DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

21-05-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 21.05.2023 um 10.30 UTC



Überwiegend trockenes und frühlinghaft warmes Hochdruckwetter mit
Schönheitsfehlern! An den Alpen sowie zeitweise auch im Osten Schauer und
Gewitter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 28.05.2023


Was passiert mittelfristig. Die Klassifikation des IFS-EPS zeigt auf der einen
Seite zumindest bis Freitag eine gewisse Konstanz, auf der anderen Seite aber
auch wechselhaften Spielraum. Am Mittwoch ist die Wetterlage Hoch Britische
Inseln dominant und lässt nur wenigen Membern bei NEz zyklonalen Spielraum. Am
Donnerstag und Freitag nehmen die zyklonal geprägten Läufe sogar ab. Dafür kommt
neben HB auch NEa ins Spiel. Am Wochenende zeigt sich das EPS variabler,
wenngleich die zyklonalen Mitglieder weiter stark in der Unterzahl sind. Doch
was beschreibt der deterministische Lauf im Detail?

Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Mittwoch zeigt der aktuelle
00-UTC-Lauf des IFS über weite Teile Europas weitgehend schwache Geopotential-
und Luftdruckgegensätze. Für das Wettergeschehen sind entsprechend Kleinigkeiten
von Bedeutung. Das wären auf der einen Seite ein Kaltlufttropfen über der
nördlichen Mitte Deutschlands sowie eine Warmfront, die von der Nordsee langsam
auf den Norden und Osten übergreift und im Verlauf von einer Kaltfront gefolgt
wird, die über den Norden hinweg streicht. Da sich bodennah von den Britischen
Inseln hoher Luftdruck bis nach Mitteleuropa vordrängt, werden potentielle
Hebungsprozesse zumindest teilweise ausgebremst. Demnach führt im Nordwesten WLA
auf der Vorderseite der Kaltfront nur für eine geringe Regenneigung. Zudem sorgt
der Kaltlufttropfen im Osten für Schauer. Ansonsten treiben im Alpenraum
zahlreiche kleine Tiefs ihr Unwesen, die für konvergente Strömungsverhältnisse
mit entsprechender Hebung verantwortlich sind. Resultierend sind südlich der
Donau schauerhafte, teils gewittrige Niederschläge zu erwarten. Von
Rheinland-Pfalz bis nach Franken könnte durch kompensierendem Absinken dafür
länger die Sonne scheinen. Aufgrund des Kaltlufttropfens liege die Temperaturen
in 850 hPa nur zwischen -1 und +8 Grad.

Am Donnerstag wandert der Kaltlufttropfen/Cut-Off weiter nach Südfrankreich.
Rückseitig kann sich ausgehend vom hochreichenden Hoch bei Irland ein Rücken
über Deutschland hinweg bis nach Tschechien und die Slowakei aufbäumen. In der
Folge kann sich das Bodenhoch vom Nordostatlantik bis ins östliche Mitteleuropa
erstrecken. Allerdings liegt Deutschland auf der Ostflanke des Schwerpunktes,
sodass eine nördliche bis nordöstliche Grundströmung zu verzeichnen ist. Mit
dieser schafft es schließlich die Kaltfront bis in die Mitte des Landes
voranzukommen. Allerdings werden nahezu die gesamten Hebungsimpulse durch das
Absinken des Hochs vernichtet. Entsprechend gibt es vom IFS nur noch im
östlichen Mittelgebirgsraum zaghafte Niederschlagssignale. Aufgrund der
Alpentiefs blubbert es aber auch am deutschen Alpenrand mit nachlassender
Intensität weiter. Insgesamt bleiben die geringen Geopotential- und
Luftdruckgegensätze über Europa bestehen. Die Temperaturen in 850 hPa steigen
auf Werte von 5 bis 11 Grad etwas an.

Am Freitag liegt der Cut-Off über Nordspanien und hat keinen Einfluss mehr auf
das Wetter in Mitteleuropa. Dieses wird von einem Höhenhoch bei Irland geprägt,
welches sich südostwärts bis nach Norditalien, Österreich und Tschechien
ausdehnt und innerhalb eines breiten Langwellentroges verankert ist. Bodennah
stützt es ein kräftiges Hoch über den Britischen Inseln, welches eine breite
Hochdruckzone vom Ostatlantik bis zum Baltikum und dem östlichen Mitteleuropa
aufspannt. Deutschland verbleibt dabei auf der Ostflanke in einer nördlichen, im
Süden östlichen Grundströmung. Das thermische Feld zeigt zwar weiterhin eine
Kaltfront über der Mitte des Landes, das Absinken und somit Abtrocknen der Luft
im Hochumfeld lässt aber keine Niederschläge zu. Allenfalls an den Alpen und im
Vorland reicht die Labilität möglicherweise aus, weiterhin den einen oder
anderen Schauer oder ein kurzes Gewitter auszulösen. Bei den Temperaturen wird
der Nordosten bei Werten zwischen 2 und 5 Grad in 850 hPa von etwas kühlerer
Luft gestreift, sonst liegen di Werte zwischen 5 und 11 Grad.

Der Samstag steht nach den neusten Berechnungen des IFS voll im Zeichen des
hochreichenden Hochs, welchen den Schwerpunkt etwas nach Osten verschiebt.
Abgesehen von einer kleinen Delle im Bodenluftdruckfeld über der Mitte des
Landes sind hochreichend durchweg antizyklonale Bedingungen zu verzeichnen.
Selbst an den Alpen haben es Schauer und Gewitter nun schwer, sich zu
entwickeln. Entsprechend ist die Sonne nun nahezu landesweit dominant,
wenngleich sich im Nordwesten und Norden auch Mal hohe und mittelhohe
Wolkenfelder vor jene schieben können. Die Temperaturen in 850 hPa bleiben bei
Werten von Ost nach West zwischen 4 und 11 Grad konstant.

Am Sonntag verlagert sich der Schwerpunkt des hochreichenden Hochs über die
westlich Ostsee, sodass hierzulande die Grundströmung auf Südost bis Ost dreht.
Mit Ausnahme des äußersten Südwestens und Südens bleiben auch antizyklonale
Strömungsbedingungen bestimmend, sodass Absinken der Sonne in weiten Teilen des
Landes freie Bahn gibt. Nur an den Alpen könnte sich ein kleines Leetief bilden
und für eine Labilisierung sorgen. Entsprechend steigt vom Schwarzwald und den
Vogesen bis zu den Alpen im Tagesverlauf die Schauer- und Gewitterneigung. Auch
an der See sind Quellungen möglich, die aber meist keine Schauer nach sich
ziehen. Mit der Winddrehung gelangt wärmere Luft ins Land bzw. die eingeflossene
kann sich stärker erwärmen, sodass die Temperaturen in 850 hPa auf 9 bis 13 Grad
ansteigen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen 00 UTC IFS-Laufes ist nur als mäßig bis schlecht zu
bezeichnen. Vor allem in höheren Luftschichten (500 bis 300 hPa) werden teils
signifikant abweichende Strukturen simuliert. Vor allem der gestrige 00 UTC-Lauf
weicht dabei erheblich von den neusten Berechnungen ab. In Bodennähe fallen die
Unterschiede zwar nicht so deutlich aus, im Detail sind aber ebenfalls
Unterschiede zu verzeichnen.

Schon zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Mittwoch wird von den neusten
Läufen ein Abschnürungsprozess hin zu einem Cut-Off/Kaltlufttropfen gezeigt, der
wiederum Richtung Südfrankreich zieht. Der gestrige 00 UTC-Lauf lässt das
Höhentief dagegen mit der Strömung nordostwärts wandern und hinterlässt
hierzulande eine zyklonal geprägte Nordwestströmung in der Höhe. Entsprechend
waren in der Nordhälfte teils kräftige Niederschläge auf der Agenda. Der
aktuelle Lauf zeigt in der Nordhälfte allenfalls lokal noch schwache Schauer.
Dagegen blubbert es Mittwoch und Donnerstag im Südwesten und südlich der Donau
in Folge des verlagernden CUT-Off-Tiefs/Kaltlufttropfens.

Ab Freitag zeigte der gestrige 00 UTC ein Höhentief über der westlichen Ostsee
mit korrelierendem Bodentief über der nördlichen Ostsee. Resultierend
entwickelte sich eine hochreichend zyklonale Nordwestströmung. In den neueren
Berechnungen wird das Höhentief samt Bodentief deutlich weiter nordöstlich
simuliert, sodass hierzulande ein hochreichendes Hoch über den Britischen Inseln
dominant ist. Während der gestrige 00 UTC-Lauf in der Nordhälfte sowie im Süden
am Freitag zahlreiche am Samstag einzelne Schauer zeigte, soll es nach dem
aktuellen Lauf nur direkt an den Alpen ein gewisses Schauer- und Gewitterrisiko
geben. Sonst würde Hochdruckeinfluss das Wetter bestimmen.

Am Sonntag wäre nach dem gestrigen Lauf langsam eine Trogvorderseite mit
Labilisierung möglich, während die neusten Berechnungen meist weiter
hochreichend antizyklonale Bedingungen wiedergeben. Allenfalls im Südwesten
könnte ein kleines Höhentief mehr Schwung in die Atmosphäre bringen.

Die Abweichungen in den Strukturen haben aber nicht nur Einfluss auf potentielle
Niederschläge, sondern auch auf die Temperaturentwicklung. Der neuste Lauf
bleibt bei Temperaturen in 850 hPa von 3 bis 13 Grad warm, der gestrige 00
UTC-Lauf zeigte dagegen vor allem am Freitag und in der Nacht zum Samstag einen
Absturz unter 0 Grad in 850 hPa.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bei Betrachtung anderer Globalmodelle (GFS, ICON, UKMO, GEM) ergeben sich
durchaus Gemeinsamkeiten mit den aktuellen IFS-Läufen. Das ICON zeigt dabei zum
neusten IFS-Lauf vergleichbare Strukturen/Entwicklungen. Allenfalls das
hochreichende Hoch am Wochenende simuliert das ICON mit Schwerpunkt etwas
südlicher und somit stärker über Deutschland. Das GFS stützt dagegen den
gestrigen IFS-Lauf und steht daher konträr zu den Strukturen von ICON und
aktuellem IFS. Das GEM beschreibt einen Mittelweg zwischen dem aktuellen IFS und
der GFS Lösung. Anfangs fehlt ebenfalls die Kaltlufttropfenentwicklung,
allerdings wird analog zum ICON und aktuellem IFS dennoch das Hoch rascher
dominant. Beim UKMO ist der hochreichende hohe Luftdruck sogar noch stärker als
beim ICON und aktuellem IFS ausgeprägt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Schon zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Mittwoch weisen die Rauchfahnen
verschiedener Städte in Deutschland sowohl bei den Temperaturen in 850 hPa als
auch beim Geopotential einen großen Spread auf, der sich im Verlauf noch etwas
vergrößert. Abweichungen anfangs von 8 bis 12 Grad, im Verlauf von 10 bis 15
Grad zeigen die erheblichen Unsicherheiten und somit geringe Vorhersagegüte der
Temperatur. Auch beim Geopotential zeugen Unterschiede von rund 25 hPa von einer
mäßigen Prognosegüte. Vor allem am Mittwoch liegen dabei Haupt- und Kontrolllauf
bei beiden Parametern im unteren Bereich des ENS-Raums. Im Verlauf sieht eine
Vielzahl der EPS-Mitglieder bei höherem Geopotential wärmere Bedingungen.

Die Klassifikation des aktuellen IFS-EPS weist für den Zeitraum von +72 bis +96h
sechs Lösungen aus, welche die Unsicherheiten im ENS-Raum erklären. Dabei werden
alle Cluster dem Schema Blocking zugeordnet. Grundsätzlich sind die Abweichungen
gering. Im Fokus steht jedoch der Kaltlufttropfen/Cut-Off. Während Cluster 1 und
4 bis 6 diesen frühzeitig simulieren und sich meist nur in der Intensität und
Verlagerungsgeschwindigkeit unterscheiden, lassen Cluster 2 und 3 das Höhentief
als Trog mit der Strömung ostwärts ziehen und folgen somit der GFS bzw.
gestrigen 00-UTC-Vorgabe. Auch im Detail zum GFS vergleichbare Strukturen zeigt
aber nur Cluster 2. Bei Cluster 3 dominiert das hohe Geopotential, sodass diese
Lösung eher dem UKMO ähnelt. Haupt- und Kontrolllauf werden ins erste Cluster
eingeordnet.
Im Zeitraum von +120 bis +168h beschreiben vier Cluster die Unsicherheiten im
ENS-Raum. Alle Cluster werden weiter ins Schema Blocking eingeordnet.
Unterschiede gibt es vor allem bei der Intensität, Lage und Ausdehnung der
Höhentiefs. Dies wiederum impliziert auch eine potentielle Trogentwicklung auf
der Ostflanke, die von den Lösungen 2 bis 4 gezeigt wird. Somit würde das EPS
neben dem Alpenraum auch im Osten je nach Cluster ab Sonntag Spielraum für eine
höhere Schauerneigung aufweisen. Das erste Cluster mit dem Kontrolllauf ist
dagegen insgesamt durch hochreichendem hohen Luftdruck gekennzeichnet.
In der erweiterten Mittelfrist von +192 bis +240h erklären drei Cluster die
Unsicherheiten. Dabei werden zwar weiter alle Lösungen dem Schema Blocking
zugeordnet, aber im Detail weisen die Cluster verschiedene Strukturen auf. Bei
Cluster 1 soll sich eine High-over-Low Situation ausbilden, wobei das Höhentief
über Deutschland läge. Bei Cluster 2 würde sich zwar ebenfalls tiefes
Geopotential vom Mittelmeerraum nordwärts ausdehnen, aber insgesamt eher einen
schwachgradientigen Sumpf ausweisen. Bei Cluster 3 ist das Höhentief über dem
Balkanraum zu verzeichnen, sodass hierzulande weiter hochreichend hoher
Luftdruck Trumpf wäre. Grundsätzlich sind alle Lösungen nahezu gleichverteilt.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Vom EFI gibt es keine Hinweise bezüglich des Modelklimas auf
überdurchschnittliche Witterungsbedingungen. Nach der Zutatenmethode sowie der
Modelloutput sind von Mittwoch bis Sonntag am Alpenrand einzelne Gewitter mit
Starkregen mehr oder weniger wahrscheinlich. Sonst keine signifikanten
Wetterereignisse.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS, bei TT teilweise MosMix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel