DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-05-2023 17:01
SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 13.05.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Sonntag wieder auflebende Schauer und Gewitter mit lokalem Starkregen und
Sturmböen. Am Alpenrand ab Sonntagabend Dauerregen wahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... findet die seit Tagen vorherrschende "High-over-Low"-Wetterlage
zunächst noch seine Fortsetzung, bevor sie sich zum Sonntag und Montag hin mehr
und mehr auflöst. Dabei erstreckt sich ein Rücken in positiver Neigung vom
Nordostatlantik über die Britischen Inseln bis zum Baltikum, der in Form eines
kleinen Höhentiefs über Dänemark eine Schwachstelle hat. Nichtsdestotrotz
unterstützt der Rücken Hoch TINA mit Schwerpunkt über Skandinavien und dem
Baltikum. Das Hoch ist Teil einer Brücke bis zum Azorenhoch. Auf der anderen
Seite zeigt sich über weiten Teilen Kontinentaleuropas tiefes Geopotenzial, was
den meisten Gebieten Tiefdruckeinfluss bringt. Tiefdruckzentren findet man
vornehmlich über dem zentralen Mittelmeer, dort tummeln sich die Tiefs ZOLTAN,
ANDREAS und BENEDIKT.
Zwischen dem Hoch und den Tiefs wird eine östliche Strömung generiert, die
allmählich auch im Norden feuchter wird. Schauer und Gewitter, die in den
Abendstunden vor allem in der Mitte und im Süden noch unterwegs sind, klingen
mangels Sonneneinstrahlung und dynamischen Support (kaum WLA oder PVA) im
Verlauf der Nacht allerdings weitgehend ab.
So ist es in der Nordhälfte gering bewölkt oder klar, von der Mitte bis in den
Süden sind aber teils etwas mehr Wolken unterwegs, weil die Luft allgemein
feuchter ist. Das begünstigt auch örtliche Nebelbildung, wobei lokal Sichtweiten
unter 150 m denkbar sind.
Der Wind weht bei geringem Gradienten überwiegend nur schwach, ab und zu mäßig
aus Ost bis Nordost.
Die Temperaturen sinken auf 10 Grad an der Küste bis 3 Grad am Alpenrand.

Sonntag ... kommt es zur Symbiose des Höhentiefs über Dänemark und einem
weiteren, von Polen hereinziehendem kleinen Höhentief. Zusammen mit einem
dritten, etwas umfangreicheren Höhentief über Norditalien bildet diese Symbiose
nun eine Art "Schlauch" tiefen Geopotenzials, der sich bis nach Nordafrika
erstreckt. Das dritte Höhentief sorgt dafür, dass sich aus den 3 Tiefs am
zentralen Mittelmeer Tief BENEDIKT als künftiger Hauptdarsteller etabliert.
Weiterhin findet man aber noch einen Bereich hohen Geopotenzials über dem
Baltikum, sodass Hoch TINA ihren Schwerpunkt dorthin verlagert.
Dazwischen bleibt die östliche Strömung erhalten, mit der feuchte Luftmassen
nach Deutschland gelangen und die zunehmend auch den Norden anfeuchten.
Die Luftmassen sind außerdem labil geschichtet (Laspe Rates -0,65 bis -0,75
K/100 m) und ML-CAPE steht bis etwa 150 J/kg zur Verfügung. Scherung ist kaum
vorhanden und die Hebung ist weiterhin marginal. So entwickeln sich örtlich
Schauer und Gewitter, die bei PPW's von 15 bis 20 l/qm lokal mit Starkregen
einhergehen können. Inverted-V-Strukturen zeigen im Norden außerdem einen
"trockenen Fuß", sodass dort bei konvektiven Umlagerungen stürmische Böen um 70
km/h (Bft 8), mit geringer Wahrscheinlichkeit Sturmböen um 80 km/h (Bft 9) mit
von der Partie sein können. Im Nordosten (vornehmlich Brandenburg, Mitte und
Norden Sachsen-Anhalts) gibt es bezüglich Konvektion ein Minimum, weil zu wenig
CAPE erzeugt wird bzw. CIN zu hoch ist (Deckel). Ebenso werden vom Emsland bis
zum Niederrhein nur wenige Niederschläge angezeigt, was sich die wahrscheinlich
auf die im Vergleich etwas antizyklonalere Krümmung in der Höhe zurückführen
lässt.
Im Südosten Bayerns kommt nachmittags ein weiterer Aspekt hinzu. Tief BENEDIKT
macht sich auf eine Vb-artige Zugbahn und schickt zusammen mit einer diffluenten
Trogvorderseite PVA und Aufgleitniederschläge über den Alpenhauptkamm. Damit
ziehen schauerartige Regenfälle auf und mögliche, schon vorhandene Gewitter
können sich abgehoben verstärken. Da diese in der laschen Höhenströmung recht
langsam unterwegs sind, steht vor allem der Starkregen im Mittelpunkt, für
Unwetter sollte es aber höchstens punktuell reichen.
Vielmehr ist abends dann eine Verclusterung der Niederschläge zu erwarten,
sodass mehrstündiger Starkregen denkbar ist. Im weiteren Verlauf mündet das
Ganze bei nordöstlicher Anströmung staubedingt in eine Dauerregenlage, die bis
Montagmittag am Alpenrand 30 bis 40 l/qm, in Staulagen bis 50 l/qm bringen
dürfte.
Der Wind weht abseits von Schauern und Gewittern meist nur schwach bis mäßig aus
Ost bis Nordost.
Die Höchsttemperaturen liegen zwischen 15 und 20 Grad im Süden und zwischen 19
und 23 Grad im Norden.

In der Nacht zum Montag bewegt sich vor allem der Südteil des Trogs/"Schlauchs"
nach Osten. Über Algerien bildet sich dann ein neues Drehzentrum aus, das nach
Tunesien driftet. Derweil füllt sich das Höhentief über Dänemark auf, während
das Höhentief über Norditalien nach Tschechien schwenkt und so das Vb begründet.
Bodentief BENEDIKT wird folglich am östlichen Alpenhauptkamm entlang nach Norden
bzw. nach Tschechien geführt.
Die Aufgleitniederschläge breiten sich daher auf den ganzen Südosten Bayerns
aus, zum Morgen hin setzt auch in Sachsen von Süden her Regen ein. Gewitter
werden nicht simuliert. Die 12-stündigen Regenmengen betragen 0,5 bis 25 l/qm,
womit sie warntechnisch keine Schwellen erreichen. Am Alpenrand wird wie bereits
erwähnt aber mehr Regen vorhergesagt, sodass eine Dauerregenwarnung
(wahrscheinlich markant) notwendig wird.
Im Rest des Landes klingen Schauer und Gewitter tagesgangbedingt und bei
weiterhin fehlender dynamischer Unterstützung meist wieder ab. Dabei ist es oft
locker bewölkt, etwas dichter sind die Wolken nach Südosten hin in der Nähe zum
Tief. Nebel bildet sich nur stellenweise.
Der Wind weht überwiegend nur schwach aus unterschiedlichen Richtungen.
Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 11 und 6 Grad, in Hochlagen kühlt es sich
vereinzelt bis auf 2 Grad ab.

Montag ... spaltet sich das Höhentief über dem Mittelmeer ab, dafür zieht das
andere Höhentief von Tschechien nach Nordostpolen und schleppt BENEDIKT dort
mithin. Da das Bodentief zunehmend achsensenkrecht zum Höhentief wird, ist die
Entwicklung überschritten. Die Niederschläge verlagern sich dadurch mehr und
mehr in den Osten Deutschlands, hauptsächlich in einen Bereich von der Uckermark
bis nach Sachsen. Die Regenmengen betragen erneut 0,5 bis 25 l/qm in 12 Stunden,
sodass warntechnisch weiterhin keine Relevanz besteht. Die Modelle simulieren
dies allerdings noch nicht kongruent, so zeigt beispielsweise UK10 eine deutlich
östlichere Zugbahn und geringere Niederschläge.
In den restlichen Landesteilen entstehen in feuchter Luft erneut Schauer und
Gewitter, auch im Südosten Bayerns. Die Luftmasse hat die gleichen Eigenschaften
wie an den Vortagen, ein wenig mehr PVA steht durch das Höhentief zur Verfügung.
So bleibt lokaler Starkregen ein Thema. Beim Wind ist nach wie vor ein trockener
Fuß erkennbar, womit immer noch Sturmböen auftreten können. Etwas geringere
Konvektion ist entlang der Westgrenzen zu sehen (geringere CAPE-Werte) und
Richtung Ostsee (Deckel).
Außerhalb der Konvektion weht der Wind schwach bis mäßig aus Nordwest.
Die Temperaturen steigen auf 15 bis 21 Grad.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt von den Britischen Inseln und der Biskaya der
nächste Trog heran. Darin eingebettet verlagert sich ein Höhentief Richtung
Benelux. Das über Nordostpolen liegende Höhentief zieht dagegen nach Südschweden
und schließt sich dem neuen Trog an. Das Höhentief über dem Mittelmeer wird
durch den Trog regeneriert. Dort bildet sich ein neues Tief, dessen Ausläufer
mit Tief BENEDIKT, mit Zentrum nun über der östlichen Ostsee, verbunden sind.
Die schwächer werdenden Aufgleitniederschläge ziehen nach Vorpommern, wobei die
Unterschiede in den Modellen größer werden. So lässt es EZMW dort meist trocken.

In den anderen Landesteilen lassen Schauer und Gewitter größtenteils nach, aber
nicht alle Modelle folgen dieser Theorie. So haben EZMW, GFS und UK10 für den
Westen und Südwesten länger noch Schauer drin. Die Regenmengen liegen aber nur
bei 1 bis 10 l/qm.
Der Wind weht weitgehend nur schwach aus Nordwest.
Die Temperaturen sinken auf 10 bis 5 Grad.

Dienstag ... kommt der neue Trog ein wenig nach Osten voran, wobei das Höhentief
endgültig Benelux erreicht. Es steuert feuchte Luft in den Westen und Süden
Deutschlands, die Hebungsimpulse bleiben aber schwach. So entwickeln sich dort
Schauer, nach Süden hin bei Aufbau von etwas ML-CAPE auch Gewitter. Bei PPW's
bis 23 mm ist Starkregen möglich. Die Scherung ist dagegen gering, sodass kaum
stärkere Gewitter auf der Agenda stehen.
Im Süden ist erneut ein weiterer Faktor zu beachten. Das Höhentief über dem
Mittelmeer bzw. das zugehörige Bodentief steuern wie der Vorgänger BENEDIKT
Aufgleitniederschläge in den Südosten Bayerns. Möglicherweise erwächst daraus
die nächste Dauerregenlage, allerdings sind die Modellunterschiede noch sehr
groß.
Der Wind weht schwach bis mäßig aus Nordwest, an der Nordsee mit starken,
exponiert mit stürmischen Böen (Bft 7-8).
Mit der nordwestlichen Strömung gelangt kühlere Luft in den Westen, dort liegen
die Höchstwerte nur noch bei 13 bis 17 Grad. In der Osthälfte sind nochmals 15
bis 21 Grad zu erwarten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle sind sich bezüglich der Zugbahn des Vb-Tiefs noch nicht ganz einig,
Warnrelevanz scheint daraus außer am Alpenrand aber nicht zu erwachsen. Ebenso
wird das neue Mittelmeertief ab Montag/Nacht zum Dienstag noch mit
unterschiedlich starken Auswirkungen für den Südosten Deutschlands berechnet.
Diesbezüglich steht eine erneute Dauerregenlage zur Debatte, sodass dies weiter
beobachtet werden muss.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler