes Element darstellen. An den Alpen
sowie im Grenzbereich zur Schweiz können die Quellwolken allerdings auch mal
dichter und vertikal mächtiger ausfallen, was einzelne Schauer oder Gewitter zur
Folge haben kann. Gegenüber heute bietet ICON zwar weniger Labilität und auch
CAPE an, was aber nix heißen muss. Tatsache ist, dass die Erwärmung weitere,
wenn auch kleine Fortschritte macht, wobei das genau genommen nur für den Süden
gilt. Dort darf morgen punktuell mit 24, am Oberrhein vielleicht bis zu 25°C
gerechnet werden, während nach Norden und Nordwesten hin das Erreichen der
20°C-Marke nach wie vor ein nicht zu realisierendes Unterfangen darstellt. Und
da der Wind weiterhin direkt vom derzeit noch kalten Meer weht (offene deutsche
Hoheitsgewässer 10 bis 12°C), muss man an der See und auf den Inseln froh sein,
wenn es für 14 oder 15°C reicht.

Die Nacht zum Samstag bringt wenig Neuigkeiten, zumindest nicht beim Wetter. Die
Großwetterlage gibt sich konservativ, heißt tagesgangbedingte Wolkenabnahme
respektive -auflösung ergo verbreitet klarer Himmel. Einzig in Nordseenähe sowie
mit einem dicken Fragezeichen im Osten und vielleicht noch an den Alpen kann es
ein paar dichtere Wolken geben. Da die Luftmasse von ihrem Ursprung noch immer
kühl und trocken ist, steht abermals eine frische Nacht auf der Agenda,
insbesondere in der Nordhälfte. Dort geht´s z.T. wieder unter die 5°C-Marke und
auch das Damoklesschwert "Bodenfrost" schwebt noch immer über der kurzen Nacht.


Samstag... schauen alle, okay, nicht alle, aber viele auf den 34. Spieltag der
Fußballbundesliga und weniger aufs Wetter. Das gibt sich dann auch wenig
spektakulär, bietet aber einen würdigen Rahmen für den in vielerlei Hinsicht
noch spannenden Saisonabschluss. Als Schirmherrin fungiert weiterhin VERA, das
Dauerbrennerhoch über dem nahen Atlantik. Zwar zieht sich die Gute mit ihrem
Zentrum geringfügig nach Westen zurück und gibt dabei ein paar Hektopascal ab
("nur" noch etwas über 1030 hPa). Ihr bis zum nahen Osteuropa gerichteter Keil
steht aber weiterhin wie eine Eins (die Divergenzachse rückt ein kleines Stück
nach Norden) und beschert uns einen sonnigen bis locker bewölkten
Pfingstsamstag. Im Norden und Osten sowie an den Alpen könnte es vorübergehend
mal ein paar Quellungen mehr geben, mehr als ein wolkiger Charakter (wenn
überhaupt) springt dabei aber nicht heraus. Auch nimmt die Schauer- und
Gewitterwahrscheinlichkeit an den Alpen weiter ab, wenn auch nicht ganz auf
null. Thermisch geht es langsam bergauf mit 14 bis 19°C im hohen Norden und 19
bis 26°C (die Spitzen im Südwesten) sonst.

In der Nacht zum Pfingstsonntag tut sich im Norden des Vorhersageraums eine
kleine Schwachstelle in der langgestreckten Hochdruckzone auf. Grund dafür ist
einsetzender Druckfall, der von einem knackigen Tief über der Norwegischen See
ausgeht. Das Tief schickt sich zudem an, uns von der Nordsee her eine Kaltfront
auf den Pelz zu hetzen, die trotz eines nachstoßenden Höhentrogs aber nur wenig
Wetterwirksamkeit entfacht. Zwar ziehen im Nachtverlauf einige hohe und
mittelhohe Wolken in den Norden und Westen, Regen steht aber nicht auf der
Karte. Ansonsten lösen sich die Tagescumuli wieder auf, so dass die Nacht in
weiten Teilen klar verläuft. Dabei wird es zwar nicht mehr ganz so kalt wie die
Nächte zuvor, trotzdem könnte es vornehmlich im Nordosten (sofern die Bewölkung
nicht schneller da ist als geplant) nochmals lokal für Werte um den Gefrierpunkt
in Bodennähe reichen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle fahren durchweg die gleiche Linie.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann