DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-05-2023 07:01
SXEU31 DWAV 190800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 19.05.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNF z.
Ruhige Hochdruckrandlage, vorerst ohne markante Wettergefahren. Am Samstag in
Alpennähe und im östlichen Mittelgebirgsraum einzelne Gewitter; Starkregen nicht
auszuschließen. In der Nacht zum Sonntag mit abnehmender Starkregengefahr auf
den Nordwesten Deutschlands übergreifend.
Am Sonntag im Nordwesten sowie im südwestdeutschen und sächsischen Bergland
Gewitter wahrscheinlicher als am Vortag, aber nur geringe Wahrscheinlichkeit für
Unwetter. In der Nacht zum Montag im Nordwesten noch andauernd. Dabei nach wie
vor Starkregen nicht auszuschließen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Freitag... liegt Deutschland an der Ostflanke eines Höhentiefkomplexes, der aus
mehreren Kernen besteht. Diese liegen über der südlichen Nordsee, den Pyrenäen
und Marokko. Die Frontalzone erstreckt sich, leicht mäandrierend, relativ weit
im Norden von Neufundland über Island und Lappland hinweg zum Weißen Meer. Ein
darin eingelagerter Trog stößt über Schottland hinweg ostwärts vor, weitet sich
danach nach Süden aus und regeneriert den über der Nordsee liegenden Kern des
Höhentiefkomplexes.
Im Bodendruckfeld ist von dieser Entwicklung nicht viel zu finden. Hier ist eine
Hochbrücke wetterbestimmend, die sich, ausgehend von einem Hoch nördlich der
Azoren, über das Baltikum hinweg zur Kara-See erstreckt. Diese Brücke wird in
ihrem mittleren Teil durch einen Keil gestützt, der vom Ionischen Meer über den
westlichen Karpatenraum hinweg bis nach Mittelskandinavien reicht. An der
Südflanke dieser Brücke wird mit einer östlichen bodennahen Strömung zusehends
feuchtere, aber zunächst noch relativ kühle Luft herangeführt. Dabei wird die
Schichtung allenfalls in Alpennähe ein wenig labiler, so dass sich inneralpin
einzelne Gewitter entwickeln können. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit
hierfür sehr gering. Ansonsten kommt aufgrund der meist stabilen Schichtung und
großräumigem Absinken keine wetterrelevante Konvektion zustande.
Während sich im Osten und Süden, resultierend aus schwacher Warmluftadvektion,
der Aufzug hoher und mittelhoher Bewölkung bemerkbar macht, sind in den anderen
Gebieten längere sonnige Abschnitte zu erwarten. Die Temperaturentwicklung ist
zunächst noch relativ verhalten; mehr als 15 bis 20 Grad und um 12 Grad an
Küstenabschnitten mit Seewind sowie im Bergland sind nicht zu erwarten.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich der für unser Wettergeschehen relevante
Kern des Höhentiefkomplexes zum Ostausgang des Ärmelkanals. Von diesem Kern
ausgehend sind schwache Tröge in den Oslofjord und nach Süddeutschland
gerichtet; letzterer bewirkt vorderseitig eine Intensivierung der
Warmluftadvektion über Deutschland. Hierdurch breitet sich mehrschichtige, aber
vor allem hohe und mittelhohe Bewölkung, weiter nordwestwärts aus. Frostgefahr
besteht demzufolge dann nicht mehr.

Samstag... verlagert sich der gesamte Höhentiefkomplex ein wenig westwärts. Der
von dem Kern über dem Ärmelkanal ausgehende Kurzwellentrog schwenkt über den
östlichen Mittelgebirgsraum hinweg zur Elbmündung, so dass sich zur
tagesgangsbedingt aktivsten Zeit in mittleren und höheren Troposphärenschichten
der antizyklonale Einfluss verstärkt. Im Bodendruckfeld ist dieser durch die
Hochbrücke, deren Lage sich kaum ändert, ohnehin gegeben. Allerdings zeigt die
über Teilen von Mitteleuropa andauernde Warmluftadvektion allmählich Wirkung.
Dies erfolgt in Form von Druckfall, der im Süden Deutschlands einsetzt.
Hierdurch verstärkt sich die östliche bis nordöstliche bodennahe Strömung. Für
warnrelevante Böen reicht es lediglich an einigen Küstenabschnitten
(Mecklenburger Bucht, Ostholstein) sowie in den Kamm- und Gipfellagen der
nördlichen und östlichen Mittelgebirge.
Mit der östlichen Strömung gelangt zusehends labilere Luft in das
Vorhersagegebiet. CAPE erreicht einige hundert, dank Einstrahlung im Südosten
bis über 1000 J/kg. Dort und auch im östlichen Mittelgebirgsraum steigt der
Gehalt an niederschlagbarem Wasser auf Werte um 25 mm. Diese Zutaten wären für
unwetterträchtige Entwicklungen hinreichend. Allerdings spielt die Dynamik nicht
mit; vielmehr wirkt diese aufgrund des antizyklonalen Einflusses
kontraproduktiv. Somit bedarf es für konvektive Umlagerungen orografischer
Unterstützung. Diese ist am ehesten über den östlichen Mittelgebirgen und am
Alpenrand gegeben. In diesen Gebieten können sich einzelne Gewitter entwickeln,
die mit Starkregen einhergehen; auch kleinerer Hagel ist nicht auszuschließen.
Bis zum Abend kann von diesen Gewittern auch der zentrale Mittelgebirgsraum
erfasst werden. Die Wahrscheinlichkeit für unwetterartige Entwicklungen ist
jedoch sehr gering; mangels Scherung dürfte die Konvektion relativ unorganisiert
verlaufen. Gegenüber den Vortagen erfolgt ein zögernder Temperaturanstieg auf 17
bis 22 Grad.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich die Niederschlagstätigkeit (anfangs noch
gewittrig, teils mit Starkregen, aber diesen mit abnehmender Wahrscheinlichkeit)
in den Nordwesten Deutschlands. Hierfür spielen frontogenetische Effekte im
Zusammenspiel mit Warmluftadvektion eine Rolle. Ansonsten lassen sich hierfür
keine Erklärungen finden. Allerdings zeigen alle verfügbaren hochauflösenden
Modelle diese Entwicklung, wobei EZMW hierfür die kräftigsten Signale zu bieten
hat.
In den anderen Gebieten macht sich der Hochdruckeinfluss bemerkbar. Vor allem im
Osten und Süden klart es gebietsweise auf, einzelne flache Nebelfelder können
sich bilden.

Sonntag... füllt sich der über der Nordsee liegende Kern des Höhentiefkomplexes
auf. Dieser erstreckt sich dann, bestehend aus mehreren Zentren, von der
Iberischen Halbinsel bis in die Schwarzmeerregion. Vom Seegebiet nördlich der
Azoren erstreckt sich eine breite Brücke hohen Geopotentials bis nach
Nordwestrussland, was die o.g. Hochbrücke im Bodendruckfeld weiterhin stützt.
Allerdings setzt sich über dem Westen und Süden Deutschlands der Druckfall fort.
Fortschreitende Erwärmung lässt die Luftmasse zusehends labiler werden. Dies ist
im Nordwesten, im sächsischen Bergland und im Süden, etwa vom Schwarzwald bis
zum Inn, am ausgeprägtesten. In diesen Gebieten steigt der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser auf 25 bis 30 mm. Nach wie vor fehlt es an Dynamik für
die Auslösung hochreichender Konvektion, so dass erneut die Orografie herhalten
muss. Am ehesten können sich daher über dem Bergland konvektive Umlagerungen
entwickeln. Wie bereits am Vortag ist mangels Scherung der Organisationsgrad
sehr gering. Da sich die Konvektionszellen kaum Verlagerung und an Ort und
Stelle wiederholt anbauen, besteht die Gefahr von Starkregen; Unwetter sind
wenig wahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Aufgrund der hohen
Labilitätsenergie (in den genannten Gebieten über 1000 bis etwa 1500 J/kg) sind
auch größere Hagelansammlungen vorstellbar, aufgrund kaum vorhandener Scherung
sollte Großhagel nicht zustande kommen.
Im Gegensatz hierzu ist im Nordwesten sowohl niedertroposphärisch als auch
hochreichend wenigstens etwas Scherung vorhanden. Dort macht sich das über der
Nordsee auffüllende Höhentief bemerkbar. Im Zusammenspiel mit leicht
frontogenetischen Effekten können die Antriebe für hochreichende Konvektion
hinreichend sein, wobei auch dort aufgrund der langsamen Verlagerung der
Konvektionszellen Starkregen, möglicherweise sogar bis in den Unwetterbereich
hinein, vorstellbar ist. Allerdings ist mehr zur Nordsee hin, bedingt durch die
kalte Grundschicht (die östliche bis nordöstliche bodennahe Strömung ist ja
weiterhin beständig) die Konvektion gedeckelt.
Während im Nordwesten und Westen Deutschlands durch Quellbewölkung die
Einstrahlung alsbald gedämpft wird, ist zwischen Ostsee und Alpen die
Einstrahlung zunächst weitgehend ungehindert, bevor sich in den genannten
Gebieten ebenfalls Gewitter entwickeln können. Mit Höchsttemperaturen zwischen
24 und 28 Grad wird es frühsommerlich warm. Im Küstenbereich und im höheren
Bergland werden 18 bis 23 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag fällt die Konvektion alsbald in sich zusammen.
Ausgenommen hiervon ist zum einen der äußerste Südwesten, d.h. der Hochrhein,
die Bodenseeregion und vielleicht noch der Südschwarzwald sowie das Allgäu. Dort
lässt eine bodennahe Konvergenz die Schauertätigkeit, die anfangs noch von
Gewittern durchsetzt sein kann, nicht so rasch abklingen. Allerdings ist die
Wahrscheinlichkeit für Starkregen nur noch gering.
Als weitere Region ist der Nordwesten und dort die Gebiete in Nordseenähe im
Auge zu behalten. Das über der Nordsee liegende Höhentief sollte noch nicht
abgeschrieben werden. Vielmehr reagiert dieses Tief auf einen Trog, der auf
Schottland übergreift. Hierdurch intensiviert sich dieses Höhentief und nähert
sich wieder der deutschen Küste. Vorderseitige Hebung hält daher an und über der
Nordsee die Konvektion am Leben, wobei, wenn zwar nicht an der Küste, so doch in
unmittelbarer Nähe, Signale für Starkregen durchaus geboten werden.
In den anderen Gebieten lässt großräumiges Absinken den Himmel verbreitet
aufklaren. Stellenweise kann sich erneut flacher Nebel bilden.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede finden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann