DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-05-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 17.05.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft mit gebietsweisen Schauern und Gewittern, lokal Starkregen. Teils
sommerlich warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 24.05.2023


Zu Beginn der Mittelfrist am Samstag liegt Deutschland zunächst in Randlage zur
Hochdruckzone, die sich vom Atlantik ostwärts über große Teile Nordeuropas in
Richtung Baltikum und Nordwestrussland erstreckt. Von Süden dominiert zunehmend
eine flache Tiefdruckzone, die von Südosten her aus dem Mittelmeerraum feuchte
und instabile Luftmassen heranführt. Im Verlauf der Mittelfrist bildet sich eine
Tiefdruckrinne, ausgehend von tiefem Luftdruck südlich der Alpen bis zum Tief
bei Island, die sich dann beginnend wohl am Montag über Deutschland hinweg
ostwärts verlagert. Je nach Unterstützung aus der Höhe treten gebietsweise
Schauer und Gewitter auf, die sich überwiegend langsam verlagern und daher
lokales Starkregenpotenzial haben. Zum Ende der Mittelfrist am Mittwoch ist die
Tiefdruckrinne dann nach aktuellem Stand der Prognosen weitgehend ostwärts
abgezogen, eventuell hängt sie im Südosten durch die Bildung eines flachen Tiefs
über dem Alpenvorland etwas zurück und sorgt dort noch für schauerartige, teils
gewittrige Niederschläge. Im Rest des Landes deutet sich von Westen
Luftdruckanstieg und eine Wetterberuhigung an. Eine weitere Ausnahme von der
Wetterberuhigung stellt eventuell der äußerste Norden das, dort streift der
nordeuropäische Trog und möglicherweise auch das Frontensystem eines
korrespondierenden Bodentiefs über Skandinavien.

Hinsichtlich der Niederschlagsschwerpunkte liegen allerdings noch größere
Unsicherheitsfaktoren vor: Es mangelt schlicht an klaren Strukturen, die für
dynamische Hebungsprozesse sorgen können. Die "Musik" wird dann durch
kurzwellige, zyklonale (Höhen-) Strukturen oder eher bodennahe
Hebungsmechanismen (Montag/Dienstag Konvergenz in der Tiefdruckrinne, ansonsten
eher orografische Hebung, u.ä.) gemacht, die aus heutiger Sicht einfach unsicher
sind und daher wird an dieser Stelle auf eine Beschreibung verzichtet.

Noch ein paar Worte zur Temperaturentwicklung: Zunächst erfolgt ein
Temperaturanstieg mit Höhepunkt von Sonntag bis Montag/Dienstag, wo die
Temperaturen in 850 hPa recht verbreitet über der 10-Grad-Marke liegen sollen,
im Süden können es teils auch um 15 Grad sein. Damit dürften dann je nach
Sonnenschein zumindest gebietsweise auch Sommertage mit Höchsttemperaturen über
25 Grad relativ sicher sein. Nachfolgend gehen die Temperaturen von Nordwesten
wieder leicht, im Norden eventuell vorübergehend auch stärker zurück, in
Richtung erweiterter Mittelfrist, also der zweiten Hälfte der kommenden Woche,
pendeln sich die 850 hPa-Temperaturen eher bei 5 bis 10 Grad ein.


Für die erweiterte Mittelfrist ab nächstem Donnerstag deutet sich möglicherweise
ein Keil des atlantischen Hochs an, der sich in Richtung Mitteleuropa streckt.
Diese Tendenz der gestrigen Modellläufe findet sich auch im aktuellsten
Modelllauf, tendenziell sogar etwas kräftiger und auch mit etwas besserer
Unterstützung aus der Höhe. Somit stünde überwiegend antizyklonal geprägtes
Wetter auf dem Programm, eventuell mit "Schönheitsfehlern" im Norden in Trognähe
und im Einflussbereich der Tiefdruckzone südlich der Alpen im Süden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Modellläufe ist insofern gut, dass man an
den Aussagen vom Vortag im Wesentlichen festhalten kann, allerdings auch mit
allen bereits gestern und im vorherigen Abschnitt erwähnten Unsicherheiten.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch die anderen Globalmodelle wie ICON und GFS stützen den groben Ablauf, wie
er anhand des IFS oben beschrieben wurde und auch bei den anderen Modellen sind
somit Unsicherheiten in Bezug auf die genauen Niederschlagsschwerpunkte zu
finden, so dass auch hier auf die entsprechend genaue Betrachtung einzelner
Unterschiede verzichtet wird.
GFS zeigt in der erweiterten Mittelfrist ebenfalls den atlantischen Hochkeil gen
Mitteleuropa ausgreifen und ist für unseren Vorhersagebereich und dabei vor
allem die nördlichen Landesteile noch etwas antizyklonaler aufgestellt, da der
Hochschwerpunkt noch etwas weiter im Norden simuliert wird.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-Clusteranalyse sieht zu Beginn der Mittelfrist von Samstag 00 UTC bis
Sonntag 00 UTC (+72 bis +96 h) drei Cluster mit 28, 14 und 9 Membern, Haupt- und
Kontrolllauf gruppieren sich in den am stärksten besetzten Cluster 1.
Unterschiede liegen in der Kontinuität der Potenzialbrücke vom Atlantik gen
Nordwestrussland, die unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Die Mehrzahl der
Member lässt sie aber in de betrachteten Zeitraum noch bestehen, lediglich in
Cluster 3 mit 9 Membern wird sie bereits im Laufe des Samstages abgebaut und das
Höhentief über Südwesteuropa nimmt bereits Kontakt zum nordatlantischen Trog
auf. Dies spräche für ein bereits mehr zu Schauern- und Gewittern neigendes
Wetter als im operationellen. Aufgrund der geringen Anzahl der Member scheint
dies aber die unwahrscheinlichere Lösung zu sein. Im Folgezeitraum von Montag 00
UTC bis Mittwoch 00 UTC (+120 bis +168 h) werden sechs Cluster mit 14, 13, 7, 6,
5 und 4 Membern angeboten, der Hauptlauf wird in Cluster 4 (6 Member) gruppiert,
der Kontrolllauf in Cluster 2 (13 Member). Alle Cluster werden dem Regime
Blocking zugeordnet, wobei das Blocking zum einen über dem Atlantik und zum
anderen über Osteuropa zu finden ist. Unser Vorhersageraum liegt daher zwischen
den Stühlen in einer Region geringer Geopotenzialgegensätze. Unter den Clustern
werden dabei die Geopotenzialzentren - wenn man sie in unserem Bereich überhaupt
so nennen kann - leicht unterschiedlich simuliert, was einen teils etwas
zyklonaleren, teils einen etwas antizyklonaleren Grundtenor erzeugen würde. Dies
zeigt sich auch in der "Bodeninterpretation" auf 1000 hPa, wo einzelne Cluster
(Nr. 5) sogar die Tiefdruckrinne nicht, sondern einen weitgehenden Fortbestand
der Hochdruckbrücke vom Atlantik in Richtung Baltikum zeigen. Alle anderen
Cluster zeigen die Passage der Tiefdruckrinne mehr oder weniger stark.

Die Rauchfahnen zeigen wenig Variabilität beim Geopotenzial in 500 hPa und
belegen damit die geringen Geopotenzialgegensätze und somit auch die fehlenden,
klaren Strukturen. Ansonsten bestätigt sich der im Verlauf des Wochenendes
zunehmend unbeständige Wettercharakter durch die Niederschlagskurven, die sich
zur erweiterten Mittelfrist hin wieder ein wenig beruhigen oder zumindest leicht
rückläufig sind. Die Entwicklung zur erweiterten Mittelfrist ist noch relativ
unsicher, ab Mittwoch wird der Spread doch recht groß. Die Temperaturkurven
zeigen ebenfalls recht einheitlich den anfänglichen Anstieg des
Temperaturniveaus mit einem gewissen Plateau von Sonntag bis Dienstag und den
nachfolgenden Rückgang. Dabei zeigt sich aber, dass die Erwärmung sowohl vom
Haupt- als auch vom Kontrolllauf mit am stärksten simuliert wird (beide sind am
oberen Rand der Kurvenschar), beim nachfolgenden Temperaturrückgang von
Nordwesten her zeigen sie diesen dann aber mit am deutlichsten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


In der Mittelfrist stehen nur wenige Warnparameter an:

Vor allem am Samstag, eventuell auch noch am Sonntag, ist der Gradient noch
etwas stärker, so dass der böige Ostwind in den östlichen Mittelgebirgen noch
die ein oder andere Böe Bft 7, vereinzelt exponiert vielleicht auch mal Bft 8,
hervorbringen kann. Ob dies dann als Warnung sichtbar wird, bleibt abzuwarten
und ist aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich. Nichtsdestotrotz zeigen die
Modelle und auch der EFI leichte Signale diesbezüglich.


Das Gewitterpotenzial nimmt im Verlauf des Wochenendes zu, der EFI springt zum
Sonntag leicht, vor allem aber am Montag und Dienstag im Zusammenhang mit der
Passage der Tiefdruckrinne deutlicher an. Im Zusammenhang mit der
Gradientabschwächung und den daher zunehmend geringen
Verlagerungsgeschwindigkeiten deutet das vor allem auf ein erhöhtes
Starkregenrisiko hin. Die Signale des EFI CAPE shear sind deutlich geringer, so
dass von einem eher geringen Organisationsgrad der Schauer/Gewitter auszugehen
ist und der Fokus somit eher auf dem Starkregen oder vielleicht Hagel als auf
Böen liegt. Leichte EFI CAPE shear-Signale gibt es am Sonntag im Norden (wo es
in der Modellfeldern allerdings schwer fällt, hierfür einen Grund zu finden) und
am Montag/Dienstag in den westlichen Landesteilen, wo im Zusammenhang mit
Konvergenzen (Tiefdruckrinne) vielleicht auch mal linienhafte Strukturen nicht
ganz ausgeschlossen sind.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFE-EPS, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger