DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-05-2023 07:30
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 15.05.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NE z Übergang zu NE a

Am Alpenrand Dauerregen von Dienstag auf Mittwoch, Unwetter nicht
ausgeschlossen. Bis 1000m hinab Schneefall. Sehr kühl, zur Wochenmitte
Nachtfrostgefahr.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegen wir unter einem Trog, der sich vom Nordmeer über das Mittelmeer
bis Tunesien erstreckt. Wie der Trog selbst, ist auch die zugehörige
Tiefdruckzone vom Mittelmeer bis zur Ostsee recht komplex gestaltet, mit
etlichen kurzwelligen, kleinräumigen Anteilen, die hier aber nicht alle erörtert
werden sollen. Für uns interessant ist ein in der Höhe gut, am Boden schwächer
ausgeprägtes Tief, das von Böhmen zur Ostsee zieht. Es löst durch rumgeholte
Warmluft im Südosten und Richtung Neiße Regenfälle aus, die im Tagesverlauf von
Süden her nachlassen und konvektiven Charakter annehmen. Seit Sonntagmittag sind
an den Alpen teilweise 30 bis 40 l/qm Regen gefallen, 5 bis 10 kommen noch
hinzu. Die laufenden Dauerregenwarnungen haben Bestand, können aber eventuell am
Nachmittag aufgehoben werden.
Dem zur Ostsee ziehenden Tief steht ein Hochdruckgebiet über dem Atlantik
gegenüber, welches sich langsam nach Osten ausdehnt. An seiner Ostflanke fließt
aus Nordwesten leicht instabile, kühle, bestenfalls mäßig warme Luft nach
Deutschland.
In ihr bilden sich im Tagesverlauf kurze Schauer und einzelne Gewitter. Die
Labilitätsfläche reicht nicht sonderlich hoch. Bei PPW von 15 bis 20 mm und Cape
bis 300 J/kg werden markante Begleiterscheinungen eher angekratzt, als deutlich
erreicht. Bei etwas trockener Grenzschicht ist vielleicht auch mal eine Böe 8
Bft dabei.
Davon ausgenommen sind die küstennahen Bereiche und der Nordwesten und Westen.
An den Küsten stabilisiert der Nordwestwind on der See. Im Nordwesten macht sich
leichtes kompensatorisches Absinken vor einem Kurzwellentrog über der Nordsee
und der zugehörigen Kaltfront bemerkbar.
Während das Tief die Ostsee erreicht und der Druck über Westeuropa steigt nimmt
der Gradient über dem Nordwesten Deutschlands zu und zum Abend sind über der
Nordsee vereinzelt steife Böen nicht ausgeschlossen.
Die größten Sonnenanteile gibt es wohl über Norddeutschland und nach Südwesten
hin, wo dann auch 20 bis 23°C möglich sind. In den anderen Regionen lässt der
wolkige Wettercharakter nur 15 bis 20°C zu, und in SE Bayern, wo die
Einstrahlung fast ganz fehlt, werden auch die 15°C kaum geschafft.
Abends und in der Nacht zum Dienstag greift die Kaltfront (das Tief liegt über
Südnorwegen) von Westen auf Deutschland über und erreicht morgens die
Landesmitte. Dahinter gelangt ein Schwall frischer Kaltluft mit T850 <0°C den
Nordwesten. Am Tiefausläufer kommt starke Bewölkung und schauerartiger Regen
auf, der weitab der Warnschwellen bleibt. Dafür frischt der Wind im Nordwesten
postfrontal vorübergehend auf und erreicht an der Nordsee häufiger die 7 Bft,
vereinzelt die 8 Bft aus Nordwest. Ansonsten lässt die Konvektion nach und es
lockert gebietsweise stärker auf. Bei geringem Druckgradienten und schwachem
Wind kann sich das ein oder andere Nebelfeld bilden.

Dienstag... folgt der Kaltfront ein Trog mit abgetropftem Höhentief in den
Nordwesten Deutschlands. Der Trog wird aber eingefangen von einem Weiteren, der
über das Nordmeer nach Skandinavien zieht.
Die vorgelagerte Kaltfront erreicht den Süden und Osten, verliert aber an
Wetterwirksamkeit. Präfrontal bleibt über dem Süden und Südosten die leicht
instabile kühl, mäßig warme Luft wirksam, sodass sich erneut einzelne Schauer
und Gewitter entwickeln. Den Zellen stehen aber nur wenige 100 J/kg CAPE und nur
wenig Scherung zur Verfügung. Es bilden sich Einzel- oder Multizellen, die bei
PPWs von gut 20 mm vor allem Starkregem bringen können.

Im großen Langwellentrog findet sich über dem Mittelmeer ein weiteres
Drehzentrum, das nach Mittelitalien zieht. Es stützt eine kräftige Zyklone über
der Adria. Im Tagesverlauf kommt an der Nordflanke des Tiefs über Italien im
Südosten PVA, später WLA auf. Dabei wird die Kaltfront südlich der Donau
reaktiviert und die Schauer und Gewitter gehen in skaligen, länger anhaltenden
Regen über.
Die Modelle sind sich weitgehend einig, dass sich am Alpenrand bis ins Vorland
eine ca. 24/30-stündige Dauerregenlage einstellt. Ob sich diese im markanten
Rahmen abspielt (bis 50 l/qm) oder auch unwetterartige Mengen über 50 l/qm
möglich sind, bleibt abzuwarten. (ICON bringt vereinzelt bis 70 mm, IFS an die
60 mm) Zumindest an den Alpen scheint eine Unwetterlage durch die markante
Staukomponente (recht kräftige nördliche bis nordöstliche Anströmung bis in die
mittlere Troposphäre) nicht ausgeschlossen. Auch in den Ensembles sind
entsprechende Hinweise zu finden.
Nördlich des Tiefs steigt das Geopotential leicht und es baut sich eine schwache
Hochdruckzone über der Landesmitte auf. Hier löst großräumiges Absinken einen
breiten Streifen mit recht freundlichem Wetter, einigen Quellwolken
(Absinkinversion bei rund 750 hPa) und sonnigen Abschnitten aus. Dieser dürfte
vom Westen über die Mitte bis in den Nordosten zu finden sein.

Im Norden und Nordwesten sorgt das erwähnte Höhentief für leichten zyklonalen
Einfluss, die Quellwolken sind mächtiger (bis rund 650 hPa) und können auch den
ein oder anderen schwachen Schauer produzieren.

Nördlich der Divergenzachse weht mäßiger bis frischer, im Küstenumfeld in Böen
starker bis stürmischer Westwind. Auch südlich der Divergenzachse weht mäßiger,
nach Süden und Südwesten zu stark böiger Wind, dort aber aus nördlicher
Richtung. In der maritimen Polarluft wird die 20-Grad-Marke knapp verfehlt, auch
in der wärmeren Luft im Süden, wobei es dort an Einstrahlung mangelt.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich nichts Grundsätzliches. Die Regenfälle im
Süden und Südosten ziehen sich wenig nach Südosten zurück. In den Alpen sinkt
mit Vorstoßen der maritimen Polarluft und negativen 850-hPa-Temperaturen die
Schneefallgrenze unter 1500 m, teils bis 1000 m. Ansonsten verläuft die Nacht
trocken, etwaige Schauer im Norden klingen ab. Vor allem über der breiten Mitte,
wo der Wind am schwächsten ist und es länger aufklart, muss örtlich mit
Bodenfrost gerechnet werden, sogar Luftfrost ist lokal im Bergland nicht völlig
ausgeschlossen. Nach Norden zu verhindert der Wind (an der Küste in Böen stark
bis stürmisch) und von Nordwesten hereindriftende Wolkenfelder eine stärkere
Abkühlung.


Mittwoch... nistet sich der Trog über Skandinavien ein und sorgt im Norden
Deutschland für leicht zyklonale Verhältnisse. Das korrespondieren Tief zieht
zur nördlichen Ostsee, allerdings erstreckt sich ein Bodentrog über die Ostsee
und Südschweden bis nach Norddeutschland. Die sich südlich anschließende
Potenzialbrücke verschiebt sich etwas nach Süden und stützt weiterhin den
Bodenhochkeil, der von Westeuropa auch nach Deutschland hineinreicht.

Die Regen- und Schneefälle an den Alpen lassen nach, zum Abend klingen sie
schließlich ab. Ansonsten kommt im Tagesverlauf wieder flache Konvektion in Form
von Quellbewölkung in Gang. Diese ist vor allem im Norden stärker, für Schauer
reicht es aber auch dort kaum noch, da auch dort die Inversion auf unter 800 hPa
absinkt. Am meisten Sonne gibt es wieder in einem Streifen vom Westen bis in den
Osten und Nordosten.

Mit Durchschwenken des Bodentroges sind von der Küste bis ins angrenzende
Binnenland ausgreifend steife, an der See exponiert stürmische Böen zu erwarten,
im Tagesverlauf lässt der Wind nach.

In den Norden erfolgt der Vorstoß vorübergehend noch etwas kälterer Luft, im
Nordwesten werden kaum 15°C mehr erreicht. Gleiches gilt für den anfangs
regnerischen Süden, ansonsten liegen die Werte immerhin zwischen 15 und 18°C.

In der Nacht zum Donnerstag kräftigt sich die Hochdruckzone über Deutschland und
gebietsweise klart es auf. In der trocken kühlen Luft geht die Temperatur auf 6
bis 0°C zurück. Über der Nordhälfte gibt es echt häufig Bodenfrost, stellenweise
sogar leichten Luftfrost. Im Süden und ganz im Norden halten sich mehr Wolken,
die die Ausstrahlung/Abkühlung dämpfen. Der Wind spielt keine prominente Rolle,
nur im Südwesten zeichnet sich eine leichte Gradientzunahme ab und oberhalb der
Grundschicht sind im Hochschwarzwald steife bis stürmische Böen aus Nordost, auf
dem Feldberg eventuell Sturmböen möglich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Basisfelder ähnlich. Abweichungen sind in der
Niederschlagssimulation zu erkennen, wobei die Dauerregenlage am Alpenrand recht
einheitlich gebracht wird. Abzuwarten ist, ob auch WU gezogen werden muss,
Hinweise darauf sind vorhanden, siehe auch Text. Ansonsten lassen verspätete
Eisheilige grüßen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner